Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Mit 213 gegen 67 Stimmen ersucht der Reichstag auf Antrag der Zentrumsfraktion den Reichskanzler, "Arbeiten für die Marineverwaltung nur an solche Firmen zu vergeben, welche in Beziehung auf die Arbeitsbedingungen die gesetzlichen Vorschriften einhalten und, falls Tarifverträge für die betreffende Art der Arbeit am Ort des Betriebs gelten, nicht hinter den Bestimmungen dieser Tarifverträge zurückbleiben. Wenn das Reichsmarineamt die Forderungen akzeptiert, sind die Werften und die Hüttenwerke an Ruhr und Saar zum Abschluß von Tarifverträgen gezwungen, um sich nicht von tariflich gebundenen Kleinbetrieben die Arbeitsbedingungen vorschreiben zu lassen.
Stichtag:
1. Februar 1908
Am 28. Februar 1908 warnt der Verein Deutscher Schiffswerften den Reichskanzler vor einer solchen Maßnahme.
Am 29. Oktober 1908 legt auch der Verein Deutscher Arbeitgeberverbände "gegen jeden direkten oder indirekten Zwang zum Abschluß von Tarifverträgen grundsätzlich entschieden Verwahrung" ein. Tarifverträge seien für die Industrie im allgemeinen "verderblich" und in der Exportindustrie "undurchführbar".
Die Sorgen der Industrie sind unnötig. Bereits am 29. Juni 1908 einigen sich die Vertreter der Reichsämter und der preußischen Ministerien, der Staat müsse sich "streng hüten" vor einem "Eingreifen in die Selbständigkeit der Arbeitgeber". Am 26. Oktober 1908 lehnen sie für die Staatsbetriebe jede Mitwirkung der Arbeiterorganisationen bei der Festsetzung der Arbeitsbedingungen ab.