FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausgabe: 52 = Leerseite]

[Seite der Druckausgabe: 53]


Gisela Dybowski-Johannson
Neuorientierung in der beruflichen Bildung - Attraktivität durch Eigenständigkeit und Gleichwertigkeit


Die Anforderungen in der Arbeitswelt, die Eingangsvoraussetzungen der Auszubildenden und der Stellenwert der Berufsbildung im gesamten Bildungssystem haben entscheidenden Einfluß auf die Gestaltung und Weiterentwicklung beruflicher Aus- und Weiterbildung. Neue Berufe und neue Qualifizierungskonzepte, die auf eine individuelle Förderung der Auszubildenden und Nachwuchskräfte zielen, sind Ausdruck der sich wandelnden Rahmenbedingungen und gestiegenen Anforderungen an die Innovationsfähigkeit beruflicher Bildung. In ihrer Realisierung wird eine wesentliche Bedingung dafür gesehen, daß die Berufsbildung nicht nur ihren bisherigen Stellenwert im Bildungssystem beibehalten, sondern durch eine weitere Differenzierung der Berufsbildungsprofile und Bildungswege ihre Eigenständigkeit und Attraktivität ausbauen kann.

Nahezu alle bildungspolitischen Akteure stimmen heute darin überein, daß eine Diskriminierung der beruflichen Bildung gegenüber der Allgemeinbildung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Immer wieder bestätigen Gutachten (Husemann u.a. 1995) eine weitgehende materiale Gleichwertigkeit zwischen den Zieldimensionen und inhaltlichen Strukturen der Allgemeinbildung einerseits und der Berufsbildung andererseits; zugleich werden den Lernprozessen in beruflichen Bildungsgängen und dem Erfahrungslernen bescheinigt, daß sie ein auch für die Studierfähigkeit tragfähiges Potential darstellen.

Die jahrelangen Gleichwertigkeitsbeteuerungen haben aber nichts daran geändert, daß beruflich Qualifizierte ohne Hochschulreife erhebliche Umwege auf sich nehmen müssen, um die Berechtigungen für den Hochschulzugang auf „zweiten" oder jetzt auch „dritten" Bildungswegen zu erwerben. So „fortschrittlich" diese Regelungen, wie z.B. die doppelqualifizierenden Bildungsgänge, die Zugangsprüfung oder das Probestudium auch sein mögen, sie haben alle eines gemeinsam: Sie kommen ohne strukturelle Veränderungen des Bildungssystems aus und bestätigen damit immer aufs neue die Dominanz des traditionellen schulisch-akademischen Bildungs-

[Seite der Druckausgabe: 54]

Systems auf der Grundlage der Allgemeinbildung. Es zeigt sich, daß der zunehmende Attraktivitätsverlust des dualen Systems beruflicher Bildung mit den bisherigen Mitteln nicht zu stoppen ist. Nach wie vor wird von vielen die berufliche Bildung als Sackgasse und als ein Bildungsweg „zweiter Wahl" angesehen.

Mit dem Vorschlag des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für ein eigenständiges und gleichwertiges Berufsbildungssystem, der Ende 1994 von einer Arbeitsgruppe veröffentlicht wurde (Dybowski, Pütz, Sauter, Schmidt 1994), wird ein Weg aus der Sackgasse gewiesen.

Ausgangspunkt des BIBB-Vorschlages ist zum einen der derzeit greifbare bildungspolitische Konsens zur Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung und zum anderen ist es die Weiterbildung, die in unserem Ansatz zur Realisierung der Gleichwertigkeit beruflicher Bildung eine Schlüsselfunktion erhält.

Berufliche Weiterbildung im Bildungssystem

Abbildung 1: Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildung

BBiG/HwO-Abschlüsse

Fachschulabschlüsse

Fortbildung zum

Meister, Fachwirt etc.
½ J. Vollzeit, 2½ Jahre Teilzeit

Techniker, Betriebswirt etc.
2 Jahre Fachschule

in der Regel 2 Jahre Berufspraxis

Facharbeiter/Fachangestellte/Handwerksgeselle

Berufsausbildung
(duales System
Berufsfachschule)

Hauptschulabschluß/
Realschulabschluß

Die hier angesprochenen Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildung werden, wie es die Abbildung 1 zeigt, über den Abschluß einer Berufs-

[Seite der Druckausgabe: 55]

ausbildung und eine in der Regel zweijährige Berufspraxis erreicht. Die abgeschlossene Fortbildungs- bzw. Weiterbildungsprüfung, für die es unterschiedliche Rechtsgrundlagen gibt - Berufsbildungsgesetz (BBiG), Handwerksordnung (HwO), Ländergesetze -, eröffnet in der Regel den Zugang zu Fach- und Führungspositionen - im einzelnen jeweils abhängig von Betriebsgröße, Branche und Qualifikationsbereich. Im Zusammenhang mit Erfahrungslernen im Beruf und gezielter Anpassungsfortbildung sind sie wesentliche Voraussetzungen für betriebliche Karrieren -, falls betriebliche Personalentwicklungskonzepte vorhanden sind, in denen solche Fortbildungsabschlüsse honoriert werden. Ihr Optionswert im Hinblick auf den Zugang zur Hochschule und Fachhochschule ist erheblich eingeschränkt. Diese Abschlüsse eröffnen bisher nur in Kombination mit anderen Merkmalen (z.B. Eingangsprüfung oder Berufspraxis) den Zugang zur Fachhochschule oder zur Hochschule. Der Direktzugang zur (Fach-)Hochschule mit Hilfe der abgeschlossenen Fort- bzw. Weiterbildungsprüfung ist immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Nur in drei Ländern gibt es bisher diese Möglichkeit; die Ausnahmen geben jedoch Hoffnung für die weitere Entwicklung.

Dritter Bildungsweg oder Alternative zum schulischen/akademischen System?

Für ein gleichwertiges und eigenständiges Berufsbildungssystem reicht es aber nicht aus, mit Hilfe der Weiterbildung nur den Optionswert der beruflichen Bildung im Hinblick auf eine Zulassung von beruflich Qualifizierten zur Hochschule zu erweitern. Angesichts des derzeitigen Standes des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte ohne Hochschulreife wäre dies zwar schon ein Gewinn, aber nur im Sinne der Etablierung eines „dritten" Bildungsweges, der den Königsweg des schulisch-akademischen Bildungssystems bestätigt.

Der BIBB-Vorschlag (vgl. Abbildung 2) geht deshalb einen entscheidenden Schritt weiter. Es geht nicht mehr nur um die Aufstockung des dualen Systems bzw. der gesamten Ausbildung um eine Fortbildungsstufe mit dualen bzw. pluralen Weiterbildungsmöglichkeiten und entsprechenden Abschlüssen, sondern es geht vielmehr um eine strukturelle Reform, die darüber hinaus im Rahmen der Weiterbildung auch die Studienstufe mit

[Seite der Druckausgabe: 56]

dem (Fach-)Hochschulabschluß in das „gleichwertige und eigenständige" Berufsbildungssystem einbezieht.

Kern der Reformperspektive ist, daß es für den einzelnen die Möglichkeit gibt, nach dem traditionellen dualen System der Ausbildung die Weiterbildung ebenfalls dual bzw. im periodischen Wechsel von Arbeiten und Lernen bis zum (Fach-)Hochschulabschluß zu betreiben, mit einer Zwischenstufe auf dem Niveau des Meisters oder des Fachwirts. Angesichts der zahlreichen Schwierigkeiten, die traditionellen Hochschulwege für die beruflich Qualifizierten zu öffnen, erscheint es erfolgversprechender und konsequenter, das klassische System der dualen Berufsbildung bis in den tertiären Bereich hinein weiterzuentwickeln. Im Idealfall entstehen dadurch für den einzelnen zahlreiche Optionen im Hinblick auf den Erwerb von Qualifikationen mit Zertifikaten und/oder die Verfolgung betrieblicher Karrieren (Aufstieg, Umstieg, diagonale Karrierewege). Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich das Lernen auf die gesamte aktive Erwerbs- und Arbeitsbiographie erstreckt.

Merkmale des BIBB-Vorschlages

Der Vorschlag für ein eigenständiges und gleichwertiges Berufsbildungssystem (Abbildung 2) weist im einzelnen folgende Merkmale auf:

Berufsbildungssystem

Das Berufsbildungssystem umfaßt die Teilbereiche Ausbildung, Weiterbildung und den tertiären Bereich mit der (Fach-)Hochschule. Die berufliche Weiterbildung ist integraler, konstitutiver Bestandteil des Berufsbildungssystems; in ihrer Aufstiegsfunktion eröffnet sie betriebliche Karrieren und ermöglicht den direkten (Fach-)Hochschulzugang. In ihrer Anpassungsfunktion umfaßt Weiterbildung zugleich lebenslanges Lernen (zum Beispiel berufsbegleitend, Lernen in der Arbeit). Die (Fach-)Hochschule übernimmt in diesem Modell Funktionen einer umfassenden Weiterbildung.

[Seite der Druckausgabe: 57]

Abbildung 2: Berufsbildungssystem im dualen Verbund mit betrieblich-beruflichen Optionen und Hochschulzugang (ohne Fachschule)

[Seite der Druckausgabe: 58]

Eintrittsvoraussetzungen

Das duale System kennt keine verbindliche Eingangsvoraussetzung. Voraussetzung für den Eintritt in das Berufsbildungssystem ist jedoch in der Regel der Hauptschul- oder Realschulabschluß. Daneben gewinnt die (Fach-) Hochschulreife an Bedeutung; rund 15% derjenigen, die eine berufliche Ausbildung aufnehmen, besitzen die (Fach-)Hochschulreife. Hauptzielgruppe des Modells sind jedoch die Absolventen der Haupt- oder Realschule, da ihnen der Aufstieg über das berufliche Bildungssystem erschlossen werden soll.

Lernorganisation

Hauptmerkmal der Lernorganisation im Berufsbildungssystem (ohne Fachschule) ist die Dualität. Sie sollte nicht nur Kennzeichen der Ausbildung sein, sondern auch der beruflichen Weiterbildung (Betrieb/Bildungsträger) und der Studiengänge. Darüber hinaus sind berufsbegleitende Formen der Weiterbildung und der Fachhochschule zu berücksichtigen (z.B. Fernunterricht/Fernstudium). Dualisierung der Berufsbildung ist die Grundlage für die Verbindung der Optionen betriebliche Karrieren/Hochschulzugang.

Integrative Lösungen

Der Vorschlag umfaßt in zwei Dimensionen integrative Lösungen:

Zum einen geht es in vertikaler Dimension um eine stärkere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung, die nach und nach als Gesamtheit anzusehen und entsprechend zu behandeln sind.

Zum anderen sind in der horizontalen Dimension - anstelle der additiven Lösung Berufspraxis/Weiterbildung - integrative Lösungen von Arbeiten und Lernen herzustellen. Ziel ist, die Berufserfahrung stärker als bisher (auch) für abschlußbezogene Weiterbildung zu nutzen. Weiterbildungskonzepte nach dem Baukastenprinzip erleichtern integrative Lösungen.

[Seite der Druckausgabe: 59]

Bildungszeiten

Die durchschnittliche Dauer der Bildungszeit (Ausbildung/Weiterbildung/Fachhochschule) beträgt acht Jahre bei der Eingangsvoraussetzung Haupt-/Realschulabschluß. Verkürzte Bildungszeiten ergeben sich aus der Eintrittsvoraussetzung Fachhochschulreife (verkürzte Ausbildung) oder unterschiedlichen Weiterbildungszielen und -abschlüssen. Weitere zeitliche Varianten resultieren aus Teilzeit- oder berufsbegleitenden Modellen.

Abschlüsse

Der Vorschlag enthält drei Qualifikationsebenen, die jeweils mit anerkannten Zertifikaten abgeschlossen werden:

  • Ausbildungsabschluß (duales System oder Vollzeit-Berufsschulen nach § 43 BBiG)

  • Weiterbildungsabschluß (auf der Grundlage von § 46, 1 oder 2 BBiG bzw. § 42, 1 oder 2 HwO)

  • (Fach-)Hochschulabschluß.

Nach jedem Abschluß kann die Option einer betrieblichen Berufskarriere wahrgenommen werden. Dabei ist es Aufgabe betrieblicher Personalpolitik, durch veränderte horizontale und vertikale Zuschnitte von Arbeitsaufgaben neue inner- und zwischenbetriebliche Mobilitäts- und Karriereverläufe zu schaffen. In Form „betrieblicher Karrieremuster" eröffnen sie Aufstiegswege und kombinieren dabei Arbeitsplatzkarrieren mit Hilfe von Weiterbildungsangeboten und Lohnaufstiegen.

Umsetzungsbedingungen

Zur Umsetzung des skizzierten Vorschlags bedarf es sowohl der Veränderungen im Bildungssystem als auch im Beschäftigungssystem. Hervorzuheben sind vor allem:

[Seite der Druckausgabe: 60]

(Fach-)Hochschule übernimmt Funktionen der Weiterbildung

Die (Fach-)Hochschule wird bisher der Ausbildungsphase zugeordnet. Obwohl ein großer Teil der Studentenschaft regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgeht, sind allenfalls Praktika Bestandteil der Studiengänge. Im skizzierten Modell ist die Erwerbsarbeit und berufliche Erfahrung dagegen integraler Bestandteil des Berufsbildungssystems. Die (Fach-)Hochschule übernimmt damit Funktionen der Weiterbildung.

Ausbau der Fortbildungsabschlüsse

Das derzeitige Spektrum der Fortbildungsabschlüsse ist zu schmal, um der Anforderung einer ausreichenden Verzahnung von Aus- und Weiterbildung zu entsprechen. Es müssen deshalb insbesondere in den künftigen beschäftigungsrelevanten Bereichen, in denen bisher kaum Fortbildungsabschlüsse erworben werden können, wie z.B. in den Bereichen Gesundheit, Tourismus, Freizeit und Sicherheit, zusätzliche Weiterbildungsordnungen entwickelt werden. Dies entspricht auch dem Maßnahmenkatalog der Bundesregierung vom März 1994.

Verbundlösungen/duale Kooperationsformen

Dualität als dominante Lernorganisation in der beruflichen Bildung erfordert den Ausbau von Weiterbildungsgängen und Fachhochschulgängen mit dualem Charakter. Deshalb sind Verbundlösungen zwischen Betrieben und Weiterbildungsträgern bzw. Fachhochschulen zu entwickeln. Anzuknüpfen ist hier an die bereits bestehenden Studiengänge/Weiterbildungsgänge mit dualen Komponenten, wie sie auch im Konzept des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) (1992) vorgesehen sind. Zu den vielfachen Ansätzen, Studiengänge mit dualen Komponenten zu praktizieren, gehören die Wirtschafts- und Verwaltungsakademien, die Berufsakademien sowie eine Reihe von Fachhochschulen, wie zum Beispiel die Fachhochschule Niederrhein (Kooperative Ingenieurausbildung Maschinenbau) oder die Fachhochschule der Wirtschaft in Paderborn.

[Seite der Druckausgabe: 61]

Modularisierte Weiterbildungskonzepte

Der schrittweise Erwerb von Qualifikationen im Hinblick auf abschlußbezogene Weiterbildung erfordert Modulkonzepte, die für einige Bereiche (zum Beispiel REFA-Verband) bereits vorliegen. Modularisierung der Weiterbildung fördert das offene, selbstgesteuerte Lernen; damit wird es möglich, die Berufserfahrung angemessen für die Weiterbildungsabschlüsse zu berücksichtigen und zu zertifizieren. Das dringend erforderliche „Auffüllen" der Aus- und Weiterbildung durch Zusatzqualifikationen im Kommunikationsbereich (zum Beispiel Fremdsprachen) wird durch ein Modulsystem erst möglich.

Transparenz/Beratungshilfen

Zentrale Funktionsbedingungen des Vorschlags sind Transparenz und Beratungshilfen für die Auszubildenden und die Beschäftigten. Die unterschiedlichen Optionen dieses beruflichen Bildungssystems (Berufspositionen und/oder Hochschulzugang) müssen für alle Betroffenen und Beteiligten leicht verständlich sein. Nur einfache und klare Lösungen sind letztlich attraktiv und fördern rationale Bildungsentscheidungen.

Personalentwicklungskonzepte

Die Optionen „betriebliche Karriere" einerseits und „Hochschulzugang" andererseits machen es erforderlich, daß die Personalentwicklungskonzepte der Betriebe durchlässige Aufstiegswege enthalten und verdeutlichen. Die Öffnung des Hochschulzugangs darf nicht dazu führen, daß zum Beispiel die Weiterbildung zum und die Tätigkeit als Meister nur zur Durchlaufstation zum Ingenieur werden.

Es sind deshalb Branchenkonzepte für Karrieren in Klein- und Mittelbetrieben zu entwickeln (zum Beispiel Facharbeiter/Fachangestellte, Assistent/Techniker, Meister/Fachwirt, Diplombetriebswirt/Diplomingenieur). Darüber hinaus ist an diagonale Karriere- und Bildungswege (Kombination von horizontaler Arbeitsplatzmobilität mit vertikaler Mobilität in bezug auf Lohn und Status) zu denken, um die für die Kooperation und

[Seite der Druckausgabe: 62]

Kommunikation zwischen Facharbeiter und Ingenieur wichtigen „Brückenqualifikationen" weiterzuentwickeln.

In diesem Zusammenhang ist aber auch auf die Revision des Laufbahn-Systems im öffentlichen Dienst zu verweisen, das die Absolventen beruflicher Bildung benachteiligt.

Finanzierung

Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung ist nicht zuletzt nur dann herzustellen, wenn die Finanzierungsinstrumente und -mechanismen einander angeglichen werden. Auch hier hat ein Umdenken bereits eingesetzt (z.B. Forderung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks nach einem „Gesetz zur Finanzierung der außerschulischen beruflichen Aufstiegsfortbildung", das die Verteilung der Mittel nach dem Modell des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vorsieht: 50% Darlehen / 50% Zuschuß aus Steuermitteln). Neue Finanzierungsregelungen für ein dualisiertes Berufsbildungssystem erfordern die Beteiligung der Tarifparteien.

Resümee und Perspektiven

Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung erfordert ein eigenständiges Berufsbildungssystem, in dem die berufliche Weiterbildung das wesentliche Element darstellt. Berufliche Weiterbildung hat in diesem Berufsbildungssystem nicht nur die Funktion, betriebliche Karrierewege zu ermöglichen, sondern auch die Option auf Studiengänge, die mit Erwerbsarbeit kombiniert sind.

Der skizzierte Vorschlag erfüllt die wesentlichen bildungspolitischen Forderungen: Er

  • fördert die Durchlässigkeit im Berufsbildungssystem,

  • leistet einen Beitrag zur Attraktivität der Berufsbildung,

  • verbindet systematisch Arbeiten und Lernen, Praxis und Theorie,

[Seite der Druckausgabe: 63]

  • erleichtert den schrittweisen Erwerb von Qualifikationen,

  • macht Aus- und Umstiege möglich und verringert dadurch den Bildungsabbruch,

  • erübrigt zeitraubende Umwege für den Erwerb von Berechtigungen im schulisch/akademischen Bereich und

  • bietet transparente Alternativen für Bildungsentscheidungen.

Schließlich, aber nicht zuletzt, bietet er einen Einstieg in das Konzept einer Neuordnung von Lernen und Arbeiten, von Erwerb und Verwertung von Berufserfahrung und Wissen. Mit der Realisierung dieses Vorschlags wird auch ein Schritt zu einem Recurrent-Education-System getan, in dem Lernen in der Arbeit und schulisches Lernen alternierend verbunden werden. Ein solches (Berufs-)Bildungssystem wird aus unserer Sicht dem schulisch/akademischen Bildungssystem überlegen sein.

Literatur

Deutscher Industrie- und Handelstag, Bildungsausschuß des DIHT, Modellkonzept „Duale Berufsbildung im Verbund", in: BMBW (Hrsg.): Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung. Dokumentation der 1. BMBW-Fachtagung 8. Juli 1992, Bonn 1992.

Dybowski, G., H. Pütz, E. Sauter, H. Schmidt: Ein Weg aus der Sackgasse - Plädoyer für ein eigenständiges und gleichwertiges Berufsbildungssystem, in: BWP 6/94, S. 3-13.

Husemann, R., J. Münch, C. Pütz (Hrsg.): Mit Berufsausbildung zur Hochschule. Argumente zur Gleichwertigkeit allgemeiner und beruflicher Bildung, Frankfurt/M. 1995.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2000

Previous Page TOC Next Page