Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Vier Eilenburger Textilunternehmer vereinbaren, in den Arbeitsgrundsätzen unter sich wie auch den Arbeitnehmern gegenüber gleiche Prinzipien zu verfolgen. Es wird beschlossen, eine gemeinsame Fabrikordnung und ein gemeinsames Lebensmittelmagazin (für den Fall einer neuen Hungersnot wie 1847) einzuführen, die bereits überall bestehenden betrieblichen Kranken- und Pensionskassen zu einer einzigen Kasse zusammenzulegen und schließlich eine gemeinsame und einheitliche Arbeitervertretung in den vier Eilenburger Kattundruckereien durchzuführen ("Eilenburger Abkommen").
Stichtag:
19. März 1850
Jede Fabrik wählt einen Fabrikausschuß, der aus dem Fabrikinhaber oder dem von ihm ernannten Stellvertreter, einem technischen Arbeiter, einem im Tagelohn Arbeitenden aus der Klasse der Handarbeiter, letztere beide gewählt durch die betreffenden Arbeiterklassen, besteht.
Die Fabrikausschüsse haben folgende Befugnisse: Die Aufrechterhaltung und Vollziehung der Fabrikordnung, die Überwachung der in den Fabriken arbeitenden Kinder, sowohl in sittlicher Beziehung als hinsichtlich des regelmäßigen Schulbesuches, Vermittlung der Streitigkeiten zwischen den Arbeitern, Entscheidung über Strafen und Strafgelder, Einziehung und Ablieferung der Beiträge zu der Krankenunterstützungskasse.
Die vier Fabriken wählen gemeinschaftlich einen Fabrik-Rat, bestehend aus: drei Fabrikinhabern, einem technischen Arbeiter, einem aus der Klasse der Handarbeiter, letztere beide gewählt durch die betreffenden Arbeiterklassen.
Dem Fabrik-Rat stehen u.a. folgende Befugnisse zu: Entscheidung der Beschwerden der Fabrikarbeiter gegen ihre Arbeitgeber, Entscheidung der Streitigkeiten zwischen den Fabrikanten unter sich, Festsetzung der Anzahl anzunehmender Lehrlinge, Überwachung und Beförderung der sittlichen und gewerblichen Fortbildung der jüngeren Fabrikarbeiter sowie Oberaufsicht über alle Schulangelegenheiten, Verwaltung der Pensionscassa und Oberaufsicht über die Krankenunterstützungscassa sowie Entscheidung der Ansprüche auf Pension, Vertretung der Gesamtinteressen sowohl bei dem hiesigen Gewerberat als auch nach auswärts.
Über die weitere Existenz dieser Fabrikausschüsse ist nichts bekannt. Sie sind auf jeden Fall die ersten Betriebsvertretungen in Deutschland.