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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
1. August 1914

Das Deutsche Reich erklärt Rußland den Krieg.
Wilhelm II erklärt: "Ich kenne keine Partei mehr, ich kenne nur Deutsche."

Das "Correspondenzblatt" schreibt unter dem Titel "Die Kriegsgefahr":
"Die Gewerkschaften können an dieser ernsten Situation nicht achtlos vorübergehen, denn die Frage des Krieges geht nicht nur die politischen Machthaber an, sondern vor allem die Arbeiterklasse, die alle Leiden, die Opfer an Gut und Blut in höherem Maße und schwerer zu tragen hat, als irgendeine andere Gesellschaftsschicht. Was uns aber vom engeren Standpunkt der Gewerkschaft besonders veranlaßt, gegen das Heraufbeschwören des Krieges Front zu machen, das sind die entsetzlichen wirtschaftlichen Verwüstungen, die bei einem künftigen Kriege drohen...
Der Krieg würde unser gesamtes Erwerbsleben in Industrie und Handel, mit Ausnahme der Rüstungsindustrie, lahmlegen; dieser Krieg wird uns den Außenhandel unterbinden, einen Mangel an Nahrungsmitteln, eine maßlose Teuerung aufbürden...
Wir können uns das Bild, das die zerrüttende Wirkung zeigt, wenn die Kriegsfurie dahinrast, nicht vollständig in seinen düsteren Farben vorstellen, es wird ein Bild des Jammers und Entsetzens sein, wie es die Weltgeschichte noch nicht gesehen hat.
Mit der ganzen Schwere trifft der Schrecken des Krieges die Arbeiterklasse, sie vor allem wird den harten Druck empfinden. Wir bedauern die Toren, die sich von den nationalen Phantastereien fortreißen lassen; in der Arbeiterschaft sollte dafür kein Raum sein, denn sie wird den Leidenskelch bis zur Neige lehren müssen...
...aber wir müssen Verwahrung einlegen, daß wir für die Eroberungspolitik der österreichischen Imperialisten Vorspann leisten sollen und Österreichs Balkanpolitik, die fortgesetzt uns an den Rand kriegerischer Verwickelungen gebracht hat, unterstützen. Wir verabscheuen das verbrecherische Attentat gegen den österreichischen Thronfolger und finden es berechtigt, ... daß Österreich verlangt, daß die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden...
Die Arbeiterschaft wird von unserer deutschen Regierung verlangen müssen, daß sie ihren Bundesgenossen zur Mäßigung anhält und jeden Versuch, den Krieg den Österreich mit Serbien jetzt begonnen hat, durch eine Verständigung oder Ausgleich zu beenden, unterstützt.
Wir sind überzeugt, daß unsere russischen und französischen Freunde auch in ihren Ländern alles aufbieten werden, um den Frieden zu propagieren, damit nicht zu dem österreichischen Verbrechen noch das russische hinzugefügt werde. Den Krieg zu verhüten ist eine Aufgabe, die alle angeht, es ist eine Sache, die den Menschen in seinem Tiefinnersten erfaßt, ihn herausreißen muß aus seinem Gleichmut, auch wenn er dem politischen Leben fernsteht.
Viel, ungeheuer viel steht für die Arbeiterklasse auf dem Spiel, deshalb erheben wir unsere Stimme gegen die verbrecherische Kriegshetze und wollen mit unseren Freunden im Ausland alle Kräfte einsetzen, um dem Frieden zu dienen und die Gefahr des Krieges zu bannen."

Bei Kriegsausbruch wird die Hälfte der SPD-Mitglieder, bis 1917 75%, zum Militär eingezogen.


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