Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Bei den Reichstagswahlen erringt die Sozialdemokratie einen großen Erfolg. Auch die anderen Oppositionsparteien, Freisinnige und Süddeutsche Volkspartei, erzielen beachtliche Stimmengewinne. Die Konservativen und Nationalliberalen erleiden starke Verluste. Für die Sozialdemokraten werden rund 1,4 Millionen Stimmen, über 600.000 Stimmen mehr als 1887, abgegeben. Damit entfallen 19,8% aller Stimmen auf die Sozialdemokratie. Sie ist so die stärkste Partei in Deutschland geworden; doch sie erobert nur 35 Mandate. Bei gerechter Stimmwertung müßte sie 78 Mandate erhalten. In den Stichwahlen haben die Freisinnigen meist die sozialdemokratischen Kandidaten unterstützt. Das sozialdemokratische Zentralkomitee hat entgegen dem Beschluß von St. Gallen die Mitglieder aufgefordert, in den Stichwahlen die Kandidaten der Oppositionsparteien zu unterstützen, um möglichst viele Gegner des Sozialistengesetzes in den Reichstag zu bringen. Das Zentrum erhält rund 1,34 Millionen Stimmen = 18,6% und 106 Mandate. Dem Reichstag gehören wieder W. Bock und weiter H. Meister an. Neu gewählt werden die beiden Vertrauensmänner der Klempner und Former. Zu den Kandidaten, aber nicht gewählten, gehören u.a. K. Kloß, Theodor Glocke und Martin Segitz, der Redakteur der "Metallarbeiterzeitung". Für die Fortschrittspartei wird M. Hirsch Reichstagsabgeordneter.
Stichtag:
20. Februar 1890