Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
In Leipzig ergreifen Buchdruckergehilfen die Initiative zur Verbesserung ihrer schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere zur üblichen Praxis der lokalen Druckereibesitzer, statt regelmäßiger Lohnauszahlung nur willkürlich festgesetzte Vorschüsse zu gewähren. Sie wählen aus ihrer Mitte einen Ausschuß, der in zweijähriger Arbeit einen "Tarifentwurf" mit genauen Entlohnungsrichtlinien aufstellt. Da die Prinzipale jede Verhandlung über den Entwurf ablehnen und den Gehilfen noch keine gewerkschaftlichen Druckmittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen, bleibt diese Aktion zunächst erfolglos. An der Ruhr wird die erste Montanaktiengesellschaft gegründet. Für die Firma Krupp wird das Konzept eines "Reglements für die Fabrikarbeiter" entworfen: "Jeder Arbeiter muß treu und unbedingt folgsam sein, sich in- und außerhalb der Fabrik anständig betragen, pünktlich die Arbeitsstunden halten und durch seinen Fleiß beweisen, daß er die Absicht hat, zum Nutzen der Fabrik zu arbeiten. Wer dies befolgt, hat zu erwarten, daß dem Wert der Arbeit nach auch sein Lohn erhöht wird. Wer aus Nachlässigkeit oder bösem Willen sich vergeht, wird bestraft. Branntweintrinken in der Fabrik wird nicht geduldet. Wer ein Stück Arbeit, ein Werkzeug und dergleichen verdirbt oder umkommen läßt, muß dasselbe vergüten. Wer fünf Minuten zu spät nach dem Läuten zur Arbeit kommt, verliert 1/4 Tag, wer 1/4 Tag eigenmächtig fortbleibt, verliert 1/2 Tag, für 1/2 Tag fortbleiben wird 3/4 Tag abgezogen" usw.
Stichtag:
1838
Dieses Beispiel - wie zahlreiche in dieser Zeit entstehende Fabrikordnungen - verdeutlicht die Grundsätze eines sehr bewußten Erziehungssystems zur Fabrikarbeit. Bei allen Entscheidungen, auch auf fürsorgerischem Gebiet, tritt der "Herr-im-Hause-Standpunkt" scharf hervor.