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TEILDOKUMENT:

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Axel Schulte
Multikulturelle Gesellschaft:
Zu Inhalt und Funktion eines vieldeutigen Begriffs


Einleitende Bemerkungen

Seit Anfang der 80er Jahre ist der Begriff der multikulturellen Gesellschaft sowohl in der Bundesrepublik wie auch in anderen westlichen Ländern zunehmend zum Gegenstand wissenschaftlicher und politischer Erörterungen geworden (Leggewie 1990; Schulte 1990a; Miksch 1991). Die folgenden Überlegungen zielen darauf ab, Inhalte und Funktionen dieses vieldeutigen Begriffs darzustellen, kontroverse Auffassungen und die Position des Verfassers näher zu erläutern, Hinweise auf bisher nur ansatzweise gelöste Fragen zu geben und eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen. Die Ausführungen sollen vor allem einen orientierenden Überblick über den Stand der sozialwissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskussion geben und zu einer eigenen Beurteilung anregen. In der Darstellung wird zunächst auf begriffliche Grundlagen, soziale Hintergründe und den Gegenstand der Diskussion über die multikulturelle Gesellschaft eingegangen. Im Anschluß daran werden Grundzüge und -probleme kontroverser Positionen aufgezeigt, und zwar zunächst derjenigen Positionen, die - in spontaner oder organisierter Form - eine multikulturelle Gesellschaft als Bedrohung betrachten und ablehnen, dann derjenigen, die sie als Chance werten und befürworten. Bei den zuletzt genannten Positionen wird unterschieden zwischen Sichtweisen, die ideologische Elemente aufweisen, und Konzeptionen, die den Multikulturalismus in kritisch-emanzipatorischer Absicht zu fundieren suchen. Danach werden zwei zentrale Probleme diskutiert, mit denen der Multikulturalismus konfrontiert wird, zum einen das Problem der politischen Integration der kulturellen Vielfalt, zum anderen das Problem der politischen Steuerung gegenwärtiger und zukünftiger (Im-)Migrationsprozesse. In den abschließenden Bemerkungen wird der Multikulturalismus zusammenfassend beurteilt und auf Voraussetzungen hingewiesen, die für eine konstruktive Lösung bzw. Verminderung der Probleme einer multikulturellen Gesellschaft erforderlich sind.

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1. Multikulturelle Gesellschaft: Begriffliche Grundlagen, soziale Hintergründe und Gegenstand der Kontroverse

Der Begriff der "multikulturellen Gesellschaft" bzw. des "Multikulturalismus" bezieht sich auf eine Gesellschaft, die idealtypisch durch ethnisch-kulturelle Vielfalt gekennzeichnet ist (Maffioletti 1987). Bei ethnischen Gruppen handelt es sich um Teilbevölkerungen von staatlich verfaßten Gesamtgesellschaften, die durch Vorstellungen gemeinsamer Herkunft, ein Zusammengehörigkeitsbewußtsein, Gemeinsamkeiten von Kultur und Sprache, eine auf eigenen und fremden Zuschreibungen beruhende kollektive Identität gekennzeichnet und durch gemeinsame Institutionen und Beziehungssysteme verbunden sind (Heckmann 1988). Der Begriff der Kultur wird in diesem Zusammenhang in der Regel in einem weiten Sinne, als (alltägliche) Lebenswelt oder Orientierungssystem verstanden:

"Zur Kultur gehört eine besondere Geschichte und ihre Verarbeitung, gehören Werte, die man im Leben zu verwirklichen trachtet und die sich in Familie, Sprache, Religion, Essen und vielem anderen konkretisieren können. Kultur ist ein Gesamt von Sprache, Interpretation der Welt, Leben in dieser Welt, Verhalten zu anderen und Selbstverständnis." (Nitzschke 1982a, S. 5).

Die in Konzeptionen des Multikulturalismus enthaltenen Aussagen zur ethnisch-kulturellen Vielfalt haben in der Regel sowohl beschreibend-analytischen wie auch normativen Charakter. Zum einen wird diese Vielfalt als ein sozialer Tatbestand aufgefaßt. Hierbei wird davon ausgegangen, daß es sich nicht um ein statisches, sondern um ein historisch-dynamisches Phänomen, also um einen Prozeß mit Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsdimensionen handelt. Darüber hinaus wird diese Vielfalt prinzipiell positiv, nämlich als 'legitim' bzw. als Chance gewertet oder als ein noch zu realisierendes 'Ziel' angesehen. Aufgrund dieser Orientierung steht der Multikulturalismus - ähnlich wie der Pluralismus - im Gegensatz zu Theorien, Konzeptionen und Ideen, die Gesellschaft als ein homogenes, uniformes oder monolithes Gebilde sehen und dementsprechend gesellschaftspolitische oder sozio-kulturelle Heterogenität als Bedrohung oder Gefahr beurteilen.

Zentraler Hintergrund der Diskussionen über eine multikulturelle Gesellschaft sind internationale Migrationsprozesse; hierzu gehören insbesondere Prozesse

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der Arbeitsmigration, Flüchtlingsbewegungen und Wanderungen aus ehemaligen Kolonien in die jeweiligen Mutterländer. Eine auf die Bundesrepublik Deutschland bezogene Besonderheit derartiger Migrationsbewegungen stellen die Zuwanderungen von deutschstämmigen Aussiedlern dar. Prozesse der internationalen Wanderung werden durch eine Vielzahl von Push- und Pull-Faktoren, insbesondere aber durch Verhältnisse von struktureller und direkter Gewalt auf nationaler und/oder internationaler Ebene verursacht. Aufgrund dieser Bedingungen sind die Lebenssituation und -perspektiven von Migranten in der Regel in einem besonderen Maße durch Abhängigkeiten und Unsicherheiten gekennzeichnet (Favero 1987).

In Vorstellungen von einer multikulturellen Gesellschaft werden diese Migrationsprozesse vorwiegend aus der Sicht der westlichen Aufnahme- bzw. Einwanderungsländer thematisiert; hierzu gehören die klassischen Einwanderungsländer (insbesondere die USA, Kanada und Australien), die entwickelten Länder Nord- und Westeuropas, die sich nach dem zweiten Weltkrieg zumindest de facto zu Einwanderungsländern entwickelt haben und die auch Anziehungspunkt für neue Ost-West- und Süd-Nord-Wanderungen darstellen, und die zur EG gehörenden Mittelmeerländer (Italien, Spanien, Portugal, Griechenland), die bis in die 70er Jahre hinein klassische Emigrationsländer waren, seit Anfang der 80er Jahre aber zunehmend zu Zielländern neuerer Migrationsprozesse, und zwar überwiegend aus Ländern der Dritten Welt, geworden sind.

In den westeuropäischen Ländern, auf die sich die folgenden Ausführungen besonders beziehen, haben die Immigrationsprozesse zu einem sozialen und kulturellen Wandel geführt. Von besonderem Gewicht ist hierbei die Entwicklung der konjunkturellen "Gastarbeiterfrage" zur strukturellen "Minderheitenfrage" (Heckmann 1988). Dies impliziert den Tatbestand, daß in den Aufnahmeländern Bevölkerungsgruppen entstanden sind, die nicht mehr nur vorübergehend, sondern dauerhaft anwesend sind, deren gesellschaftliche Lage in der Regel durch soziale Ungleichheiten und Diskriminierungen gekennzeichnet ist und "die im Vergleich zu den autochtonen Bevölkerungen und Wanderungsströmen der vergangenen hundert Jahre, Träger abweichender ethnischer, sprachlicher und kultureller Identitäten sind." (Perotti 1989, S.536).

Bei der Kontroverse über die multikulturelle Gesellschaft geht es im Kern um die Frage, wie dieser soziale und kulturelle Wandel interpretiert und wie auf ihn

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gesellschaftspolitisch bzw. pädagogisch reagiert werden soll (Maffioletti 1987). Hierbei lassen sich zwei Teilfragen bzw. -probleme unterscheiden: 1. Wie soll das Zusammenleben von einheimischer Mehrheit und bereits zugewanderten Minderheiten gestaltet werden? (Problem der "Integration" der Einwanderungsminderheiten); 2. Wie sollen neue (Zu-)Wanderungen beeinflußt werden? (Problem der 'Steuerung' internationaler Migrationsprozesse).

Auf diese Fragen gibt es kontroverse Antworten, die auch in konträren Positionen zu einer multikulturellen Gesellschaft zum Ausdruck kommen. Von daher kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß "multikulturelle Gesellschaft" in den westlichen Gesellschaften das "Gesellschaftsdesign der 90er Jahre" (Radtke 1990b) darstellt.

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2. Ablehnende Positionen: Multikulturelle Gesellschaft als "Bedrohung"

Von Positionen, die einem eher "rechten" politischen Spektrum zuzurechnen sind, wird eine multikulturelle Gesellschaft in der Regel als "Gefahr" oder "Bedrohung" gewertet und von daher abgelehnt (Schulte 1990a, S. 6ff.). Ähnlich wie beim Antisemitismus (Fetscher 1965), kann hierbei grundsätzlich unterschieden werden zwischen "spontanen" Widerständen einerseits und "programmatischen" und "organisierten" Formen der Ablehnung andererseits.

2.1 "Spontane" Widerstände gegen eine multikulturelle Gesellschaft

"Spontane" Formen der Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft kommen in distanzierten, ablehnenden oder aggressiven Einstellungen und Haltungen von Gruppen der "einheimischen" Bevölkerung gegenüber (bestimmten) 'Ausländern' zum Ausdruck. Diese Phänomene haben in den vergangenen Jahren in den westeuropäischen Ländern an Zahl und Bedeutung zugenommen (EG-Kommission 1989); in noch massiverer Weise erfolgte in der Bundesrepublik in der zweiten Hälfte des Jahres 1991 eine Eskalation der "Jagd auf Ausländer" (stern Nr. 41 vom 2.10.1991) und der "Gewalt gegen Fremde" (Der Spiegel Nr. 40 vom 30.9.1991). Für die Entstehung und Entwicklung dieser Bewegungen sind (begründete oder unbegründete) soziale Ängste von zentraler Bedeutung.

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Bei diesen handelt es sich allerdings weder um biologische noch um anthropologische Konstanten, sondern um historische und gesellschaftliche Phänomene. Ihre Ursachen sind auch nicht in erster Linie in der Zahl oder in (vermuteten oder tatsächlichen) Eigenschaften und Merkmalen der ‚Fremden' zu suchen, gegen die sich diese Einstellungen richten. Bedingt sind diese Ängste und Einstellungen wesentlich durch gesellschaftliche Strukturen und Mechanismen, die sich (real oder vermeintlich) in verunsichernder oder negativer Weise auf Individuen und soziale Gruppen auswirken. Hierzu gehören insbesondere die sich verschärfenden Konkurrenzmechanismen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, die Tendenzen der Individualisierung, der Mangel an sozialen Infrastrukturen und Vernetzungen im Wohn- und Freizeitbereich sowie unzureichende Möglichkeiten aktiver Gestaltung in verschiedenen Lebensbereichen.

Diese erfahrenen oder befürchteten Probleme werden von den Betroffenen in spezifischer Weise verarbeitet; auf die Tatsache, daß der Mehrzahl der Betroffenen wenig Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Probleme ursächlich zu erklären und zu deren Lösung beizutragen, fördert wiederum Tendenzen, sich vermittels der Identifizierung von vermeintlich Schuldigen zu entlasten und durch die Ausübung von latenter und/oder manifester Gewalt gegenüber diesen, in der Regel sozial Schwächeren, Gefühle der Orientierung, der Vergemeinschaftung, der Handlungsfähigkeit, der Überlegenheit und des Selbstbewußtseins zu gewinnen (Memmi 1987).

Dieser "Rassismus der Beherrschten" (Memmi 1987) hat allerdings nun nicht bloß spontanen Charakter, sondern ist in hohem Maße (auch) 'produziert'. In dieser Hinsicht sind besonders in Deutschland zum einen Defizite der demokratischen politischen Kultur von Gewicht, die wiederum in einem engen Zusammenhang mit der "zweiten Schuld der Deutschen" (Giordano 1990), d.h. der unzureichenden Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit und Verbrechen stehen. Zudem spielen in dieser Hinsicht die verschiedenen Ausprägungen des programmatischen und organisierten Anti-Multikulturalismus wie auch der institutionalisierten Diskriminierung der Einwanderungsminderheiten eine zentrale Rolle.

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2.2 Programmatischer und organisierter Anti-Multikulturalismus

Die programmatisch entwickelten und politisch organisierten Formen der Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft stellen den eigentlichen Anti-Multikulturalismus dar. Diesem liegen in der Regel Sichtweisen zugrunde, die - aus kritischer Sicht - als nationalistisch, ethnozentristisch, rechtsextremistisch und/oder (kultur-)rassistisch bezeichnet werden können. Ein auf die Bundesrepublik bezogenes Beispiel für derartige Tendenzen stellen die Formulierungen des "Heidelberger Manifest" dar, das 1982 von Professoren in Umlauf gebracht wurde. In diesem wird der Prozeß der Einwanderung als "Unterwanderung des deutschen Volkes durch Zuzug von Millionen von Ausländern und ihren Familien" und als "Überfremdung unserer Sprache, unserer Kultur und unseres Volkstums" gewertet; dementsprechend wird die "Integration großer Massen nichtdeutscher Ausländer" als unvereinbar mit der "Erhaltung des deutschen Volkes und seiner geistigen Identität auf der Grundlage unseres christlich abendländischen Erbes" angesehen und als Schritt "zu den bekannten ethnischen Katastrophen multikultureller Gesellschaft" bezeichnet (Heidelberger Manifest. Unterzeichner-Fassung, Frankfurter Rundschau vom 4.3.1982). Ähnliche Sichtweisen lassen sich in dem "Diskurs des Rassismus in den Medien und im allgemeinen Bewußtsein" finden, der schon in früheren Jahren (Thränhardt 1989), in verstärktem Maße aber gegenwärtig gegen das "Ausländerproblem" und/oder gegen "Asylantenfluten" in organisierter und kampagnenartiger Form betrieben wird (Gerhard 1991).

Bestimmend für diese und ähnliche Sichtweisen des programmatischen und organisierten Anti-Multikulturalismus sind in der Regel die Annahmen, daß

  • Volk, Kultur und Identität homogene Gebilde sind,

  • zwischen dem eigenen Volk und seiner Kultur einerseits und 'fremden' Völkern und Kulturen andererseits grundlegende Gegensätze bestehen,

  • eine Ausgrenzung des Heterogenen erforderlich ist, wenn der soziale Friede, die eigene Identität und die gesellschaftliche Integration gesichert werden sollen, und

  • die Völker bzw. Kulturen ungleichwertig sind, wobei das jeweils 'eigene' als das Höherwertige, das jeweils Fremde als das Minderwertige gilt.

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Die ablehnenden bis feindlichen Einstellungen, die mit diesen Sichtweisen gegenüber einer multikulturellen Gesellschaft verbunden sind, können pauschaler oder partieller bzw. selektiver Natur sein. (Kultur-)rassistisch geprägte Auffassungen gehen in der Regel mit einer pauschalen Ablehnung einher. Kennzeichnend für derartige Sichtweisen ist, daß tatsächliche oder fiktive Unterschiede biologischer oder kultureller Art verallgemeinert, verabsolutiert und für Herrschaftszwecke funktionalisiert werden: im Hinblick auf die Opfer geht es dabei um die Rechtfertigung von Diskriminierung, Entwertung und Entmenschlichung, auf der Seite der Ankläger um die Legitimation von Privilegien und Aggressionen, die Absicherung von Freund-Feind-Bestimmungen, die Ablenkung von eigentlichen Ursachen ungelöster sozialer Probleme und die Produktion von (ideologischer) Vergemeinschaftung (Memmi 1987).

Positionen, die konservativ bzw. nationalstaatlich orientiert sind, zielen eher auf eine selektive bzw. partielle Ablehnung der Multikulturalität. Dies kommt in einer widersprüchlichen Konzeption der Integration gegenüber den zugewanderten Bevölkerungsgruppen zum Ausdruck: Einerseits werden durchaus Integrationsangebote an die Ausländer gemacht, gleichzeitig gehen die auf Integration gerichteten Maßnahmen aber mit Tendenzen der Restriktion, Assimilation, Selektion und Segregation gegenüber den zugewanderten Bevölkerungsgruppen einher (Schulte 1992a). Dementsprechend wird diesen zwar die Bewahrung der kulturellen Identität im Aufnahmeland zugestanden, aber deren Entfaltung auf den individuellen bzw. privaten Bereich beschränkt (Schiffer 1991). Multikulturalität wird so entweder nur in residualer Form oder nur auf Zeit, als vorläufiger Übergang zur endgültigen und vollständigen Integration zugelassen (Smolicz 1988), wobei die Realisierung dieser Zielsetzung wiederum von vielfältigen Anpassungs- und Integrationsleistungen auf seiten der Betroffenen abhängig gemacht wird. Forderungen, die darauf abzielen, den Immigranten umfassendere Möglichkeiten der Entfaltung und Entwicklung ihrer jeweiligen Kulturen und Identitäten einzuräumen, werden als Entwicklung zu einer "Mosaikgesellschaft" interpretiert; diese bedrohe die den Deutschen "nahe" und "heimatliche" Kultur, gefährde den sozialen Frieden und sei nicht praktikabel (Schiffer 1991).

Die spontanen und organisierten Formen der von rechts erfolgenden Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft sind so insgesamt durch Tendenzen bestimmt, soziale und politische Probleme - unabhängig davon, ob diese im

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Zusammenhang mit Einwanderungsprozessen stehen oder nicht - auf der Grundlage und mit Hilfe einer pauschalen oder selektiven sozialen Diskriminierung der Zugewanderten bzw. noch Zuwandernden zu 'lösen'. Diese Tendenzen, die in erster Linie auf Interessen von herrschenden Gruppen, aber auch auf solche beherrschter Gruppen bezogen sind bzw. sein können, werden durch die Mechanismen der institutionellen Diskriminierung der zugewanderten Bevölkerungsgruppen noch verstärkt. Gleichzeitig werden die Institutionen und das herrschende Selbstverständnis der Einwanderungsgesellschaft(en) von der Aufgabe einer bewußten und demokratischen Bewältigung des sich im Zusammenhang mit Zuwanderungsprozessen bereits stattgefundenen bzw. sich noch vollziehenden sozialen und kulturellen Wandels entlastet. Die Bewältigung dieser Aufgabe wird in erster Line als Sache der betroffenen Individuen, hier also der (Im-)Migranten angesehen .

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3. Befürwortende Positionen (I): Multikulturelle Gesellschaft als Chance und Ideologie

3.1 Multikulturelle Gesellschaft als Chance

Das Spektrum der wissenschaftlichen, gesellschaftspolitischen und pädagogischen Positionen, die eine multikulturelle Gesellschaft befürworten und als Chance interpretieren, ist sowohl in der Bundesrepublik wie auch in anderen Ländern, z.B. in Australien relativ breit (Schulte 1990a, S.5f.; Castles 1990). Unter gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten reicht es in der Bundesrepublik vom Modernisierungsflügel der CDU über Liberale und Sozialdemokraten bis hin zu Kirchen, Gewerkschaften, Initiativgruppen und links-alternativen Gruppen. Dies deutet darauf hin, daß eine Befürwortung des Multikulturalismus mit sehr unterschiedlichen Begründungen, Interessen und Zielvorstellungen verbunden ist bzw. sein kann. Von daher kann von dem oder einem einheitlichen Multikulturalismus nur sehr bedingt gesprochen werden. Legt man als Kriterien zur Beurteilung der verschiedenen Positionen deren jeweiligen Aussagegehalt und deren jeweilige Funktion zugrunde, so lassen sich unter den eine multikulturelle Gesellschaft befürwortenden Positionen zum einen ideologische und zum anderen kritisch-emanzipatorische Ausprägungen unterscheiden.

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3.2 Ideologische Elemente in Vorstellungen einer multikulturellen Gesellschaft

Aus ideologiekritischer Sicht können Denkweisen dann als ideologisch bezeichnet werden, wenn sie unwahre, unvollständige oder halbwahre Aussagen über die Wirklichkeit enthalten und von ihrer Funktion her herrschaftsstabilisierend und -legitimierend wirken (Hofmann 1968). Von diesem Maßstab her weisen Vorstellungen eines multikulturellen Zusammenlebens dann ideologische Tendenzen auf, wenn in ihnen die folgenden Sichtweisen vorherrschend sind:

  • Überschätzung der Bedeutung kultureller Faktoren und Unterschätzung struktureller und gesellschaftspolitischer Faktoren (Esser 1983b, S.178f.): Derartige Sichtweisen kommen insbesondere dort zum Ausdruck, wo von den strukturellen Zwängen, Ungleichheiten und Abhängigkeiten, die der internationalen Arbeitsmigration und der Weltflüchtlingsproblematik zugrunde liegen, wie auch von den negativen Folgen, die die kulturelle Bereicherung der Aufnahmeländer für die jeweiligen Herkunftsländer hat, abstrahiert wird und dementsprechend Migrationsprozesse ausschließlich unter kulturellen Gesichtspunkten interpretiert werden. Ähnliche Tendenzen sind dort vorhanden, wo die sozio-ökonomischen Voraussetzungen und die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Einwanderungsländern nicht ausreichend berücksichtigt und auf diese Weise die Vielzahl der strukturellen ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen und Zwänge, denen die Immigranten unterliegen, aus dem Blick verloren werden. Diese Sichtweisen begünstigen eine Romantisierung, Idyllisierung und Pädagogisierung gesellschaftlicher Verhältnisse.

  • Verkürzungen von Kultur(en) im allgemeinen und von Immigrantenkultur(en) im besonderen: Dies ist insbesondere dort der Fall, wo Kultur(en) in erster Linie als statische und homogene, letztlich völkisch-national geprägte Gebilde gesehen werden. Multikulturelle Gesellschaft wird hier als eine Begegnung von unterschiedlichen, jedoch in sich jeweils homogenen, von Volksgemeinschaften getragenen und geschlossenen Nationalkulturen verstanden. Damit werden der historisch-dynamische Charakter von Kultur wie auch die realen Differenzierungs- und Mischungsprozesse zwischen und innerhalb verschiedener Kulturen und die Entwicklung von Migranten-

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    kulturen neben und außerhalb der Kulturen der Aufnahme- und Herkunftsländer übersehen. Zudem werden damit die sozialen Subjekte und Gruppen den jeweiligen Kulturkreisen, denen sie angehören bzw. zugerechnet werden, unterworfen und ihnen eine eigenständige und aktive Auseinandersetzung mit überkommenen kulturellen Werten und Institutionen verunmöglicht (Hoffmann 1990; Finkielkraut 1989). Damit werden wiederum Tendenzen der "Ethnisierung und Selbstethnisierung der Immigranten" begünstigt (Radtke 1990a). Ideologische Verkürzungen sind auch dort vorhanden, wo als Inbegriff ausländischer Kulturen "Folklore und ausländische Spezialitäten" gelten; dies führt dazu, die Immigranten "auf ein Kulturniveau von Folklore, Köfte, Zaziki und Pluderhosen" zu degradieren und sie auf ein "Exotendasein" zu fixieren (Klingeberg 1983).

  • Instrumentalisierung und Funktionalisierung der Immigranten und ihrer Kulturen für Interessen der Aufnahmegesellschaften: Von zentraler Bedeutung ist in dieser Hinsicht die Instrumentalisierung von Konzepten einer multikulturellen Gesellschaft für herrschende Interessen in den Einwanderungsgesellschaften. So ist darauf verwiesen worden, daß das Konzept des Multikulturalismus in den 70er Jahren in Australien als neue Technik des Krisenmanagements, der sozialen Kontrolle und der Befriedung der eingewanderten Bevölkerungsgruppen entwickelt wurde, nachdem sich die bis dahin vorherrschende Strategie der Assimilation der verschiedenen Einwanderergruppen an die angelsächsisch geprägte Hegemonialkultur als nicht mehr effektiv erwiesen habe (Geiger 1989, S.149ff.). Ähnliche Funktionalisierungen liegen auch dort vor, wo multikulturelle Gesellschaft ausschließlich deswegen befürwortet wird, um Fehlentwicklungen auf dem inländischen Arbeitsmarkt oder im demographischen Bereich entgegenzutreten (vgl. bestimmte Argumentationsweisen bei Geißler 1990, S.179ff. und Tichy 1990, S.121ff.).

Die ideologischen Funktionalisierungen von Vorstellungen eines multikulturellen Zusammenlebens können auch auf die Interessenlagen einzelner sozialer Gruppen oder Schichten bezogen sein. Aus der Sicht insbesondere von städtischen Mittel- und Oberschichten stellt die mit der Anwesenheit von Immigranten verbundene Multikulturalität so vor allem ein Mittel der (eigenen) kulturellen Bereicherung dar. Die Immigranten und ihre Kulturen tragen aus dieser Sicht insbesondere dazu bei, Defizite in unserer Gesellschaft zu kompensieren. Sie

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fungieren so im wesentlichen als Mittel, "unsere graue Welt bunter (zu) machen", "unserer Spätkultur auf die Sprünge (zu) helfen" und die Palette der Konsum- und Genußmöglichkeiten zu erweitern (Naumann 1990). Auch bei links-alternativen Positionen können derartige ideologische Funktionalisierungen von Multikulturalität auftreten, nämlich dort, wo die Migranten und ihre Kulturen als Mittel zum "Kampf gegen hegemoniale Kulturen auf nationaler und internationaler Ebene" instrumentalisiert werden. So werden von ihnen Beiträge im Kampf gegen die herrschende affirmative Kultur und für 'alternative' Perspektiven erwartet (Klingeberg 1983, S.109).

3.3 Konsequenzen: Ablehnung oder Fundierung des Multikulturalismus?

Auf die Tatsache, daß in Vorstellungen, die eine multikulturelle Gesellschaft befürworten, in vielfältiger und verschiedener Form ideologische Elemente enthalten sind bzw. sein können, kann unterschiedlich reagiert werden. Wird davon ausgegangen, daß es sich hierbei um zwingende bzw. integrale Bestandteile des Multikulturalismus handelt, so muß dies notwendigerweise zu einer grundsätzlichen Kritik und Abkehr von diesem Konzept führen. Derartige Folgerungen werden insbesondere von Positionen gezogen, die sich dem 'linken' gesellschaftspolitischen Spektrum zurechnen und sich auf die universellen Werte der Aufklärung und/oder Maßstäbe einer "modernen" Gesellschaft berufen. Vorstellungen einer multikulturellen Gesellschaft werden von ihnen daher eingestuft, z.B. als "ein multikulturelles Nichts" und "Abschied von der Integration auf der Grundlage universalistischer Werte" (Naumann 1990), als eine "Niederlage des Denkens" (Finkielkraut 1989) oder als eine "regressive" oder "sozialtechnokratisch" orientierte soziale Problemlösungsstrategie (Radtke 1990).

Nach anderer, m.E. zutreffenderer Auffassung, sind die aufgezeigten ideologischen Elemente mit dem Multikulturalismus nicht zwingend verbunden. Um diese Verkürzungen zu vermeiden, muß das Konzept des Multikulturalismus allerdings unter kritisch-emanzipatorischen Gesichtspunkten fundiert und konkretisiert werden.

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4. Befürwortende Positionen (II):
Kritisch-emanzipatorischer Multikulturalismus


Kritisch-emanzipatorische Vorstellungen einer multikulturellen Gesellschaft können als Versuch verstanden werden, die Frage, wie ein Zusammenleben von einheimischer Bevölkerung und Einwanderungsminderheiten gestaltet werden soll, weder auf dem Wege einer sozialen Diskriminierung noch mit Hilfe einer Assimilation oder Segregation dieser Minderheiten zu beantworten: Die Einwanderungsminderheiten sollen über zureichende Möglichkeiten verfügen, ihre jeweiligen Kulturen, Identitäten, Beziehungen und Vereinigungen aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, die Einheimischen und Einwanderer sowie ihre jeweiligen Gruppen sollen in (Austausch-)Beziehungen miteinander stehen und diese Beziehungen sollen grundsätzlich vom Prinzip der Gleichberechtigung bestimmt sein (Miksch 1989; Schulte 1990). Multikulturalität soll damit nicht nur "transitorischen" oder "residualen" Charakter haben, sondern eine "stabile" Ausprägung erhalten (Smolicz 1988).

4.1 Zur sozialwissenschaftlichen Fundierung des Multikulturalismus

Zur sozialwissenschaftlichen Fundierung des kritisch-emanzipatorischen Multikulturalismus können die folgenden Konzeptionen, deren zentrale Elemente im folgenden skizziert werden, beitragen:

  • Konzeptionen der pluralistischen Demokratie:
    Im Gegensatz zu Konzeptionen, die Gesellschaft als ein homogenes Gebilde sehen, wird im Pluralismus die gesellschaftliche und politische Heterogenität hervorgehoben, als "legitim" befürwortet und als konstituierendes Merkmal "westlicher Demokratien" angesehen (Fraenkel 1991). Entfaltung und Integration der Vielfalt sollen auf der Grundlage der folgenden Prinzipien erreicht werden:

    • Autonomie, grundsätzliche Gleichberechtigung, wechselseitige Toleranz und Interaktion der unterschiedlichen Interessen(-gruppen);

    • Austragung von Konflikten unter Ausschluß von Gewalt, unter Beachtung bestimmter Verfahrensregeln und unter Anerkennung grundlegender Werte und mit Hilfe wechselseitiger Kompromisse;

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    • Entstehung des "Gemeinwohls" bzw. "neuer Synthesen" als Resultate des Kräftespiels der unterschiedlichen Interessen(-gruppen) (Fraenkel 1991).

    Diese Prinzipien stellen eine wesentliche Grundlage für die Entfaltung und Integration von Vielfalt nicht nur in pluralistischen, sondern auch in multikulturellen Gesellschaften dar (Maffioletti 1987). Allerdings muß berücksichtigt werden, daß es sich hierbei um normative Prinzipien handelt, die bisher nur partiell verwirklicht sind. Hintergrund für den (noch) begrenzten bzw. unentwickelten Charakter des Pluralismus sind die "Strukturdefekte der westlichen Demokratien" (Fraenkel 1991) sowie die in der gesellschaftlichen Wirklichkeit bestehenden "neuen alten Ungleichheiten" (Franz u.a. 1986).

  • Konzeptionen der sozialen Ungleichheit und der sozialen Diskriminierung: Kern alter und neuer sozialer Ungleichheiten ist "die ungleiche Verteilung von Lebensrisiken und Lebenschancen" (Franz u.a. 1986). Diese Ungleichheiten haben in den westlichen Gesellschaften vielfältige Ausprägungen und umfassenden Charakter. Bestimmte gesellschaftliche Problemgruppen sind von ihnen in einem besonderen Maße und dauerhaft betroffen; zu diesen gehören auch die Einwanderungsminderheiten. Deren Benachteiligungen sind in der Regel nicht selbst verschuldet, sondern primär durch gesellschaftliche Strukturen und politische Prozesse in den Einwanderungsländern produziert. Hierbei spielen Phänomene und Prozesse der sozialen Diskriminierung eine zentrale Rolle, d.h. Formen struktureller und direkter Gewalt, durch die den Angehörigen bestimmter sozialer Gruppen systematisch bestimmte ökonomische, soziale und partizipatorische Rechte und Chancen vorenthalten oder genommen werden (Heckmann 1984, S.644).

Von Bedeutung ist in dieser Hinsicht zum einen die institutionelle Diskriminierung der Einwanderungsminderheiten; diese hat in der staatlichen Ausländerpolitik der Bundesrepublik eine besondere Ausprägung gefunden (Dohse 1981). Von zentraler Bedeutung ist in dieser Hinsicht, daß die Ausländer einerseits aufgrund ihrer gesellschaftlichen Situation Inländer sind, ihnen aber andererseits aufgrund ihrer fremden Staatsangehörigkeit "die Bürgerrechte fehlen und sie darüber hinaus unter ausländerrechtlichen Sondernormen stehen, die sie gegenüber den Staatsangehörigen abgrenzen und diskriminieren." (Rittstieg

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1991, S.1). Diese institutionell verankerte Grundorientierung hat die staatliche Ausländerpolitik seit der Anwerbungsphase geprägt und ist bis in die Gegenwart im wesentlichen unverändert, wenn auch im einzelnen modifiziert aufrechterhalten worden. Hieraus resultieren für die Immigranten Verunsicherungen und Benachteiligungen, die massiver Art sind und zentrale Lebensbereiche betreifen, so den Aufenthaltsstatus, die Zulassung zum Arbeitsmarkt, die politische Partizipation, den Familiennachzug und die kulturelle Entfaltung. Zur institutionellen Diskriminierung sind auch Grundtendenzen der von der Bundesrepublik betriebenen Asylpolitik zu zählen; vor allem seit Anfang der 80er Jahre hat sich diese vermittels der Einschränkung der Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge, der Verschärfung des Asylverfahrens und der administrativ betriebenen Verschlechterung der Lage von Asylbewerbern zunehmend von einer Politik des Schutzes zu einer Politik der Abschreckung gegenüber politisch Verfolgten entwickelt (Söllner 1986).

Die zweite Form der sozialen Diskriminierung der Einwanderungsminderheiten stellen die verschiedenen Phänomene der alltäglichen Diskriminierung, der Ausländerfeindlichkeit und des "(Kultur-)Rassismus" dar, auf die bereits im Rahmen der Darstellung der ablehnenden Positionen zu einer multikulturellen Gesellschaft näher eingegangen wurde.

  • Konzeptionen der "Kultur" und "Identität": Gesellschaften, die "multikulturellen" Charakter haben, beinhalten Begegnungen, Auseinandersetzungen und Entwicklungen unterschiedlicher Kulturen und Identitäten. Wie schon angedeutet, muß der Begriff der Kultur in diesem Zusammenhang in einem weiten Sinne, als Lebenswelt bzw. Orientierungssystem verstanden werden. Identität beinhaltet die Wahrnehmung, die die Individuen von sich und ihrer Existenz haben, und zwar als Personen in bezug zu anderen Personen, mit denen sie eine Gruppe bzw. Gruppen bilden (Cavallaro 1984, S. 117; Schmieder 1984). Kultur und Identität sind (unabgeschlossene) Prozesse, die in einem gesellschaftlichen Zusammenhang stehen, widersprüchliche Elemente enthalten und offen sind für aktive Auseinandersetzungen (Kalpaka/Räthzel 1986, S.65). Ausgehend von dieser Sichtweise bedeutet die mit einer multikulturellen Gesellschaft einhergehende "Pluralisierung von Kultur" (Hettlage 1984) sowohl für die Einheimischen wie auch für die Eingewanderten einerseits eine Infragestellung überkommener Identitäten und andererseits eine Herausforderung, neue Identitäten zu entwickeln. Bei

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    den Eingewanderten muß zwischen "Herkunftskulturen" einerseits und "Migrantenkulturen" bzw. "Zwischenwelten" andererseits unterschieden werden (Hettlage-Varjas/Hettlage 1984).

4.2 Zur gesellschaftspolitischen Konkretisierung des Multikulturalismus

Die gesellschaftspolitische Konkretisierung des Multikulturalismus zielt darauf ab, eine Emanzipation der Einwanderungsminderheiten zu ermöglichen und Prozesse der Demokratisierung im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereich zu fördern.

Den rechtlichen Rahmen von hierauf gerichteten Maßnahmen stellen in der Bundesrepublik insbesondere der Grundsatz der Menschenwürde, die Grundrechte und die Prinzipien des Rechts- und Sozialstaates, der Demokratie und des Bundesstaates dar. Zusätzlich müssen die Bestimmungen des Völkerrechts und internationaler Vereinbarungen berücksichtigt werden. Die Grundrechte sind als subjektive Rechte einerseits Abwehrrechte gegen die staatlichen Gewalten; unter positiven Gesichtspunkten gewährleisten sie andererseits Möglichkeiten der politischen Beteiligung, der sozialen Teilhabe und kulturellen Entfaltung und beinhalten darüber hinaus auch bestimmte institutionelle Garantien (Hesse 1990, S.111ff.). Im Hinblick auf die Unterscheidung von Menschen- und Bürgenechten ist davon auszugehen, daß sich mit zunehmender Aufenthaltsdauer die reale Existenz der Ausländer mehr und mehr in die Bundesrepublik verlagert und ihnen damit eine "materiale Grundrechtsposition zu(wächst), die in vieler Hinsicht der materialen Verfassungsposition eines Deutschen gleich wird." (Schwerdtfeger 1980, S. A131).

Zu den gesellschaftlichen Voraussetzungen und politischen Rahmenbedingungen, die für eine multikulturelle Gesellschaft in emanzipatorischer Perspektive von zentraler Bedeutung sind, müssen mindestens die folgenden Elemente gezählt werden:

  • die Anerkennung der Einwanderungssituation und somit der "Zugehörigkeit" der Einwanderungsminderheiten zu den Aufnahmegesellschaften (Heckmann 1984),

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  • die Anerkennung der multikulturellen Gesellschaft als ansatzweise bestehender Tatbestand, als dynamischer Prozeß und als noch zu verwirklichendes Ziel,

  • die "rechtliche Emanzipation" der Einwanderer (Groenendijk 1985), d.h. die Aufhebung der vor allem im Ausländerrecht verankerten besonderen "staatlichen Disposition" (Dohse 1981) über die Betroffenen und deren rechtliche und politische Gleichstellung,

  • die Schaffung und Sicherung von Möglichkeiten zur wirksamen gesellschaftspolitischen Partizipation, Selbstorganisation und Interessenvertretung der Einwanderer,

  • der Abbau von in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen bestehenden "ethnischen Stratifikationen" (Fijalkowski 1984), und

  • die Einleitung und Durchführung von wirksamen Maßnahmen zur Einschränkung und Bekämpfung von Diskriminierung, Ausländerfeindlichkeit und (Kultur-)Rassismus.

Im sozio-kulturellen Bereich sollten die für die Emanzipation der Einwanderungsminderheiten erforderlichen Maßnahmen an dem Gesichtspunkt der "kulturellen Demokratie" (Messia 1987) orientiert werden; dieses Prinzip soll den Individuen und Gruppen in gleicher Weise eine möglichst authentische und autonome kulturelle Entfaltung ermöglichen.

Hierzu können zum einen Maßnahmen beitragen, die eine "plurale, kulturautonome Integration" der Einwanderungsminderheiten fördern (Heckmann 1981, S.208ff.). In dieser Hinsicht haben die gesellschaftlichen Zusammenhänge Bedeutung, die im Prozeß der Immigration von und zwischen den jeweiligen Immigranten(-gruppen) entwickelt werden. Diese 'Einwanderungskolonien' können nämlich dazu beitragen, den Betroffenen eine aktive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Lebensbedingungen und die Entwicklung von "Mischkulturen" bzw. "Zwischenwelten" zu ermöglichen. (Auernheimer 1988, S.163ff.). Auf diese Weise können Prozesse der Identitätsbildung, der Integration und der Handlungsorientierung gefördert werden. Hierzu ist es allerdings erforderlich, daß die verschiedenen Ausprägungen der Einwanderungskolonien von den politischen, sozialen und kulturellen Institutionen der Aufnahmeländer explizit anerkannt sowie materiell und ideell gefördert werden.

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Die Maßnahmen einer kulturautonomen Integration der Einwanderungsminderheiten müssen ergänzt werden durch eine 'interkulturelle' Orientierung gesellschaftlicher Teilsysteme. Hierbei lassen sich inhaltliche und partizipatorische Dimensionen unterscheiden. Unter inhaltlichen Gesichtspunkten zielt dieses Prinzip zunächst darauf ab, die Kulturen der Einwanderungsminderheiten in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (z.B. in Kindergärten, Schulen, Medien, Krankenhäusern) angemessen zu berücksichtigen und sie nicht von vornherein - z.B. unter Verweis auf deren 'Rückständigkeit' oder Fremdheit - aus diesen Bereichen auszuschließen oder nur in verkürzter Weise wahrzunehmen (Beck-Oberdorf/Bethschneider 1990). Dies gilt vor allem im Hinblick auf die jeweiligen Muttersprachen, religiösen Überzeugungen, kulturellen Überlieferungen sowie künstlerischen Ausdrucksformen und Produkte. Durch eine derartige Einbeziehung der Kulturen der Einwanderungsminderheiten sollen darüber hinaus Prozesse der Begegnung, des Austauschs, der (Selbst-)Reflektion und der Diskussion innerhalb und zwischen den verschiedenen Kulturen gefördert werden. Unter partizipatorischen Gesichtspunkten impliziert das Prinzip der interkulturellen Orientierung, daß die verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche auch für die Angehörigen der zugewanderten Gruppen offen stehen und diese bei der Besetzung von beruflichen Positionen angemessen beteiligt werden müssen. Insofern steht der Grundsatz der interkulturellen Orientierung in einem engen Zusammenhang mit einer 'strukturellen' Integration der Einwanderungsminderheiten.

Schließlich ist zu berücksichtigen, daß kritisch-emanzipatorische Vorstellungen eines multikulturellen Zusammenlebens nur dann einige Erfolgs- und Realisierungschancen haben, wenn auch außerhalb des Ausländer- bzw. Immigrantenbereichs gesellschaftliche und politische Veränderungen stattfinden. Von daher müssen die genannten Maßnahmen begleitet werden von weiteren Politiken, vor allem von solchen, die gerichtet sind auf

  • die Verminderung von Lebensrisiken, insbesondere in den Bereichen von Frieden und Umwelt,

  • den Abbau von sozialen Ungleichheiten, insbesondere im Hinblick auf Formen alter und neuer Armut, von Massen- und Dauerarbeitslosigkeit, von geschlechtsspezifischen Benachteiligungen und von Ungleichheiten auf internationaler Ebene, und

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  • die Erweiterung von individuellen und kollektiven Selbst- und Mitgestaltungsmöglichkeiten in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.

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5. Zentrale Probleme des Multikulturalismus

Kritisch-emanzipatorische Versionen des Multikulturalismus weisen derzeit noch einen vorläufigen Stand auf und sind mit einer Vielzahl von Fragen und Problemen konfrontiert. Zwei Problembereiche sind von besonderer Relevanz (Kostede 1991) und sollen daher im folgenden kurz erläutert werden.

5.1 Politische Integration der kulturellen Vielfalt

Pluralistische Demokratien und multikulturelle Gesellschaften betrachten die soziale, politische und kulturelle Vielfalt als legitim und räumen für deren autonome Entfaltung weite rechtliche Spielräume ein. Aufgrund dieser Offenheit kann sich allerdings eine Dialektik und Dynamik entwickeln, die die Einheit und Stabilität der Gesamtgesellschaft gefährdet und zur politischen Desintegration führen. Hieraus ergibt sich das Problem der Integration von gesellschaftlicher, politischer und kultureller Heterogenität (Schulte 1992b). Zur Bewältigung dieses Problems sollen die oben aufgeführten Grundsätze der pluralistischen Demokratie, insbesondere aber ein Minimal-Konsens beitragen, der von den unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Kräften anerkannt werden und als nicht-kontroverser Sektor die Austragung von Konflikten ermöglichen soll. Hierdurch entstehen in Konzeptionen des Pluralismus und des Multikulturalismus Spannungen zwischen den Postulaten der Offenheit und Vielfältigkeit einerseits und Tendenzen zu deren Begrenzung andererseits. Diese Spannungen gewinnen in dem Maße an Bedeutung, wie der Basiskonsens nicht nur eine unverbrüchliche Anerkennung rechtsstaatlicher und demokratischer Regeln beinhalten, sondern sich auch auf inhaltliche Elemente, insbesondere bestimmte Grundwerte erstrecken soll.

Bestrebungen, eine Integration dieser Spannungen zwischen dem kontroversen und dem nicht-kontroversen Sektor zu erreichen, können unterschiedlich orientiert sein; hierbei kann zwischen einer geschlossenen und einer offenen Konsensauffassung unterschieden werden (Schulte 1992b). Bei der zuerst genannten

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Position, die von eher konservativ orientierten Sichtweisen bestimmt ist, ist die Tendenz vorherrschend, den Konsens als Ausdruck einer homogenen und objektiven, den geschichtlichen Prozessen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen enthobenen Wertordnung hinzustellen und ihn so inhaltlich zu fixieren. Zugleich werden aber die Bestandteile dieses Konsenses mit den herrschenden sozio-ökonomischen, gesellschaftspolitischen und kulturellen Strukturen gleichgesetzt. Hieraus resultieren Tendenzen, den durch die Grundrechte eingeräumten Spielraum unter politischen Opportunitätsgesichtspunkten einzugrenzen und auf diese Weise Positionen, die als (politisch) nicht-konsensfähig bzw. (kulturell) nicht-integrationsfähig definiert werden, aus dem tolerierten Spektrum auszugrenzen. Da die geschlossene Konsensauffassung durch die oben näher erläuterten nationalen, nationalistischen, ethnozentristischen und/oder (kultur-)rassistischen Sichtweisen geprägt ist und die dauerhafte Anwesenheit von Ausländern und ihren Kulturen als Problem bzw. Gefahr für die gesamtgesellschaftliche Integration angesehen wird, werden diesen gegenüber Grenzen der Toleranz dementsprechend nicht erst - wie in einer "offenen Republik" (Oberndörfer 1991) die Regel - in Fällen von (Menschen-)Rechtsverletzungen gezogen, sondern bereits in den Fällen, in denen Immigrantenkulturen in Widerspruch oder in Konflikt mit "Grundanschauungen und Gewohnheiten der deutschen Bevölkerung" geraten (Schiffer 1991, S.55).

Das Integrations- und Konsensproblem wird damit in einer Weise gelöst, die unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht nur problematisch, sondern inakzeptabel ist:

  • So wird zunächst übersehen, daß die Grundrechte nicht nur für Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, sondern auch für im Inland lebende Ausländer weite Spielräume für die freie und gleiche Entfaltung lassen. Dementsprechend darf niemand "wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen" benachteiligt oder bevorzugt werden (Art.3 Abs.3 GG). Aufgrund der jeweils unterschiedlichen Nutzung der Grundrechte stellen Konflikte zwischen Individuen und/oder Gruppen ein normales Phänomen gesellschaftlichen Zusammenlebens dar.

  • Zudem wird verkannt, daß sich im Zusammenhang mit den Immigrationsprozessen ein sozialer und kultureller Wandel vollzogen hat, der nicht nur von den Immigranten Integrationsleistungen abverlangt, sondern auch

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    Anforderungen an die Gewohnheiten der deutschen Gesellschaft und ihrer Institutionen stellt.

  • Darüber hinaus wird die Existenz einer homogenen und statischen deutschen Kultur unterstellt und diese als Maßstab für Assimilations-, Selektions- und/oder Segregrationsprozesse verbindlich gemacht.

  • Und schließlich wird übersehen oder unterschlagen, daß nicht unbedeutende Elemente in den Hegemonialkulturen der westlichen Demokratien (nicht zuletzt die genannten Denkweisen und Praktiken des Anti-Kulturalismus von rechts) in einem partiellen oder sogar massiven Widersprach zu den normativ proklamierten Menschenrechten stehen.

Im Gegensatz zur geschlossenen beruht die offene Konsensauffassung auf der Annahme, daß der Minimalkonsens ein historisches und gesellschaftliches Phänomen darstellt und seine Bestandteile daher problematisierbar und revidierbar sind. Die zentrale Aufgabe des Konsenses wird darin gesehen, als verbindlicher Rahmen für die Austragung gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen und kultureller Konflikte zu fungieren und hierbei die Anwendung von unmittelbarer Gewalt auszuschließen. Als demokratischer Rahmen ist der Konsens offen für Einflußnahmen unterschiedlicher Gruppen, Konzeptionen und Werte; somit enthält er auch widersprüchliche Elemente und weist insgesamt einen dynamischen Charakter auf.

Diese Auffassung bildet die Voraussetzung für die Bewältigung des Integrations- und Konsensproblems in multikulturellen Gesellschaften. Unter Bezugnahme auf die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen, die sich im Zusammenhang mit der Entwicklung von Einwanderungsminderheiten vollzogen haben, kann von diesem Ausgangspunkt her zum einen für einen "Wandel im Wir-Bewußtsein der BRD" (Hoffmann 1990, S.164) plädiert und gefordert werden, "die unerklärten Einwanderer endgültig anzunehmen und aufzunehmen." (Thränhardt 1988, S.13). Von dieser für neue gesellschaftliche Gruppen geöffneten Ausgangsbasis können zudem Überlegungen entwickelt werden, einen Konsens auf der Grundlage "überethnischer Werte" (Smolicz 1982, S.45) oder eines "ethnisch neutralen Staates" (Hoffmann 1990, S.167ff.) zu entwickeln. Auch wenn diese Vorschläge aufgrund der schwierigen Bestimmung des Verhältnisses von Wertuniversalismus einerseits und Wertrelativismus andererseits noch der Konkretisierung bedürfen, ist doch davon auszugehen, daß die Menschenrechte hierbei von zentraler Bedeutung sind.

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Damit kann allerdings auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß Elemente von kulturellen Orientierungen auf seiten der Einwanderungsminderheiten - ebenso wie auf seiten der Einheimischen - gegen die allgemeinen Menschenrechte verstoßen. So haben z.B. nach Frankreich eingewanderte Schwarzafrikaner unter Bezugnahme auf kulturelle Traditionen ihrer Herkunftsregionen gewaltsam Beschneidungen an ihren Töchtern vorgenommen (Ungeheuer 1991). In derartigen oder ähnlichen Fällen wird die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Betroffenen verletzt, die politische Integration der kulturellen Vielfalt gefährdet und die Frage nach den Grenzen der Toleranz zu Recht aufgeworfen. Dementsprechend müssen wirksame Maßnahmen zum Schutz der Würde und der Rechte der jeweils Betroffenen ergriffen werden. Um eine möglichst rationale Interpretation und Bewältigung solcher Fälle zu ermöglichen, sollten zusätzlich aber auch die folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  • Entscheidungen darüber, ob und in welcher Weise Rechtsverletzungen vorliegen, müssen in rechtsstaatlicher Weise getroffen werden; andernfalls besteht die Gefahr, daß Grundrechte als Instrument der Ausgrenzung und Benachteiligung der als "nicht-integrationsfähig" definierten "Fremden" instrumentalisiert werden.

  • Kulturen sind historisch-dynamische Phänomene und insofern veränderbar. Die Immigrationsprozesse, die den Hintergrund für die Entstehung und Entwicklung multikultureller Gesellschaften darstellen, beinhalten einen sozialen und kulturellen Wandel; dessen Bewältigung "fordert Lernprozesse auf beiden Seiten" (Ungeheuer 1991). Um dies zu begünstigen, müssen stärker als bisher Spielräume und institutionelle Vorkehrungen für interkulturelle Austauschprozesse geschaffen und erweitert werden.

  • Sofern Immigranten an bestimmten kulturellen Traditionen in scheinbar starrer Weise festhalten, muß es sich hierbei nicht notwendigerweise nur um eine kulturelle Eigenart handeln, die aus dem Herkunftsland in das Aufnahmeland importiert wird; den Hintergrund für derartige Verhaltensweisen können auch im Inland gemachte Erfahrungen bilden, und zwar insbesondere Erfahrungen institutioneller und alltäglicher Diskriminierung.

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5.2 Politische Steuerung neuer (Im-)Migrationsprozesse

Das zweite zentrale Problem, mit dem Multikulturalismus konfrontiert wird, ist das der politischen Steuerung neuer (Im-)Migrationsprozesse. Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit werden die aus südlichen und östlichen Regionen kommenden und auf Westeuropa gerichteten Wanderungsbewegungen auf absehbare Zeit nicht nur anhalten, sondern noch weiter anwachsen (Hönekopp 1991; EG-Kommission 1991; Prokla 83/1991). Dies ist auf eine Vielzahl von Push- und Pull-Faktoren zurückzuführen; zu diesen sind insbesondere die folgenden zu zählen:

"Die weltweite Wirtschaftsverflechtung und Arbeitsteilung, die Freizügigkeit innerhalb der jetzigen und künftigen Länder der Europäischen Gemeinschaft, politische Unruhen und Kriege in immer neuen Gebieten, das große Ungleichgewicht in der Verteilung der Ressourcen dieser Welt, Vertreibung oder Unterdrückung von Volksgruppen und religiösen Minderheiten, die Verweigerung von elementaren Menschenrechten oder politischen Freiheiten in den Herkunftsländern, die gegenläufige demographische Entwicklung in der nördlichen und südlichen Halbkugel unseres Globus, die Öffnung der Grenzen zwischen Ost und West in Europa." (Funcke 1991, S.43f.).

Auf die Zuwanderungsbewegungen kann migrationspolitisch unterschiedlich reagiert werden; grundsätzlich kann hierbei unterschieden werden zwischen einer "konservativen" und einer "kosmopolitischen" Option (Körner 1990, S.203f.). Die konservativ orientierte Option geht davon aus, "Fremde zur Wahrung der Interessen der eigenen Gesellschaft nach freiem Ermessen auszuschließen." (Körner 1990, S.203). Demgegenüber ist die zweite Option von der Auffassung bestimmt, "daß in einer zunehmend enger miteinander verbundenen Weltgesellschaft souveräne Ausschließungsrechte für die Nationalstaaten (und deren Gesellschaften) nicht mehr gelten. Denn jegliche internationale Migration, sei sie nun politisch veranlaßt (das ist der Fall der Flüchtlingsmigration) oder wirtschaftlich bedingt (das ist der Fall der Wirtschafts- und Arbeitsmigration), ist die logische Konsequenz der heute für jedermann einsichtigen Tatsache, daß die sozio-ökonomischen Lebenschancen räumlich ungleich verteilt sind." (Körner 1990, S.204).

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Die staatlichen Politiken, die von der Bundesrepublik und anderen EG-Ländern seit dem Ende der Anwerbungsphase nach außen betrieben wurden, lassen sich in erster Linie der konservativen Option zuordnen. Sie waren und sind primär geprägt von der Absicht, Zuwanderungen von Ausländern aus Drittländern so weit wie möglich zu begrenzen, und enthalten insbesondere gegenüber den aktuellen Zuwanderungen deutliche Tendenzen der Abschottung. Grundsätzlich sind diese Politiken zwar mit geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen vereinbar, gleichwohl aber unter verschiedenen Gesichtspunkten als problematisch anzusehen.

So werden die auf Zuwanderungsrestriktionen gerichteten Politiken zwar in der Regel mit dem Erfordernis begründet, Interessen und Rechte inländischer Bevölkerungsgruppen, und zwar insbesondere die von Arbeitnehmern zu schützen (Bundesminister des Innern 1991, S.51ff.), gleichwohl sind sie aber vor allem durch herrschende ökonomische und politische Interessen geprägt. Zudem werden innerhalb dieser Politiken die Situation und die Interessen der Herkunftsländer nicht oder nur ansatzweise berücksichtigt; dementsprechend spielen Maßnahmen zur Beseitigung der strukturellen Ursachen der Migrationsbewegungen zumindest bisher eine nur sehr geringe Rolle. Darüber hinaus sind die auf Zulassungsrestriktionen gerichteten Politiken bisher in der Regel mit einem Abbau von Rechten auf seiten der Migranten einhergegangen. Dies betraf und betrifft zum einen (potentielle) Zuwanderer und hier insbesondere Flüchtlinge, zum anderen aber auch sich bereits im Inland aufhaltende Migranten (z.B. durch Einschränkungen im Bereich des Familiennachzugs und durch Maßnahmen der Rückkehrförderung). Schließlich sind bisherige Politiken der Zulassungsrestriktionen häufig nur sehr beschränkt wirksam (gewesen). Dies beruht(e) in vielen Fällen nicht ausschließlich auf administrativen Problemen, sondern ist vor allem durch Strukturveränderungen und Sogwirkungen auf den Arbeitsmärkten der Industrieländer bedingt, die (trotz herrschender Arbeitslosigkeit) die Einwanderung solcher ausländischer Arbeitnehmer begünstigen, die nur über geringe Qualifikationen verfügen und im Bereich einzelner Dienstleistungen, vor allem in der sog. Untergrundwirtschaft eingesetzt werden. Dies fördert wiederum - zumindest indirekt - Formen der irregulären oder illegalen Immigration, den Abbau von Rechtssicherheit, die Entwicklung von Bevölkerungsgruppen ohne soziale Schutzrechte und eine 'neue' Unterschichtung (Körner 1990, S.201ff.).

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In der Diskussion, die in der Bundesrepublik gegenwärtig über die multikulturelle Gesellschaft, neue Migrationsbewegungen und Migrationspolitiken geführt wird, werden im wesentlichen drei Positionen vertreten, die eine kritische Abgrenzung zu den an der konservativen Option orientierten Politiken beinhalten und stärker Gesichtspunkten Rechnung tragen, die in der kosmopolitischen Option enthalten sind. Deren jeweilige Grundzüge und -probleme sollen im folgenden kurz vorgestellt werden:

  • Politik der offenen Grenzen: Diese Position, die in der Öffentlichkeit häufig und ausschließlich mit dem Konzept der multikulturellen Gesellschaft identifiziert wird (Kostede 1991), wurde auf einer Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN 1989 in besonders deutlicher Weise formuliert:
    "DIE GRÜNEN betrachten das Bleiberecht als ein weltweites überstaatliches Menschenrecht das keine Grenzen kennt. Es ist unvereinbar mit jeder Form der Abschottung von Grenzen. Es ist das Recht aller Menschen auf ein menschenwürdiges Leben, körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung. Das Bleiberecht findet die einzige Grenze in der Beachtung der allgemeinen Menschenrechte." (DIE GRÜNEN 1989).

Hier wird zwar konsequent die Bedeutung der Menschen- und Migrantenrechte in kosmopolitischer Perspektive hervorgehoben; bei einer Politik, die ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt abstellt, werden aber andererseits die wichtigen Konsequenzen außer acht gelassen, die sich aus anwachsenden Migrationsbewegungen ergeben (können), und zwar einerseits in den Zuwanderungsländern und hier vor allem im Hinblick auf die inländischen Arbeits-, Wohnungs- und Bildungsmärkte, die öffentlichen Haushalte und die Einstellungen der einheimischen Bevölkerung gegenüber Neuzuwanderern, zum anderen aber auch in den Herkunftsregionen und hier insbesondere im Hinblick auf entwicklungspolitische Prozesse.

  • Politik der geplanten und kontrollierten Einwanderung: Diese Politik richtet sich kritisch einerseits gegen die herrschende staatliche Ausländerpolitik, die von dem Grundsatz bzw. der Fiktion bestimmt ist, daß die Bundesrepublik kein Einwanderungsland ist, zum anderen aber auch gegen eine Politik der offenen Grenzen. Plädiert wird für ein Konzept, "das Zuwanderungen zuläßt, aber kanalisiert, und zwar für alle Zuwanderer, ob aus Ost- und Südost-

    [Seite der Druckausg.: 35]

    europa oder aus der Dritten Welt." (Funcke 1991, S.45). Von zentraler Bedeutung ist in dieser Hinsicht die Konzipierung eines Einwanderungsgesetzes. Zu den Grundelementen dieser Politik sollen insbesondere die folgenden gehören:

    • Transparenz und Berechenbarkeit der Einwanderung durch öffentliche Erörterung der Ursachen und Folgen der Arbeitsimmigration und durch eine gesetzlich verankerte Quotierung und Kontingentierung der Einwanderung nach internationalen Krisenschwerpunkten und nach humanitären, ökonomischen und sozialpolitischen Kriterien;
    • frühzeitige Anpassung staatlicher Sozial- und Investitionsprogramme an die geplanten Einwanderungsprozesse;
    • unveränderte Aufrechterhaltung des Asylrechts des Grundgesetzes und des Bleiberechts nach der Genfer Flüchtlingskonvention, Entlastung des Asyl- und Flüchtlingsrechts von der Inanspruchnahme durch Armutsflüchtlinge und Arbeitsemigranten;
    • Maßnahmen zur Sicherung des Aufenthaltes sowie der rechtlichen, politischen und sozialen Gleichstellung und Integration der Einwanderer (Kostede 1990; Cohn-Bendit/Schmid 1991).

    Insgesamt sind diese Vorschläge von dem u.E. grundsätzlich richtigen Bestreben geleitet, stattfindende Zuwanderungsprozesse in einer rationalen und kontrollierten Weise zu bewältigen, und hierbei zum einen migrationspolitischen Erfordernissen, zum anderen aber auch Gesichtspunkten und Bedingungen der Zuwanderungsländer Rechnung zu tragen. Damit ist jedoch auch die Gefahr verbunden, andere notwendige Elemente einer umfassenden Migrationspolitik - z.B. die Bekämpfung von Fluchtursachen, die Berücksichtigung von Interessen der Herkunftsregionen, die Beachtung humanitärer Gesichtspunkte - zu vernachlässigen. Zudem wären konkrete Vorschläge daraufhin genauer zu prüfen, welche Kriterien, Quoten und Kontingente (und damit auch welche Interessen) für konkrete Zuwanderungsregelungen maßgebend sein sollen. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß diese Konzeption im Zusammenhang mit der beabsichtigten Steuerung von Zuwanderungen mit ähnlichen Problemen konfrontiert wird, wie sie bei den an der konservativen Option orientierten Politiken auftreten, und damit auch (unbeabsichtigte) Folgen im Bereich der (nicht-quotierten) Zuwanderung

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    von Flüchtlingen und/oder im Hinblick auf die Förderung von irregulären oder illegalen Immigrationsprozessen haben kann.

  • Politiken der Beseitigung oder Verminderung von Migrationsursachen: Ausgegangen wird hier davon, daß die bestimmenden Ursachen der Migrationsbewegungen nicht in den Aufnahme-, sondern in den Herkunftsländern liegen; die dort bestehenden Push-Faktoren seien entscheidend für den Zwang zur Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung einerseits, vor Hunger, Armut und Elend andererseits (Schnoor 1991). Von daher werden rechtliche oder politische Maßnahmen, die in erster Linie auf die Steuerung der Zuwanderungen im Bereich der Aufnahmestaaten bezogen sind (Einschränkungen des Asylrechte, Zuzugsquoten, europäische Harmonisierung des Asylrechte) als falsch, nicht sinnvoll oder wenig effektiv angesehen. Erforderlich sei eine gesamteuropäische Politik, die in entschlossener und wirksamer Weise "die Fluchtursachen in den Herkunftsländern beseitigt sowie deren Entstehung vorbeugend vermeiden hilft." (Schnoor 1991, S.602). Hierbei gehe es nicht nur um eine Wohltat für die Herkunftsländer, sondern in erster Linie um eine Politik, die sich aus der historischen, wirtschaftlichen und politischen (Mit-)Verantwortung der europäischen Länder für die Situation in den jeweiligen Herkunftsländern ergebe. Damit wird systematisch auf die Beseitigung bzw. Verminderung von Migrations- und Fluchtursachen in den Herkunftsregionen abgezielt; zu wenig geklärt erscheint aber die Frage, wie sich eine so ausgerichtete Politik in absehbarer Zeit gegen herrschende ökonomische und politische Interessen der westlichen Länder durchsetzen kann und wie kurz- und mittelfristig auf stattfindende Zuwanderungsprozesse reagiert werden soll.

Insgesamt enthalten die drei skizzierten Positionen jeweils sachlich begründete, aber auch problematische Gesichtspunkte und (bisher) ungelöste Fragen. Um im Hinblick auf Lösungen des Problems der Steuerung internationaler Migrationsprozesse Fortschritte zu erzielen, erscheinen von daher weitere Überlegungen und Diskussionen notwendig. Aus Sicht des dargelegten kritisch-emanzipatorischen Multikulturalismus und dessen Konkretisierung nach außen sollte hierbei vor allem der Frage nachgegangen werden, ob und wie zentrale Elemente der Politiken der geplanten Einwanderung mit solchen der Bekämpfung von Migrationsursachen in einer systematischen und konkreten Weise verknüpft werden können.

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Abschließende Bemerkungen

Insgesamt ist der Multikulturalismus - zumindest in seiner kritisch-emanzipatorischen Ausprägung - "mehr als ein linker Kuscheltraum" (Heine 1989). Auf dem Hintergrund des mit (Im-)Migrationsprozessen verbundenen sozialen Wandels stellt er einen Beitrag zum Abbau von sozialen Ungleichheiten und Diskriminierungen und zur Weiterentwicklung der politischen, sozialen und kulturellen Demokratie in Richtung eines "radikalen Pluralismus" und "radikalen Gleichheitsprinzips" (Habermas 1990) auf nationaler und internationaler Ebene dar. Ebenso wie die Diskussion über die multikulturelle Gesellschaft insgesamt enthält auch die kritisch-emanzipatorische Version des Multikulturalismus allerdings noch offene Fragen und ungelöste Probleme. Zu deren Beantwortung bzw. Lösung beizutragen, sollte als Herausforderung für wissenschaftliche Analysen sowie gesellschaftspolitische und (sozial-)-pädagogische Interventionen begriffen werden. Eine angemessene Bewältigung dieser Aufgaben ist allerdings nur zu erwarten, wenn den Prozessen, Problemen und Politiken der Migration und Integration stärker als bisher Beachtung geschenkt und dem auch auf institutioneller Ebene Rechnung getragen wird (Funcke 1991, S.43ff.).

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