Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Das Reichsamt des Innern veröffentlicht den Entwurf einer Reichsversicherungsordnung, mit dem die gesamte deutsche Arbeiterversicherungsgesetzgebung einheitlich kodifiziert werden soll, ohne an den Grundlagen der einzelnen Versicherungszweige wesentliches zu ändern. Anstatt der einheitlichen Organisation der Arbeiterversicherung begnügt er sich mit der einheitlichen rechtlichen Regelung. Von den Krankenkassen wird die Gemeindeversicherung aufgehoben, die landesrechtlichen Hilfskassen werden aus der Reihe der zugelassenen Kasseneinrichtungen gestrichen, die freien Hilfskassen als Ersatzkassen geduldet und die Baukrankenkassen den Betriebskrankenkassen gleichgestellt, daneben aber als neue Kassenform sogenannte Landkrankenkassen für die Versicherung der Landarbeiter, Dienstboten, Wandergewerblichen und unständig Beschäftigten geschaffen. Die Zulassung besonderer Ortskassen soll von einer Mindestmitgliederzahl und von gleichwertigen Leistungen abhängig gemacht werden, ebenso die Zulassung von Betriebskrankenkassen. An der Organisation der Unfallversicherung wird nichts geändert. Der Invalidenversicherung wird eine freiwillige Zusatzversicherung sowie die Witwen- und Waisenversicherung eingegliedert, die nur für invalide Witwen und deren Kinder (bis zum 15. Lebensjahr) vorgesehen wird.
Stichtag:
Anfang April 1909
Der Entwurf sieht immerhin eine Neuorganisation der Spruchinstanzen vor, in dem nun der ganze Rechtsapparat vereinheitlicht wird, bestehend aus einer lokalen Instanz, dem Versicherungsamt, einer Instanz für den Bereich der höheren Verwaltungsbehörde, dem Oberversicherungsamt, und endlich als höchste Instanz dem Reichsversicherungsamt und den an dessen Stelle tretenden Landesversicherungsämtern. Alle diese Rechtsorgane werden zusammengesetzt aus einer amtlichen Leitung und aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber. Beim Reichsversicherungsamt treten hinzu Vertreter des Bundesrates.