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TEILDOKUMENT:
[Essentials]
Auf einen Blick Aufgrund der Vereinbarung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten der Länder vom 17.12.1998 werden in den kommenden Jahren die Aufgabenverteilung und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern grundlegend überprüft werden. Damit sind die Weichen für eine Finanzreform nach dem Auslaufen der Solidarpaktvereinbarungen zum Ende des Jahres 2004 gestellt. Eine Finanzreform 2005" wird wahrscheinlich keinen Paradigmawechsel vom konsensorientierten zum Wettbewerbsföderalismus beinhalten, sondern eher eine Anpassung des bestehenden Systems an veränderte Bedingungen in der Bundesrepublik Deutschland in einem sich weiter zusammenschließenden Europa. Der deutsche Föderalismus ist seit seinem Entstehen 1866/71 auf Kooperation und Konsens hin angelegt. Diese Grundanlage wurde vom Grundgesetz 1949 bestätigt und weiterentwickelt. Dem Modell entspricht die weitgehende institutionelle Trennung von Normierung und Vollzug staatlicher Aufgaben: die (innenpolitischen) Gesetzgebungszuständigkeiten wurden weitgehend auf den Bund übertragen, der Vollzug und damit auch die Finanzierung weitestgehend bei den Ländern belassen. Diese Form der funktionalen Aufgabenteilung" erfordert eine Finanzverfassung, die alle Glieder des Bundesstaates in die Lage versetzt, die ihnen obliegenden Aufgaben" zu erfüllen. Erreicht wird dieses Ziel durch eine weitestgehend bundeseinheitliche Steuergesetzgebung, den Steuerverbund und den horizontalen Finanzausgleich bis nahe an das Nivellierungsverbot. Kritisiert werden an dem System falsche ökonomische Anreize; die Verfestigung bestehender Strukturen zwischen armen" und reichen" Ländern sowie die ungleiche Verteilung bundesgesetzlich definierter Lasten zum Nachteil der finanzschwachen Länder. Das als Alternative empfohlene Modell eines Wettbewerbsföderalismus kann nicht überzeugen, denn es verkennt die jetzt bereits bestehenden Konflikt- und Konkurrenzlagen, mit denen sich die Länder konfrontiert sehen. Es übersieht die politischen Strukturen der Bundesrepublik mit einem seit dem 19. Jahrhundert im wesentlichen gesamtstaatlich ausgerichteten Parteiensystem. Die vielfach geforderte Abkehr vom Prinzip der Aufgabenteilung und seine Ersetzung durch institutionelle Kongruenz" Normierung, Vollzug und Finanzierung in einer Hand hätte erhebliche Folgen: Würde der Bund den Vollzug der Bundesgesetze übernehmen, müßte eine umfangreiche Bundesverwaltung aufgebaut werden oder die Länder würden auf bloße weisungsgebundene Vollzugsorgane des Bundes reduziert. Diese Lösung wäre gleichbedeutend mit dem Ende des Föderalismus in Deutschland. Bekommen die Länder die Gesetzgebungszuständigkeiten für die Bereiche, deren Vollzug ihnen obliegt, werden auch wünschenswerte Vereinheitlichungen vom Strafgesetzbuch bis zur Straßenverkehrsordnung in Frage gestellt. Ein Trennsystem bei der Steuerverteilung würde die (relativ) gleichmäßige Steuerentwicklung bei Bund und Ländern beenden. Auf Lastenverschiebungen zwischen Bund und Länder könnte nicht mehr mit einer Änderung der Umsatzsteueraufteilung reagiert werden, sondern es wären Eingriffe in die Steuergesetzgebung erforderlich. Änderungsmöglichkeiten und -bedarf in der bestehenden Steuer- und Finanzordnung bestehen in folgenden Bereichen:
Eine realistischere Strategie für eine Modernisierung des deutschen Bundesstaates als eine fragwürdige Fundamentalreform wäre mehr Zurückhaltung des Bundes bei der Ausschöpfung seiner Gesetzgebungskompetenzen. Aufgrund der Ebbe in den öffentlichen Kassen hat die Konfliktträchtigkeit von Finanzierungsfragen bei der Verabschiedung von Bundesgesetzen erheblich zugenommen. Daran wird sich in absehbarer Zukunft nichts ändern. Als Konfliktlösungsstrategie bietet sich an, daß der Bundesgesetzgeber den Ländern und damit den Landtagen mehr Spielräume bei der staatlichen Aufgabenwahrnehmung und Leistungserfüllung überläßt. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2000 |