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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
18./24. September 1910

Der SPD-Parteitag in Magdeburg steht ganz im Zeichen der Budgetdebatte. Das Vorgehen der badischen Fraktion, erneut den Haushalt des Landes bewilligt zu haben, wird scharf verurteilt, den badischen Landtagsabgeordneten die "allerschärfste Mißbilligung" ausgesprochen, die Teilnahme an höfischen Zeremonien und monarchistischen Loyalitätskundgebungen für unvereinbar mit den sozialdemokratischen Grundsätzen erklärt. Der Parteitag macht es den Parteigenossen zur Pflicht, solchen Kundgebungen fernzubleiben.
Ein Antrag, kommende Verstöße mit dem Parteiausschluß zu ahnden, wird vom Parteitag mit 228 gegen 63 Stimmen angenommen, nachdem die badischen Abgeordneten vor der Abstimmung den Saal verlassen hatten.
Von den Parteigenossen wird erwartet, daß sie den Wahlrechtskampf in Preußen und den anderen Bundesstaaten mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln bis zur Erringung der vollen Gleichberechtigung weiterführen. Rosa Luxemburg reicht daraufhin einen mit 62 Stimmen versehenen Antrag ein, daß der Wahlrechtskampf in Preußen nur durch "eine große, geschlossene Massenaktion des arbeitenden Volkes zum Siege geführt werden kann". Daher solle die Erörterung und Propagierung des Massenstreiks in die Wege geleitet werden. Die anwesenden 34 Gewerkschaftsmitglieder, an ihrer Spitze C. Severing, sehen darin einen Versuch, die Rechte der Gewerkschaften an der Vorbereitung derartig großer Massenaktionen zu beseitigen. Die Differenz wird beigelegt, als die Antragsteller den Absatz ihres Antrages über den Massenstreik zurückziehen. Der Parteitag nimmt daraufhin die Parteivorstands-Resolution mit dem ersten Absatz des Antrages von Rosa Luxemburg an.
Die Konsumvereine erledigen ihre Aufgaben selbständig und unabhängig. Mit ihrer zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung und der Verschärfung der Klassengegensätze wächst ihre Gegnerschaft in bürgerlichen Kreisen; durch ausnahmegesetzliche Bestimmungen und schikanöse Verwaltungsmaßnahmen suchen die Behörden und bürgerlichen Parteien ihre Entwickelung zu hemmen. Die gleichen Kreise haben ehedem die Gründungen von Konsumvereinen als eines der vornehmsten Mittel für die Lösung der sozialen Frage empfohlen.
Die sozialdemokratische Partei vertritt die Interessen der Konsumgenossenschaften in der Presse und in den parlamentarischen Körperschaften wider die Angriffe ihrer Gegener. Dieses Eintreten für die Konsumvereine entspricht den Klasseninteressen des Proletariats, denn die genossenschaftliche Tätigkeit ist eine wirksame Ergänzung des politischen und gewerkschaftlichen Kampfes für die Hebung der Lage der Arbeiterklasse. Die Parteimitglieder werden dringend aufgefordert, die im Geiste der modernen Arbeiterbewegung geleiteten Konsumvereine zu unterstützen.
Der Parteivorstand wird beauftragt, mehr als bisher für die Propagierung der Maifeier zu tun.



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