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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
23. Mai 1891

Im ersten Artikel "Zur Organisationsfrage" schreibt die Generalkommission im "Correnspondenzblatt":
"Die Gewerkvereine schließen die Politik aus der Organisation aus, weil sie glauben, sie tauge nicht für den Arbeiter, weil sie der Meinung sind, unsere politischen Einrichtungen sind die besten, welche es giebt. Unsererseits wird die Politik aus der Organisation ausgeschlossen, weil wir unter den beschränkenden Vereinsgesetzen keine wirthschaftlichen Kampfesorganisationen (Zentralisation) errichten können, wenn wir politisch thätig sein wollen. Was den Gewerkvereinen Zweck ist, ist uns Mittel. Wir wissen ganz genau, daß eine endgültige Besserung in der Lage der Arbeiterklasse , daß die Beseitigung der Lohnarbeit, die Erringung des vollen Ertrages der Arbeit nur auf politischem Wege erzielt werden können. Andererseits aber muß die Masse der Arbeiter für diese Idee gewonnen werden durch den wirthschaftlichen Kampf in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft, denn der Kampf um die Lebenshaltung gegen die Uebergriffe der Unternehmer, gegen den Mißbrauch ihrer ökonomische Machtstellung, ist es, welcher dem Arbeiter, der noch nicht genügend für die politischen Thätigkeit gewonnen ist, einen Einblick giebt in die Mißstände unserer heutigen Produktion, ihm zeigt, wie wenig er von den besitzenden Klassen zu erwarten hat und wie viel er für sich erreichen kann, wenn er seine eigene Macht durch den Anschluß an seine Leidensgefährten erhöht.
Da dieser wirthschaftliche Kampf in der heutigen Produktionsweise aber nur durch die Zentralisation der Gewerkschaften mit Erfolg geführt werden kann, diese Zentralisation uns aber bei gleichzeitiger politischer Thätigkeit im Rahmen des Vereins durch die Vereinsgesetzgebung nicht gestattet ist, so müssen wir die Politik aus unseren Organisationen ausschließen. Und wir werden sie mit aller Schärfe ausschließen, weil wir die Ehre haben, von der Staatsanwaltschaft etwas genauer angesehen werden, als die Gewerkvereine.
Wir aber werden uns bemühen, der deutschen Arbeiterschaft klar zu stellen, daß wir nicht auf dem Standpunkt stehen, zu glauben, daß durch die Gewerkschaft Alles erreicht werden kann, was zu erreichen ist, sondern daß die Gewerkschaftsorganisation im heutigen Sinne durch die Verhältnisse geboten ist, daß sie aber nichts weiter ist als eine Etappe in dem allgemeinen Emanzipationskampfe des Proletariats."
Dieser und weitere Artikel zu diesem Thema werden als eine der ersten Broschüren der Generalkommission unter dem Titel: "Die Organisationsfrage. Ein Beitrag zur Entwickelung der deutschen Gewerkschafts-Bewegung" veröffentlicht.



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