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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
1905

Durch die Beendigung des russisch-japanischen Krieges noch verstärkt, herrscht in Deutschland Hochkonjunktur. Gleichzeitig erreichen die Aussperrungen ihren bisherigen Höchststand.

Die "Deutsche Arbeitgeber-Zeitung" erkennt die Gewerkschaften und ihre Verhandlungsfähigkeit an, gibt aber damit nicht die Haltung der Vertreter vor allem der Großindustrie wieder.

Mit ihrer Sammlung von Tarifverträgen "Gewerbliche Friedensdokumente" löst Franziska Imle eine lebhafte Diskussion darüber aus, ob es sich bei Tarifverträgen um Friedensdokumente oder um Waffenstillstandsverträge handelt. Bald darauf beginnt das statistische Reichsamt mit seinen umfangreichen Veröffentlichungen, und nun gehen auch die auf tariflichen Gebiete führenden Gewerkschaften dazu über, ihre Verträge in zum Teil umfangreichen Publikationen der Öffentlichkeit zu unterbreiten.

Ein Teil des 1896 gegründeten Werftarbeiter-Verbandes schließt sich dem Deutschen Metallarbeiterverband an.

Der Verband der Maurer stellt Richtlinien über den Inhalt künftig abzuschließender Tarifverträge auf, die für alle lokalen Zweigstellen und Bezirksverwaltungen verbindlich sein sollen; u.a. wird darin bestimmt, welche Bereiche tarifvertraglich geregelt werden sollten. Genauer vorgeschrieben wird die festzusetzende tarifliche Arbeitszeit (maximal 10 Stunden), die Laufzeit der Tarifverträge (zwei, maximal drei Jahre) und die vertragliche Behandlung der Maifeier (kein tarifvertragliches Verbot der Maifeier). Der Verbandsvorstand verfolgt mit dieser Aktion nicht die Absicht, einen zentralen Tarifabschluß für das ganze Reichsgebiet vorzubereiten; die Richtlinien sollen lediglich der Praxis vieler Ortsgruppen entgegenwirken, unkontrolliert "unter allen Umständen" und ohne genaue taktische Überlegungen Tarifverträge abzuschließen.
1906 bestehen erst drei größere Bezirkstarifverträge im Maingau, in Rheinland-Westfalen und in Oberschlesien.

Bei heftigen Kämpfen um die Verbesserung der schlechten Situation der Bekleidungsarbeiterschaft wird der Vorsitzende des christlichen Schneiderverbandes nach einer Aussperrung von den Unternehmern gemaßregelt. Das führt zu seiner hauptamtlichen Anstellung.

Nachdem seit 1900 in der Brauereiindustrie und dem Transportgewerbe Urlaub vereinbart wurde, wird nun auch Arbeitern in den öffentlichen Betrieben von Staat und Gemeinden Urlaub häufiger gewährt.

In Deutschland gibt es mehr als 385 industrielle Kartelle, darunter mindestens 132 regionale Ziegeleikartelle, 19 Kartelle der Kohlen-, 62 der Eisen-, 46 der chemischen, 31 der Textil- und 2 der Elektroindustrie.
Sie unterliegen keiner Beschränkung oder Aufsicht. 1897 hatte das Reichsgericht, daß § 1 der Gewerbeordnung mit der Garantie der Gewerbefreiheit kein Kartellverbot verknüpft.

Der Anteil der gegen Krankheit gesetzlich Versicherten an der Reichsbevölkerung beträgt 18,4%. Diese Zahl muß sicher erhöht werden, da die Kassen auch nicht versicherungspflichtige Familienangehörige versichern können.
Die Zahl der Versicherungsfälle beträgt 40% der Versicherten.
In der Unfallversicherung werden 6,7 Verletzte auf 1.000 Versicherte gezählt.
Fast 9.000 Versicherte werden in diesem Jahr bei Unfällen getötet, d.h. 7,6% aller Unfälle verlaufen tödlich.

Die Binnenwanderung - die "größte Massenbewegung" der deutschen Geschichte - erreicht einen Höhepunkt.
Von der Gesamtbevölkerung wohnen 48 Prozent nicht mehr an ihrem Geburtsort. Jeder zweite hat also in mehr oder weniger großer Reichweite an dieser Binnenwanderung - hauptsächlich von Ost nach West und vom Land in die Stadt - teilgenommen.
Im Ruhrgebiet beträgt z.B. der Anteil der Zuwanderer an der Gesamtbevölkerung zu dieser Zeit ca. 50 Prozent. Hamborn hatte 1890 etwas über 4.000, 1910 aber schon über 100.000 Einwohner.

Der "Verein für soziale Medizin, Hygiene und Medizinalstatistik" wird gegründet. Sein Schwerpunkt liegt bei der Beratung für soziale Hygiene in der Kommunalpolitik.


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net edition fes-library | 1999