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Welcher Lohn für welche Arbeit? : Über die Aufwertung der Frauenarbeit / Barbara Stiegler. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1999. - 23 S. = 77 Kb, Text . - (Expertisen zur Frauenforschung). - ISBN 3-86077-786-6
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2000

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT






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1. Problemstellung

Der Kampf von Frauen in den Gewerkschaften gegen die Lohndiskriminierung und für eine Neubewertung von Arbeit hat Tradition. Während es ihnen in den 50er Jahren noch um den "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" ging, forderten sie später "gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit" und eröffneten damit die Diskussion um die Bewertung von Arbeit. Einen wichtigen Beitrag leisteten zu Beginn der 90er Jahre die hessischen ÖTV Frauen, als sie ihre Arbeit in den klassischen Frauenbereichen des öffentlichen Dienstes mit eigenen Worten und aus ihrer Sichtweise beschrieben. Auf dieser Basis und mit dem Mut, den ihnen diese Projekte vermittelten, kritisierten sie nicht nur die geltenden Tarifbestimmungen, sie begannen vielmehr eine neue Perspektive auf die männlich geprägte Berufsarbeit zu entwickeln: Die Frauen machten die Wertschätzung ihrer eigenen Berufsarbeit und ihre Erfahrungen, Leben und Arbeiten zu verbinden, zur Grundlage ihres Ansatzes zur Aufwertung und Neubewertung von Arbeit (ÖTV Hessen 1993-1998). Die hessischen Arbeiterinnen konnten damals einen konkreten Erfolg erringen, ihre Arbeit in der Reinigung wurde um eine Tarifgruppe höher eingestuft. Ebenso gab es in den 90er Jahren erfolgreiche Kampagnen, Streiks und Tarifkämpfe u.a. von Erzieherinnen und Krankenpflegerinnen, denen es neben der höheren Bezahlung für ihre Arbeit auch immer um die Arbeitsbedingungen ging. Sie wehrten sich gegen deren Verschlechterung, weil sie dadurch die Qualität ihrer Arbeit infrage gestellt sahen. Beschlüsse auf höchster gewerkschaftlicher Ebene gegen Lohndiskriminierung von Frauen gab es (wieder) zu Beginn der 90er Jahre (DGB Bundesfrauenkonferenz). Später wurden Gutachten aus juristischer und geschlechterpolitischer Perspektive über die Diskriminierung der Frauenarbeit in Tarifverträgen erstellt (Winter, Krell 1997, Stiegler 1996) und Handlungsanleitungen für die betriebliche Praxis (Degen 1998, DAG 1998). In der ÖTV gelang es den Frauen, die Aufwertungsbemühungen auf der Ebene des Hauptvorstandes zu institutionalisieren, eine Kommission zur Aufwertung der Frauenarbeit arbeitet seit 1998. Auf dem ersten gemeinsamen Treffen der Gewerkschafterinnen aus den fusionierenden Dienstleistungsgewerkschaften (ver.di ) im Juni 1999 haben die Gewerkschafterinnen sehr schnell ihre gemeinsamen tarifpolitischen Zielvorstellungen gebündelt: die Neubewertung der gesellschaftlichen Arbeit, Aufwertung der Frauenarbeit, existenzsichernde Arbeit für alle, Arbeitszeitverkürzungen mit Optionen der Arbeitszeitsouveränität, eine Geschlechterquotierung der Tarif- und Verhandlungskommissionen, Mandate für Frauen aus den Frauengremien, tarifpolitische Foren für Frauen und das Vetorecht der Frauen gegenüber Tarifkommissionen, ferner die Einbeziehung der Geschlechterperspektive bei der Überprüfung bestehender und der Gestaltung neuer Tarifverträge.

Im Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung ist der Abbau der Lohndiskriminierung als politisches Ziel benannt. Damit zeigt diese Regierung, daß sie sich der Verpflichtung des Staates sowohl als Arbeitgeber als auch als Instanz der Normsetzung stellen und die Umsetzung der europäischen Gesetzgebung in der Bundesrepublik vorantreiben will.

Die Lohndiskriminierung der den Frauen zugewiesenen Erwerbsarbeit ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Frauenarbeit umfaßt auch unbezahlte Arbeit in erheblichem Umfang. Erst die Zusammenschau von bezahlter und unbezahlter Arbeit sowie deren Einbettung in das Geschlechterverhältnis öffnet den Blick für die Tragweite der Probleme, die mit der Aufwertung von Frauenarbeit zusammenhängen.

Im folgenden wird ein Konzept der Aufwertung von Frauenarbeit vorgestellt, das von einer feministischen Perspektive auf die gesellschaftlich notwendige Arbeit ausgeht und die Konsequenzen einer solchen Perspektive mit der gewerkschaftlichen Frauenbewegung verbindet.

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2. Feministische Sicht auf die gesellschaftliche Arbeit


2.1 Verschränkung von Geschlecht und Arbeit

In der öffentlich geführten Diskussion über Arbeitslosigkeit, die Zukunft der Arbeit oder die Arbeitsgesellschaft spielt die private Arbeit keine Rolle. Analysen, die die Globalisierung, die Europäisierung der Märkte, den wirtschaftlichen Strukturwandel und die schnelle Entwertung des Wissens zu den wesentlichen Faktoren zählen, die die Welt verändern, basieren auf einem Arbeitsbegriff, den die feministische Wissenschaft seit langem kritisiert. Aus diesen Analysen fällt das Geschlechterverhältnis, seine Differenz und Hierarchie, genauso heraus wie die unbezahlte Arbeit. Nimmt man die Arbeits- und Lebenssituationen von Frauen ernst, so sind wir nicht, wie immer wieder formuliert wird, auf dem Wege zu einer Dienstleistungsgesellschaft, vielmehr ist diese Gesellschaft schon seit langem eine Dienstleistungsgesellschaft. Die Dienstleistungsarbeiten, die die Frauen leisten, sind allerdings unbezahlt und fallen damit nicht nur aus dem männlichen Blick, sondern auch aus dem Bruttosozialprodukt heraus. Der männliche Blick richtet sich vor allem auf den industriell produzierten Warenwohlstand. Das soziale Wohlbefinden, das von Dienstleistungsarbeit abhängig ist, erscheint demgegenüber zweitrangig, wenn es nicht ganz verleugnet wird.

In allen europäischen Staaten ist die gesellschaftlich notwendige Arbeit grundsätzlich in 2 verschiedenen Formen organisiert: in bezahlter Erwerbsarbeit und in unbezahlter Arbeit. Gemessen in Stunden ist der Umfang der unbezahlten Arbeit größer als der der bezahlten Arbeit. In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich etwa 60 Milliarden Stunden Erwerbsarbeit, aber 95,5 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit in den privaten Haushalten geleistet. In den volkswirtschaftlichen Betrachtungen und Berechnungen ist die unbezahlte Arbeit vollkommen ausgeblendet. Die bezahlte Arbeit besitzt generell eine höhere Wertschätzung als die unbezahlte Arbeit. Qualifikationserwerb, finanzielle Eigenständigkeit und kollektive Einbindung sind nur über Erwerbsarbeit zu erreichen, unbezahlte Arbeit genießt, wenn überhaupt, allenfalls moralische Anerkennung.

Im Privaten wird all das getan, was nicht öffentlich geleistet wird. Die politische Konzeption des Sozialstaates setzt die Rahmenbedingungen, die darüber entscheiden, was im Privatbereich zu tun ist: Das Ausmaß der öffentlichen Dienstleistungen im Bereich der Betreuung, Bildung, Erziehung und Pflege ist von entscheidender Bedeutung für den Umfang der privaten Arbeit. Je mehr und je bessere Plätze es für die Tagesbetreuung von Kindern gibt, je mehr Ganztagsschulen und Freizeitangebote für Jugendliche und je mehr ambulante und stationäre Pflege für Kranke und Hilfsbedürftige zur Verfügung stehen, desto geringer wird die privat zu leistende Arbeit. Die Grenzen zwischen privater und beruflicher Arbeit sind in den europäischen Staaten durchaus unterschiedlich gezogen. Die Bundesrepublik bildet z.B. bezüglich der Angebote an außerhäuslicher Kinderbetreuung eines der Schlußlichter in Europa.

Die gesellschaftlich notwendige Arbeit ist aber nicht nur in private und erwerbsmäßige gespalten, die beiden Formen der Arbeit sind auch geschlechtsspezifisch zugewiesen: In der Bundesrepublik leisten Frauen ca. 35 Stunden unbezahlte Arbeit und 15 Stunden bezahlte Arbeit, Männer ca. 20 Stunden unbezahlte Arbeit und 30 Stunden bezahlte Arbeit. Frauen verbringen etwa zwei Drittel ihres gesamten Arbeitslebens in der privaten Arbeit, Männer aber nur ein Drittel. Der sogenannte doppelte Lebensentwurf (Beruf und Familie) kann von Frauen unter den herrschenden Bedingungen meistenteils nur unter Abstrichen an bezahlter Erwerbsarbeitszeit, am Entgelt und an der Arbeitsqualität in der Erwerbsarbeit durchgesetzt werden. Für Männer hat der Lebensentwurf, der eine Familie einschließt, ganz andere Konsequenzen: Sie setzen in der Regel auf die vollständige Entlastung von der privaten Arbeit, insbesondere der

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Sorgearbeit für Kinder und Hilfsbedürftige, durch (ihre) Frauen. Die gesellschaftliche Geschlechterordnung sieht also vor, daß Frauen die notwendigste Arbeit, die der täglichen und generativen Reproduktion, unbezahlt und weitgehend privat verrichten, Männer von dieser Arbeit freigestellt sind, um die "übrige" Arbeit in Form der Erwerbsarbeit zu verrichten. Die materielle Sicherung ist allerdings nur über Erwerbsarbeit möglich, wenn auch die Institution Ehe einen Unterhaltsanspruch, der Staat eine Existenzsicherung in Form der Sozialhilfe bieten.

Das bestehende Steuer- und Sozialversicherungssystem fördert die strukturelle Spaltung und geschlechtsspezifische Zuschreibung der Arbeit. Insbesondere durch das Ehegattensplitting wird als Normalfall die Ernährerehe vorausgesetzt und damit die Zuständigkeit des Ehemannes für die finanzielle, die der Ehefrau für die reale Betreuung, Erziehung und Pflege von Kindern, alten und kranken Menschen. Der Spaltung in bezahlte und unbezahlte Arbeit entspricht die Zweiteilung staatlicher Sicherungssysteme in ein Versicherungssystem (für diejenigen, die Erwerbsarbeit leisten) und ein Fürsorgesysteme (für diejenigen, die nicht (ausreichend) über Ehe oder Erwerbsarbeit abgesichert sind). Die Institution Ehe verschafft theoretisch Versorgungsansprüche auch für diejenigen, die nicht durch eigene Erwerbsarbeit im Sozialversicherungssystem abgesichert sind. In der Praxis erweisen sich diese allerdings als immer unzureichender. Sie treiben diejenigen, die darauf bauen, in die Armut, besonders, wenn die Ehe gelöst wird.

Erwerbsarbeit ist folgerichtig nach der männlichen Normalbiographie gestaltet, setzt vollzeitige Verfügbarkeit, räumliche Flexibilität und männliche Kultureignung voraus. Frauen fallen nicht qua Geschlecht heraus, aber ihr Geschlecht wird oft zum Ausgrenzungsgrund. Wenn Frauen die ihnen zugewiesene private Arbeit leisten, sind sie, je nach Umfang, nicht in der Lage, sich den Normen der Erwerbswirtschaft an Zeit und Verfügbarkeit zu beugen.

Die Folgen der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung werden auch als doppelte Vergesellschaftung der Frauen beschrieben. In Erweiterung der Analyse des Kapitalismus wird darauf hingewiesen, daß Frauen nicht nur im Erwerbssystem ihre Arbeitskraft unter Ausbeutungsbedingungen verkaufen, sondern daß sie aufgrund ihrer Gebährfähigkeit auch im Reproduktionsbereich völlig unbezahlt arbeiten müssen (Becker-Schmidt, Knapp 1987). Patriarchale Strukturen entwerten ihre Arbeitskraft im Privaten, kapitalistische im gesellschaftlichen Bereich. Diese objektiven Bestimmungen können jedoch um die subjektiven Aspekte ergänzt werden, und unter dieser Perspektive bedeutet doppelte Vergesellschaftung auch, daß Frauen, wenn sie private und Erwerbsarbeit nebeneinander oder hintereinander leisten, Anforderungen, Normen und Bedingungen beider Arbeitsformen kennen und sich entsprechend verhalten können: Dies haben sie den Männern voraus, denen die Ansprüche der privat organisierten Arbeit in der Regel fremd sind. Das Eingehen auf unmittelbare Lebensbedürfnisse, der Umgang mit vielfältigen, gleichzeitig auftretenden Anforderungen und das partielle Zurückstecken der eigenen Wünsche, das alles charakterisiert die private Arbeit mit Kindern und Pflegebedürftigen. Wenn Frauen sich für die Aufwertung ihrer Arbeit einsetzen, dann tun sie das mit dem doppelten Blick auf die Arbeit. Sie wollen die Erfahrungen aus der privaten Arbeit nicht für sich behalten, sondern sie auch für Männer verbindlich machen und demzufolge auch die Bedingungen der Erwerbsarbeit verändern, damit diejenigen, die die private Arbeit leisten, zum Normalfall werden.

Die Formel von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als politisches Ziel verkürzt und individualisiert das Problem der hierarchischen Geschlechterverhältnisse in bezug auf Arbeit. Die Formel von der Vereinbarkeit suggeriert, daß durch individuelles Verhalten unter den gegebenen strukturellen Bedingungen die Geschlechterhierarchie zu verändern sei. Normative Vorgaben und subjektive Orientierungen lassen die Vereinbarkeit

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zu einem Problem der Frauen werden. Für sie werden dann auch, etwa in Frauenförderplänen, bessere Rahmenbedingungen geschaffen, damit sie die ihnen zugewiesene Arbeit in Haus und Familie (die auch häufig die Versorgung des Ehemannes umfaßt) besser und ohne allzu große finanzielle Einbußen bewältigen können. Frauen haben aber das sogenannte Vereinbarkeitsproblem nur deswegen, weil Männer es nicht haben. Immer, wenn prinzipiell auch Männern Vereinbarkeitslösungen angeboten werden, zeigt es sich, daß sie diese Angebote in überwältigender Mehrheit gar nicht wollen (Erziehungsurlaub, Teilzeit, Erziehungsgehalt). Die wenigen Männer, die sich auf die den Frauen angebotenen Lösungen zur Vereinbarkeit einlassen, spüren die strukturellen Zwänge und die Wirksamkeit der herrschenden Geschlechterbilder deutlich: materielle Einbußen und eine Verachtung als Mann.

Die partnerschaftliche Arbeitsteilung, die als Vereinbarkeitslösung angeboten wird, bezieht sich auf das Teilen der unbezahlten Arbeit zwischen Mann und Frau in der Familie. Diese Arbeitsteilung sollen die Paare individuell organisieren. Damit wird aber ausgeblendet, daß die Normen der Erwerbsarbeit nach den männlichen Biographien gestaltet sind und damit auch Männer, die partnerschaftliche Arbeitsteilung wirklich praktizieren wollen, die im Erwerbsarbeitssystem geltenden Normen unterlaufen müssen, wenn sie reduzierte Arbeitszeiten, Flexibilität für Belange von Kindern und alten Menschen und begrenzte Einsatzfähigkeit und Mobilität einfordern.

Die Probleme, die aus der Spaltung der Arbeit in unbezahlte und bezahlte sowie aus der geschlechtsspezifischen Zuweisung der Erwerbsarbeit entstehen, lassen sich nicht durch individuelles Verhalten lösen. Hier bedarf es politischer Lösungen, die sowohl die Notwendigkeit der Spaltung in private und Erwerbsarbeit infrage stellen, als auch die Strukturen der Erwerbsarbeit, insbesondere ihre geschlechtsspezifische Spaltung, verändern wollen.

Die gesellschaftliche Produktivität der privaten Arbeit ist verborgen. Der Wert der privaten Arbeit für die Gesellschaft muß in die Analysen über die Arbeitsgesellschaft einbezogen werden. Er wird deutlich, wenn man sich vorstellt, daß Frauen auch nur für kurze Zeit die private Arbeit verweigern würden. Aufwertung der Frauenarbeit bedeutet deswegen auch, die Notwendigkeit, die Qualität und Unersetzbarkeit der privaten Arbeit anzuerkennen - auch wenn andere Formen der Organisation dieser Aufgaben wünschenswert sind - und ausgehend von dieser Basisarbeit die als Erwerbsarbeit organisierte Arbeit zu verändern.

2.2 Geschlechterdifferenz und Hierarchie in der bezahlten Arbeit

Der Arbeitsmarkt und das ihm vorgelagerte Bildungssystem haben eine geschlechtshierarchische Struktur, die hervorbringt, worauf sie aufbaut: die Differenz der Geschlechter und ihre hierarchische Positionierung.

Weil über das Geschlecht die Zuweisung der privaten Arbeit erfolgt und diese Arbeit keine reale Wertschätzung besitzt, gelten Frauen auf dem Arbeitsmarkt als "unsichere" und zweitrangige Arbeitskräfte. Die herrschende Geschlechterordnung schafft demnach die Besonderheit der Frauen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt. Entsprechend hat sich eine geschlechtsspezifische Struktur des Erwerbsbereiches gebildet.

  • Es gibt Frauenbranchen und Arbeitssektoren, in denen überwiegend Frauen arbeiten, und es gibt Männerbranchen und Arbeitssektoren, in denen überwiegend Männer arbeiten. Die Bildung geschlechtsspezifischer Arbeitsfelder führt dazu, daß vor allem Männer in ihrer Berufsarbeit keine Frauen treffen, die dieselben Arbeiten verrichten.

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  • Es gibt "Frauenberufe", die mit der Eignung des weiblichen Wesens für diese Arbeit legitimiert werden, und es gibt Männerberufe, die ebenfalls mit der Eignung des männlichen Geschlechts begründet werden.
  • In Berufen und Arbeitssektoren, die von beiden Geschlechtern besetzt sind, gibt es eine geschlechtsspezifische Positionierung, durch die die Männer die je höher bewerteten Positionen erreichen, seien es attraktivere Arbeiten oder Vorgesetzten- oder Karrierepositionen.

Diese horizontale Segmentation der Erwerbsarbeit spiegelt sich auch in den für Frauen relativ geringeren Entgelten für ihre Arbeit im Vergleich zu Männern wider:

  • Die Branchen, die vornehmlich Frauen beschäftigen, haben relativ niedrigere Tariflöhne als die Branchen, die überwiegend Männer beschäftigen.
  • In den traditionellen Frauenberufen werden die dort geforderten Qualifikationen im Vergleich zu technischen Qualifikationen in traditionellen Männerberufen stark unterbewertet: Die den Frauen zugeschriebene Arbeit für und an Menschen wird geringer bezahlt als die den Männern zugeschriebene Arbeit an und mit technischen Apparaturen.
  • Darüber hinaus haben Frauen schlechtere Chancen, ihre Qualifikationen angemessen in der Erwerbsarbeit einzusetzen: Wenn sie nicht der männlichen Normalbiographie entsprechen, sondern wegen der privaten Arbeit teilzeitig und diskontinuierlich erwerbsarbeiten, werden sie auf schlechter bezahlte Arbeitsplätze verwiesen. Ihre Qualifikationen werden abgewertet, Zugänge zu angemessenen Arbeitsplätzen versperrt. Die unterwertige Behandlung der erworbenen Qualifikationen trifft alle Frauen, auch diejenigen, die sich dem männlichen Lebensmuster verschrieben haben. Auch ihnen wird zunächst unterstellt, daß sie weniger verfügbar sind, und es bedarf konkreter Anstrengungen, diese Voreinstellungen zu überwinden.

Aber nicht nur Berufe und Arbeitssektoren sind geschlechtsspezifisch differenziert und von der relativen Unterbewertung der Arbeit von Frauen gekennzeichnet, auch die Arbeitsverhältnisse sind nicht geschlechtsneutral zugeordnet. Als "Vereinbarkeitslösung" bieten sich Frauen spezielle Arbeitsverhältnisse an: Teilzeitarbeit, eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, Diskontinuität der Erwerbsarbeit, ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse oder Honorar- und Zeitverträge. Alle diese besonderen Arbeitsverhältnisse bieten jedoch in der Regel weniger Entgelt und soziale Sicherung, weniger jedenfalls als das männliche Normalarbeitsverhältnis, von dem sie abweichen.

So wird die Spaltung der Arbeit und ihre geschlechtsspezifische Zuweisung zementiert: je weniger finanzielle Sicherheit eine Person besitzt, desto stärker ist sie auf eine andere Person oder die staatliche Unterstützung angewiesen. Niedrige Einkommen binden Frauen an einen verdienenden Ehemann, dem sie wiederum die private Arbeit leisten. Die normative Verpflichtung zu unbezahlter Arbeit und die symbolische Geschlechterordnung schaffen die Voraussetzungen, daß Frauen nicht in denselben Arbeitsbereichen, denselben Arbeitsverhältnissen und in der gleichen Kontinuität wie die Männer beschäftigt sind.

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3. Aufwertung der Frauenarbeit

Erst der Blick auf die gesamte gesellschaftlich notwendige Arbeit, ihre Organisationsform und geschlechtshierarchische Zuweisung und Bewertung zeigt, daß die Geschlechterverhältnisse die grundlegenden Strukturen der Arbeit prägen. Entsprechend tiefgrei-

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fend sind auch die Veränderungen, die mit dem Bemühen um die Aufwertung der Frauenarbeit in Angriff genommen werden müssen.

Ziel einer Aufwertung der Frauenarbeit ist es demnach, die Differenz und die Hierarchie zwischen den Geschlechtern und den ihnen zugeteilten Arbeiten abzubauen und die Spaltung zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit zu überwinden. Die Aufwertung der Frauenarbeit bringt die bislang unbezahlte Arbeit und die mit ihr verknüpften Erfahrungen und Sichtweisen ins Licht der Öffentlichkeit und gibt ihnen eine gesellschaftliche Bedeutung. Langfristig zielt sie auf eine Veränderung der Struktur der bislang unbezahlten privaten Arbeit, eine geschlechtergerechte Bezahlung und Positionierung im Erwerbsbereich sowie eine Neugestaltung der Erwerbsarbeit. Fragen nach dem Sinn von Arbeit, nach Arbeitszeiten und Arbeitsformen werden dabei vor dem Hintergrund der weiblichen Lebenszusammenhänge zur Diskussion gestellt.

Ansätze für eine solche umfassende Politik zur Aufwertung der Frauenarbeit liegen sowohl in der gesellschaftspolitischen, arbeitspolitischen und in der tarifpolitischen Wende: der eingeschränkte männliche Blick muß überall überwunden werden.

3.1 Zeiten für unbezahlte und bezahlte Arbeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilen

Die Neudefinition des Normalarbeitsverhältnis mit der lebenslangen, vollzeitigen Bindung an die Erwerbsarbeit - unter Ausblendung der privaten Arbeit – steht an. Zukunftskonzepte wie 25 Stunden Erwerbsarbeit und 25 Stunden Sorgearbeit für jede Bürgerin und jeden Bürger oder das Modell des "Doppelversorger Haushalt" auf der Basis subnormaler Arbeitszeiten ( 75% der heutigen Normalarbeitszeit für jede(n) ) müssen breit diskutiert werden, damit das Modell der Versorgerehe oder der modernisierten Versorgerehe (Er: Vollzeit, Sie: Teilzeit) abgelöst wird.

In diesem Zusammenhang erfolgt die Aufwertung der Frauenarbeit dadurch, daß die gesamte gesellschaftlich notwendige Arbeit wirklich zwischen den Geschlechtern geteilt wird und daß Arbeit, ob in bezahlter oder unbezahlter Form, nicht mehr nach Geschlecht zugewiesen wird.

3.2 Private Arbeit weiter professionalisieren und zwischen den Geschlechtern gerecht verteilen

Die unbezahlte Sorgearbeit, deren Umfang im groben durch die Zeitbudgeterhebungen des Statistischen Bundesamtes bekannt ist, gilt es genauer zu analysieren. Zu der immer wieder zitierten "Dienstleistungsgesellschaft" gehört auch eine Ausweitung der Professionalisierung weiterer Teile dieser privaten Sorgearbeit. Erst wenn der Umfang der privaten Arbeit geringer geworden ist, kann sich der Ernährerlohn erübrigen, und damit werden die Voraussetzungen geschaffen, daß Frauen nicht als die jeweils zweitrangigen Arbeitskräfte erscheinen müssen. Die Professionalisierung der Sorgearbeit ist dabei die beste Form der Aufwertung dieser bisher privat geleisteten Arbeit, weil dadurch Fragen nach der Qualität der Erziehung, Bildung und Pflege in den Vordergrund rücken. Solange die Arbeitsbereiche als Privatsache gelten, bleiben solche Fragen außerhalb der gesellschaftlichen Diskussion und Gestaltung. Konzepte zur Ausbildung der in diesem Bereich Arbeitenden, Männer wie Frauen, werden dann zu gesellschaftspolitischen Größen, und die Frage, wieviel Ressourcen eine Gesellschaft für diese Aufgaben bereitstellt, wird politisch diskutierbar. Ein Benchmarking Prozeß auf europäischer Ebene, bei dem die Staaten miteinander konkurrieren, wer das optimale Konzept der Erziehung und

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Bildung der jungen Generation und der Pflege der älteren vorzuweisen hat, könnte dazu beitragen und die bisherige Fixierung auf die ökonomischen Fragen entschärfen.

Die Beschäftigung mit der Sorgearbeit wird andererseits auch die Grenzen der Professionalisierung zeigen. Auch bei einem optimalen Angebot an öffentlicher Erziehung und Bildung vom ersten Lebensjahr an und von Pflegeangeboten in jeder Lebenslage wird es Lebenssituationen und Umstände geben, in denen die betroffenen Eltern, Verwandten oder Bezugspersonen Teile der Erziehung, Bildung oder Pflege in die eigenen Hände nehmen wollen. In diesen Fällen bedeutet Aufwertung der Frauenarbeit, daß diese Arbeit in Form bezahlter Freistellung von der Erwerbsarbeit geleistet werden kann. Eine ausreichende finanzielle Absicherung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, daß diese Arbeit auch für Männer überhaupt in Betracht kommt (Erziehungs-/Pflegezeiten mit Lohnersatz).

Eine solche Umorganisation der Sorgearbeit, eine entsprechende Qualifizierung der Arbeitenden und eine Umverteilung der neu strukturierten Arbeit zwischen Männern und Frauen muß durch eine neue Geschlechterkultur unterstützt und getragen werden. Dazu ist die Verbreitung und Unterstützung von kulturellen Aktionen, die die herrschenden Geschlechterrollen infrage stellen und Geschlechter nicht über den binären und hierarchischen Code definieren, notwendig. Alle Versuche, die Andersartigkeit von Frauen zum Ausgangspunkt oder zur Begründung einer Geschlechterpolitik zu machen, widersprechen dieser Kultur.

Aufwertung der Frauenarbeit bedeutet in diesem Zusammenhang, einerseits neue Arbeitsfelder aus der privaten Arbeit heraus zu gestalten und zu professionalisieren, andererseits dafür zu sorgen, daß die Männer die Hälfte der privat verbleibenden Arbeit genauso selbstverständlich leisten wie die Frauen.

3.3 Bereits professionalisierte soziale Diestleistungsarbeit angemessen qualifizieren, institutionalisieren und bezahlen

Der Umfang und die Anforderungen an die Qualität gesellschaftlich notwendiger Sorgearbeit für Menschen wächst, nicht zuletzt durch das Anwachsen der Anzahl älterer Menschen, die pflegebedürftig werden. Die entsprechenden Berufe aber sind von ihrer Konstitution her noch "Frauenberufe", also durch mangelnde Professionalität gekennzeichnet. Die dort heute arbeitenden Frauen spüren die Widersprüche in ihrer Berufsarbeit. Enge Berufsbilder und dem Anspruch der Arbeit unangemessene Arbeitsbedingungen erschweren das lebenslange Verbleiben in diesem Beruf.

Während die einen aus den Sozialberufen herausgehen (exit), machen andere ihre Arbeitsbedingungen öffentlich und versuchen, sie kollektiv zu verändern (voice) (Rabe-Kleberg 1973). Der Exit ist enorm: Nach nur fünf Jahren hatten vier Fünftel der Altenpflegekräfte, die 1992 in den alten Bundesländern ihre Prüfung mit Erfolg abgelegt hatten, ihrem erlernten Beruf den Rücken gekehrt (Becker, Meifort 1999). Diejenigen, die ihre Stimme erheben, weisen auf die Mißstände des Berufsfeldes hin und fordern eine Neuordnung der Aus- und Weiterbildung, eine bessere Bezahlung der Arbeit und vor allem Arbeitsbedingungen, die den Beruf als lebenslange Erwerbsarbeit konstituieren. Vorschläge zur Neuordnung von Pflegeberufen liegen bereits vor, Kernpunkt ist, daß durch eine vielfältige Ausbildung die Möglichkeit zum Wechsel im Pflegebereich gegeben wird. Eine Professionalisierung impliziert aber auch, daß eine Ausbildung bis zur höchsten Stufe geführt wird, daß also ein Berufsfeld entsteht, in dem auch eine Hochschulausbildung einbezogen ist. In der Bundesrepublik haben sich die Pflegewissen-

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schaften bislang noch nicht an allen Universitäten bzw. Fachhochschulen etabliert, die Ordnung des Berufsbildes steht ebenfalls noch aus.

Die Verwissenschaftlichung von Pflege und Erziehung ist erforderlich, da in diesem Bereich das reflexible Selbstverständnis konstituierend ist. Darüber hinaus fehlt den Berufen die institutionelle Selbstbestimmung, d.h. eine Kammer- oder Verbandsstruktur, in der über die Belange der Berufsarbeit verhandelt wird, die dafür sorgt, daß die Berufsarbeit in ihrer Qualität gesichert bleibt (Karsten 1994).

Eine Studie, die europäische Ausbildungsbedingungen in der Krankenpflege vergleichend untersucht (Mogge-Grotjahn 1992), zeigt die Rückständigkeit der Bundesrepublik im Hinblick auf die Durchlässigkeit und das Niveau der erreichbaren Abschlüsse. Neben dem Einsatz für die Neuordnung der Aus- und Weiterbildung und für eine verbesserte Berufsstruktur ist im Moment jedoch gleichzeitig der Deregulierung im Bildungs- und Ausbildungsniveau entgegenzuwirken. Gerade in Ostdeutschland wurden nach der Wende Schnellkurse angeboten, Assistenzberufe entwickelt, um dem Bedarf nach psychosozialen Dienstleistungen nachzukommen. Für die Berufsarbeit bedeutet aber der Einsatz von Laien, ehrenamtlicher Arbeit und der Ausbau von Helferberufen die Gefahr der Unterspülung der qualifikatorischen Niveaus, die diese Berufe erreicht haben.

Bei der heute bestehenden Struktur ist eine Frauenförderung in den Professionen unbedingt erforderlich, damit nicht die geschlechtshierarchischen Positionierungen weiter fortgeführt werden. Männern gelingt es nämlich zunehmend, in diesem Berufsbereich Aufsichts- und Kontrollfunktionen einzunehmen. Dadurch wird die Geschlechterhierarchie zementiert.

Die Debatte über die Qualitätssicherung in der Pflege (Friedrich-Ebert-Stiftung 1999) zeigt deutlich, daß die in der Pflege Arbeitenden durchaus in der Lage sind, Qualitätskriterien für ihre Arbeit zu entwickeln, daß sie ihre Arbeit in Kooperation mit den vorhandenen Berufsfeldern verbessern können. Dazu brauchen sie allerdings die Zeit und die Räume, d.h. die Anerkennung dieser Qualitätsarbeit auch in ihren Tarifen. Selbst unter den bestehenden Bedingungen können qualitative Verbesserungen der Pflegearbeit erreicht, kann die Selbstreflexion der Arbeitenden angeregt und die Pflegearbeit im Sinne der zu Pflegenden ganzheitlicher gestaltet werden. In diesem Zusammenhang geht es noch nicht einmal um die bessere Bezahlung der Pflegearbeit selbst, sondern vielmehr um die Anerkennung der Notwendigkeit von Reflexion für die psychosoziale Arbeit. Ein Paradigmenwechsel muß vollzogen werden, statt Kontrolle über die Arbeitenden auszubauen, sind Supervision und Beratung als wesentliche Elemente der psychosozialen Berufsfelder anzuerkennen und zu bezahlen.

Der in den letzten Jahren zu beobachtende Trend, soziale Dienstleistungsberufe in Form eines Pflege- und Versorgungsmarktes zu organisieren, führt zu zweischneidigen Ergebnissen: Einerseits kann die gewünschte Qualitätssteigerung der Arbeit durch die Konkurrenz der verschiedenen Anbieter angeregt werden, andererseits zeigt sich aber, daß es häufig zur Senkung der Bezahlung der Arbeitenden kommt. Ohne die Absicherung von Qualitätsstandards, Personalbemessungsgrößen und der klaren Aufgabenbeschreibung in der psychosozialen Arbeit werden marktwirtschaftliche Prinzipien in diesem Bereich unweigerlich zu Lasten der Arbeitenden, aber auch zu Lasten der von ihnen Betreuten gehen. Wenn die bislang erfolgte öffentliche Sicherung der psychosozialen Dienstleistungsarbeit in Kinderbetreuungsstätten, Schulen und in der Altenpflege durch die Einführung marktwirtschaftlicher Prinzipien abgelöst wird, wenn sich der Staat aus der Verpflichtung, diese Dienstleistungen bereit zu halten, zugunsten des Marktes zurückzieht, werden wahrscheinlich nicht die besten, sondern die billigsten Dienstleistungsanbieter den zukünftigen Markt beherrschen.

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Aufwertung von Frauenarbeit bedeutet in diesem Zusammenhang, die sozialen Dienstleistungsberufe weiter zu professionalisieren, die soziale Dienstleistungsarbeit aber auch in öffentlicher Kontrolle zu belassen.

3.4 Die Geschlechtertrennung in Berufen aufheben, die Vergeschlechtlichung von Berufen rückgängig machen

Professionalisierungsprozesse, also die Entwicklung von Berufen, finden in Kulturen statt, die die Geschlechter über den binären Code nicht nur different, sondern auch hierarchisch konstruieren. Betrachtet man die Geschichte von Berufen, so lassen sich ähnliche Phasen erkennen: In einer ersten Phase sind Frauen generell von dem Beruf ausgeschlossen. Die männlichen Inhaber der Professionen fürchten, daß die Frauen als Trägerinnen geringeren sozialen Prestiges sie um ihr Sozialprestige und hohes Einkommen bringen könnten, wenn sie in die Profession eindringen. Eine zweite Phase besteht in der ersten Öffnung von Professionen gegenüber den Frauen, jedoch auf der Basis der polarisierenden Geschlechterdifferenz: Die unterstellte Andersartigkeit der Frau wird dazu benutzt, sie nur in bestimmte Segmente der Profession einzulassen. Hier ist die Basis der horizontalen Hierarchisierung zu finden. Der Einschluß des weiblichen Geschlechtes über das spezifisch Weibliche führt dazu, daß Frauen nur in den Bereichen der Profession beschäftigt werden, die dem traditionellen Weiblichkeitsbild nahe sind (z.B. in der juristischen Profession das Sozial- und Jugendrecht, in der Medizin die Kindermedizin). In einer dritten Phase verstärkt sich die horizontale Hierarchisierung über das Geschlecht, indem Frauen in die Arbeitssegmente verwiesen werden, die eine größere Laiennähe haben, die weniger in der Öffentlichkeit sind, die weniger Fachkompetenz fordern und die weniger gut bezahlt und angesehen sind. In dieser Phase spielt das Weiblichkeitsbild nicht mehr die entscheidende Rolle, dennoch bleiben Frauen in spezifischen Segmenten der Profession. So werden z.B. Architektinnen mit Arbeitszuschnitten betraut, die der Semi-Profession technischer Zeichnerinnen ähneln. Die wenigen Frauen, die in den Männern vorbehaltenen Positionen aufsteigen, z.B. die Bauleitung, werden als Ausnahme gewertet, wodurch die Abwertung der übrigen Frauen legitimiert wird. Die Marginalisierung von Frauen in Professionen hat zum einen den Nachteil, daß Frauen aus den etablierten Feldern herausgedrängt werden und damit die Anerkennung, die Macht und das Geld nicht in vollem Umfange erreichen. Andererseits kann diese Marginalisierung aber auch zur Entwicklung anderer, innovativer und risikoreicher Strategien führen, die wiederum den Erwerb von Kompetenzen begünstigen, die Frauen zunächst abgesprochen wurden. So entwickeln z.B. Architektinnen, die aus der Profession gedrängt werden, neue umfassendere Blicke auf die Wohnsituation und beschäftigen sich z.B. mit frauengerechter Stadtplanung. Diese Beobachtung, daß Frauen durch die Marginalisierung in der Lage sind, neue Berufs- und Tätigkeitsfelder zu entwickeln, darf jedoch nicht zur Legitimation der Marginalisierung von Frauen in Professionen benutzt werden. Solche Entwicklungen sind auch wieder als Vergeschlechtlichungen von bestimmten Berufskompetenzen zu kritisieren. Es gilt vielmehr, diese aufzulösen, damit unabhängig vom Geschlecht sachgerechte fachliche Lösungen für Probleme gefunden und diese auch in Berufen organisiert werden.

Betrachtet man diese vier Phasen der Professionalisierung und Vergeschlechtlichung, ergeben sich für die Aufwertung der Frauenarbeit in diesem Zusammenhang folgende Zielrichtungen:

  1. Der Zugang für Berufe muß Männern wie Frauen geöffnet werden, es darf keinen Ausschluß über das Geschlecht geben. Das bedeutet in der Konsequenz, daß sowohl Frauen in traditionelle Männerberufe, daß aber auch Männer in traditionelle Frauen

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    berufe eingelassen werden.

  2. Die Vergeschlechtlichung von Arbeitsaufgaben ist rückgängig zu machen. Die Verknüpfung von Geschlecht und spezifischen Fähigkeiten ist aufzulösen, für Berufe gibt es keine Eignung von Personen qua Geschlecht, sondern immer nur die Eignung nach der Entwicklung der je individuellen Fähigkeiten.
  3. Der Hierarchisierung von Berufssegmenten ist entgegenzuwirken. Berufe sind Effekte der arbeitsteiligen Erfüllung von gesellschaftlich notwendigen Aufgaben. Die Spezialisierung darf jedoch nicht in eine extreme Hierarchisierung führen. Die Erfahrungen zeigen nämlich, daß die Hierarchisierung auch immer gleich mit einer Geschlechterhierarchisierung verbunden wird.

3.5 Maßstäbe der Arbeitsbewertung infrage stellen und neue Verfahren einsetzen

Einer der wesentlichen Mechanismen zur Abwertung der Frauenarbeit besteht darin, daß nicht die konkreten Arbeitstätigkeiten von Frauen analysiert werden, sondern Frauen vielmehr als ganze Person gesehen werden, als solche eingesetzt werden und dann dem gesellschaftlichen Wert und der gesellschaftlichen Funktion ihres Geschlechts entsprechend niedrig bezahlt werden. Frauen werden qua Geschlecht als Zuverdienerinnen oder als Person, die nur einen vorehelichen Unterhalt zu verdienen hat, angesehen, der gesellschaftlich vorgeschriebene Lebensentwurf begründet dann die niedrige Bezahlung ihrer Arbeit. Die Bewertung der gesamten Person statt ihrer Arbeitstätigkeiten findet sich besonders ausgeprägt in frauentypischen Berufsfeldern. In ihrer Untersuchung von Assistenzberufen analysiert Holtgrewe (1997) die Unterbewertung weiblicher Assistenzarbeit als "ungleichen Tausch": In diesem Tauschgeschäft wird die Leistung einer Sekretärin nicht als fachliche Leistung anerkannt, sondern die Frau bekommt Anerkennung als Frau, als ganze Person. Sie wird als unentbehrlich bezeichnet, und im Einsatz all ihrer persönlichen Kompetenz geachtet, es spielt aber keine Rolle, was sie konkret leistet. Diese Personalisierung der Qualifikation wird auch von den Frauen selber unterstützt, sie verstehen ihre Assistenzarbeit oft nach dem Muster der Ehe. Assistenzarbeit bietet ihnen dann eine Teilhabe an Reputation und Karriere des Chefs, die Anerkennung basiert nicht auf der eigenen Leistung.

Das Muster der Bezahlung der Person als Ganze wird auch im Bereich der Pflege- und Erziehungsarbeit deutlich. So ist in der Pflegeversicherung vorgesehen, daß entweder eine pflegende Person eine Geldleistung erhält (als eine Art Unterhaltszahlung) oder daß statt dessen Sachleistungen finanziert werden, die auf der analysierten Arbeitstätigkeit von Pflegenden basieren. Ebenso wird in dem Konzept des Erziehungsgehaltes die Mutter als Erziehende pauschal bezahlt, ohne daß ihre einzelnen Arbeitstätigkeiten analysiert wären (Stiegler 1999). Deutlich wird die Unterbewertung dieser Form der Zahlung, wenn man Kriterien, die in der Erwerbsarbeit üblich sind, anlegt, dann liegen die Stundenlöhne für Pflegeleistungen bzw. für Erziehungsarbeit unter 5 DM.

Die Kehrseite der Bezahlung der Person anstelle der bestimmten Leistung ist, daß Frauenberufe durch "entgrenzte Anforderungen" (Rabe-Kleberg 1993) zu kennzeichnen sind. Es fehlen konkrete Analysen und detaillierte Arbeitsbeschreibungen, vielmehr werden komplexe Arbeitsaufgaben bestimmt, die Frauen dann entsprechend ihrem "Wesen" zu erfüllen haben.

Die Aberkennung der Verwissenschaftlichung von typischer Frauenarbeit entspricht ebenfalls diesem Muster der Bewertung der Person statt der konkreten Leistung. Wenn in der Debatte um die Qualitätssicherung in der Pflege immer wieder argumentiert wird,

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es gäbe keine klaren, wissenschaftlich fundierten Kriterien, nach denen die Pflegearbeit zu leisten ist, wird die gerade in den letzten Jahren fortgeschrittene Verwissenschaftlichung der Pflegearbeit verleugnet.

In den bestehenden Tarifverträgen zeigt sich, daß Anforderungen, die zur Beschreibung anderer Arbeiten durchaus herangezogen werden, bei der Bewertung von Frauenarbeit einfach nicht berücksichtigt werden. Wenn der Tarifvertrag für Erzieherinnen das Merkmal "Verantwortung" für die Bewertung der Erziehungsarbeit gar nicht heranzieht, so wird über diese Verleugnung von Verantwortung die Tätigkeit von Erzieherinnen entsprechend niedrig eingestuft. Dieser Mechanismus entspricht dem Muster der Bezahlung der ganzen Person.

Die konkrete Analyse von Arbeitstätigkeiten ist also notwendig, um den Wert der von Frauen geleisteten Arbeit überhaupt zu erfassen. Als gewerkschaftlich organisierte Frauen in der ÖTV angefangen haben, ihre Arbeit konkret zu beschreiben, sind sie sehr schnell auf die Diskrepanz der von ihnen beschriebenen Anforderungen mit den tariflich vereinbarten Merkmalen für ihre Arbeit gestoßen. Wenn Sekretärinnen die unsichtbaren Anteile ihrer Arbeitsleistung sichtbar machen, nennen sie Anforderungen wie Mitdenken und Umsicht walten lassen, Fehler ausbügeln; Expertin für Informelles sein; Kompensationsarbeit durch Vertrauen schaffen, Klima verbessern, sich und die eigenen Gefühle bearbeiten; Spezialistin für Ambivalenz und Flexibilität sein; Kommunikationsanforderungen durch verschiedenartige Klienten und Klientinnen erfüllen (Holtgrewe 1997).

Eine Konfrontation der detailliert beschriebenen Arbeitsanforderungen mit den gängigen tariflichen Merkmalen der Arbeitsbewertung zeigt, daß sie ergänzungsbedürftig sind. Allen gängigen Arbeitsbewertungssystemen ist gemeinsam, daß sie soziale Qualifikationen bzw. soziale Anforderungsdimensionen vernachlässigen. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß Anforderungen sozialer Art in jeder Berufsarbeit vorhanden sind, egal, auf welche sachlichen und fachlichen Inhalte sich die Arbeit bezieht (Damm-Rüger, Stiegler 1996). Mit dem Arbeitsbewertungsinstrument ABAKABA (Arbeitsbewertungssystem nach Katz und Baitsch (1996)) liegt nun seit einiger Zeit ein Instrument vor, das insbesondere soziale Anforderungen und Beeinträchtigungen berücksichtigt. Das Schema umfaßt Anforderungen und Beeinträchtigungen im psychosozialen, im physischen Bereich und im Bereich der Verantwortung. Ein solches Arbeitsbewertungsinstrument verspricht, die Qualität insbesondere von Frauenarbeit besser bewerten zu können.

Aufwertung der Frauenarbeit in diesem tariflichen Zusammenhang bedeutet also:

  1. Vorhandene Anforderungsmerkmale auf Frauenarbeit anwenden;
  2. neue Bewertungskriterien entwickeln, die typische Anforderungen an den den Frauen zugewiesenen Arbeitsplätzen erfassen;
  3. angemessene Bewertungsverfahren zur Entgeltfindung einsetzen.


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4. Legitimationsprobleme der Aufwertung

Die Grundfrage zur Legitimation der Aufwertung der typisch weiblichen Berufsarbeit ist, welche Grundversorgung der heranwachsenden und alten Menschen gesellschaftlich für notwendig gehalten wird. Üblicherweise wird diese psychosoziale Grundversorgung als "unproduktive Arbeit" angesehen. Ein solcher Produktivitätsbegriff ist jedoch zu kritisieren, da er nicht von dem ausgeht, was zum menschlichen Leben unbedingt dazugehört, sondern Produktivität nur auf die Form von Waren und Dienstleistungen bezieht, die bereits berufsmäßig hergestellt bzw. geleistet werden. Es betrifft die Konzeption des Sozialstaates, ob diese notwendige psychosoziale Grundversorgung privat, marktwirtschaftlich oder im öffentlichen Sektor als qualifizierte und gut bezahlte Arbeit organisiert werden soll. An dieser Stelle ist die Stimme der Frauen wichtig, da sie diejenigen sind, die diese Leistungen bisher entweder unbezahlt oder in vergleichbar schlechten Berufen organisiert leisten. Die Verdrängung dieser ihrer Arbeit kann aufgehoben werden, wenn die existenzielle Bedeutung dieser Arbeiten für das gesellschaftliche Leben deutlich gemacht wird.

Wenn die Arbeit der Frauen besser bezahlt werden soll, stellt sich die Frage, wo die notwendigen Mittel herkommen sollen. Konkret: Wem soll was genommen werden, damit es welche Frauen bekommen. Die soziale Ungleichheit, die über das Geschlecht geschaffen wird, ist eine andere als die soziale Ungleichheit, die über ökonomische, qualifikatorische und machtbezogene Faktoren hergestellt wird. So werden Männer wie Frauen gemeinsam darum kämpfen müssen, einen größeren Anteil an den erwirtschafteten Gewinnen für ihre Arbeit zu bekommen. Die Verteilung dieser erkämpften Summe zwischen den Geschlechtern ist jedoch zugunsten der Frauen zu verändern. Diese Umverteilung setzt voraus,

  • daß Männer kein Interesse am Ernährerlohn mehr haben, weil sie, genauso wie die Frauen, nur noch für sich und ihre Kinder sorgen müssen,
  • daß Frauen kein Interesse am Ernährerlohn mehr haben müssen, weil sie genügend materielle Ressourcen aus ihrer eigenen Arbeit besitzen,
  • daß die Besserverdienenden ein solidarisches Bewußtsein haben und die Privilegierung ihrer Arbeit nicht nur im monetären Abstand zu weniger interessanten Arbeitspositionen sehen,
  • daß die bestehende Lohnspreizung dort infrage gestellt wird, wo sie der Legitimation des Lohnabstandes zwischen den Geschlechtern dient.

Die schwedischen Gewerkschaften haben fast ein Jahrzehnt lang eine Tarifpolitik mit dem erklärten Ziel der Aufwertung der Frauenberufe gemacht und erreicht, daß die Entgeltdifferenzen zwischen Männern und Frauen fast aufgehoben waren. Dabei haben sie eine "Zwei-Töpfe-Politik" praktiziert, mit der die jährlich ausgehandelten Lohnzuwächse in zwei Teile geteilt wurden. Der eine Teil der Gesamtsumme wurde zur direkten Verbesserung der Tarife in den Frauenberufen gebraucht, der andere Teil kam allen, Männern wie Frauen, zugute.

Nicht zuletzt wird immer wieder der Zeitpunkt, zu dem die Aufwertung der Frauenarbeit auf der politischen Agenda stehen soll, diskutiert. An dieser Stelle wird oft ein Interessengegensatz zwischen Männern und Frauen deutlich. Die Geschichte auch der Gewerkschaftsbewegung zeigt, daß Männer immer wieder dazu neigen, andere politische Ziele für sehr viel dringlicher zu halten als die Veränderung der Geschlechterverhältnisse. Solange Frauen, die diese Fragen für vordringlich halten, nicht an den Schaltstellen sitzen und ihren Einfluß geltend machen können, bleibt nur die Überzeugungsarbeit.

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Der Verweis auf die Rechtsnormen, etwa der Lohngleichheit oder der Antidiskriminierung kann dabei helfen, Widerstände zu überwinden. Ebenso bietet eine Selbstverpflichtung der Gewerkschaften, den gender mainstreaming Ansatz zu verwirklichen, eine gute Voraussetzung, letztlich wird aber die Stärke der Bewegung der Frauen in dieser Frage den entscheidenden Ausschlag geben.

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5. Aktuelle Tendenzen der Abwertung und Gegenwehr

Aufwertungsbemühungen zielen auf den Abbau der Geschlechterdifferenz und Hierarchie, die durch Arbeit hergestellt wird. Sie müssen sich deswegen auch mit den herrschenden Tendenzen auseinandersetzen, die zu einer weiteren Verschärfung der Geschlechterdifferenz und Hierarchie führen können.

5.1 Abwertung durch Absenkung des Lohnniveaus

Bei dem Outsourcing von Frauenarbeitsbereichen, etwa von Reinigungs-, Kantinen-oder Schreibarbeiten wird oft die vorher im öffentlichen Dienst tariflich gesicherte Entgelthöhe für die Arbeit nicht mehr erreicht. Auch durch Veränderung von Tätigkeitszuschnitten kann das Entgeltniveau gesenkt werden. So gibt es Bestrebungen, über die Vereinfachung und Entkernung von Arbeit das Tarifniveau herzustellen, nach dem die Eingruppierung, auch im Stellenplan, festgeschrieben ist. Damit werden qualifizierte Mischarbeitsplätze wieder restrukturiert, die höher bewerteten Arbeiten den Frauen wieder genommen, weil es nicht mehr verborgen bleiben kann, daß dafür bezahlt werden muß. Überall, wo unentgeltlich Arbeit geleistet wird, ist die Abwertung perfekt: die Leistung wird abgefordert, die ordentliche Anerkennung wird verweigert.

Gegenstrategien

Bei Outsourcingprozessen können Arbeitnehmervertretungen den Nachweis fordern, daß unter veränderten Arbeitsbedingungen die Qualität der Arbeit gleich bleibt. Verschlechtert sich die Qualität der Arbeit, sind die Einsparungen nur fiktiv, wie das Beispiel: Reinigungsarbeiten von öffentlichen versus privaten Arbeitgebern gezeigt hat. Durch Quoten und gender-controlling ist zu sichern, daß die Relation der Frauenarbeitsplätze zu den Männerarbeitsplätzen in dem verbleibenden Bereich erhalten bleibt und Frauenarbeitsplätze nicht überproportional ausgelagert werden. Die Bezahlung derselben Arbeiten zu schlechteren Tarifen im Rahmen von Outsourcing ist nur durch die Angleichung von Tarifverträgen zu verhindern. Der Erhalt von ganzheitlichen Arbeitsvorgängen und deren angemessene Bezahlung ist z. T. über den Klageweg möglich (Degen 1998).

5.2 Abwertung durch Entbindung aus der Tarifierung

Dies geschieht im Bereich der 630 DM Jobs: Die tarifliche Erfassung der Arbeiten, die als 630 DM Jobs vergeben werden, erfolgt in der Regel nicht. Um die begünstigte Verdienstgrenze (630 DM) zu erhalten, werden tarifliche Erhöhungen des Entgelts durch Arbeitszeitverkürzungen oder Höherbewertung nicht umgesetzt, es muß weiterhin für dasselbe Geld genauso lange gearbeitet werden. Auch Schaffung von Selbständigkeit umgeht die Tarifbindung von Arbeit. Zunehmend werden Arbeiten, die vorher im Rahmen tariflicher Arbeit und unter Zugehörigkeit zu einem Betrieb geleistet wurden, in Form von Werkverträgen, Aushilfsverträgen oder Honorarverträgen vergeben. Damit

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fallen alle tariflichen Bindungen. Gerade Frauen haben oft Arbeitsplätze in den gefährdeten Randbereichen inne, und aufgrund ihrer marginalisierten Position fehlt ihnen die Stärke, bei der neuen Konkurrenz der Anbieter, den tariflichen Lohn bzw. adäquate Kosten für die soziale Sicherung auszuhandeln.

Gegenstrategien

Die Kosten für die billige Arbeit tragen die Arbeitenden und die Allgemeinheit. Deshalb ist eine Eindämmung der 630 DM Jobs erforderlich. Erst wenn diese Arbeiten gemäß den Tarifen bezahlt werden, schwindet die Attraktivität für die Arbeitgeber, diese Formen ungeschützter Arbeit weiter zu nutzen. Beschäftigte dürfen nur dann in die Selbständigkeit mit ihrer vormals betrieblichen Arbeit entlassen werden, wenn wenigstens die materiellen Bedingungen und die soziale Sicherheit über den Preis auf Dauer gewährleistet bleiben. Die gewerkschaftliche Organisation der Selbständigen, insbesondere der Frauen, ist erforderlich, damit sie Standards einfordern können.

5.3 Abwertung durch weitere Lohndifferenzierung im unteren Lohnbereich (Kombilöhne, Schaffung eines Niedriglohnsektors)

Die Einführung einer Niedriglohnökonomie wird als Weg zur Verringerung der Arbeitslosigkeit empfohlen. Arbeitgeberverbände fordern die bis zu 30% Absenkung der unteren Lohnbereiche und eine staatliche Subvention der abgesenkten Löhne. Dahinter steht die These, daß Arbeitsplätze deshalb in so großem Ausmaß fehlen, weil die Löhne zu hoch seien. Gerade in Frauenbranchen gibt es aber bereits einen breiten Niedriglohnsektor, in dem die Vollerwerbstätigkeit kaum das Existenzminimum sichert. Und gerade hier erfolgte ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen. Die pauschale Absenkung des Tarifniveaus setzt die bislang vereinbarten Arbeitsbewertungssysteme außer Kraft, der Prozeß des Absackens des Tarifniveaus ist nur schwer zu vermeiden. Weil Frauen bislang schon überproportional in den unteren Tarifgruppen bezahlt werden, würde sie die Einführung einer Niedriglohnökonomie besonders treffen. Dasselbe gilt für die vorgeschlagene Lohnspreizung, eine Ausdehnung der Tarifgruppen unterhalb des Ecklohnes Je mehr tarifliche Gruppen unterhalb der Eckgruppe vorgesehen werden, desto eher werden gerade Frauenarbeitsplätze in die je niedrigsten Gruppen eingruppiert.

Im Bereich der sozialen Arbeit wird durch die Schaffung von "Helfer"Berufen , die eine nur 2jährige Ausbildung voraussetzen, die Lohndifferenzierung im unteren Bereich vorbereitet.

Gegenstrategien

Die Schaffung eines Niedriglohnsektors muß genauso wie eine weitere Differenzierung im unteren Tarifbereich verhindert werden. Für wirklich niedrig Qualifizierte oder Leistungsbeeinträchtigte lassen sich zielgruppenspezifische Fördermaßnahmen im Rahmen des Arbeitsförderungssgesetzes durchführen

Die Dequalifizierung der sozialen Berufe ist zu verhindern.

5.4 Abwertung durch Bürgerarbeit und Ehrenamt

Pflegen, Erziehen, Betreuen, Beraten, die gesamte Fürsorgearbeit, die in der BRD in traditionellen Frauenberufen professionalisiert ist, wird in den Zukunftkonzepten nicht nur der Konservativen in den Bereich der Freiwilligenarbeit, des Ehrenamtes oder der Bürgerarbeit verlegt. Damit wird der Eindruck erweckt, daß Allerweltsqualifikationen ausreichen, um Kinder, Alte und Kranke zu versorgen. Die Mutter als Zweitkraft im Kin-

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dergarten, die ehrenamtliche Kraft in der Altenbetreuung, der Zivildienstleistende auf der Station im Krankenhaus, all diese Substitution ist in bestimmten Relationen sinnvoll. In Zeiten der Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand allerdings werden diese Relationen zulasten der professionalisierten Kräfte verschoben.

Das strukturkonservative Konzept des Erziehungsgehalts zementiert die Abwertung der privaten Arbeit noch eindeutiger, da es ein "Gehalt" vorsieht, das noch nicht einmal der untersten möglichen Lohngruppe entspricht.

Gegenstrategien:

Der Einsatz von Laien, sei es in der Bürgerarbeit, im Ehrenamt oder als Erziehungsperson ist unter dem Gesichtspunkt der Qualität der Dienstleistung, nicht unter dem der Beschäftigungsmöglichkeiten zu steuern. Die Tätigkeitsfelder sind genau zu untersuchen und der Einsatz von Laien nur dort zuzulassen, wo er die Profession unterstützt, nicht, wo er sie ersetzt.

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6. Resümé

Die Aufwertung der Frauenarbeit und die Beseitigung der Entgeltdiskriminierung sind eine Aufgabe, die die herrschenden Geschlechterverhältnisse infrage stellt und verändern will. Erst die Perspektive auf die gesamte gesellschaftlich notwendige Arbeit und den erheblichen Beitrag, den Frauen dabei leisten, vermittelt die Ansatzpunkte gewerkschaftlichen und politischen Handelns. Die im Erwerbssystem vorhandene Unterbewertung der Frauenarbeit und der hier praktizierte Ausschluß der Frauen von gut bezahlter Arbeit und sicheren Beschäftigungsverhältnissen basiert auf der Zuweisung der unbezahlten Arbeit an die Frauen und der gesellschaftlichen Verdrängung des Privaten. Die Abwertung dessen, was Frauen tun und tun sollen, im Vergleich zu dem, was Männer tun und ihnen vorbehalten ist, spiegelt die herrschende Geschlechterhierarchie. Sie setzt sich bis in die Arbeitsbewertungssysteme hinein durch. Aufwertung der Frauenarbeit setzt deshalb eine Abkehr von den polaren, hierarchischen Geschlechterbildern voraus. Sie besteht in der Neuorganisation und Umverteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit zwischen den Geschlechtern, wobei den Männern mehr unbezahlte, den Frauen mehr bezahlte Arbeit zusteht. Ebenso müssen Wertmaßstäbe verändert werden und die personenbezogene Arbeit genauso hoch geschätzt werden wie die Arbeit an technischen Apparaten und mit Symbolen. Aufwertung der Frauenarbeit bedeutet also nicht nur Höherbewertung der Frauenarbeit mit den vorhandenen Maßstäben, sondern auch eine Veränderung der herrschenden Bewertung von Arbeit. Bei diesem Neubewertungsprozeß haben die Frauen aufgrund ihrer Bindung an die konkreten Lebensbedingungen viel einzubringen. Wenn sich ihr Blick auf die Verbindung von Leben und Arbeiten verallgemeinert, können geschlechtergerechte Verhältnisse, sowohl in der Arbeit und ihrer Verteilung als auch im Entgelt geschaffen werden.

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Zur Autorin:

Dr. Barbara Stiegler, Dipl.-Psychologin, Dipl.-Pädagogin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Arbeit und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn. Arbeitsschwerpunkt: Frauenforschung


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