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Die Versorgung der Deutschen mit Wohnungen Im Idealfall sollte auf jeden Haushalt eine Wohnung kommen. In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war dies nur in einer kurzen Zeitspanne der Fall, nämlich zwischen 1975 und 1985. In den 80er Jahren ging der Wohnbau nicht zuletzt aufgrund der Marktsättigung zurück. Gleichzeitig wuchs aber die Bevölkerung infolge von Zuwanderung. Neue Muster des Zusammenlebens führten zur Entstehung von mehr und mehr separaten Haushalten. So stieg der rechnerische Fehlbestand bis 1993 wieder auf 1,6 Millionen Wohnungen. Der durch die steigende Wohnungsnot ausgelöste Bauboom ließ den Fehlbestand dann wieder auf 1,2 Millionen (1995) sinken. Der tatsächliche Wohnungsmangel ist jedoch größer als der rechnerische. Denn ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht eine Fluktuationsreserve von 1-3%. D.h. allein in Westdeutschland müssen 300.000 bis 900.000 Wohnungen vorübergehend leerstehen, um Umzugsketten in Gang zu setzen oder Modernisierungen zu ermöglichen. Seit dem Beginn der langanhaltenden wirtschaftlichen Malaise" (erste Energiekrise, Ende der festen Wechselkurse, Stagflation, beginnende Massenarbeitslosigkeit) in den 70er Jahren ging der Wohnungsbau bis kurz vor der deutschen Vereinigung ständig zurück. Hierfür ist ganz überwiegend der Rückgang des Mietwohnungsbaus verantwortlich, während der Eigenheimbau eine größere Konstanz aufwies. Die Wende im Wohnungsbau seit 1990 wird statistisch verstärkt durch die Tatsache, daß danach auch der Wohnungsbau in Ostdeutschland mitgezählt wird. Der Zahl der neuen Wohnungen steht die Zahl der neuen Haushalte gegenüber. Sie ist in Westdeutschland seit 1991 um fast 54% gestiegen, nämlich von 19,5 Millionen auf nahezu 30 Millionen. Die Struktur der Haushalte hat sich dabei stark verändert. Der Anteil der Haushalte mit drei und mehr Personen ist stetig zurückgegangen, der der Ein- und Zweipersonen-
haushalte hat stark zugenommen, nämlich von 47% im Jahre 1961 auf 68% im Jahre 1994. Die ostdeutschen Haushalte sind im Schnitt etwas größer. Aber auch dort überwiegen die Ein- und Zweipersonenhaushalte. Eine wichtige Kennziffer für die allgemeine Wohnungsversorgung ist die Größe der Wohnfläche pro Person. Diese ist in Westdeutschland seit 1950 um mehr als das Doppelte gestiegen, von 14 auf 38 Quadratmeter. Dazu hat nicht nur der Bau größerer Wohnungen, insbesondere Eigenheime, beigetragen, sondern auch die Verkleinerung der Haushalte.
Im Jahre 1993 entfielen auf jeden Einwohner Westdeutschlands im Durchschnitt 37m2 Wohnfläche. Aber die Mehrzahl der Menschen mußte natürlich mit weniger Wohnfläche vorliebnehmen. Während alleinstehende Bewohner von Eigenheimen im Durchschnitt fast 85 m2 zur Verfü-
gung hatten, kamen in Mieterhaushalten mit 3 Kindern nur knapp 19m2 auf jede Person, in Haushalten mit 4 und mehr Kindern gar nur 15 m2. Zur Miete wohnende Standardfamilien" mit 2 Kindern hatten 22 m2 pro Kopf zur Verfügung. Wie nicht anders zu erwarten, verfügen Mieterhaushalte sowohl in West- als auch in Ostdeutschland über deutlich weniger Wohnfläche als die vergleichbaren Eigentümerhaushalte. Auch wenn die Wohnungsversorgung für den Durchschnittsbürger zufriedenstellend ist, gilt das nicht für alle Haushalte. Als angemessener" Wohnraum läßt sich heute ansehen:
Legt man diese Standards zugrunde, ergab die Wohnungsstichprobe von 1993 in Westdeutschland eine Unterversorgung für
und für Ostdeutschland für
Mehr als die Hälfte aller westdeutschen und drei Viertel aller ostdeutschen Haushalte wohnen zur Miete. Im europäischen Vergleich ist das ein sehr hoher Anteil.
Immerhin wohnen weniger als die Hälfte der Westdeutschen (47%) in Mehrfamilienhäusern und 53% in Ein- oder Zweifamilienhäusern. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |