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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
Mai 1916

In einer Flugschrift erläutert die Generalkommission ihre Haltung zur gewerkschaftlichen Kriegspolitik:
"Die deutschen Gewerkschaften haben, seitdem der Weltkrieg zur Tatsache geworden war, sich gleichfalls durch ihre Maßnahmen zur Förderung der inneren Kriegsfürsorge und der Wirtschaftsgesundung auf den Boden der Landesverteidigung gestellt und gemeinsam mit dem Vorstand der sozialdemokratischen Partei in zahlreichen Fällen Schritte zur Linderung der Not und zur Erleichterung des Schicksals der Kriegsopfer unternommen. Sie haben dann, als in der sozialdemokratischen Fraktion sich Absonderungen von jener damals einmütigen Haltung bemerkbar machten, auf einer Vorständekonferenz vom 5. bis 7. Juli 1915 noch ausdrücklich ihre Zustimmung zur Politik des 4. August 1914 durch einen Beschluß bekräftigt ...
Der Streit um die Fraktionsspaltung muß selbstverständlich im Schoße der Partei ausgetragen werden; die Gewerkschaften werden durch ihn nur mittelbar berührt, soweit die parlamentarische Vertretung gewerkschaftlicher Arbeiterinteressen in Betracht kommt. Dafür kann es nur die Reichstagsfraktion der Partei geben, mit der sie durch das Mannheimer Abkommen seit dem Jahre 1906 in engerem Zusammenwirken stehen, und deren Satzungen kennen nur eine sozialdemokratische Reichstagsfraktion. Der Streit um die Politik des 4. August 1914 berührt aber ganz wesentliche Interessen der Gewerkschaften.
Was besagt die Politik des 4. August? Sie ist die Politik der gemeinsamen Landesverteidigung ohne Unterschied von Religion, Klasse oder Partei. Sie ist eine Politik der organisatorischen Hebung und Stärkung der Widerstandskraft unseres Volkes gegen die Überlegenheit der Waffen. Sie ist in Summa die Politik deutscher Selbsterhaltung! ...
Die Politik des 4. August 1914 ist der Gesamtausdruck des jahrzehntelangen Wirkens der deutschen Gewerkschaften, deren ganze Vergangenheit ein einziger Kampf für den Aufstieg der Arbeiterklasse zur Teilnahme an den Errungenschaften einer höheren Kultur war. In ihr verteidigt die deutsche Gewerkschaftsbewegung sich selbst, ihre Existenz, ihre Gegenwart.
Die Politik des 4. August 1914 ist die Voraussetzung für die Zukunft der Gewerkschaften, für die Verwirklichung ihrer großen Ziele und Ideale, denn nicht von außen her kommt uns die Befreiung vom ökonomischen Lohnjoch, sondern wir müssen dereinst die Kraft haben, uns selbst zu befreien. Das Volk, das vor dem Zarismus und seinen Verbündeten die Selbsterhaltung preisgibt, hat in der Zukunft des Sozialismus seinen entscheidenden Einfluß verloren."

Die Kleinhandelspreise wichtiger Lebensmittel (pro kg) sind gegenüber dem gleichen Monat des letzten Vorkriegsjahres wie folgt angestiegen:

Mai 1913 Mai 1916
Erbsen 39,4 Pf 104,5 Pf
Bohnen 45,1 Pf 112,9 Pf
Kartoffeln 7,6 Pf 13,4 Pf
Butter 269,6 Pf 532,1 Pf
Roggenbrot 29,0 Pf 39,2 Pf
Buchweizengrieß 54,3 Pf 118,4 Pf
Weizengrieß 48,7 Pf 92,6 Pf
Gerstengraupen 42,7 Pf 102,7 Pf



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