Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Die sächsische Staatsregierung veröffentlicht die "Verordnung, das Verhalten der Polizeibehörden bei gewerblichen Streitigkeiten (Streiks, Aussperrungen) betreffend". Danach wird das "Aufstellen von sogenannten Streikposten" nur dann für zulässig angesehen, "wenn sie den freien Verkehr nicht beeinträchtigen, insbesondere sich darauf beschränkten, die Arbeitsverhältnisse zu beobachten, ohne hierbei Personen zu belästigen". Als Belästigung sei anzusehen, wenn Arbeitswillige oder andere Personen wider ihren ausgesprochenen Willen auf öffentlichen Straßen oder Plätzen angesprochen oder auffällig begleitet werden. Falls Streikposten wegen "derartiger Belästigungen" fortgewiesen werden oder "durch Streikposten eine unmittelbare Störung der öffentlichen Ordnung zu erwarten" ist, kann die Polizeibehörde "nach Lage des Falles die Aufstellung von Streikposten vorübergehend oder für die Dauer der betreffenen Streitigkeit ganz verbieten".
Stichtag:
10. Juni 1914
Die Gewerkschaften aller Richtungen protestieren einmütig gegen die "ungerechtfertigte Einengung der gewerkschaftlichen Willensfreiheit". In einer entscheidenden Frage kommt es damit zu einer Einheit der organisierten Arbeiter. Besorgt warnt dann auch ein Zentrumsparlamentarier in der Kölnischen Volks-Zeitung, der Politiker müsse sich darüber klar sein, "daß mit der neuerdings entfachten Bewegung gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter ein Kampf entfesselt wird, der alle Arbeiter, ohne Unterschied der Partei, soweit sie auf eine selbständige Gewerkschaftsbewegung und Vertretung der Arbeiterinteressen Wert legen, in geschlossener Abwehr findet". Der "ohne Grund und Ursache aufgeworfene Zankapfel um das Koalitionsrecht" sei eine "große politische Kurzsichtigkeit".