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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
29. April 1916

Paul Umbreit schreibt im "Correspondenzblatt": "Was besagt die Politik des 4. August? Sie ist die Politik der gemeinsamen Landesverteidigung ohne Unterschied von Religion, Klasse oder Partei. Sie ist eine Politik der organisatorischen Hebung und Stärkung der Widerstandskraft unseres Volkes gegen die Niederringung Deutschlands mit anderen Mitteln als durch die Ueberlegenheit der Waffen. Sie ist in Summa die Politik deutscher Selbsterhaltung! ...
In den deutschen Gewerkschaften haben wir allezeit wertvolle Organisationen erblickt, die der Arbeiterschaft den Aufstieg zu höherer sozialer Kultur ermöglichen. Es hieße sie mit allen ihren wirtschaftlichen, sozialen und sozialpolitischen Errungenschaften preisgegeben, wenn wir das Vaterland seinen Feinden überließen, denn diese würden unbekümmert um die großen Ziele der Gewerkschaften, ihnen wirtschaftlich und rechtlich den Lebensfaden abschneiden. ...
Mit dem deutschen Lande, seiner Unverletzlichkeit durch fremde Eroberung, verteidigen wir die materiellen Grundlagen seines Volkes, die deutsche Volkswirtschaft und deren geistigen Ueberbau, die deutsche Kultur, in der wir leben und unsere Kinder erziehen, in der deutschen Wirtschaft, die Gewerkschaften und alles, was diese für die deutsche Arbeiterschaft errungen haben. Mit ihrer ganzen Existenz, mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind unsere Gewerkschaften in der deutschen Volkswirtschaft verankert. Es hieße sie von diesem Boden trennen, sie von den Wurzeln ihrer Kraft losreißen, wollten wir das Vaterland in diesen Stunden, Tagen und Jahren der Gefahr im Stiche lassen.
Diese Gefahr wird durch die längere Dauer des Krieges nicht vermindert, sondern ins Ungemessene erhöht. ... Dem Unterliegenden droht heute und bei längerer Fortdauer des Krieges mehr denn je die Rache der Sieger. Gebietsabtretungen, ungeheure Kriegsentschädigungen, die auf Jahrzehnte hinaus selbst ein blühendes Reich zugrunde richten können, Bedingungen, die Produktion und Handel schädigen, werden ihm auferlegt werden. ... Deshalb erheischt unser Lebensinteresse ein unverbrüchliches Festhalten an der Politik des 4. August 1914, bis auch die Gegner zu einem Frieden bereit sind, der uns die Freundschaft mit den Nachbarvölkern ermöglicht. ...
So ist die Politik des 4. August 1914, die Politik deutscher Selbsterhaltung, auch heute noch die einzig richtige für unser Volk. Sie ist zugleich die Politik der Selbsterhaltung der gesamten deutschen Arbeiterbewegung, der politischen wie auch der gewerkschaftlichen, denn in jeder anderen Politik wäre sie rettungslos verloren gewesen. Nur in der Rettung des ganzen Volkes kann sie ihre Daseinsberechtigung behaupten. ...
Die Politik des 4. August 1914 ist die Voraussetzung für die Zukunft der Gewerkschaften, für die Verwirklichung ihrer großen Ziele und Ideale, denn nicht von außen her kommt uns die Befreiung vom ökonomischen Lohnjoch, sondern wir müssen dereinst die Kraft haben, uns selbst zu befreien."



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