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Zusammenfassung


Die Arbeit informiert über Topographie und Inhalt der wichtigsten Sammlungen in polnischen Archiven, Bibliotheken und Museen, die Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung enthalten - unter Berücksichtigung der Veränderungen, die dabei nach 1990 eingetreten sind. Sie führt auch die wichtigsten archivarischen Hilfsmittel auf (Archivführer, Inventarverzeichnisse, Kataloge, Übersichtsartikel), die dem Historiker hierfür zur Verfügung stehen.

Ein bedeutender Teil der Sammlungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Polen hat in den letzten drei Jahren den Besitzer gewechselt und mitunter auch den physischen Aufbewahrungsort. Einige Sammlungen unterlagen nach 1990 der Teilung zwischen zwei neuen Eigentümern. Dies betrifft vor allem die bis 1990 größte polnische Sammlung von archivalischen Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung, das ehemalige Zentralarchiv des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (ZA PVAP) <Centralne Archiwum Komitetu Centralnego Polskiej Zjednoczonej Partii Robotniczej (CA KC PZPR)>. Seine archivalischen Bestände wurden vom staatlichen Archiv für neuere Akten <Archiwum Akt Nowych (AAN)> in Warschau übernommen, ebenso wie alle anderen Akten der zentralen Instanzen der PVAP. Dagegen wurde die Abteilung für gedruckte Materialien des ZA der PVAP, darunter auch alle Sammlungen der Arbeiterpresse, Broschüren und dergleichen, von der Bibliothek des polnischen Parlaments <Biblioteka Sejmowa> übernommen und bilden dort als "Sammlungen zur Sozialgeschichte" <Zbiory Historii Spolecznej> einen besonderen Bestand. Die Archive der Woiwodschaftskomitees der PVAP und ihre laufenden Aktenbestände wurden hingegen von den entsprechenden regionalen Archiven der staatlichen Archivkette übernommen. Dies erfolgte auf der Grundlage eines Regierungsbeschlusses vom 19. März 1990.

Dieses umfangreiche Material (mindestens 11.000 lfd. m. Akten) betrifft nicht nur die Geschichte der PVAP selbst und ihrer Vorläufer sowie die gesamte Nachkriegsgeschichte Polens, in der die Parteikomitees der verschiedenen Ebenen bekanntlich die eigentlichen Machtzentren im Lande bildeten. Es betrifft auch in hohem Maße die Geschichte der polnischen und der internationalen Arbeiterbewegung der früheren Jahre, im Grunde

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genommen von den Anfängen der Existenz einer Arbeiterbewegung auf polnischem Boden an. Historische Materialien wurden aber nicht nur vom ZA der PVAP gesammelt, das das zentrale historische Archiv der polnischen Arbeiterbewegung war, sondern auch von zahlreichen Woiwodschaftskomitees, bei denen viele Jahre lang regionale Referate für Parteigeschichte tätig waren. All dieses Material ist jetzt in staatliche Archive gelangt, wo es unter den in polnischen Archiven normalerweise gültigen Bedingungen zugänglich ist (Sperrfrist von 30 Jahren, ergänzt durch die Verfügung des Ministers für Wissenschaft und Hochschulwesen vom 27. Juli 1984, die zur Bedingung macht, daß der Zugang zu den einzelnen Akten nicht die Interessen des Staates oder einzelner seiner Bürger verletzt).

Einige wichtige Institutionen mit Sammlungen von Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung haben nach 1990 ihren Namen geändert. So heißt das ehemalige Museum zur Geschichte der polnischen revolutionären Bewegung <Muzeum Historii Polskiego Ruchu Rewolucyjnego> in Warschau jetzt Museum der [polnischen] Unabhängigkeit <Muzeum Niepodleglosci>. Ebenso sind die regionalen Museen für die Geschichte der Arbeiterbewegung jetzt unter anderem Namen tätig, oder sie wurden auch in die örtlichen landeskundlichen oder historischen Archive integriert.

Über zentrale Sammlungen mit reichhaltigen archivalischen Beständen zur Geschichte der Arbeiterbewegung verfügen danach heute in Polen: das Archiv für neuere Akten <Archiwum Akt Nowych> in Warschau, das neben seinen älteren Sammlungen (polnische staatliche Akten von 1918 an, von denen viele die Arbeiterbewegung betreffen) die Sammlungen des ehemaligen Zentralarchivs der PVAP <Centralne Archiwum PZPR> und die in dieses Archiv bis zum Zeitpunkt der Auflösung dieser Partei nicht integrierten Akten der zentralen Instanzen der PVAP besitzt; das Hauptarchiv für ältere Akten <Archiwum Glówne Akt Dawnych> in Warschau (staatliche Akten bis 1918, Sammlungen von Flugschriften der polnischen Arbeiterbewegung bis 1918); das Archiv der Gewerkschaftsbewegung <Archiwum Ruchu Zawodowego> in Warschau (Akten der polnischen Gewerkschaftsbewegung von 1944/45 bis in unsere Zeit - mit Ausnahme der Materialien des Gewerkschaftsbundes "Solidarität" - sowie historische Materialien zur polnischen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1945, die von dem bis 1990 existierenden Institut für die Ge-

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schichte der Gewerkschaftsbewegung <Zaklad Historii Ruchu Zawodowego> gesammelt worden sind); das Archiv der Landesexekutivkommission des Unabhängigen sich-selbst-verwaltenden Gewerkschaftsbundes "Solidarität" <Archiwum Krajowej Komisji Wykonawczej Niezaleznego Samorzadnego Zwiazku Zawodowego "Solidarnosc"> in Gdansk [Danzig]; das Museum der [polnischen] Unabhängigkeit <Muzeum Niepodleglosci> in Warschau.

Die Übersicht vermittelt auch grundlegende Informationen über die Bestände der wichtigsten regionalen Archive, in denen sich Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung befinden.

In den Fällen, in denen ein veröffentlichtes Bestandsverzeichnis, ein Archivführer oder eine Informationsschrift anderer Art nähere Auskünfte über die erwähnten Sammlungen erteilt, enthält die Übersicht entsprechende bibliographische Angaben.

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß während des Systemwechsels in Polen seit 1989 keine der für den Historiker der Arbeiterbewegung wichtigen archivalischen Sammlungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung in ihrer Existenz bedroht war.

Durch die 1990 erfolgte Verstaatlichung der ehemaligen Archive der PVAP wurde der Zugang zu ihnen, der vorher verschiedenen Einschränkungen unterlag, erleichtert. Er wird jetzt nur durch die für den gesamten polnischen Archivdienst gültigen allgemeinen Vorschriften geregelt.

Weit ungünstiger stellt sich die Situation der Spezialbibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung dar. Nicht wenige seltene historische Druckwerke, die sich bis 1989 im Besitz von Bibliotheken der PVAP befanden, sind in den letzten Jahren verloren gegangen. Hier und da sind Bücher, die aus diesen Sammlungen stammten, auf dem Antiquariatsmarkt aufgetaucht. Einige einmalige Sammlungen, wie z. B. die Bibliothek der ehemaligen Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der PVAP <Biblioteka Akademii Nauk Spolecznych przy KC PZPR> in Warschau, die zahlreiche seltene Druckwerke und Jahrgänge der historischen Presse der polnischen und internationalen Arbeiterbewegung besaß, wurden in Institutionen in der Provinz verlagert (in diesem Falle in die

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Universitätsbibliothek Szczecin [Stettin]), wo das Interesse an ihnen und der Grad ihrer Nutzung bedeutend geringer sind als in Warschau. Diese Zerstreuung der Sammlungen hat die Forschung grundsätzlich erschwert.

Die Versorgung der Spezialbibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung wie der meisten anderen wissenschaftlichen Bibliotheken in Polen mit neuen monographischen Veröffentlichungen und laufenden Fachzeitschriften hat vor allem aus finanziellen Gründen in erheblichem Maße eine Unterbrechung erfahren, was sich ohne Zweifel auf die Möglichkeiten der Ausübung dieses Zweiges der Geschichtsschreibung in Polen nachteilig auswirkt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000

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