Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Eine internationale Gewerkschaftskonferenz in Bern, auf der zehn Nationen - Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Niederlande, Norwegen, Oesterreich, Schweden, Schweiz, Ungarn und Vertreter der tschechoslowakischen Gewerkschaften ohne Stimmrecht - vertreten sind, nimmt gewerkschaftliche Forderungen zum Friedensvertrag an, die Gemeingut der internationalen Gesetzgebung werden sollen: zum Koalitionsrecht, zum Freizügigkeitsrecht, zur Arbeitsvermittlung, zum Arbeiterschutz, zur Sozialversicherung sowie zur Arbeitsaufsicht, zur Arbeitszeit, zur Hygiene und Unfallversicherung, zur Heimindustrie, zum Kinderschutz zum Seemannsrecht und -schutz.
Stichtag:
1./4. Oktober 1917
Die Konferenz verlangt von den Regierungen, daß zu den Feststellungen des sozialpolitischen Teils der Friedensbedingungen auch Gewerkschaftsvertreter hinzuzuziehen sind.
Die Konferenz vertagt die Frage der Sitzverlegung des IGB. Um die internationalen Verbindungen aufrechtzuerhalten, bestätigt die Konferenz die nach Kriegsausbruch eingerichtete Zweigstelle in Amsterdam.
"Die internationale Konferenz bedauert sehr, daß es den Vertretern der französischen Gewerkschaften durch ihre Regierung unmöglich gemacht wurde, in Bern zu erscheinen.
Sie nimmt Kenntnis vom Schreiben der britischen Gewerkschaftscentrale, durch welche diese das Fernbleiben ihrer Vertreter begründet. ...
Die Konferenz betrachtet sich nicht als kompetent über die Frage der Mitschuld der Völker und ihrer Regierungen am Kriege und dessen Begleiterscheinungen zu urteilen und geht deshalb über das Schreiben der britischen Gewerkschaftscentrale zur Tagesordnung über, indem sie dem heißen Wunsche Ausdruck gibt, es möchten in allen Ländern Führer und Massen des organisierten Proletariats mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln auf einen baldigen Friedensschluß hinwirken."
G. Bauer weist entschieden die britische Forderung zurück, nicht mit deutschen Gewerkschaftern zusammenzutreffen. Er weist darauf hin, wie wenig gerade die Engländer berechtigt sind, in moralischer Entrüstung wegen brutaler Kriegführung zu machen, die in Indien, im Burenkriege mit der größten Bestialität vorgingen und jetzt zuletzt im Weltkriege die Aushungerung der deutschen Frauen, Kinder und Greise in brutalster Weise betreiben, wobei sie auch gegen die Neutralen eine völkerrechtswidrige Kriegführung belieben. G. Bauer wendet sich dagegen, daß derartige Vorwürfe innerhalb der Arbeiterbewegung erhoben werden.