Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Der wirtschaftliche Aufschwung setzt sich fort. Die Lebenshaltungskosten steigen um 4,7%. Mit umfangreichen Aussperrungen u.a. bei den Buchbindern, den Steinsetzern, den Töpfern und Ofenfabrikanten - eine geplante Aussperrung von rund 300.000 Metallarbeitern wird im letzten Moment gestoppt - versuchen die Arbeitgeber das überdurchschnittliche Wachsen der Gewerkschaftsbewegung aufzuhalten. In ihrer Schrift "Massenstreik, Partei und Gewerkschaften" kritisiert Rosa Luxemburg, durch die "geschäftsmäßige bürokratisch geregelte Leitung des Gewerkschaftsbeamten" werde die Arbeiterschaft "zur urteilsunfähigen Masse degradiert, der hauptsächlich die Tugend der 'Disziplin', das heißt des passiven Gehorsams, zur Pflicht gemacht wird". In einem Gesetzentwurf verlangt die SPD im Reichstag erneut die Errichtung eines Reichsarbeitsamtes, von Arbeitskammern und Einigungsämtern. Für das Malergewerbe wird in Berlin der erste größere Bezirkstarifvertrag abgeschlossen. Die "Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen" wird als "Zentralstelle für Volkswohlfahrt" zu einem öffentlich rechtlichen Verein mit Sitz in Berlin mit der Auflage umgestaltet, die bisherige Zentralstelle solle die Zwecke des ursprünglich geplanten Volkswohlfahrtsamts miterfüllen. Hauptschwerpunkte der neuen Zentralstelle liegen im ländlichen Bereich, dem Bau- und Wohnungswesen, Fragen der Hygiene und Ernährung, der Jugendpflege und zunehmend im Bereich der Volksbildung. Von den rund 20,7 Millionen Unfallversicherten entfallen noch 54% auf die Land- und Forstwirtschaft, auf die Industrie 42%, auf den öffentlichen Dienst 4%. Mit der "Berliner Konvention" wird im ersten internationalen Arbeitsschutzabkommen auf Regierungsebene eine Begrenzung der Frauenarbeitszeit erreicht. Der wirschaftsfriedliche Berufsverband "Bund der Bäcker-(Konditoren) Gesellen Deutschlands" wird gegründet. Er will die friedliche Verständigung mit den Meistern praktizieren und tritt für den Schutz des Kleingewerbes ein. Er stößt auf beachtliche Resonanz und hat 1913 mehr als 15.000 Mitglieder. In einigen Orten werden von sozialdemokratischen Frauen Kinderschutzkommissionen gebildet, die auf die genaue Durchführung der Vorschriften des gesetzlichen Kinderschutzes achten wollen.
Stichtag:
1906
Im Durchschnitt aller Berufsgenossenschaften entfallen 6,7% Verletzte auf 1.000 Versicherte. Während 1886 in der Industrie noch mehr als 25% der Unfälle tödlich enden, sinkt der Anteil 20 Jahre später auf 7,6%.