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TEILDOKUMENT:
Von Anfragenbeantwortung zu elektronischer Dokumentlieferung Die Fernleihe der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung [Seite der Druckausg.: 102 (Fortsetzung)]
Irmgard Bartel
Anfänge
Kaum ein Jahr nach der feierlichen Eröffnung der Bibliothek im Juni 1969 (damals noch als Teil des Archivs der sozialen Demokratie) wurde bereits über einen Anschluss an den "Fernleihring" nachgedacht. Dieses Ziel bildete ein (weiteres) Motiv für die verstärkte Katalogisierungsarbeit der Anfangsjahre, die vom Zentralkatolog NRW auch begrüßt wurde. [ Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung: Jahresbericht. 1970, S. 31.] Der Anschluss an den Auswärtigen Leihverkehr konnte jedoch, nach zweijähriger Antragszeit [ Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung: Jahresbericht. 1980, S. 82.] , erst im September des Jahres 1979 vollzogen werden. Inoffiziell wurde in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung schon von Beginn an "Fernleihe" betrieben: durch Kopienversand und Anfragenbeantwortung durch alle Mit- [Seite der Druckausg.: 103] arbeiterInnen, die bis heute in außergewöhnlichem Umfang geleistet werden. Aus den frühen Jahren seien einige Zahlen genannt: 429 Anfragen im Jahre 1974, jeweils etwa 700 in den zwei folgenden Jahren, dann folgte ein sprunghafter Anstieg, so dass 1978 allein vom Januar bis Mitte November 1.610 schriftliche Auskünfte gezählt wurden [ Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung: Jahresbericht. 1975, S. 59; Ebd. 1976, S. 44; Ebd. 1978, S. 75.] .
In den ersten zehn Jahren seit der Gründung der Bibliothek wurde nicht nur ein Großteil des Bestandes in Katalogen professionell erfasst, sondern der Bestand selbst expandierte enorm. Die Anzahl von anfänglich 80.000 Bänden wurde durch vielfältige Aktivitäten, anschaulich beschrieben in den Jahresberichten der Friedrich-Ebert-Stiftung wie auch einigen Beiträgen in dieser Festschrift, bis 1979 fast verdreifacht, so dass mit der Zulassung der Bibliothek zum Überregionalen Leihverkehr - unter dem Sigel Bo 133 - den Fernleihkunden ein qualitativ und quantitativ hochwertiger, umfangreicher Literaturfundus zur Verfügung stand.
Überregionaler Bestandsnachweis
Mit der offiziellen Zulassung zum Fernleihverkehr wurde der fehlende überregionale Bestandsnachweis zum dringlichsten Problem. Ein Nachweis war bisher mit einigen periodisch erscheinenden Zugangslisten und der seit 1976 vierteljährlich herausgegebenen "Bibliographie zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung" als standortunabhängigen Hilfsmitteln nur unzureichend gegeben.
[Seite der Druckausg.: 104] Ungelöst blieb beim Fernleihstart der überregionale Nachweis des Zeitschriftenbestan-des [ Abgesehen von dem damals schon veralteten "Eberlein" (1969), den ersten von der Bibliothek publi zierten Bestandsverzeichnissen einzelner geschlossener Sammlungen, dem Verzeichnis "Laufende Zeit schriften und Zeitungen von Parteien und Gewerkschaften" (1983) oder der Datenbank des IZ Sozial wissenschaften, an die seit 1982 zugeliefert wurde (die jedoch als Hilfsmittel für die Fernleihe nur ge ringe Bedeutung erlangte).] , obwohl hausintern der Erfassung der Periodika größte Bedeutung beigemessen wurde, worauf die regelmäßigen Berichte über den Stand der Zeitschriftenkatalogisierung in den Jahresberichten schließen lassen, und obwohl der Zeitschriftenkatalog bereits 1980 auf die neuen Katalogisierungsregeln RAK umgestellt wurde [ Friedrich-Ebert-Stiftung: Jahresbericht. 1980, S. 85.] . Etwas besser sah wiederum die Situation bei den Zeitungen aus: Deutsche Titel, die sich schon länger bei der Friedrich-Ebert-Stiftung befanden, waren bereits in "Hagelweide" (erschienen 1974) und "Mikrofilmarchiv" (unregelmäßig fortlaufend) verzeichnet, die ausländischen wurden an "SAZI" in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin gemeldet (von der sie bald in die Zeitschriftendatenbank/ZDB eingegeben wurden). Zu-sätzlich wurden 1980 alle deutschsprachigen Zeitungen an den Standortkatalog der deutschen Presse bei der SUB Bremen gemeldet [ Rüdiger Zimmermann: Die Bibliothek des Archivs der sozialen Demokratie. In: Mitteilungsblatt. Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. N.F. 35. 1985, S. 296-306, hier: S. 303.] - damals das zentrale Nachweis- und Leihverkehrslenkungsinstrument für diese Literaturform. Dieser ungleichmäßige Stand des überregionalen Nachweises unserer Bestände spiegelte sich folgerichtig in der Fernleihstatistik der ersten Jahre wider: Bestellungen auf Monographien waren - trotz der vorhandenen seltenen Periodika - übermäßig stark vertreten [ Abgesehen vom relativ ausgewogenen Bild direkt nach Fernleihstart, als die Monographien noch ähnlich schlecht wie die Periodika nachgewiesen waren: Im Jahre 1980 betrafen von 740 Bestellungen 420 (57 %) Monographien und 320 (43 %) Periodika.] . Einen kleinen Anhaltspunkt mögen die Zahlen von Oktober bis Dezember 1983, die H. Rösch in seiner Assessorarbeit ausgewertet hatte, geben: Von den 577 in diesem Zeitraum positiv erledigten Bestellungen entfielen 438 (ca. 76 %) auf Monographien und Hochschulschriften, 84 auf Zeitschriften und 55 auf Zeitungen [ Vgl. Hermann Rösch: Die Bibliotheken parteinaher Stiftungen, am Beispiel der Bibliotheken der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hausarbeit. Köln 1984, S. 155.] .
Mit dem Beginn der Teilnahme der FES-Bibliothek an der Zeitschriftendatenbank (ZDB) [ Siehe auch den Beitrag von Gabriele Rose.] wurde im Herbst 1986 die letzte große Etappe auf dem Weg zum vollständigen überregionalen Nachweis unseres Bestandes in Angriff genommen. Nach der Stagnation der Gesamtfernleihe in der Mitte der achtziger Jahre - mit dem niedrigsten Wert von 2.735 Bestellungen in 1987 - brachte die ZDB-Anbindung ein erneutes kontinuierliches und starkes Wachstum der Fernleihzahlen, das fast ausschließlich auf das Konto der Pe- [Seite der Druckausg.: 105] riodika ging. Sie bewirkte eine Zunahme der Fernleihen bis auf 6.650 Bestellungen im Jahre 1992 - und damit einen Anstieg um + 143 % bzw. auf einen fast 2 ½-fachen Wert innerhalb von nur fünf Jahren - und war damit in ihrer Bedeutung für das Leihverkehrsvolumen mit der Erfassung unserer Monographien im ZK zu Beginn der achtziger Jahre vergleichbar. Die ZDB ist - nach Papierausdrucken, Mikrofiches- und CD-ROM-Ausgaben - inzwischen unter verschiedenen Zugängen im Internet weltweit für jedermann zugänglich. Darunter ist der Verbundkatalog des GBV besonders hervorzuheben, weil der Literatursuchende aufgrund der Bestandsangaben dort eine direkte Online-Bestellung auch an unsere Bibliothek anstoßen kann.
Nicht unerwähnt bleiben darf im Zusammenhang des überregionalen Nachweises der WWW-OPAC (Online Public Access Catalogue) der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, der seit August 1995 im weltweiten Netz einen Zugriff auf den Gesamtbestand bietet und immer häufiger als Quelle für Direktbestellungen innerhalb und außerhalb des Leihverkehrs genutzt wird: bei den Monographien mittlerweile in 7-12 % der Fälle (1995: 25; 1996: 88; 1997: 52; 1998: 208; 1999, bis Sept.: 237) [ Die Online-Direktbestellungen sind hier nicht eingerechnet. Auch die mit unseren Signaturen verse henen Bestellungen der Kategorie "laut Besteller", die sicher des öfteren unserem Internet-OPAC ent stammen, auch wenn dies nicht ausdrücklich vermerkt ist, bleiben hier natürlich unberücksichtigt.] . Als Fazit der Bemühungen seitens unserer Bibliothek einerseits und der Entwicklungen im Bibliothekswesen andererseits kann man behaupten, dass seit einiger Zeit der gesamte katalogisierte Bestand unserer Bibliothek überregional nachgewiesen und weltweit für jedermann abrufbar ist. Entsprechend dem Stand des überregionalen Nachweises unseres Bestandes verändern sich auch die Gewichtungen der Nachweisinstrumente, die im Leihverkehr für die Ermittlung unserer Bibliothek als Besitzerin der bestellten Literatur benutzt werden: Mittlerweile wird unsere Bibliothek bei den Monographien in fast zwei Dritteln der Fälle über die elektronisch verfügbaren Datenbanken des HBZ ermittelt, während die Bedeutung von MIZE und KITTY - von zusammen 50 % zu Beginn der neunziger Jahre auf zuletzt 13 % - entsprechend sinkt.
[Seite der Druckausg.: 106] am Ende der achtziger Jahre auf 6-7 % in den neunziger Jahren. Gerade die zwei letztgenannten Entwicklungen dürften ganz entscheidend zu einer deutlichen Beschleunigung des Leihverkehrs aus unserer Bibliothek beigetragen haben. Deutlicher noch ist die Verlagerung zur neuen zentralen Datenbank beim Auffinden unserer Bibliothek bei den Periodikabestellungen: Der Anteil der ZDB-Nachweise stieg in den ersten fünf Jahren nach dem ZDB-Start in steiler Kurve von 19 % in 1987 auf zuletzt fast 97 %, womit MIZE und die gedruckten Verzeichnisse fast unbedeutend wurden. Einen gewissen Stellenwert behielten die Bestellungen mit der Angabe "laut Besteller" (5-9 %) - was angesichts von Fortsetzungsbestellungen, einigen "Stammkunden" u. ä. nicht weiter verwunderlich ist. Die Zahl der Versuchsbestellungen ist dagegen noch deutlicher als bei den Monographien heruntergegangen (ca. 30 % in 1987; um 2 % Ende der neunziger Jahre). Anlass zur Sorge bei den Monographien gibt zur Zeit die seit etwa dem Einlieferungsjahr 1997 offenbar nicht erfolgende regelmäßige Erfassung unserer Titelmeldungen im Kölner ZK (sicherlich bedingt durch das aktuelle große Retrokonversionsprojekt des HBZ). Vor dem Hintergrund, dass bei den Monographien die neuesten Erscheinungsjahre am stärksten nachgefragt werden, lässt dies (auch) im Monographienbereich bald sinkende Fernleihzahlen befürchten. Diese Trendumkehr scheint sich im laufenden Jahr nach den bisher erreichten Zahlen bereits abzuzeichnen.
Aktiver Leihverkehr - Entwicklung und Besonderheiten seit 20 Jahren
In diesem Jahr blickt die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung nicht nur auf "runde" dreißig Jahre ihres Bestehens. Am 3. September 1999 jährte sich auch ihre offizielle Zulassung zum deutschen und internationalen Leihverkehr "rund" - zum zwanzigsten Mal. In den zwei Jahrzehnten der Teilnahme am Leihverkehr haben sich nicht nur die Fernleihzahlen in ihrer Höhe und Struktur entwickelt und verändert. Vor allem ist die Bibliothek selbst in dieser Zeit weiter gewachsen und hat vielfältige Veränderungen erfahren. Durch (zeitweise) Ausweitungen des Sammelprofils, bedeutende Verfilmungsaktionen und die Übernahme vieler Gewerkschaftsbibliotheken und wertvoller Sammlungen [ Für herausragende Beispiele und die Bedeutung der Bestandszuwächse für die Forschung und im bib-liothekarischen Umfeld sei hier - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die anderen Beiträge in dieser Festschrift verwiesen, für einen knappen Überblick über die bedeutendsten Gewerkschaftsbestände außerdem auf Rüdiger Zimmermann: Die größte deutsche Gewerkschaftsbibliothek. In: ProLibris. 1997, S. 69-70.] hat sie ihren Bestand auf inzwischen ca. 600.000 Bände vermehrt und zählt damit heute europaweit zu den großen historisch-sozialwissenschaftlichen Spezialbibliotheken. Und sie hat in den letzten Jahren einen beispielhaften technologischen Wandel vollzogen und forciert ihn bis heute, worüber in einigen Festschriftbeiträgen berichtet wird.
[Seite der Druckausg.: 107] Die Entwicklung der Leihverkehrszahlen, genauer: ihr Wachstum, lässt sich auch gut an der personellen Besetzung der "Fernleihstelle" ablesen: Diese bestand in den ersten Jahren aus nur einer Kollegin, die für die Monographienbestellungen im Gebenden Leihverkehr und den gesamten Nehmenden Leihverkehr zuständig war. Die Zeitschriftenbestellungen wurden von den Kolleginnen der Zeitschriftenstelle erledigt. Im Januar 1990, nachdem durch den ZDB-Anschluss die Zahlen in die Höhe schnellten, wurde für die Abwicklung der gebenden Zeitschriftenfernleihe eine zusätzliche halbe Stelle eingerichtet. Später kam noch eine "halbe" technische Kraft, insbesondere für die wachsende Menge der aus Mikrofilmen und aus gebundenen Zeitungen an einer Spezialkamera herzustellenden Reproduktionen und für Herstellung und Duplizierungen von Mikrofiches, hinzu. Blickt man auf die Zahlenkolonnen einer Statistik aus zwanzig Jahren, fällt es schwer, typische Entwicklungstrends und Besonderheiten oder gar erklärbare "Sprünge" zu entdecken. Zu vielfältig sind die Faktoren, die auf die Fernleihzahlen einwirken oder eingewirkt haben könnten; zu unübersichtlich und nichtssagend scheinen auf den ersten Blick die vielen Ziffern. Erschwerend kommt das über die Jahre nicht immer einheitliche Erfassungsschema hinzu. Dennoch will ich im Folgenden versuchen, ohne zur Tabellenform zu greifen, die wichtigsten Fernleihdaten in ihrer Entwicklung und Zusammensetzung und einige ihrer Besonderheiten in unserer Bibliothek darzustellen.
Gesamtzahlen, Monographien/Periodika, Positivquote
Betrachten wir zunächst das gesamte Fernleihaufkommen und die Aufspaltung nach Monographien und Periodika, wozu im vorangehenden Kapitel bereits einige Zahlen genannt sind. Wie schon erwähnt, waren zu Beginn enorme jährliche Zuwächse zu verzeichnen (bis auf 3.662 Bestellungen im Jahre 1982) - was sicher zu erwarten war aufgrund der Tatsache, dass der gesamte Monographienbestand 1979 auf einen "Schlag" nach Köln gemeldet und dort nach und nach in den Zentralkatalog eingearbeitet wurde. Da seitdem die monographischen Titel weiter laufend an den ZK gemeldet wurden, verwundert es schon, dass es in der Mitte der achtziger Jahre einen Rückgang des Gesamtleihverkehrs gab (bis herunter auf 2.735 Bestellungen in 1987). Möglicherweise hat sich hier die Einführung von Gebühren an Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen nachteilig ausgewirkt, die zumindest an Universitätsbibliotheken, die zu unseren Hauptabnehmern gehören, zum deutlichen Rückgang der Bestellungen im nehmenden Leihverkehr geführt hat [ Vgl. Gunter Dokter: Die Auswirkungen der Kostenerstattung im Leihverkehr auf das Benutzerver halten. In: Mitteilungsblatt. Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. N.F. 35. 1985, S. 448-462.] . In den nächsten fünf Jahren folgte im gebenden Leihverkehr ein steiler Anstieg bis auf weit über 6.000 Bestellungen (1991: 6.387, 1992: 6.650), wodurch die Bibliothek zum ersten Mal und gleich für zwei Jahre in Folge unter die ersten 30 leistungsstärksten Bibliotheken der Region [ Jürgen Heydrich: Fernleihe in Nordrhein-Westfalen und im nördlichen Rheinland-Pfalz 1991. In: Mitteilungsblatt. Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. N.F. 42. 1992, S. 279-348, hier: S. 307; ders.: Fernleihe in Nordrhein-Westfalen und im nördlichen Rheinland-Pfalz 1992. In: Ebd. N.F. 43. 1993, S. 341-410, hier: S. 370. - Diese für eine Spezialbibliothek hervorragende Platzierung haben wir möglicherweise wieder 1995 und vielleicht auch 1997 erreicht, als diese Werte nochmals erreicht bzw. überschritten wurden. Leider werden die Statistiken der NRW-Fernleihe seit 1994 nicht mehr veröffentlicht.] aufgestiegen war! Diese stetige Zunahme ist - wie schon erwähnt [Seite der Druckausg.: 108] - ganz klar auf die seit 1986 erfolgende Erfassung der Periodika in der ZDB zurückzuführen: Während die Monographienbestellungen in dem Zeitraum 1987-1992 nur mäßig um 25 % (von 1.905 auf 2.380) stiegen, explodierte die Nachfrage nach den oft seltenen Zeitschriften unserer Bibliothek von der im ersten Jahr nach ZDB-Start, d. h. 1987, noch relativ bescheidenen Anzahl von 830 Bestellungen auf 4.270 Bestellungen im Jahre 1992, was einer Zunahme von +414 % oder einer Verfünffachung innerhalb von nur fünf Jahren gleichkommt. Damit stieg der Anteil der Periodikabestellungen an der Gesamtsumme des gebenden Leihverkehrs im selben Zeitraum von 30 auf 64 Prozent, während entsprechend der Anteil der Monographien von 70 auf 36 % sank. Seitdem ist jedoch die Entwicklung bei der periodischen Literatur (bis auf ein in 1994 noch einmal festgestelltes Plus) deutlich rückläufig. Die Gesamtzahl der Bestellungen ist inzwischen um gut tausend gefallen (1998: 3.118), zu etwa gleichen Teilen bei den deutschen und den ausländischen Periodika. Prozentual gesehen bedeutet dies aber einen stärkeren Abfall bei den ausländischen Titeln - wo sich vor allem die Abbestellaktion zum Ende des Bezugsjahres 1992 bemerkbar macht [ Bei den ausländischen Zeitschriften wurden traditionell die neuesten Jahrgänge am stärksten nachge fragt, so dass die unmittelbare Auswirkung der Abbestellungen auf die Bestellzahlen verständlich ist.] . Bei den inländischen Zeitschriften und Zeitungen bekommt auch unsere Bibliothek die Konkurrenz der Bibliotheken aus den neuen Bundesländern immer mehr zu spüren. Auch wird hier eine Veränderung in der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung sichtbar, die sich zur Zeit offenbar seltener den Themen aus unserem engeren Sammelschwerpunkt widmet [ Wie auch vom Bibliotheksleiter, Herrn Dr. Zimmermann, in einem seiner Beiträge hier konstatiert wird.] - gut ablesbar auch an den nachgefragten Erscheinungsjahren (siehe weiter unten). Anders die Bestellungen auf Monographien: Nach einer deutlichen Zunahme im Jahre 1995 von fast + 41 % gegenüber dem Vorjahr (um 846 auf 2.851 Bestellungen) steigt die Anzahl im wesentlichen langsam weiter an (1997: 3.118, 1998: 3.083), und der Anteil an der gesamten Fernleihe nähert sich allmählich der 50 %-Grenze bzw. hat sie im "roten" Leihverkehr bereits überschritten. Zu dem außergewöhnlichen Anstieg 1995 hat vor allem die im selben Jahr übernommene DGB-Bibliothek beigetragen, deren Monographien ab 1975 systematisch dem Kölner ZK gemeldet wurden. 1995 wurden 524 Bestellungen auf Monographien (neben 107 auf Periodika) aus dem DGB-Bestand gezählt, 1996 waren es 620 Monographien (und 64 Zeitschriften) [ Diese Zahlen erscheinen dennoch niedrig angesichts von ca. 1.200 Bestellungen pro Jahr, die die DGB-Bibliothek in den 70er Jahren im Leihverkehr positiv erledigen konnte (vgl. die Examensarbeit von Herrn Dr. Zimmermann - Anm. 4 - , S. 106). Sie scheinen, wie schon die Nachfrage nach neuester, "gängiger" Verlagsliteratur, die vielfach festgestellte derzeitige Verschiebung der Forschungsthemen weg von unserem Hauptsammelgebiet ebenfalls zu bestätigen.] , d. h. von allen Bestellungen auf Monographien entfielen 18 % und dann 23 % auf den DGB-Bestand. Seitdem ist die Tendenz bei den Monographienbestellungen fallend, was sicherlich mit der allmählich nachlassenden Aktualität dieses Bestandes zusammenhängt - denn auch hier wurde am stärksten die neueste Literatur nachgefragt.
[Seite der Druckausg.: 109] druckten Verzeichnissen aus den Jahren 1968 und 1982 mal abgesehen). Im Zuge ihrer Einarbeitung in die ZDB konnte hier zwar eine leichte Zunahme festgestellt werden (1997: 180, 1998: 148 Bestellungen), diese konnte jedoch den allgemeinen Abwärtstrend bei den Zeitschriften bisher nicht auffangen. Wie nach dem oben skizzierten weiteren Entwicklungsverlauf bei den Monographien- und Periodikabestellungen zu vermuten ist, weist die Gesamtzahl des gebenden Leihverkehrs nach dem mehrfach erwähnten Hoch von 1992 (6.650 eingegangene Bestellungen) momentan eine leicht fallende Tendenz auf. Sie ist nach einer Wellenbewegung und weiteren Zwischenhochs (1995: 6.819, 1997: 6.566) geringfügig auf 6.201 Bestellungen im letzten Jahr gefallen (darin sind die Bestellungen außerhalb des Leihverkehrs und innerhalb der neuen Online-Dienste bereits enthalten - die Anzahl der konventionellen Fernleihscheine betrug 1998 nur noch 5.460). Damit bewegt sich die Fernleihnachfrage genau in den von Herrn Dr. Zimmermann, dem besten Kenner sowohl unseres Bestandes als auch der Forschungslandschaft, bereits 1989 als realistisch angesehenen Grenzen. Er vermutete, dass sich, nach der vollständigen Integration der Periodikabestände in die ZDB, "die Zahl der positiv erledigten Bestellungen zwischen 5.000 und 6.000 einpendeln wird" [ Rüdiger Zimmermann: Aus der Bibliotheksarbeit der politischen Stiftungen - am Beispiel der Fried rich-Ebert-Stiftung. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Sonderheft 50 (79. Deut scher Bibliothekartag in Bonn 1989). 1990, S. 270-281, hier: S. 281.] . Die in den letzten zwei Jahren real gezählten 5.579 und 5.432 positiv erledigten Bestellungen bestätigen diese Vorhersage sehr genau. Ausdrücklich hervorgehoben gehört als Besonderheit unserer Bibliothek die bis auf die ersten drei Jahre (wegen schlechterer Nachweissituation und damit hohen Anteils "blinder" Versuchsbestellungen) exzellente Positivquote von 82-90 %. Im NRW-Durchschnitt lag sie dagegen in den achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre nur bei ca.
Nachgefragte Erscheinungsjahre
Die oben bereits erwähnte verstärkte Nachfrage nach neuerer monographischer Literatur soll die folgende kleine Auswertung unserer Statistik verdeutlichen. Dabei wurde gefragt, welcher Anteil der in den letzten drei Jahren eines Jahrzehnts eingegangenen Bestellungen sich auf die im selben, laufenden Jahrzehnt erschienene Literatur bezieht. Das Ergebnis: In den Jahren 1987-1989 galten 29-36 % der Bestellungen der Literatur aus 1980 ff.; 1997-1999, zehn Jahre später, lag der Anteil der Bestellungen auf Monographien der [Seite der Druckausg.: 110] Erscheinungsjahre 1990 ff. um zum Teil schon 10 Prozentpunkte höher, er betrug in diesen drei Jahren 44 %, 46 % und 43 % [ Der leichte Knick in 1999 lässt vermuten, dass sich hier schon das Fehlen der Titelnachweise aus der Produktion seit 1997 bemerkbar macht.] . Ein kurzer Blick auf ganz frühe Erscheinungsjahre bestätigt genauso deutlich diesen Trend zu immer aktuellerer Literatur: Während sich Ende der achtziger Jahre ca. ein Drittel der Monographienbestellungen auf die vor 1945 erschienenen Büchern und Broschüren bezog, traf dies Ende der Neunziger nur noch für 13-16 % aller Monographienbestellungen zu, auch der Anteil der Weimarer Republik hat sich von durchschnittlich 13 % auf ca. 7 % innerhalb von zehn Jahren fast halbiert. Ganz anders als bei den Monographien stellt sich die Situation bezüglich der nachgefragten Jahrgänge bei den deutschen Zeitschriften und Zeitungen dar. Innerhalb des gesamten Erfassungszeitraums, d. h. seit 1987, gab es hier relativ wenig Veränderungen [ Bis auf die ersten zwei Jahre, als die neuesten Jahrgänge deutlich überwogen - weil bei der ZDB-Ein gabe mit den laufenden Zeitschriften begonnen wurde, so dass der ältere Bestand zunächst kaum überre gional nachgewiesen war.] : Die größte Bedeutung haben mit Werten um 30 % ganz stabil die Periodika aus der Zeit der Weimarer Republik. Die gesamte Nachkriegszeit erreichte Anteile von maximal 50%, und - um einen direkten Vergleich zu den Monographienwerten zu ermöglichen - die 1990er Jahrgänge waren unter den Periodikabestellungen der letzten drei Jahre dieses Jahrzehnts "nur" mit ca. 20 % vertreten. Dies bestätigt über die Zeit unverändert, wie selten und überragend in seiner Quantität und Vollständigkeit unser Bestand an Zeitschriften und Zeitungen der Weimarer Republik, ob in Originalen oder auf Mikrofilmen, ist. Wiederum ganz entgegengesetzt zu den deutschen Periodika, eher ähnlich den Monographien, werden in unserer Bibliothek die ausländischen periodischen Bestände nachgefragt. Seit Beginn der statistischen Auswertung nach Erscheinungszeiträumen (ab Mitte 1995) zeigen die Zahlen ganz eindeutig, dass hier aktuelle bis aktuellste Literatur am häufigsten bestellt wird: Auf die Jahrgänge 1990 ff. entfallen, leicht schwankend, 41-46% aller Bestellungen, sehr stark sind auch die 1980er Jahre (mit ca. 20 %) und die Jahrgänge 1960-1979 (mit durchschnittlich 12 %) vertreten. Bei den übrigen Zeiträumen fällt vor allem die annähernd gleiche Stärke der Weimarer Republik und der Nazizeit (um 7-
Nachfrage nach Grauer Literatur und Dissertationen
Parallel zum "Alter" der im Leihverkehr bestellten Monographien scheint sich die Nachfrage nach der nicht im Verlagsbuchhandel vertriebenen Grauen Literatur von (hauptsächlich) Parteien und Gewerkschaften zu entwickeln, die - in staatlichen Bibliotheken äußerst selten anzutreffen - in der Bibliothek der FES ein zahlreich vorhandenes, besonders gepflegtes "Sammelgut" darstellt. Nach zwei repräsentativen Auszählungen betrug der Anteil der Broschürenliteratur am Buchbestand unserer Bibliothek im Jahre 1977 zunächst "nur" 10 % und ist bis 1984 auf fast 16 % angewachsen [ Vgl. Hermann Rösch (wie Anm. 67), S. 123.] . Seitdem wur- [Seite der Druckausg.: 111] den die Bemühungen um dieses unkonventionelle Schrifttum [ Wie mühevoll und im wahrsten Sinne "unkonventionell" sich die Bemühungen um die möglichst voll-ständige Beschaffung der grauen Literatur in der Praxis gestalten, schildert Annette Quaedvlieg sehr an-schaulich in ihrem Beitrag zu dieser Festschrift.] , auch durch Beschaffungsreisen im Rahmen des hierfür von der DFG geförderten Projektes - die in vielen FES-Jahresberichten Erwähnung finden - intensiv fortgesetzt, was sich auch an dem Anteil der Grauen Literatur unter den jährlichen Neuzugängen (z. B. 40 % im Jahre 1988 [ Vgl. Rüdiger Zimmermann (wie Anm. 77), S. 276.] ) bemerkbar machte. Außerdem hat die Bibliothek in den letzten anderthalb Jahrzehnten weitere große Bestände und Sammlungen übernommen, in denen sich "Graues" in großer Zahl befindet. Man kann also annehmen, dass sich der Anteil der Grauen Literatur an unserem Bestand weiter deutlich erhöht haben wird, obwohl ohne neue Stichprobenerhebungen natürlich keine genaueren Schätzungen möglich sind. Der Anteil der Grauen Literatur in der Monographienfernleihe lag Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre bei durchschnittlich 55-64 % und war bei der deutschen Literatur bis 1945 (mit 65-76 %) und auch bei BRD-Literatur (57-64 %) besonders hoch. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass diese seltene Literaturgattung proportional stärker als der übrige Bestand genutzt wurde. Im Laufe der neunziger Jahre nahm die Graue Literatur unter den Monographienfernleihen allerdings recht stark ab und liegt jetzt bei 40-43 %, wobei sich die Anteile bei der deutschen Vorkriegs- und Nachkriegsliteratur diesem Durchschnittswert angleichen. Ähnlich verläuft die Entwicklung bei den ausländischen Titeln, mit Ausnahme von Osteuropa und der Dritten Welt, wo die Anteile Grauer Literatur gleichbleibend hoch sind (60-70 % bei osteuropäischer Literatur und um 80 % bei den Titeln aus Dritte-Welt-Ländern) - da aus diesen Regionen nahezu ausschließlich graues Schrifttum gesammelt wird und offensichtlich auch benutzt wird. Damit dürfte die Graue Literatur in der Fernleihnachfrage zwar vielleicht noch in etwa die Gewichtung dieser Gattung innerhalb des Gesamtbestandes unserer Bibliothek widerspiegeln, ihr derzeitiges "Tief" im Forschungsinteresse wird dennoch sichtbar. Um so mehr Freude macht es bei der täglichen Arbeit, wenn trotz des allgemeinen Trends dieses Schrifttum doch immer wieder, oft über einen längeren Zeitraum und über dieselbe Bibliothek, von - uns dann bald namentlich bekannten - Wissenschaftlern oder Projekten bestellt wird und wir diese Bestellungen als meist alleinbesitzende Bibliothek erfüllen können. Bei dem höheren Anteil ganz neuer (nicht Grauer) Verlagsliteratur unter den an uns über die Fernleihe gerichteten Bestellungen spielt sicher auch die Erwerbungspolitik von Universitätsbibliotheken eine nicht unerhebliche Rolle. Schon seit vielen Jahren wird in der Fachliteratur immer wieder festgestellt, dass die Bibliotheken aufgrund sinkender Etats gerade bei den Monographien sparen und sogar schon die Grundlagenliteratur vernachlässigen müssen, was unweigerlich zu mehr Fernleihaufträgen auf solche Literatur führt [ Vgl. Jürgen Heydrich: Fernleihe in Nordrhein-Westfalen und im nördlichen Rheinland-Pfalz 1985. In: Mitteilungsblatt. Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. N.F. 36. 1986, S. 295-348, hier: S. 297.] . Dass tatsächlich auch Standardwerke über den Leihverkehr geordert werden, die eigentlich in keiner größeren Allgemeinbibliothek fehlen dürften, beobachten wir an der zuneh-menden Nachfrage nach Büchern aus unserem Lesesaalbestand (besonders aus den Sach-gruppen Geschichte, Politik, Sozialwissenschaften, gelegentlich sogar Geographie). [Seite der Druckausg.: 112] Eine Besonderheit bei den Monographien stellt der stetig hohe Anteil von Dissertationen an den Bestellungen auf Literatur aus zwei Ländern dar, und zwar 25-30 % unter den DDR-Monographien und ca. 20 % bei der nordamerikanischen nichtperiodischen Literatur - während der Hochschulschriftenanteil im Durchschnitt aller Bestellungen gleichbleibend bei ca. 8-9 % liegt. Dies zeigt, dass durch die in der Vergangenheit außergewöhnlichen Tauschbeziehungen zu Bibliotheken und staatlichen Institutionen der DDR und die besonderen aktiven Bemühungen um eine möglichst vollständige Erwerbung von Dissertationen aus den USA und Kanada zum Thema Arbeiterbewegung hier zwei Bestandsschwerpunkte aufgebaut wurden, die sich einer ständigen guten Nachfrage erfreuen und offenbar eine Lücke im deutschen Bibliothekswesen schließen.
Nachgefragte Erscheinungsländer
Die seit 1987 geführte statistische Auswertung der eingehenden Bestellungen nach den Erscheinungsländern der bestellten Literatur ergibt, dass der Schwerpunkt der Nachfrage bei allen Erscheinungsformen ganz eindeutig bei der deutschen Literatur liegt. Der Anteil der deutschen Titel unter den Monographienbestellungen ist von 67 % auf 77 % im Laufe der Zeit sogar noch gewachsen, während er sich bei den Periodika bei 60-62 % relativ konstant [ Mit einigen Ausschlägen nach oben und nach unten zu Beginn, als bei der ZDB-Erfassung zuerst die laufenden deutschen Periodika, dann die laufenden ausländischen in Angriff genommen wurden und daraufhin wieder mit den deutschen "toten" Titeln fortgesetzt wurde.] hält. Unter den Bestellungen auf deutsche Zeitschriften war dabei Deutschland vor 1945 über lange Zeit am stärksten (50-56 %), die Bundesrepublik lag erst an zweiter Stelle (40-
Bei den Bestellungen auf ausländische Literatur, die ja bei den Monographien nur
[Seite der Druckausg.: 113] Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung sammelt(e) in ihrem Hauptsammelgebiet Literatur aus allen Regionen der Welt in großer Zahl und - zumindest über einzelne Zeitperioden - in hoher Vollständigkeit, so dass alle Regionen, entsprechend ihrer Literaturproduktion, und selbst entlegene Sprachen in ihrem Bestand vertreten sind. So verwundert es kaum, wenn sich auch die Fernleihnachfrage auf nahezu alle Erscheinungsländer bezieht, aber in der Gewichtung einzelner Regionen - allein schon aufgrund der damit verbundenen Textsprachen - ein nicht gerade überraschendes Bild ergibt.
Eine abnehmende Tendenz ist beim Anteil der Literatur aus der Dritten Welt festzustellen: Dieser ist von über 20 % auf zuletzt 12-13 % gefallen, was sicher damit zusammenhängt, dass bei den Einschnitten in der Sammeltätigkeit der Bibliothek im Ausland seit Beginn der neunziger Jahre die Erwerbung hier am frühesten und drastischsten (bis hin zur Konzentration auf Publikationen der Auslandsbüros der FES und ihrer Partnerorganisationen) eingeschränkt wurde. Seit einigen Jahren wird auch keine Literatur aus Osteuropa mehr von der Bibliothek gesammelt [ In Folge der Erwerbungsabsprachen mit der Bibliothek der Stiftung Archiv der Parteien und Massen organisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) in Berlin.] - bisher jedoch ohne Auswirkungen auf die diesbezügliche Fernleihnachfrage, die einen relativ konstanten, ziemlich hohen Anteil von 7-10 % hat. In umgekehrter Richtung entwickelt sich dagegen seit 1988 die Nachfrage auf Titel aus Österreich und der Schweiz, deren Anteil lange 11-15 % betrug und in den letzten drei Jahren auf den erstaunlich hohen Wert von 20 % zugenommen hat. Auf die Menge der bestellten in Deutschland erschienenen Titel drauf gerechnet, ergibt das ein noch stärkeres Übergewicht der Nachfrage nach deutschsprachigen Materialien: gut 82 % bei den Monographien (vor zehn Jahren: 78 %) und fast 70 % aller Periodikabestellungen (vor zehn Jahren: 10 % weniger). Das darf sicherlich nicht zu voreiligen Rückschlüssen auf die Themen von Examensarbeiten und aktuellen Forschungsprojekten verleiten, vielmehr spiegelt sich hier die Struktur unseres Bestandes wider. Nachdem der Anteil der ausländischen Literatur in der "Buchabteilung" 1984 noch ca. 37 % ausmachte [ Vgl. Hermann Rösch (wie Anm. 67), S. 123.] , wird sich das Verhältnis nach den großen Übernahmen aus deutschen Gewerkschaftsbibliotheken und anderen Einrichtungen mit überwiegend deutscher Literatur und durch die teilweisen Reduzierungen der Sammlungsaktivitäten im Auslandsbereich sehr stark zugunsten der deutschen Bestände verschoben haben.
Unsere Kunden
In der herkömmlichen Fernleihe, da auf den Bestellscheinen oft nur Benutzername oder Benutzerausweisnummer stehen, lassen sich natürlich nur Aussagen zu den Bibliotheken, über die bestellt wird, machen. Bei uns überwiegen mit jährlich 94-98% ganz eindeutig [Seite der Druckausg.: 114] deutsche Bibliotheken (Deutscher, d. h. überregionaler und regionaler, Leihverkehr), dementsprechend gering ist der Anteil des Internationalen Leihverkehrs, der von 3-5 % in den ersten paar Jahren auf sogar nur 1-2 % in der Mitte der neunziger Jahre abgesunken ist. [ Die Anteile beider Leihverkehrsarten sind seit 1995 in unserer Statistik prozentual etwas geringer ge-worden, seitdem die Bestellungen "außerhalb des LV" mitgezählt und an die DBS gemeldet werden: Der deutsche LV liegt bei ca. 90 %, der internationale LV bei 0,7-1,0 %.] Mit öfters weit über 100 Bestellungen pro Jahr ist der ILV dennoch nicht so unbedeutend, wie die Prozentzahlen vielleicht nahelegen. Hinzukommen auch noch Bestellungen aus dem Ausland, die in der Kategorie "außerhalb des LV" verborgen sind, sowie die internationalen Kunden der Dokumentlieferdienste, die hier nicht enthalten sind. Der deutsche Leihverkehr ist in unserer Bibliothek nahezu mit dem Überregionalen identisch, d. h. mit dem der großen, hauptsächlich Universitätsbibliotheken (97-98 %), während der Regionale Leihverkehr mit 2-2,7 % relativ unbedeutend ist, was bei einer Bibliothek mit sehr spezialisiertem Bestand wie der unseren nicht verwundert. Nicht weiter verwunderlich ist auch - aufgrund des Regionalprinzips im Leihverkehr - der hohe Anteil der NRW-Bibliotheken, auf die zumindest bis 1990 relativ konstant gut zwei Drittel (65-70 %) der Bestellungen im innerdeutschen Leihverkehr entfielen. Diese Statistik wurde dann durch die Angleichung an die DBS-Fragebögen nicht mehr fortgeführt, dennoch kann man sicher davon ausgehen, dass sich an dieser Verteilung nicht viel verändert haben dürfte. Zudem lässt unser seit Juli 1995 eingesetztes Fernleihmodul, das als Nebenprodukt der Erfassung der Fernleihvorgänge ein "Bestloaner"-Register erstellt, eine andere Form der Auswertung zu, die die andauernde "Übermacht" der nordrhein-westfälischen unter den bei uns bestellenden Bibliotheken bestätigt. Demnach haben in dem Zeitraum 20.07.1995 - 30.09.1999 die folgenden fünf Bibliotheken bei uns am meisten bestellt:
Bibliotheken außerhalb unserer Leihverkehsregion rangieren erwartungsgemäß weit unten. Die ausleihstärksten sind FUB Berlin (302), SUB Hamburg (265), UB Mainz (202), UB Mannheim, LB Stuttgart (je 147), LB Hannover (135); noch im dreistelligen Bereich folgen dann StUB Frankfurt/Main, UB Heidelberg, GHB Kassel, UB Passau und Kon- [Seite der Druckausg.: 115] stanz, SUB Göttingen - auch hier sind also alte, große Bibliotheken recht stark vertreten. Unter den ausländischen Bibliotheken fällt die UB Odense als einzige mit einer zweistelligen Anzahl Bestellungen (13) auf, die aber durch die rege Nutzung unserer Bestände über DBI-LINK (Deutsches Bibliotheks Institut) - die hier nicht enthalten ist - eigentlich einen viel größeren Stellenwert hat. Bei der Betrachtung der Bibliotheken außerhalb NRW darf auch ein Blick auf den Leihverkehr mit den neuen Bundesländern und früher den "DDR-Leihverkehr" nicht fehlen. Der Anteil von Bestellungen aus der DDR bzw. den ostdeutschen Ländern war in unserer Bibliothek in den ersten fünf Jahren der Leihverkehrsteilnahme verschwindend gering (um 0,5 %) und schwankt seitdem, auch nach der Vereinigung, zwischen den ebenfalls recht niedrigen Werten von 1 % und (seltener) 2 %. Dies hat meines Erachtens, zumindest für die Zeit ab 1991, zwei mögliche Gründe. Zum einen wird mancher Titel aus unserem "alten" Bestand auch in einigen Bibliotheken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR vorhanden sein (von denen wir auch vieles erst durch Verfilmungen bekommen haben). Zum anderen wird der Fernleihbedarf nach neuester Literatur aufgrund der besonderen finanziellen Mittel auch der Bibliotheken in der Aufbauphase in Ostdeutschland nicht sehr ausgeprägt gewesen sein - was sich aber in Zukunft, da die Sparzwänge im Bibliothekswesen sich auch dort auswirken werden, ändern dürfte. (Der Anteil der Bibliotheken aus den östlichen Bundesländern am gebenden Leihverkehr ist im laufenden Jahr auch bereits geringfügig - auf 2,8 % - angestiegen.) Einen wachsenden Stellenwert innerhalb der gebenden "Fernleihe" haben die bei uns seit 1995 mit erfassten Bestellungen außerhalb des Leihverkehrs, also verschiedene Arten von Direktbestellungen und -anfragen und die daraus resultierenden Direktlieferungen (hauptsächlich von Kopien) außerhalb von durch die Leihverkehrsordnung und andere etablierte Dienste geregelten Wegen. Ihr Anteil an den Fernleihvorgängen hat innerhalb von knapp fünf Jahren von 2,4 % auf 9,6 % stark zugenommen (1995: 160; 1998: 550; 1999, bis Sept.: 378) und wird angesichts der zunehmenden Verbreitung von Internet und E-Mail in den nächsten Jahren mit Sicherheit weiter an Bedeutung gewinnen. Nicht enthalten sind hier die "geregelten" Direktlieferdienste (siehe bei Neue Formen) - ebenso die von anderen KollegInnen der Bibliothek, außerhalb der Fernleihstelle, per Kopie oder Dublettenversand erledigten Bestellungen (im internen Sprachgebrauch: "Anfragen"), die als Teil der Dienstleistung "überregionale Literaturversorgung" unserer Bibliothek mit berücksichtigt werden müssen. Zwar ist die Anzahl der im Sekretariat erfassten schriftlichen Anfragen (1999, bis Sept.: 115) nach dem Fernleihanschluss und vor allem seit unserem WWW-OPAC gegenüber den siebziger und achtziger Jahren deutlich gesunken, dafür kommen vermehrt spezialisierte Literaturanfragen und Bitten um einzelne Titel per E-Mail herein und werden in Zukunft sicher noch zunehmen, seitdem auf den Bibliotheksseiten im Internet die E-Mail-Adressen der Ansprechpartner der einzelnen Arbeitsbereiche und Fachreferate angeboten werden. Die Kunden außerhalb des Leihverkehrs stammen mit Sicherheit ebenfalls zu einem großen Teil aus Deutschland (was allerdings, da nicht erfasst, nicht mit Zahlen belegt werden kann). Es erreicht uns aber auch eine große Anzahl Bestellungen, besonders per E-Mail, aus aller Welt, und es gibt darunter auch schon Besteller, die man als Stammkunden bezeichnen kann (z. B. einen Forscher zu Wiedervereinigungsfragen in Südkorea oder eine Historikerin in den USA). Zu den ganz besonderen Kunden zählen Institutionen der Arbeiterbewegung, mit denen regelrechte Abkommen über den gegenseitigen [Seite der Druckausg.: 116] Leihverkehr abgeschlossen worden sind. In erster Linie sind hier das IISG in Amster-dam [ Dass ein "Leihverkehr" mit dem IISG praktiziert wird, ist keinesfalls selbstverständlich - wie Herr Dr. Zimmermann in seinem Beitrag über die Mitarbeit der Stiftung in der IALHI eindrucksvoll darlegt.] und viele Gewerkschaften (DGB, IG BAU, IG Medien, IG Metall, GEW, ÖTV
Neue Formen
Nachdem durch die Vervielfältigung und "Entlokalisierung" der Zentralkataloge mittels Mikroformen und bald durch die Verbunddatenbanken - zu denen anfangs nur Bibliothekare Zugang hatten (oder Benutzer nur in Bibliotheksräumen) - bereits viel zur Beschleunigung des Leihverkehrs erreicht worden ist, gehen die Bemühungen weiter und es werden neue Formen und Systeme entwickelt. Eine der wichtigsten ist die sogenannte Direktlieferung, bei der die Kunden das Gesuchte nicht nur selbst ermitteln, sondern es direkt - am besten online - bei einer Bibliothek bestellen können und es direkt geliefert bekommen, d. h. ohne Zuhilfenahme einer bibliothekarischen Einrichtung, dafür allerdings gegen (je nach gewählter Frist und Zustellart gestaffelte) Gebühren. Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich sehr früh aktiv an diesen Entwicklungen beteiligt und hat bereits im Mai 1992 die erste Form des Online Orderings angeboten, indem sie sich - als damals siebte Einrichtung in der Bundesrepublik und erste geisteswissenschaftlich orientierte Spezialbibliothek - dem vom Deutschen Bibliotheksinstitut ins Leben gerufenen Dokumentlieferdienst DBI-LINK [ Siehe unter http://www.dbilink.de/] anschloss. Über dieses System konnten seitdem Kunden aus aller Welt auf die in der ZDB nachgewiesenen Periodikabestände der Bibliothek online zugreifen, bald kamen noch die Monographien aus dem Verbundkatalog des DBI hinzu. (Wir liefern hierüber nicht nur Kopien, sondern leihen auch Bücher aus - direkt an die Besteller.) Anfangs war dies ein kompliziert zu handhabendes System (mit täglichen Abfrageprozeduren am DBI-Rechner in Berlin mittels DFÜ, später über Datex-P), inzwischen erhalten wir an uns gerichtete Bestellungen bequem über E-Mail-Weiterleitung. Allerdings ist dieses Angebot, das - stark schwankend - in 77 bis 193 Fällen pro Jahr angenommen wurde, zumindest in unserer Bibliothek auf keine große Resonanz gestoßen. Das wird zum einen an der Ausrichtung dieses Dienstes auf "kommerzielle" Kunden liegen, deren Literaturbedarf sicherlich mehr im Bereich der Naturwissenschaften und der Technik liegen dürfte (Bibliotheken mit entsprechendem Bestand machen denn auch ganz entgegengesetzte Erfahrungen mit DBI-LINK). Zum anderen werden sich vielleicht auch die bald entstehende - zum Teil kostengünstigere - Konkurrenz durch andere, eventuell auch kommerzielle Dienste und Angebote einzelner Bibliotheken sowie die vergleichsweise hohen Preise hier negativ ausgewirkt haben. Seit Januar 1998 bietet die Bibliothek auch ein eigenes Online-Direktbestellverfahren [ Siehe unter http://www.fes.de/library/index_gr.html] an, bei dem der Kunde durch eine bequeme Eingabemaske im WWW eine Bestellung an uns aufgeben kann. Auch dieser Dienst ist kostenpflichtig, aber mit weitaus günstigeren, an Subito orientierten Preisen. Hier hat die Bibliothek erstmals neben Post und Fax auch die elektronische Lieferung im Angebot, anfangs in Form einer Bereitstellung der Images [Seite der Druckausg.: 117] (d. h. der am Scanner erzeugten elektronischen "Kopien" der gewünschten Seiten) auf dem FTP-Server, von wo aus sich der Besteller die Dateien "holen" kann. Seit April 1999 bieten wir auch die Zustellung per E-Mail an, die unter den elektronischen Varianten eindeutig bevorzugt wird (seitdem ist nur noch in vier Fällen FTP gewünscht worden). Im Vergleich zu Papierkopien scheint die elektronische Form mehr in der Gunst der Kundschaft zu liegen, im ersten Angebotsjahr erreichte FTP 61 % aller Bestellungen, im laufenden Jahr liegt bisher die papierene Alternative leicht im Vorteil. Auf die Gesamtzahlen gesehen - 120 Bestellungen im ersten Jahr und 107 bis September diesen Jahres - hat dieses Angebot bisher kein großes Bestellvolumen erbracht, wie von uns nicht viel anders erwartet wurde (da es sich an Spezialisten wendet, die zudem - was gerade unter Historikern noch nicht selbstverständlich ist - entsprechend technisch geschult und ausgestattet sein müssen). Aber immerhin hat es die Größenordnung von DBI-LINK erreicht bzw. sogar leicht überschritten.
Seit Mitte März des laufenden Jahres bietet die Bibliothek der FES schließlich einen dritten Direktzugriff auf ihren Bestand und zwar über die Online-Dienste des größten deutschen "Gemeinsamen Bibliotheksverbundes" von sieben Bundesländern (GBV), mit Sitz in Göttingen. Dafür wurden unsere ZDB-Daten in den Verbundkatalog des GBV überspielt, d. h. dieser Dienst bezieht sich bisher "nur" auf unseren Periodikabestand. Er besteht aus zwei Komponenten: Die erste, mit sicherlich den besten Wachstumsaussichten, ist die Online- Fernleihe des GBV, bei der die Bibliotheken oder auch ihre Benutzer selbst online Bestellungen aufgeben, aber die (kostenlosen) Lieferungen an die Bibliotheken geschickt werden. Dies ist also im Grunde die "normale" Fernleihe, nur wird der Leihschein durch eine papierlose Online-Bestellung ersetzt - mit dem Mehrwert, dass der Besteller jederzeit den Bearbeitungsstand seiner Bestellung, auch eine eventuelle Weiterleitung an die nächste besitzende Bibliothek verfolgen kann und ebenso online eine Begründung im Falle einer Negativantwort erhält und dass hier eine Art Fristenüberwachung für die Erledigung durch die angegangenen Bibliotheken stattfindet.
In dem erst gut halben Jahr unserer Teilnahme an den GBV-Online-Diensten sind bei uns (bis zum Stichtag 30. September) schon 76 Bestellungen über GBVdirekt und 147 Online-Fernleihbestellungen eingegangen. Damit dürften allein im GBVdirekt die durch- [Seite der Druckausg.: 118] schnittlichen Bestellmengen der beiden anderen kostenpflichtigen Angebote unserer Bibliothek auf Anhieb übertroffen worden sein. Die Online-Fernleihe liegt bereits jetzt darüber und dürfte in Zukunft am stärksten anwachsen. Einen Eindruck von der Bedeutung der Bestell- und Lieferwege außerhalb des eigentlichen Leihverkehrs mag die Zusammensetzung der zwischen Januar und September 1999 in unserer Fernleihstelle eingegangenen Bestellungen geben. Von den insgesamt gezählten 4.399 Eingängen entfielen 3.575 (81,3 %) auf den klassischen Leihverkehr (Fern-leihscheine), 147 auf die Online-Fernleihe, 378 auf die Anfragen" (E-Mail, Brief, Fax, LV-Abkommen) und zusammen 299 auf die kostenpflichtigen Online-Dokumentlieferdienste (DBI-LINK, GBVdirekt, FES-Online-Direkt). Damit erreichten die letztgenannten bereits im ersten Jahr, in dem alle im Angebot sind, 7,5 % des Gesamtvolumens. Alle Formen von Direktbestellungen außerhalb des Leihverkehrs" machen 15,4 % aus und alle außerhalb der herkömmlichen Fernleihe (also inkl. der Online-Fernleihe) sogar schon fast 19 %, womit beinahe jede fünfte bei uns eingegangene Bestellung nicht mehr den - manchmal etwas langwierigen - Weg als roter Leihschein gegangen ist. Zu neuen Formen überregionaler Literaturversorgung gehört im weitesten Sinne auch die von immer mehr Einrichtungen betriebene Bereitstellung von Literatur in Form von erschlossenen und zugriffsfähigen Volltextangeboten. Auch hier ist unsere Bibliothek sehr aktiv und bietet in ihrer "Digitalen Bibliothek" [ Siehe hierzu den Beitrag von Ruth Großgart.] eine immer größer werdende Anzahl digitaler Volltexte an, die sich jeder Interessierte kostenlos übers Netz auf den heimischen Rechner herunterladen kann. Unsere Fernleihstelle konnte inzwischen die ersten Online-Kunden, die Publikationen per E-Mail bestellt haben, auf diese für sie noch bequemere Möglichkeit verweisen. Die Bibliothek wirkt außerdem an anderen Volltextprojekten mit, z. B. in Zusammenarbeit mit dem GBV (WebDOC-Projekt) [ Siehe unter http://www.brzn.de/cgi-bin/nph-wwwredir/www.gbv.de:48504/] und auch innerhalb der IALHI. Im Abschnitt zu neuen Formen und Techniken in der Fernleihe unserer Bibliothek darf auch ein kurzer Hinweis auf die intern wichtigen Neuentwicklungen nicht fehlen, hier ganz besonders auf das von unserer Kollegin aus der Bibliotheks-EDV-Gruppe Ruth Großgart - guter Kennerin der Arbeitsabläufe in der Fernleihstelle durch jahrelange Urlaubsvertretungen - als ALLEGRO-Datenbank entwickelte Fernleihmodul, das seit Ende Juli 1995 im Einsatz ist. Es erlaubt nicht nur die Automatisierung solch - bei Verbuchung in Zettelform - lästiger und zeitaufwendiger Vorgänge wie Mahnungen und Verlängerungen und natürlich auch die Verwaltung und den Ausdruck von Bibliotheksadressen für die Fernleihlieferungen (früher auf der Schreibmaschine oder per Hand geschrieben und nur für wenige häufig gebrauchte Adressen von der zentralen Adressenverwaltungsstelle des Hauses auf Endlosetiketten "auf Vorrat" bestellt). Allein dadurch ist uns das Modul sehr schnell zum unentbehrlichen "Hilfsmittel" für die tägliche Arbeit geworden. Vor allem aber ist das Programm in der Lage, die - wie man oben sehen konnte - sehr differenzierte Jahresstatistik (die früher durch tagelanges Auszählen der unzähligen, monatlich geführten Strichstatistiken mühselig erstellt wurde) innerhalb von Minuten, inkl. berechneter prozentualer Werte, auf "Knopfdruck" zu liefern. Außerdem sind durch Kombinationen (Boolsche Operatoren) bisher nicht vorgesehene, sehr spezielle Ad-hoc-Fragestellungen, etwa nach der Nachfragestruktur auf den DGB-Bestand, spielend leicht [Seite der Druckausg.: 119] zu beantworten. Das Kategorienschema für die Erfassung statistischer Parameter ist flexibel und kann bei Bedarf erweitert oder verändert werden.
Passiver Leihverkehr
Mit der offiziellen Zulassung zum Leihverkehr, der als kooperative Einrichtung der Bibliotheken auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruht, erwarb die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung auch das Recht, ihrerseits die von ihren "Benutzern" benötigte, im eigenen Bestand nicht vorhandene Literatur von anderen Bibliotheken zu bestellen. Davon hat sie ab April 1980 auch Gebrauch gemacht, und die neue Dienstleistung wurde im Haus schnell angenommen: Nach 332 und 307 Bestellungen in den ersten zwei Jahren ist 1982 schon die 1.000-Grenze überschritten worden. Seitdem ist die Entwicklung etwas schwankend (die bisher höchste Zahl war 1988 mit 1.755 Bestellungen erreicht worden) und pendelt sich auf ca. 950-1.100 Bestellungen pro Jahr ein. Dem bildungspolitischen Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung entsprechend gibt die Bibliothek - wie man unschwer anhand dieser Zahlen erkennen kann - viel mehr in den Leihverkehr ein als sie selbst von dort erhält. Das Verhältnis "Gebend : Nehmend" bewegt sich zwischen 80:20 und sogar öfters 90:10 (in Prozent). Die Nehmende Fernleihe wurde von Anfang an nicht nur von den MitarbeiterInnen der Abteilungen außerhalb der Bibliothek, besonders des Forschungsinstituts, für ihre wissenschaftliche Arbeit genutzt, sondern auch für die zahlreichen Bibliographie-Projekte des Archivs und der Bibliothek selbst eingesetzt. Rückwirkend bis zum Bestelljahr 1990 konnte ich vor einiger Zeit - anhand der im nehmenden Leihverkehr versandten Bestellungen und später aller in der Fernleihstelle eingegangenen Literaturwünsche - die Kundenstruktur untersuchen. Dabei bestätigte sich meine Vermutung, dass der Anteil der Besteller aus der Friedrich-Ebert-Stiftung kontinuierlich sinkt: im betrachteten Zeitraum von ca. 90 % bis auf die Hälfte aller Bestellungen. Innerhalb dieser Gruppe nimmt das Forschungsinstitut in ähnlicher Größenordnung - von ca. 80 % auf zuletzt 44 % - ebenfalls stetig ab zugunsten der "internationalen" (inkl. Auslandsbüros) und der "bildungspolitischen" Abteilungen (APB, GPI, Akademien), deren Anteile von 12 auf 40 % und von 5 auf 12 % zugelegt haben. Eine große Gruppe unter den anteilig immer mehr werdenden "Externen" bilden - mit stark schwankenden Anteilen (31-88 %) - die Lesesaalbenutzer, darunter vor allem ausländische Besucher während ihrer mehrmonatigen Forschungsaufenthalte in Bonn sowie der FES nahestehende Persönlichkeiten, gelegentlich sogar ehemalige Lesesaalbenutzer und Stipendiaten aus dem Ausland, die in ihren Ländern mit der internationalen Fernleihe schlechte Erfahrungen gemacht haben und sich an den bewährten, unbürokratischen Service unserer Bibliothek wenden. [Seite der Druckausg.: 120] Zur zweiten Gruppe "externer" Besteller, die mit 12 % bis fast 70 % der Bestellungen innerhalb dieser Kategorie an Bedeutung gewinnt, gehören verschiedene Institutionen und Kooperationspartner des Hauses, darunter Parteivorstand der SPD, Haus der Geschichte, ein Forschungsinstitut in Moskau, einige der Stiftung verbundene Wissenschaftler, Redaktion des "Vorwärts", Dietz-Verlag u. v. a. Unsere Bibliothek ist übrigens, gemäß der in der Leihverkehrsordnung definierten Voraussetzungen, nur "mittelbar" zum Leihverkehr zugelassen, was bedeutet, dass sie ihre Bestellungen an die zuständige "Leitbibliothek" (für uns die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn) schicken muss, wenn sie nicht mit eigenen Mitteln besitzende Bibliotheken ermitteln kann. Aber schon durch die Anschaffung von MIZE und KITTY, dann anderer Mikrofiche-Kataloge (nicht zuletzt auch des NUC der Library of Congress als größter bibliographischer Datenbank) konnte sie einen großen Teil der Bestellungen selbständig bearbeiten und als Direktbestellungen verschicken. Heute, durch die im Internet zugänglichen, auch ausländischen Verbunddatenbanken, brauchen wir die ULB Bonn kaum noch zu bemühen, was vor allem den Vorteil hat, dass unsere Kunden die gewünschte Literatur viel schneller erhalten.
Ausblick
Die Einrichtung "Fernleihe" befindet sich ohne Zweifel in einem grundlegenden Wandel und nimmt immer vielfältigere Formen an. Die Entwicklung geht weg von der Abwicklung zwischen Bibliotheken (und der "Aufrechnung", welche Region oder Einrichtung mehr nimmt als sie gibt u. ä.), hin zur Dienstleistung für die Kunden. Dabei kommt es darauf an, möglichst viele dieser Formen anzubieten, um möglichst viele potentielle Kunden - über unterschiedliche Zugangswege - zu erreichen. Der klassische (fast) kostenlose Leihverkehr hat sich bereits nahezu revolutionär verändert, indem Bestellscheine nicht mehr Monate lang von einer Einrichtung zur anderen, in denen sie unzählige Male in die Hand genommen und an Zettelkatalogen abgeglichen werden, unterwegs sind, sondern in der Regel als Direktbestellungen gezielt an tatsächliche Besitzer der gesuchten Titel geleitet werden. In diesem Bereich wird sich in Zukunft vor allem der Bestellvorgang weiterhin erheblich beschleunigen und vereinfachen, bis hin dazu, dass er zu immer höherem Anteil vom Besteller selbst am Computer online ausgeführt wird - wobei Bibliotheken nur noch Hilfe leisten und schwierige Fälle übernehmen und natürlich ältere, in den modernen Datenbanken nicht verzeichnete Literatur bestellen [Seite der Druckausg.: 121] werden, so lange sie noch nicht von den Retrokonversionsprojekten erfasst ist. An der Lieferung selbst, die weiterhin, da rationeller, an die Fernleihbibliotheken gehen wird, wird sich nicht sehr viel ändern - abgesehen von ebenfalls zu erwartender Beschleunigung, der allerdings angesichts allgemein erwarteter steigender Fernleihzahlen mit Sicherheit am ehesten Grenzen gesetzt sind. Ergänzt - aber nicht ersetzt - wird der "interbibliothekarische" Leihverkehr wie schon vielfach heute durch die kostenpflichtigen, besonders schnellen Direktlieferdienste für den eiligen Bedarf, die mit der Zeit zu immer zentraleren und einheitlicheren Formen zusammenfinden werden (Beispiel: GBVdirekt-Subito). Der Aufbau elektronischer Dokumentlieferdienste und digitaler Bibliotheken wird auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ganz besonders gefördert [ Vgl. Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Aktionspro gramm der Bundesregierung. September 1999. Unter: http://www.iid.de/aktionen/aktionsprogramm/
Deshalb wird es gerade für Spezialbibliotheken in privater Trägerschaft wie die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung wichtig sein, zusätzlich eigene Dienste und Angebote, auch im internationalen Verbund mit Partnereinrichtungen, für ihre spezielle Klientel aufzubauen und zu pflegen - wie wir es bereits auf vielfältige Weise tun. Dazu gehört auch die "Akzeptanz" aller ungewöhnlichen, von den Kunden gewählten direkten Bestellformen, die unbürokratisch und ebenso sorgfältig und schnell bearbeitet werden sollten wie die auf "geregelten" Wegen eingehenden Bestellungen. Ebenso von immer größerer Wichtigkeit wird es sein, flexibel und rechtzeitig auf sich verändernde spezifische Bedürfnisse der eigenen Klientel und auch auf neue technische Möglichkeiten und Nutzungsgewohnheiten zu reagieren [ So ist beispielsweise für die in das neue Stiftungshaus in Berlin umziehenden Abteilungen der FES in unserer Bibliothek gerade ein Online-Dienst über Internet in Vorbereitung (die bisher einzeln über E-Mail abgewickelten Bestellungen, in unserem gegenseitigen Leihverkehr mit dem Karl-Marx-Haus in Trier praktiziert, werden somit auf eine effizientere Form umgestellt) und wird - als eine Art hausinter ner Leihverkehr - in der nächsten Zeit in der Fernleihstelle sicher eine große Rolle spielen.] . Eine wachsende Bedeutung für die Versorgung potentieller Nutzer mit Literatur und "End"-Information wird schließlich die Bereitstellung digitaler Volltexte im Internet bekommen, bei der der Literatursuchende nicht nur beim Such- und Bestellvorgang, sondern auch für die "Lieferung" der gesuchten Information kein Bibliothekspersonal mehr benötigt - die aber natürlich im Vorfeld und bei der Pflege des digitalen Literaturbestandes einen erheblichen Aufwand an Ressourcen seitens der Bibliothek erfordert. Bei der Bewertung der Leistung einer Bibliothek für die überregionale Literaturversorgung wird man daher in Zukunft neben den "reaktiven" Dienstleistungen (Leihverkehr, Online-Fernleihe, Dokumentlieferung etc.) auch die "aktive" Literaturbereitstellung in Volltextform durch Auswertung der Zugriffsstatistiken einbeziehen müssen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 1999 |