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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
12./18. Oktober 1890

Der erste Parteitag der Sozialdemokratie nach Aufhebung des Sozialistengesetzes tagt in Halle/Saale.
Der Parteitag nimmt ein neues Statut an. Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) ist jede Person, die sich zu den Grundsätzen des Parteiprogrammes bekennt und die Partei nach Kräften unterstützt. Aus vereinsrechtlichen Gründen wird die Organisation auf dem Vertrauensmännersystem aufgebaut.
Aus Vorsicht vor dem preußischen Vereinsgesetz wird die "Gewerkschaftsfrage" nicht als eigener Tagesordnungspunkt, sondern bei dem Tagesordnungspunkt "Streik und Boykotts" mitbehandelt.
Der Parteitag bezeichnet einstimmig Streiks und Boykotts als "eine unumgängliche Waffe für die Arbeiterklasse", deren Anwendung aber sorgfältig erwogen werden sollte, einmal, um die auf ihre materielle oder politische Schädigung gerichteten Bestrebungen ihrer Gegner zurückzuweisen, dann aber auch, um ihre soziale und politische Lage nach Möglichkeit innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zu verbessern.
Da aber Streiks und Boykotts zweischneidige Waffen sind, die, am unrechten Orte oder zur unrechten Zeit angewendet, die Interessen der Arbeiterklasse mehr schädigen als fördern können, empfiehlt der Parteitag den deutschen Arbeitern sorgfältige Erwägung der Umstände, unter welchen sie von diesen Waffen Gebrauch machen wollen; insbesondere betrachtet es der Parteitag als eine zwingende Nothwendigkeit, daß die Arbeiterklasse zur Führung solcher Kämpfe sich gewerkschaftlich organisiert und zwar möglichst in zentralistischen Verbänden, um sowohl durch die Wucht der Zahl, wie die Wucht der materiellen Mittel und nach sorgfältig getroffenen Erwägungen den beabsichtigten Zweck möglichst vollkommen erreichen zu können."
Der Parteitag empfiehlt allen Parteigenossen kräftige Unterstützung der gewerkschaftlichen Bestrebungen.



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