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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
2. Dezember 1916

Der Reichstag nimmt gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst an. Danach ist jeder männliche Deutsche vom 17. bis zum 60. Lebensjahr zum Hilfsdienst während des Krieges verpflichtet "Als vaterländischer Hilfsdienst gilt außer dem Dienste bei Behörden und behördlichen Einrichtungen insbesondere die Arbeit in der Kriegsindustrie, in der Land[- und Forst]wirtschaft, in der Krankenpflege und in kriegswirtschaftlichen Organisationen jeder Art sowie in sonstigen [Berufen und] Betrieben, die für Zwecke der Kriegführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar von Bedeutung sind. Die Leitung des vaterländischen Hilfsdienstes liegt dem beim Preußischen Kriegsministerium errichteten Kriegsamt ob."
In allen für den vaterländischen Hilfsdienst tätigen Betrieben mit mehr als 50 Arbeitern wird die Einsetzung eines Arbeiterausschusses obligatorisch. "Dem Arbeiterausschusse liegt ob, das gute Einvernehmen innerhalb der Arbeiterschaft des Betriebes und zwischen der Arbeiterschaft und dem Arbeitgeber zu fördern. Er hat Anträge, Wünsche und Beschwerden der Arbeiterschaft, die sich auf die Betriebseinrichtungen, die Lohn- und sonstigen Arbeitsverhältnisse des Betriebs und seiner Wohlfahrtseinrichtungen beziehen, zur Kenntnis des Unternehmers zu bringen und sich darüber zu äußern." Die Mitglieder werden in geheimer, direkter Wahl nach dem Verhältniswahlsystem von den volljährigen Betriebsangehörigen gewählt. In Betrieben mit weniger als 50 Arbeitern oder landwirtschaftlichen Betrieben können die Arbeiter ihre Forderungen einer Schlichtungsstelle unterbreiten, die aus je drei Arbeitgebern und -nehmern und einem vom Kriegsamt berufenen Vorsitzenden besteht. Damit ist den landwirtschaftlichen Arbeitern eine rechtlich geordnete Interessenvertretung eingeräumt. Die Einschränkung der Freizügigkeit der Arbeiter wird insofern korrigiert, als beim Nachweis besserer anderweitiger Arbeitsbedingungen die Arbeitsstelle gewechselt werden kann. Den im Hilfsdienst beschäftigten Personen darf die Ausübung des ihnen gesetzlich zustehenden Vereins- und Versammlungsrechts nicht beschränkt werden.
Das Kriegsamt wird zur Leitung des mit der Regelung der Arbeiterfrage betrauten Ressorts einen Gewerkschaftsvorsitzenden berufen. Diese Funktion übernimmt der Vorsitzende des Metallarbeiterverbandes A. Schlicke.



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