Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Das preußische Gesetz über die gewerblichen Unterstützungskassen sieht die Zulässigkeit der Ausdehnung des Beitrittszwanges auf Lohn empfangende Lehrlinge vor und stellt fest, daß alle beitrittspflichtigen Personen zur Gründung neuer Kassen angehalten werden können. Daneben wird den Regierungen das Recht eingeräumt, da, wo den obwaltenden Bedürfnissen durch Ortsstatut nicht genügt wird, selbst die Errichtung von Kassen mit Beitrittszwang anzuordnen. Mit Hilfe dieser ganzen Gesetzgebung werden nicht nur die alten, aus der Zeit der Innungsverfassung noch erhaltenen Kassen der Handwerksgesellen neu belebt und umgestaltet, sondern auch unter Anwendung der den Gemeinden und den höheren Verwaltungsbehörden eingeräumten Zwangsbefugnisse manche neue Krankenkassen für Handwerksgesellen und Fabrikarbeiter begründet.
Stichtag:
3. April 1854
Mit diesem Gesetz geht die Zahl neu gegründeter sozialer betrieblicher Einrichtungen zurück.
Bei den Arbeitern stößt dieses Gesetz - Kassenzwang statt Selbsthilfe - auf Widerstand, weil viele Arbeitgeber ihren Beitragsanteil den Arbeitern vom Lohn abziehen wollen. Rechtsansprüche gegen diese Fabrikkassen sind nicht gesichert.
Bei Arbeitsplatzwechsel und Konkurs gehen die Einzahlungen der Arbeiter verloren.
Trotzdem wächst die Zahl der Kassen und der Versicherten stetig an.
1854 bestehen in Preußen 2.622 Unterstützungskassen mit 246.000 Mitgliedern - 1857 sind es bereits 3.311 mit 331.566, 1860 3.644 mit 427.190 Mitgliedern, davon 170.847 Fabrikarbeitern, das sind rund 40% der Fabrikarbeiter, die gegen Krankheit versichert sind.