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TEILDOKUMENT:




[Seite der Druckausgabe: 1 = Titelblatt]

[Seite der Druckausgabe: 2 = Impressum]

[Seite der Druckausgabe: 3]

1. Problemstellung

Die sozialen Fähigkeiten gewinnen im Vergleich zu den fachlichen Fähigkeiten seit langem immer mehr an Bedeutung. Unterstützt wurde dieser Prozeß durch die technologischen und arbeitsorganisatorischen Umwälzungen, die im Kernbereich industrieller, männlicher Facharbeit erfolgten und in deren Mittelpunkt Formen von Team- und Gruppenarbeit stehen. In diesen Arbeitsformen stellen sich neue Arbeitsanforderungen an die Mitglieder und Leitungspersonen, die mit den bisher vermittelten fachlichen Qualifikationen allein nicht zu bewältigen sind. Die Konsequenzen für den Ausbildungsbereich sind bereits gezogen: in den neugeordneten Ausbildungsberufen im Elektro- und Metallbereich spielen soziale Lernziele eine relativ große Rolle. Darüber hinaus gibt es betriebliche und außerbetriebliche Weiterbildungsbemühungen, die auf die Vermittlung sozialer Fähigkeiten zielen, insbesondere im Bereich der Führungskräftefortbildung.

Die Diskussion um das zunehmende Gewicht sozialer Kompetenzen im Beruf weist jedoch androzentrische Züge auf. Wenn soziale Kompetenzen als neue Anforderungen für berufliches Handeln dargestellt werden, so gilt dies, wenn überhaupt, nur für die sogenannten Männerberufe: die Tatsache, daß Frauen seit Jahrhunderten in den für sie offen stehenden Berufen soziale und personenorientierte Fähigkeiten einsetzen müssen, bleibt unberücksichtigt. Analysen, die die Entstehungsbedingungen und den Einsatz sozialer Fähigkeiten in diesen Berufen ausleuchten, fehlen, bzw. werden in der Debatte nicht zur Kenntnis genommen. Bei dieser Ausblendung erübrigt sich die Frage, ob die Altenpflegerin und der neue Manager etwas gemeinsam haben. Die Hoffnung, daß der Bedeutungszuwachs der sozialen Fähigkeiten für das berufliche Handeln den Frauen im Erwerbssystem automatisch zunutze käme, ist trügerisch: es gibt bislang keine Anzeichen dafür, daß die den Frauen bislang zugeschrieben Fähigkeiten in "ihren " Berufen aufgewertet würden, noch gibt es Anzeichen dafür, daß den Frauen der Zugang zu den mit neuen Anforderungen versehenen Positionen qua Geschlecht automatisch geöffnet wäre. Der diskriminierende Widerspruch liegt offen:

  • einerseits werden soziale Kompetenzen immer stärker in ihrer Bedeutung erkannt, andererseits werden aber diese Kompetenzen, wenn sie in "Frauenberufen" gebraucht werden, weiterhin unterbewertet

  • einerseits werden den Frauen qua Geschlecht besondere soziale Befähigungen zugeschrieben, andererseits kommen Frauen für die mit den neu entdeckten sozialen Anforderungen versehenen gut bezahlten Positionen qua Geschlecht weniger in Frage.

[Seite der Druckausgabe: 4]

Das Problem der Aufwertung der sozialen Fähigkeiten soll im folgenden diskutiert werden. Dabei wird die gesellschaftlich produzierte Vergeschlechtlichung der sozialen Fähigkeiten als ein wesentlicher Grund für die Abwertung herausgestellt. Die Vergeschlechtlichung von Berufen und Handlungspotentialen wird dabei als Prozeß angesehen, der die Hierarchie zwischen den Geschlechtern immer wieder und mit vielfältigen Mechanismen herstellt. Dieser Prozeß kann durch eine Relativierung der Kategorie Geschlecht, durch eine Minderung ihrer Bedeutung, unterbrochen werden. Erst wenn sich die Verknüpfungen von Geschlecht und Berufen sowie Handlungspotentialen auflösen, kann der Wert sozialer Fähigkeiten für berufliches Handeln so bestimmt werden, daß die soziale Kompetenz auch in Frauenberufen als soziale Qualifikation anerkannt wird und eine entsprechende Höherbewertung erfährt.

Diese These wird in drei Perspektiven entfaltet:

Im ersten Teil werden Ansatzpunkte in der feministischen Theoriedebatte insbesondere zu den sogenannten Dekonstruktionsansätzen vorgestellt. In einem zweiten Teil werden die möglichen Folgerungen dieser Debatte für die Analyse von Dienstleistungsberufen und Handlungspotentialen gezogen und im letzten Teil werden Aufwertungsstrategien für die real insbesondere von den Frauen eingesetzten sozialen Kompetenzen erörtert.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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