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TEILDOKUMENT:






Einleitung


Gesundheitssysteme sehen sich zunehmend einer kritischen Bewertung durch die Öffentlichkeit, Politik und die konstituierenden Professionen selbst ausgesetzt. Dabei werden immer wieder die folgenden Thesen für einen prognostizierten und im bestehenden System vermeintlich unbeherrschbaren Anstieg der Gesundheitsausgaben vorgetragen:

  1. Innovation in der Medizin führt zu einem überproportionalen Anstieg des Anteils der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt

  2. Der zu erwartende demographische Wandel führt zu einem überproportionalen Anstieg des Anteils der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt

Obgleich beide Thesen zugegebenerweise plausibel sind, werden sie vorgetragen wie Dogmen, d.h. keiner empirischen Begründung bedürfend. Im Folgenden soll in Form von Gegenthesen dargelegt werden, dass sich diese Wirkungen nur in Abhängigkeit bestimmter Rahmenbedingungen ergeben würden, welche aber sehr wohl noch so beeinflußt werden können, dass es trotz Innovation und demographischen Wandels nicht zu einer überproportionalen Kostensteigerung kommen muss. D. h., dass es zumindest in einem absehbaren Zeitraum trotz zunehmender Innovation und demographischer Alterung der Bevölkerung zu einer Verbesserung der Versorgung bei einem ungefähr konstanten Anteil der Gesundheitsausgaben an der gesamten Wertschöpfung der Gesellschaft kommen kann.

Weiterhin werden Thesen zu der Effizienz und Qualität des deutschen Gesundheitssystems aufgestellt. Aufgrund der zunehmenden Beurteilbarkeit der Versorgungsqualität auf der Ebene der Prozess- und Ergebnisqualität treten die beiden Aspekte Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung mehr und mehr in den Vordergrund. Damit eng verknüpft hat sich ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung vollzogen. Während noch vor wenigen Jahren von Ärzteschaft und Politik gefordert wurde, alles medizinisch Machbare müsse in der Patientenversorgung auch getan werden, muss sich medizinische Versorgung heute an den Standards der evidenzbasierten Medizin unter Beachtung der Kosteneffektivität messen lassen. Zudem führen tatsächliche und prognostizierte Kostenentwicklungen zur Diskussion neuer Modelle zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens.

Analysiert man das deutsche Gesundheitswesen unter diesen Aspekten, so stehen einem hohen Ressourceneinsatz bei Erkrankungen mit hoher Prävalenz häufig nur durchschnittliche Ergebnisse in der Versorgungsqualität gegenüber, wie an wichtigen Beispielen gezeigt werden soll. Der folgende Beitrag analysiert ökonomische und medizinische Aspekte des deutschen Gesundheitswesens und zeigt Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für die bestehenden Versorgungsdefizite auf.

Schließlich wird die Einführung eines Modells der Grund- und Zusatzversicherung zur Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung diskutiert. Es soll dargestellt werden, dass ein solches Modell entweder zu ethisch problematischen Formen der Rationierung oder zu negativen Konsequenzen für die Versorgungsqualität führt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2001

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