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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
10./16. Juni 1889

In seinem Rechenschaftsbericht vor dem 10. Verbandstag der Hirsch-Dunckerschen-Gewerkvereine in Düsseldorf gibt M. Hirsch offen zu, daß die sozialdemokratischen Gewerkschaften schneller wachsen als die Gewerkvereine. Er versucht, diese Tatsache mit der höheren Qualität der "Gewerkvereinsidee" zu erklären, deren Verbreitung größerer erzieherischer Anstrengungen bedürfe als die Propagierung sozialdemokratischer "Schlagwörter". Er ruft deshalb zu noch intensiveren Bemühungen für eine Ausbreitung der Gewerkvereine auf. Eine Notwendigkeit, die bisherigen Ziele oder die Taktik des Verbandes zu ändern, sieht er nicht. Bei der Beratung des ersten Tagungsordnungspunktes, der "Regelung der Löhne und Arbeitszeiten" wird jedoch deutlich, daß die Ansichten über die künftige Taktik sehr differenzieren. Drei Referenten stellen fest, daß bei den unbefriedigenden Zuständen - vor allem der ungenügenden Höhe der Löhne und der zweckmäßigen Dauer der Arbeitszeit - die bisherige Zurückhaltung gegenüber Streiks nicht mehr haltbar sei und auch der Gesetzgebung ein weitergehender Einfluß gewährt werden müsse. Sie verlangen den zehnstündigen Arbeitstag und eine energischere Lohnbewegung.
M. Hirsch wendet sich dagegen, da nichts übereilt werden dürfe, vor allem dürfe man nicht so tun, als ob man die Sozialdemokratie übertrumpfen wolle, insbesondere aber dürfe der Einfluß der Gesetzgebung nicht mehr als notwendig ausgedehnt werden. Der Verbandstag empfiehlt daraufhin den Gewerkvereinen, unablässig auf die Verbesserung der sozialen Lage ihrer Mitglieder "durch Belehrung über die dazu gehörenden Fragen und Vervollkommnung ihrer Einrichtungen hinzuwirken. Eine Hauptaufgabe gerade der nationalen Gewerkvereine bildet aber auch die Ausgleichung der höchst ungleichen Löhne und Arbeitszeiten in den verschiedenen Gegenden und Orten durch Verbesserung dieser Verhältnisse für die schlecht gestellten Arbeiter."
Die Gewerkvereine verlangen das Verbot der Sonntagsarbeit für alle Arbeiter, das Verbot jeder gewerblichen Arbeit von Kindern unter 14 Jahren und das der Nachtarbeit, sowie der Arbeit in besonders gesundheitsschädlichen Betrieben, und Festsetzung einer höchstens zehnstündigen Arbeitszeit für jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen in Fabriken, eine möglichste Trennung der Geschlechter, frühere Entlassung verheirateter Frauen und Verbot der Beschäftigung während insgesamt acht Wochen vor und nach der Entbindung, die Zahl der Fabrikinspektoren zu vermehren, ständige paritätische Ausschüsse, Fabrik-, Werk- und Arbeitsordnungen dürfen nur nach Anhörung der Arbeiter und mit Genehmigung der Fabrikinspektoren erlassen und abgeändert werden.
Mit Ausnahme des Vorsitzenden M. Hirsch werden künftig die Vorstandsmitglieder von den Verbandstagen gewählt.
Im Zentralrat sind die Gewerkvereine künftig nach ihrer Mitgliederzahl vertreten.
Die Gewerkvereine haben 59.000 Mitglieder in 1.272 Ortsvereinen.



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