Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Der Verbandstag des Centralverbandes der Maurer in Braunschweig "macht es den Mitgliedern zur moralischen Pflicht, soweit es ohne Schädigung ihrer wirtschaftlichen Interessen möglich ist, den 1. Mai durch Arbeitsruhe zu feiern. Als Schädigung wirtschaftlicher Interessen ist die Einbuße des Arbeitslohnes für den Feiertag nicht anzusehen. Mittel der Hauptkasse dürfen zur Durchführung der Maifeier und zur Unterstützung Gemaßregelter und Ausgesperrter nicht verwendet werden."
Stichtag:
9./15. April 1905
Der Vorsitzende des Maurerverbandes Th. Bömelburg rechnet mit dem Abschluß von Tarifverträgen, nachdem sich Arbeitgeber auch dafür ausgesprochen haben. Die Verträge sollten jedoch Bestimmungen enthalten über: Dauer der täglichen Arbeitszeit während längerer und kürzerer Tagesdauer; Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeiten; Beginn und Ende der Frühstücks-, Mittags- und Vesperpause; Arbeitslohn für die Tagesstunden und höhere Bezahlung für Überstunden-, Nacht-, Sonntags-, Feuerungs-, Wasser- und Überlandarbeiten usw.; Zeit der Lohnzahlung; Kündigung; sanitäre Einrichtungen (Baubuden, Aborte); Einsetzung einer paritätischen Kommission der Arbeiter und Unternehmer, die Differenzen zu untersuchen und zu schlichten hat.
Ferner wird gefordert: eine feste Umgrenzung des Vertragsgebietes und Beschränkung der Vertragsdauer in der Regel auf 2 Jahre, dreijährige Dauer nur bei gleichzeitiger Sicherung einer Lohnerhöhung und einer mindestens einstündigen Arbeitszeitverkürzung. Als unstatthaft bezeichnet sie den Abschluß von Verträgen mit Bestimmungen über längere als 10stündige Arbeitszeiten, beliebige Zulassung von Über-, Nacht- und Sonntagsarbeit, Verbot der Agitation auf Arbeitsplätzen, Verbot der Maifeier, Festsetzung von Leistungsklauseln, Anerkennung unparitätischer Arbeitsnachweise und einseitige Auflösung des Vertrages. Streiks irgendwelcher Art, die auf einen Vertragsbruch der Arbeiter zurückzuführen sind, werden aus Verbandsmitteln nicht unterstützt.
"In Anbetracht der großen wirtschaftlichen und hygienischen Schäden, die der Alkoholgenuß für die Menschheit im allgemeinen und für die Arbeiter im besonderen bildet, verpflichtet der Verbandstag die Kollegen, das Verbandsorgan und die agitatorisch tätigen Kollegen auf die Gefahren des Alkoholgenusses hinzuweisen."
In seinem Rechenschaftsbericht erklärt Th. Bömelburg, er halte eine Verschmelzung mit den Stukkateuren für richtig, aber sie scheitere am Widerstand der Stukkateure.