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Birgit Hellwig
Stadtteilbezogene Jugendsozialarbeit mit SpätaussiedlerInnen in Hannover: Erfahrungen, Konflikte, Handlungsmöglichkeiten


Bevor ich mich zu dem eigentlichen Thema meiner Ausführungen, nämlich stadtteilbezogene Jugendsozialarbeit mit SpätaussiedlerInnen in Hannover äußere, möchte ich einige notwendige Vorbemerkungen zur Situation von jungen SpätaussiedlerInnen voranstellen. Seit Jahrzehnten kommen deutsche SpätaussiedlerInnen aus den Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa in die Bundesrepublik Deutschland, da sie für sich und ihre Kinder dort kaum Möglichkeiten sehen, ihre Tradition, ihre Sprache und Kultur als Deutsche zu bewahren und als Volksgruppe zu überleben. Zwischen 1980 und 1996 sind 2.670.012 SpätaussiedlerInnen nach Deutschland ausgereist, davon 1.469.562 Millionen aus den GUS-Staaten (Bundesverwaltungsamt). „Neben der türkischen Minderheit bilden sie mittlerweile in Deutschland die zweitgrößte Einwanderungsgruppe." (Roll) Die Motivation zur Ausreise ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: grundlegende Veränderungen der politischen Verhältnisse, Familienzusammenführung und zunehmende ökonomische Probleme in Ost- und Südosteuropa. Die Entscheidung zur Ausreise treffen die Eltern oft ohne ihre Kinder. Der Wechsel vom Herkunftsland in die Bundesrepublik führt bei den jungen SpätaussiedlerInnen zum Einschnitt in ihre Sozialisations- und Entwicklungsgeschichte. Sie haben Gegenden verlassen, in denen sie feste Bindungen und einen Freundeskreis hatten. Der abrupte Wechsel in eine so ganz andere Gesellschaft mit fremder Sprache und Kultur fordert die psychosozialen Ressourcen der SpätaussiedlerInnen. Besonders in der Anfangszeit, wenn die deutschen Sprachkenntnisse noch gering sind und die Umgangsformen fremdartig wirken, stellt man bei den jungen SpätaussiedlerInnen eine tiefe Verunsicherung fest.

Das Jugendgemeinschaftswerk der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Hannover-Stadt e.V. ist schon seit Jahren in der Eingliederungsarbeit mit jungen SpätaussiedlerInnen tätig. Neben intensiver Einzelfallberatung und -begleitung in den Bereichen Schule, Ausbildung, Beruf und persönlichen

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Fragen, werden Gruppenaktivitäten in einzelnen Stadtteilen, Freizeiten und Seminare angeboten, mit der Zielsetzung, Hilfestellung bei der Integration in unsere Gesellschaft zu leisten.

In vier Stadtteilen der Stadt Hannover werden wöchentliche Jugendtreffs angeboten. Die Errichtung von Standorten und Gruppenangeboten in Wohngegenden mit hohem Spätaussiedleranteil ist konzeptioneller Bestandteil des Jugendgemeinschaftswerkes geworden.

Hier handelt es sich zumeist um Stadtteile, die durch eine dichte Hochhausbebauung, enge Wohnverhältnisse gekennzeichnet sind. Aufgrund des Belegungsrechtes der Stadt Hannover leben hier viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und ethnischer Herkunft, wie Deutsche, Kurden, Türken, Sinti und Roma, Italiener und Spätaussiedler zusammen. In diesen Stadtteilen gab es kein auf die spezifischen Belange der SpätaussiedlerInnen zugeschnittenes offenes und integratives Angebot. Insgesamt gibt es in diesen Stadtteilen zuwenig Räumlichkeiten und Angebote für die überdurchschnittlich hohe Anzahl von Kindern und Jugendlichen.

Ziel der Arbeit in den Stadtteilen ist es u.a. soziale Kontakte herzustellen und das Erlebte mit Gleichaltrigen auszutauschen. So können die Jugendlichen eher in ihrer unmittelbaren Lebenswelt, in ihrer Nachbarschaft vertraut werden. Die Angebote des Jugendgemeinschaftswerkes sind immer offen für einheimische Jugendliche. Durch Sprachschwierigkeiten und die Auseinandersetzung mit einer neuen Lebenswelt können die jungen SpätaussiedlerInnen leicht ins Abseits geraten. Auch die zunehmende Fremdenfeindlichkeit hierzulande mag zu verstärkter Isolation der SpätaussiedlerInnen führen. Der Kontakt zu einheimischen Jugendlichen kann dieser Gefahr entgegentreten.

Die inhaltliche Arbeit im Stadtteil umfaßt drei Schwerpunkte:

  • Einzelfallhilfe und Beratung
  • intensive sozialpädagogische Gruppenarbeit
  • Kooperation mit anderen Institutionen, Verbänden, Schulen etc.

mit den Zielsetzungen:

  • zusätzliche Treffangebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen

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  • Kontakte zu anderen Gruppen herzustellen

  • am Bedürfnis der Jugendlichen entwickelte Lernfelder im Rahmen verschiedener Freizeitangebote zu schaffen

  • Freizeit- und Bildungsangebote im Stadtteil deutlich zu machen und wahrzunehmen.

Die Erfahrungen jahrelanger Stadtteilarbeit mit jungen SpätaussiedlerInnen zeigen jedoch, daß eine „gelungene" Integration immer schwieriger wird und Konflikte zwischen Jugendgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft eskalieren. In den Medien liest sich dies wie folgt:

  • "Im Norden tickt eine soziale Zeitbombe: Deutsche und türkische Jugendliche rotten sich gegen Kinder von Spätaussiedlern zusammen." (Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23.02.95)

  • „Bis zu 200 Jugendliche bewaffnen sich für Vahrenheider Bandenkrieg." (Neue Presse vom 24.02.95)

  • „Die Ghetto-Kinder aus Sibirien - Zwischen zugewanderten und einheimischen Jugendlichen herrscht Konkurrenz, daß Sozialarbeiter und Polizei eine Explosion in den Vorstädten befürchten." (Süddeutsche Zeitung vom 19.04.95)

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Wie kommt es nun dazu, daß Konflikte zwischen Jugendgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft eskalieren?

Jugendsozialarbeit wird in der öffentlichen Diskussion überschätzt, wenn sie für das Auftreten von Jugendgewalt mitverantwortlich gemacht wird, z.B. durch Angebote für eine bestimmte Zielgruppe. Die gesellschaftlichen Zusammenhänge werden dabei ausgeblendet. Krisen sind ein sozialer Indikator für eine zerstörte Lebensqualität in unserer Gesellschaft. Die hiesige Gesellschaft hat in den letzten Jahren einen enormen Modernisierungsprozeß vollzogen. „Diese Entwicklung hat für Jugendliche mehr Unberechenbarkeit des eigenen Lebensweges und Konkurrenzkampf mit sich gebracht, mit der Folge sich ständig 'behaupten' zu müssen. Das gesellschaftliche Postulat 'Der Stärkere soll sich durchsetzen' wird von den Jugendlichen verinnerlicht." (Korn/Mück) Individualisierung und Konkurrenz, Differenzierung und Pluralisierung von Lebenschancen sind die prägenden Erfahrungen der heutigen

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Jugendgeneration. Für die jugendlichen SpätaussiedlerInnen ist der Verlust ihrer bisherigen sozialen Bezüge und die Entwurzelung besonders stark und von daher ein tiefgreifendes Erlebnis. Die Jugendlichen haben erhebliche Probleme zu bewältigen, um hier „Fuß fassen" zu können. In Schule und am Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz erleben sie, daß sie den Anforderungen nicht entsprechen und die verlangten Standards nicht erfüllen.

Die Zunahme mangelnder Sprachkenntnisse und vor allem die vielfältigen, unterschiedlichen Verhaltens- und Kommunikationsmuster einheimischer Jugendlicher verunsichern die jungen SpätaussiedlerInnen. Sie stehen der Aufsplittung der hiesigen Jugendkultur orientierungslos gegenüber und wissen nicht, in was sie sich eingliedern sollen. Andererseits machen die Jugendlichen in Deutschland Ausgrenzungserfahrungen. Ihre mitgebrachte russische Sprache und Kultur ist hier nicht willkommen, wird negativ bewertet. Vor allem die Jugendlichen, die in Stadtteilen mit hohem Spätaussiedleranteil leben, werden von außen definiert als „Russen" oder „Russkis". So finden sie sich oft in Gruppen und Cliquen zusammen, die fast ausschließlich aus Spätaussiedlernnen bestehen. Dieser Rückzug in die Gleichaltrigengruppe bedeutet für sie Sicherheit und Zusammenhalt gegen eine als fremd erlebte Umwelt. Die Gruppe stärkt soziale Identität. „Alkohol- und Drogenkonsum sowie gewalttätige Auseinandersetzungen kommen häufiger ins Spiel." (Roll)

In Stadtteilen, die z.B. als sozialer Brennpunkt gelten, in denen die Bewohnerstruktur hauptsächlich aus sozial benachteiligten Familien, kinderreichen Familien, Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern, alleinerziehenden Müttern und Vätern, ausländischen Familien und Spätaussiedlern besteht, ergeben sich erhebliche soziale Spannungen. In den Familien mündet die wirtschaftliche und soziale Aussichtslosigkeit oftmals in kompensatorisches Verhalten wie Alkoholmißbrauch, unwirtschaftliche Anschaffungen bis hin zur Verschuldung. Diese belastende Lebenssituation führt häufig zu Konflikten, die „gewalttätige Lösungen" hervorruft. Besonders Kinder und Jugendliche sind von dieser Atmosphäre im Stadtteil betroffen.

Fehlen dann z.B. noch offene Angebote bzw. Räume für die hohe Anzahl von Kindern und Jugendlichen, beginnt der Machtkampf um die bestehenden Räume und es kommt immer wieder zu Rivalitäten der einzelnen Gruppierungen. „Jugendliche, die Gewalt ausüben, kompensieren für einen kurzen Moment ihre eigenen alltäglichen Ohnmachtserfahrungen und das Ge-

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fühl auf der Verliererseite dieser Gesellschaft zu stehen." (Korn/Mück) Gewalt garantiert oft einen hohen Grad an öffentlicher Aufmerksamkeit. So wird z.B. auf Jugendcliquen erst reagiert, wenn sie gewalttätig geworden sind und das wird mediengerecht vermarktet.

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Welche Ansatzpunkte bzw. Handlungsmöglichkeiten gibt es nun in der Jugendsozialarbeit zur kulturellen und gesellschaftlichen Eingliederung?

Jugendliche trifft die Migration in der Phase der Entwicklung des Selbstbildes und der Orientierung in die gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhänge und ist ein tiefgreifendes Erlebnis. Besonders schwer wiegt das Fehlen Gleichaltriger, mit denen man sich austauschen könnte, wenn z.B. die Sprache als Stützpunkt der eigenen Identität nicht mehr trägt. Auch das deutsche Schul- und Ausbildungssystem wirkt als fremder sozialer Ort mit einer Autoritäts- und Leistungsdiffusion im ungünstigen Fall eher integrationshemmend als -fördernd. Dementsprechend groß sind die Schwierigkeiten für einen Teil der Jugendlichen, eine stabile Ich-Identität aufzubauen.

Jugendhilfemaßnahmen können hier in verschiedensten Formen ansetzen, im Vordergrund stehen aber jeweils die Beratung und Betreuung sowie die Einbindung in Gleichaltrigengruppen. Dabei gewinnt die Sprache als Ausdruck des eigenen Ichs enorme Stärke, wenn sie helfen kann, sich anzuvertrauen und Probleme und Problemlösungen auszutauschen. Ein wichtiger Faktor ist die Zeit. Der Verlust vertrauter Bindungen und Umgebung läßt sich erst in langwierigen und oft schmerzhaften Prozessen durch neue soziale und emotionale Bezüge aufwiegen.

Den professionellen BetreuerInnen kommt die Aufgabe zu, persönlichkeitsfördernde Betreuung zu leisten. Dabei kann nur eine stabile Ich-Identität aufgebaut werden, wenn sich die jugendlichen SpätaussiedlerInnen auch positiv auf ihre mitgebrachten russischen Sprach- und Kulturkompetenzen beziehen können, d.h. Unterstützung ihrer Bikulturalität, die es ihnen erlaubt, die verschiedenen Anteile ihrer Persönlichkeit zu verbinden. In der Betreuungsarbeit mit jugendlichen SpätaussiedlerInnen heißt das: „Schonraum" schaffen, russischsprachiges Betreuungspersonal einsetzen und für mehr Akzeptanz der russischen Kultur zu werben. Ziel muß es sein, den Jugendlichen Integrations- statt Ausgrenzungserfahrungen und Solidaritäts-

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statt Vereinzelungserfahrungen zu ermöglichen. Dies versuchen wir in der sozialpädagogischen Gruppenarbeit zu erreichen. Hier handelt es sich sowohl um gemischte als auch um geschlechtsspezifische Gruppen.

Bildung und Ausbildung gehören zu den wichtigsten gesellschaftlichen Integrationsfaktoren. Die strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt haben jedoch zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit unter jungen SpätaussiedlerInnen geführt. Die doppelte Benachteiligung - einmal die geringen Sprachkenntnisse und zum anderen die eingliederungsbedingten Belastungen und die daraus resultierende niedrigere schulische Qualifikation - nehmen ihnen ihre ohnehin geringen Chancen im Wettbewerb um einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz.

Der Übergang Schule - Beruf ist somit schon seit langem ein Schwerpunkt des Jugendgemeinschaftswerkes. In den Gruppen der einzelnen Stadtteile werden den jugendlichen SpätaussiedlerInnen Anlaufstellen geboten, um Fragen zu Schulabschluß, Bewerbung, Ausbildungsplatzsuche etc. zu erörtern. Unter kompetenter Anleitung erhalten die Jugendlichen die Möglichkeit, Bewerbungsschreiben zu verfassen, Bewerbungsgespräche einzuüben, Schulpraktika nachzubereiten oder gemeinsam das Berufsinformationszentrum oder die Berufsberatung des Arbeitsamtes zu besuchen. Des weiteren wird ein Deutsch-Intensivkurs für junge SpätaussiedlerInnen und junge ausländische Flüchtlinge angeboten, mit dem Ziel, die sprachlichen Defizite zu minimieren und Lücken des Allgemeinwissens zu schließen, um ihnen den Start ins Ausbildungs- und Berufsleben zu erleichtern.

Ansätze zu identifikationsfördernden Maßnahmen gibt es schon seit Jahren, sowohl in der Eingliederungsarbeit mit jungen MigrantInnen im Jugendhilfebereich wie auch im Kultur- und Schulsektor. Dabei handelt es sich nicht nur um herkunftsbezogene und integrationswirksame Arbeitsansätze im Umfeld der durchführenden Einrichtung, sondern auch um Jugendreisen als Begegnung im Herkunftsland der MigrantInnen. Jugendliche MigrantInnen aus dem europäischen Raum haben im Gegensatz zu jugendlichen SpätaussiedlerInnen in der Regel öfter Gelegenheit, das Land zu besuchen, in dem sie oder wenigstens ihre Eltern geboren sind. Für sie findet die Auseinandersetzung zwischen nationaler, religiöser und soziokultureller Zugehörigkeit eher bei Besuchen im Herkunftsland oder innerhalb der Familie statt, wo solche Bindungen an das Herkunftsland tradiert werden. Den jungen SpätaussiedlerInnen bietet sich die Chance, auf diese Weise ein Selbstbild

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manifestieren zu können, höchst selten. Eine Reise ca. 3.000 km zurück nach Kasachstan oder Sibirien unternehmen nur wenige. Damit entfällt eine Möglichkeit, sich bewußt mit dem Heimatverlust auseinanderzusetzen und sich zwischen dem verlorenen Vertrautem und gewonnenen Neuem wiederzufinden.

Diesem entscheidenden Moment der Manifestierung der Identifikation galt eine Bildungsreise nach Westsibirien, die das Jugendgemeinschaftswerk der Arbeiterwohlfahrt im letzten Herbst durchgeführt hat. An dieser Reise nahmen 10 SpätaussiedlerInnen, die aus Westsibirien kamen und 10 Jugendliche, die in Hannover geboren sind, teil. Da die meisten jungen SpätaussiedlerInnen Kontakte zu Einheimischen fast nur in offiziellen Einrichtungen, d.h. in der Schule oder am Arbeitsplatz haben, galt es, durch Begegnung das Verständnis für ihre Situation zu fördern und die „alte Heimat", die Lebenssituation der Rußlanddeutschen kennenzulernen.

In den Stadtteilen, wo die verschiedenen Lebenswelten aufeinandertreffen, ist die gezielte Förderung von Maßnahmen und Strategien, die sich an Einheimische und MigrantInnen wenden, notwendig. Nur sie kann auf längere Sicht, zum besseren wechselseitigen Verständnis- und Verständigungsbereitschaft, zum Abbau von Vorurteilen einen Beitrag leisten. Durch eine „organisierte" Kontaktaufnahme und Auseinandersetzung wird die bewußte Begegnung und der bewußte Austausch der Gruppen untereinander gefördert und kann somit zur Entwicklung einer positiven Nachbarschaft führen. Positive Erfahrungen haben wir hierbei in der Arbeit mit Mädchen gesammelt. Im Stadtteil Vahrenheide, einem sozialen Brennpunkt in Hannover, hat das Jugendgemeinschaftswerk der Arbeiterwohlfahrt in Zusammenarbeit mit der dort ansässigen Gemeinwesenarbeit eine Projekt „Mädchen machen Rock" initiiert. Da Rockmusik im Alltag von Jugendlichen eine zentrale Rolle einnimmt und es für Mädchen schwieriger ist, musikalisch aktiv zu werden, wurde hierzu eine Projekt konzipiert. Zusammen mit dem Frauenrockmobil konnten die Mädchen eigene musikalische Fähigkeiten und Kreativität entdecken und erfahren, gemeinsame Entfaltungsformen erleben und entwickeln. Die „Internationals" setzen sich aus Mädchen verschiedener Kulturen zusammen (deutsche, türkische und SpätaussiedlerInnen). Über das Medium „Musik" und der gemeinsamen Arbeit konnte die Nationalitäts- und Gruppenzugehörigkeit aufgehoben werden und Begegnung und Akzeptanz gefördert werden.

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Zusammenfassend lassen sich folgende Ansätze zur Lösung von Konflikten im Stadtteil nennen:

Aus meiner Sicht ist eine Intensivierung der stadtteilbezogenen Arbeit und ihre interkulturelle Orientierung dringend erforderlich. Sofern ein Bedarf danach und ein Interesse daran besteht, sollten einerseits Angebote und/oder Räume für Gruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft getrennt angeboten werden. Jede Gruppe muß die Gelegenheit erhalten, ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse einzubringen. Dies trägt zur eigenen Stabilität bei und so kann Konkurrenz und Neid vermieden werden.

Parallel sollten interkulturelle Maßnahmen initiiert und gefördert werden, bei denen Herkunft und unterschiedliche Nationalitäten in den Hintergrund treten. Nur so kann eine Stabilisierung der Betroffenen als Individuen und Gruppen erzielt und eine Grundlage für sie geschaffen werden, auch auf andere zuzugehen.

Es sollte im öffentlichen Interesse liegen, gewalttätigen Ausschreitungen zwischen rivalisierenden Jugendgruppen auch langfristig wirksam entgegenzuwirken, um spätere ökonomische und vor allem soziale Folgelasten zu reduzieren.

Deutlich ist aber, daß z.Zt. keine finanziellen Ressourcen bereitstehen, um notwendige Maßnahmen zu finanzieren. Im Gegenteil - bestehende Einrichtungen bzw. MitarbeiterInnenstellen werden gekürzt.

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Literatur

Bundesverwaltungsamt, in: Info-Dienst Deutsche Aussiedler (1996), Nr. 82, (1997), Nr. 86, Bonn

Korn, Judy/Mück, Thomas (o.J.): Umgang mit Gewalt, 4. überarbeitete Fassung, Berlin

Roll, Heike (1997): Deutsch sein und doch fremd sein - Jugendliche Aussiedler suchen ihre Identität, in: Gesprächskreis Arbeit und Soziales, Nr. 72, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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