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Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems : wie wird die Entwicklungsgarantie sichergestellt? ; Rede vor dem Gesprächskreis Politik und Medien der Friedrich-Ebert-Stiftung am 18.3.1997 in Bonn / von Fritz Pleitgen. - [Electronic ed.]. - Bonn, [1997]. - 15 S. = 60 Kb, Text
Electronic ed.: Bonn: FES Library, 1999

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT



Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems - Wie wird die Entwicklungsgarantie sichergestellt?

von Fritz Pleitgen
Intendant des Westdeutschen Rundfunks




Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Glotz,

ich danke herzlich für die Einladung und freue mich, heute nachmittag mit Ihnen diskutieren zu können.

Diese Gelegenheit erfreut mich um so mehr, nachdem ich vor kurzem feststellen durfte, daß es durchaus passieren kann, die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu diskutieren und in ein ordnungspolitisch von den Verfassern bescheiden als „wichtig" bezeichnetes Papier zu gießen, ohne daß ein Repräsentant des größten Teils dieses Systems, die ARD nämlich, überhaupt dazu geladen wurde.

Ich spreche vom Papier „Kommunikationsordnung 2000", das die Bertelsmann-Stiftung, gemeinnützig wie immer und vollkommen losgelöst von den medienpolitischen Interessen des zufällig gleichnamigen global players, hat erstellen lassen. Es gibt ja keinen Zweifel! Das Thema ist tatsächlich von Bedeutung, die Besetzung war beachtlich, wenn auch etwas einseitig; das Ergebnis blieb allerdings deutlich hinter dem Anspruch zurück, wenn man bedenkt, daß dem Rang des einschlägigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zumindest nahe gekommen werden sollte.

Die verschiedenen Interessen und Perspektiven, die sich dort begegneten, konnten nicht zu einem schlüssigen und überzeugenden Resultat integriert werden. So regieren denn die Widersprüche: Wird vorne kräftig dem wirtschaftlich dominierten Wettbewerb und dem Markt als alleinigem Garanten einer wünschenswerten Dynamik das Wort geredet, so bleibt hinten auch noch Platz für gesellschaftlich Relevantes, etwa für die Frage nach der allgemeinen Verträglichkeit einer lediglich am Wettbewerb orientierten Kommunikationsordnung. Und die sogenannte „Sonderstellung" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer deregulierten Medienwelt kommt auch noch zum Zuge, allerdings etwas knapp.

Insgesamt bleibt der Eindruck zurück, daß die Problematik zwar erkannt wurde, eine angemessene Berücksichtigung bei der Gestaltung einer verantwortbaren Medienordnung aus Gründen des reinen Dogmas der Wirtschaftsfreiheit aber leider nicht möglich ist.

Immerhin weiß man nun, wie sich große Medienkonzerne die Debatte offensichtlich vorstellen: Gefragt werden kann alles. Schließlich leben wir in einer Gesellschaft mit Meinungsfreiheit. Ob aber die Verantwortlichen in den Vorständen und den Strategiestäben der Medienhäuser geneigt sind, diese Fragen zu berücksichtigen oder gar öffentliche Antworten zu geben, das bleibt in das Belieben der Investoren gestellt. Im Zweifel dürfte es ein Geschäftsgeheimnis bleiben!

Bemerkenswert ist an diesem Papier sicher die Selbstverständlichkeit, man kann auch sagen, die Kühnheit, mit der hier der Anspruch erhoben wird: das bißchen Ordnungsrahmen, das wir noch brauchen, das regulieren wir uns auch noch selber.

Alles andere beschädige, so würde Andersdenkenden vermutlich unterstellt, eh nur den Standort Deutschland, der zwar 1996 wieder einen grandiosen Erfolg als Exporteur Nr. 2 in der Welt eingefahren hat, aber dennoch, wie wir täglich hören, an Unbeweglichkeit und Überregulierung eingeht.

Doch nun zu uns:

„Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Systems" heißt das Thema, verbunden mit der interessanten Frage: „Wie wird die Entwicklungsgarantie sichergestellt?"

Ohne spitzfindig werden zu wollen, erlaube ich mir den kleinen Hinweis: Eine Garantie, die man erst noch sicherstellen muß, ist eigentlich keine! Zu solchen Formulierungen kommt es, glaube ich , nicht von ungefähr.

Nicht nur im Medienbereich sind wir es ja inzwischen gewohnt, daß einstmals scheinbar unverbrüchliche Zusicherungen unter dem Druck der Verhältnisse urplötzlich kaum noch etwas wert sind. Das erleben wir im Gesundheitswesen, in der Rentenfrage, bei den Haushaltsentwürfen in Bonn, auch in der Wirtschaft, nicht zuletzt beim Problem der wachsenden Arbeitslosigkeit, und ganz aktuell bei der Frage der Kohlesubventionen.

Und so fällt es nicht aus dem Rahmen, daß auch gesetzliche und sogar verfassungsgemäße Garantien in Sachen Rundfunk nolens volens auf dem Prüfstand des Alltags stehen, der uns zwar so manch schönen Erfolg beschert, aber auch immer häufiger deutlich macht, daß hehre Worte und Absichten nur kurze Zeit respektiert werden. Ewigkeitswerte können ohnehin nicht beansprucht werden. Aber nicht mit jedem neuen Phänomen, manchmal auch Phantasien, müssen gleich auch Ordnungsprinzipien über den Haufen geworfen werden.

Damit komme ich zum jüngsten keyword der Debatte um die Entwicklung der Medien: Es heißt Konvergenz. Seit langem führen es vor allem die im Munde, die aus dem technologischen Zusammenwachsen von Rundfunk, Computernetzen und Telekommunikation schließen, damit sei nun endgültig klar, daß es mit der Sonderrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorbei sei. Damit meinen sie vor allem, daß aus diesem in der Vergangenheit so wichtigen „öffentlichen Gut" ein nur noch „privat" nachgefragtes Gut wird.

Die Absicht ist klar: den Handel mit privat nachgefragten Gütern und Dienstleistungen regelt das Wettbewerbsrecht. Dieses hat die sozialen Folgen eines schlichten Handels mit Kommunikation nie im Blickfeld gehabt. Wer aber Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören, wird kaum bestreiten können, daß Information wie Kommunikation keine Ware wie jede andere ist.

Das heißt: wer hier aus Gründen des technischen Zusammenwachsens die besondere Aufgabe des Rundfunks im Geflecht der Gesellschaft bestreitet, mag seine Eigeninteressen oder die der interessierten Investoren fordern. Eins tut er sicher nicht: die Bedeutung des freien Zugangs zu relevanten Inhalten für eine entwickelte demokratische Gesellschaft angemessen berücksichtigen.

Genau das ist auch der vor kurzem im Auftrag von EU-Kommissar Bangemann erstellten Studie der Unternehmensberatung KPMG vorzuwerfen. Es ist schon ziemlich naiv, nach all den Erfahrungen, die gerade wir Europäer mit der Macht der Medien gemacht haben, umstandslos darauf zu setzen, daß das angeblich freie Spiel von Angebot und Nachfrage

  • zu ausgewogenen,
  • auch Minderheiten und den politischen Dialog berücksichtigenden
  • und vor allem für alle zugänglichen

Programmen führen werde.

Aber vielleicht ist es ja auch gar nicht naiv, sondern vielmehr gleichgültig gegenüber den sozialen Folgen des eigenen Handelns. Ich will ganz deutlich sagen: Mit Info-Eliten allein, die sich gegen cash auch abseits des mainstreams mit wichtigen Informationen und attraktiven Programmen eindecken können, ist eine Demokratie, die diesen Namen verdient, nicht zu machen.

Ich gehe davon aus, daß das hier anstehende Thema der Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch maßgeblich von der Beantwortung der Frage beeinflußt sein wird: „Erzeugt die technologische Konvergenz der Übertragungswege darüber hinaus eine Konvergenz der Inhalte und der rechtlichen Regularien?"

Damit komme ich zu einem neuen Schlachtfeld der Medienpolitik. Konvergenz wird mittlerweile von gewissen Kreisen als Kampfruf für ein wirtschafts- bzw. industriepolitisch motiviertes Deregulierungsprogramm verwendet. Einer sachlichen Debatte sind Schlagworte aber nicht zuträglich. Fragen wir also einmal genau nach: Was steckt tatsächlich an realer medialer Entwicklung hinter dem Begriff der Konvergenz?

Konvergenz beschreibt ein technisches Phänomen: Digitalisierung und Datenkompression führen dazu, daß die technischen Übertragungswege, also die terrestrische Übermittlung, die Übertragung via Kabelfernsehleitung, über Satellit und über Telephonleitung untereinander zunehmend austauschbar werden. Über das Kabelfernsehnetz wird man vermutlich schon in naher Zukunft telephonieren können, und eine Fernsehsendung wird man in einigen Jahren möglicherweise auch über leistungsstarke Telephonleitungen empfangen können.

Wenn wir aber über den Rundfunk diskutieren, dann geht es um Inhalte, dann geht es um audiovisuelle Produktionen, die sich an ein öffentliches Publikum wenden. Ein Blick in den Rundfunkstaatsvertrag oder die Rundfunkgesetze der Länder ist hilfreich: Da geht es um Programmgrundsätze, um Schutz der Minderjährigen, um die Sicherung der Meinungsvielfalt, um Werberegeln, usw., also um die Inhalte. Auf welchem technischen Weg diese Rundfunksendungen den Zuschauer erreichen, ist für diese Regeln unerheblich.

Und was nun die Inhalte dieser Rundfunksendungen betrifft, findet gerade keine Konvergenz statt. Oder ändert sich der Inhalt eines Spielfilms, einer Nachrichtensendung, eines Dokumentarfilms oder eines Fußballspiels etwa deshalb, weil mir das Fernsehprogramm statt über die Dachantenne oder die Satellitenschüssel nun über ein Telephon- statt über ein Kabelmodem auf den Bildschirm kommt?

Es wird allerdings verschiedentlich argumentiert, daß wegen der Vervielfältigung des Angebots im digitalen Multikanalzeitalter die Unterscheidung zwischen Massenkommunikation und Individualkommunikation zunehmend entfalle, und daß darin der Konvergenzeffekt bestehe.

Wenn der Zuschauer nicht mehr einer vom Rundfunkveranstalter vorgesetzten Programmstruktur folgen müsse, sondern sich seine Sendungen einzeln zusammensuchen könne, so sei dies bereits Individualkommunikation. Und diese unterliegt bekanntlich und aus guten Gründen keinen spezifischen gesetzlichen Auflagen, sondern findet ihre Grenzen nur in den allgemeinen Gesetzen.

Ich finde es ziemlich beschränkt, zu behaupten, nur weil der Zuschauer eine größere Auswahl habe, betreibe er Individualkommunikation! Das Wesen der Individualkommunikation - klassisches Beispiel ist das Telephonat - ist die (Mit-)Gestaltung des Inhalts durch den Einzelnen.

Auf den Inhalt einer Fernsehsendung hat der Zuschauer aber keinerlei Einfluß. Allein der Rundfunkveranstalter gestaltet redaktionell das Programm, auch wenn es als Abruf-Fernsehen über den Bildschirm flimmert. Hierin liegt das Wesen der Massenkommunikation des Rundfunks, und hierin begründet liegt auch der spezielle Schutzgedanke des Rundfunkrechts.

Selbst wenn der Zuschauer als „gimmick" zwischen verschiedenen Kameraeinstellungen beim Formel 1-Rennen wählen kann oder sich bei der Seifenoper entscheiden kann, ob er lieber das traurige Ende oder das Happyend der Geschichte sehen möchte - er konsumiert immer Vorfabriziertes. Die inhaltliche Auswahl und Verantwortung liegt allein beim Veranstalter. Ergo: Der Rundfunk wandelt sich auch unter neuen technischen Bedingungen nicht von einem Massenkommunikationsmittel zu einem Mittel der Individualkommunikation.

Allerdings: wenn wir nun feststellen, daß eine Konvergenz der Inhalte beim Rundfunk nicht stattfindet, dann müssen wir aber doch eine ganz andere, dramatische Entwicklung bei den Rundfunkinhalten konstatieren. Und diese Entwicklung ist in der Tat das direkte Ergebnis des Wirkens der freien Marktkräfte, und zwar im globalen Maßstab.

Seit einigen Jahren schon werden wir Zeugen eines run auf die Rechte für audiovisuelle Produktionen, eines run, der mittlerweile schon Züge des kalifornischen Goldrausches trägt. Daraus entwickelt sich ein neues Paradox: die Fülle neuer Übertragungswege führt zu einer Knappheit des audiovisuellen Angebots, was wiederum die Preise für die Rechte in astronomische Höhen klettern läßt.

Erst recht die großen Sportereignisse werden exklusiv für das Bezahlfernsehen vom Markt weggekauft.

Folge: Die Inhalte werden zur Mangelware.
Um es neudeutsch zu sagen: „content is the bottleneck" im Informationszeitalter! Der Verbraucher wird es zu spüren bekommen. Man sollte ihn nicht im Flaschenhals stecken lassen. Aber ich fürchte: billiger wird die Ware Information im freien Spiel der Marktwirtschaft nicht.

Und noch etwas: in scharfem Kontrast zu den Zukunftsprognosen über die Befreiung des Individuums von der „Bevormundung" der Rundfunkveranstalter und den Sieg der Individualität durch Interaktivität wird statt dessen der Kampf um die Vorherrschaft über die audiovisuellen Inhalte nur zwischen ganz wenigen internationalen Medienkonzernen ausgefochten. Selbst deren Zahl wird, betrachtet man die fast wöchentlichen Großfusionen auf diesem Sektor, immer kleiner.

Was uns also angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und technischen Entwicklung wirklich beunruhigen müßte, das ist die Entwicklung der Medienkonzentration, und zwar insbesondere wegen der vertikalen Integration der Unternehmen von der Produktion, der Rechteverwertung bis hin zu den technischen Infrastrukturen.

Ein leistungsstarker öffentlich-rechtlicher Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung ist zwar ein wichtiger Baustein für die Pluralismussicherung, seine Existenz allein reicht aber nicht aus, um die Freiheitlichkeit der Medien insgesamt zu sichern.

Und viel stärker als dies in der öffentlichen Diskussion bisher geschieht, müßte uns auch das Phänomen der „gatekeeper" beunruhigen, die erst durch das digitale Zeitalter zu einer neuartigen Bedrohung pluralistischer und demokratischer Medienordnungen geworden sind. Ich meine damit diejenigen, die den Zugang aller Inhalteanbieter zum Zuschauer im Griff haben, weil sie die zum digitalen Empfang notwendigen Settop-Boxen kontrollieren, durch die alle anderen durchmüssen. Hier brauchen wir offene Standards und faire und diskriminierungsfreie Zugangsrechte für alle. Übrigens wissen wir mittlerweile, daß das Problem der „gatekeeper" nicht allein eines der Hardware ist, sondern ganz wesentlich auch der Software. Nicht nur wer die Box kontrolliert, auch derjenige, der die „Sprache" der Box kontrolliert, also das sog. API (application Programme interface) sowie den EPG, den elektronischen Programmführer, stellt eine potentielle Bedrohung für freiheitlich und pluralistisch verfaßte Medien dar. Dieser Probleme müßten wir uns dringend annehmen und auch die entsprechenden rechtlichen Sicherungen vorsehen.

ARD und ZDF haben da ja schon deutlich Stellung bezogen: vor der Förderung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung muß den demokratischen, kulturellen und sozialen Aspekten der Medien der gebührende Rang zugestanden werden.

Das scheint mir gegenwärtig unter der Wirkungskraft des „großen Geldes" nicht der Fall zu sein. Und so wird es darum eine harte Auseinandersetzung geben, in die wir Öffentlich-Rechtlichen - wie ich glaube - mit plausiblen Argumenten gehen; zumindest solange die meinungsbildenden und sozialen Aspekte aller Kommunikation überhaupt noch als relevant angesehen werden!

Die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes bleibt maßgebend, auch wenn sie mancherorts als situativ deklassiert wird. Der Politik alles zu überantworten, wie es aus dem Papier „Kommunikationsordnung" herauszulesen ist, wäre fahrlässige Auslieferung. Bei passenden Mehrheitsverhältnissen könnten unbequeme Rundfunkanstalten über Nacht wegrationalisiert werden.

Aber wir dürfen uns nicht hinter Karlsruhe verstecken. Das Bundesverfassungsgericht ist die letzte Instanz. Sie kann nicht ersetzt werden. Wir müssen uns aber schon vorher durch eigene Leistungen behaupten.

Für die Politik, so habe ich häufiger den Eindruck, erscheint die Medienentwicklung, so komplex sie verläuft, als eines der Felder, auf dem noch was zu bestellen ist. Nicht selten knüpfen sich Erwartungen an die Medienlandschaft, die die Enttäuschungen auf anderen Politikfeldern kompensieren sollen. Dabei wird gerne populistisch gearbeitet. Fronten werden aufgebaut und genutzt.

Dazu gehört die Frage nach der Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen heimlich oder sogar unheimlich als Verdrängungswettbewerb zu sehen: Wie klein müssen wir sie machen, damit die kommerziellen Märkte so richtig in Gang kommen?

Deswegen keine Klage! In einer lebendigen Demokratie geht es gelegentlich ruppig zu. Die Öffentlich-Rechtlichen brauchen ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, wenn es um den publizistischen Wettbewerb geht.

Unser Gewinn ist immateriell. Wir haben ihn voll an unsere Kunden weiterzugeben: in Form von Programmen, die Orientierung und Navigation im Alltag bieten, nicht zuletzt auch durch Kurzweil und Entspannung. Um eine Trendvokabel aus der Wirtschaft zu bemühen: auch wir trachten nach „shareholder value", aber nicht in Mark und Pfennigen, sondern mit möglichst wertvollem Programm.
Wenn wir nicht wirklich nützlich sind für die Menschen in diesem Land, dann hilft uns auf lange Sicht auch keine verfassungsgerichtliche Entwicklungsgarantie! Dafür müssen wir etwas tun. Auch für uns gilt: „Legitimation durch Leistung".

Möglicherweise haben Sie, meine Damen und Herren, in der Vergangenheit den Eindruck gewinnen müssen, gerade diese Erkenntnis sei bei den Öffentlich-Rechtlichen mit ihrer schwerfälligen Struktur noch längst nicht angekommen. Dieser Eindruck trügt. Überall in der ARD, nicht zuletzt in meinem Haus, dem WDR, wird über Reformen und zeitgemäße Konzepte nicht nur nachgedacht, sie werden sogar tatkräftig in Angriff genommen. An einigen Stellen (z.B. im WDR-Hörfunk) mit ordentlichem Erfolg!

In der ARD haben darüber hinaus sehr ernsthafte Überlegungen über die zukünftige Struktur unserer Sendergemeinschaft eingesetzt. Ich halte es für wichtig, wenn wir uns an dieser Debatte sehr frühzeitig mit eigenen, konstruktiven Überlegungen beteiligen. Ich denke, daß wir nicht untätig auf die für diese Fragen formal zuständigen Bundesländer warten sollten, auch, um bösen Überraschungen vorzubeugen.

Wie Sie sicher der Presse entnommen haben, sind in den vergangenen Wochen schon verschiedene Modelle in ersten Ansätzen auch öffentlich diskutiert worden. Dabei wird auch immer wieder die Auflösung kleinerer Rundfunkanstalten, wie z.B. des Saarländischen Rundfunks und Radio Bremen, ins Gespräch gebracht. Ich bin nach wie vor nicht überzeugt, ob dies tatsächlich der Weisheit letzter Schluß ist. Zum einen halte ich in einem föderalen Staat gerade auch kleine Rundfunkanstalten unter publizistischen Gesichtspunkten für wichtig.

Außerdem zeigen seriöse Berechnungen, daß sich mit einer Auflösung dieser Anstalten und ihrer gleichzeitigen Integration in benachbarte größere Sender nur relativ geringe Einsparungen erzielen lassen. Es muß davon ausgegangen werden, daß auch nach einer Auflösung des Saarländischen Rundfunks und Radio Bremens mit einer Gebühreneinsparung von weniger als 50 Pfennig pro Monat gerechnet werden kann.

Hinzu kommt daß ich derzeit auch nicht erkennen kann, daß in den betroffenen Bundesländern eine starke politische Unterstützung für derartige Ideen besteht. In anderen Bundesländern besteht indes eine derartige Zurückhaltung nicht. Von dort ist zu hören, daß der Finanzausgleich bei nächster Gelegenheit gekippt wird. Für diesen Fall müssen die bedrohten Anstalten gewappnet sein.

Um die ARD stark zu machen, ist gegen kühne Ideen nichts einzuwenden. Dies betrifft auch das sogenannte Washington D. C.-Modell für Berlin. Es sollte sorgfältig untersucht werden. Wichtig ist, daß es gut für das Publikum, gut für Berlin und gut für die ARD ist.

Um unsere Zukunft in eigener Anstrengung und Initiative und vor allem motiviert durch einen zeitgemäß interpretierten gesellschaftlichen Auftrag gewinnen zu können, ist allerdings ein politischer wie gesamtgesellschaftlicher Konsens notwendig.

Wenn wir auch weiterhin sicherstellen sollen, daß alle Bürgerinnen und Bürger die Chance auf Teilhabe an der Informationsgesellschaft und somit auf Zugang zum gesellschaftlichen Dialog haben sollen, dann muß gelten:

Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat das Recht, nein, er hat sogar die Pflicht, seine Angebote dort zu plazieren, wo das Publikum ist. Wir müssen überall dort zu finden sein, wo die Menschen uns erwarten. Also auch auf den neuen digitalen Distributionswegen, wenn sie sich denn im Einzelfall auch durchsetzen. Ein konkurenziell oder wirtschaftspolitisch motivierter Ausschluß von neuen Wegen zum Publikum wäre gerade für die Dialogfähigkeit der Gesellschaft und insbesondere dabei der Jugend von Schaden. Denn schließlich entspricht es nach wie vor auch unter veränderten technischen Bedingungen einem Grundbedürfnis des breiten Publikums, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überall empfangen zu können.

Es wäre schön, wenn wir uns darauf einigen könnten! Ich jedenfalls möchte für diesen politischen Konsens werben. Erst die Teilhabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an allen relevanten medientechnologischen Entwicklungen versetzt ihn in die Lage, die Zukunft aus eigener Kraft und mit einem überzeugenden Angebot zu gewinnen.

Nur dann, davon bin ich überzeugt, wenn wir uns dem publizistischen Wettbewerb auch da stellen können, wo die Musik spielt, also da, wo die Menschen real die Medien nutzen, nur dann werden wir die Entwicklungsgarantie täglich erkämpfen und somit realisieren. Die Voraussetzungen dafür habe ich genannt.

Es braucht:

  • den gesellschaftlichen Konsens über die Bewegungsfähigkeit der Öffentlich-Rechtlichen in technischer und programmlicher Sicht
  • und unsere Fähigkeit, auf die medialen Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger - flächendeckend gewissermaßen - eine täglich überzeugende Antwort zu geben.

Um das erste müssen wir, wie Sie alle wissen, sicher noch kämpfen; beim zweiten sind wir, denke ich, auf einem guten Weg. Doch wir können noch zulegen. Eins aber scheint mir ein zentraler Aspekt für uns zu sein: In einer Zeit, in der vor allem durch die neuen digitalen Medien, durch Online-Angebote und Internet, die Trennung zwischen Produzenten und Nutzern von Medienangeboten immer stärker zu verwischen scheint, wo fast jeder Informationen, oder was er dafür hält, weltweit verbreiten kann, werden Fragen der journalistischen, der professionellen Qualität ein erheblich verstärktes Gewicht bekommen.

Fragen der Glaubwürdigkeit werden für alle professionellen Anbieter essentiell sein. Erst recht aber für uns Öffentlich-Rechtliche. Denn vollkommen zu Recht erwarten die Menschen von uns zuallererst ein Angebot, das hohen Ansprüchen an die Berufsethik genügt, das Integrität, Souveränität und Gemeinwohlorientierung in jedem einzelnen Programm vermittelt.

Ich bin überzeugt: Alle die, die durch die neuen Möglichkeiten, weltweit Medienangebote wahrzunehmen, nicht zu Unrecht eine weitgehende Entgrenzung voraussehen, werden sich noch über die auf längere Sicht zu erwartende „Remoralisierung" der Mediendebatte wundern. Denn neben all dem Schmuddeligen, das die Entwicklung sicher auch mit sich bringen wird, gilt auch: die Sensibilität des Publikums für die Integrität und Glaubwürdigkeit eines Anbieters wird wachsen. Das wird ein entscheidendes Kriterium des Erfolges eines seriösen Anbieters von morgen sein.

Es wird Sie nicht wundem, wenn ich darauf setze, daß wir die Spitzenwerte, die wir Öffentlich-Rechtlichen in punkto Glaubwürdigkeit, vor allem im Informationsbereich, immer wieder erreichen, auch in Zukunft behaupten. Zur Seriosität unserer Programme sehe ich jedenfalls keine Alternative!

Das gilt auch für den Bereich der Entspannung, der Unterhaltung. Sie ist - wenn Sie so wollen - ein Menschenrecht, und so ist es selbstverständlich, daß die Menschen auch weiterhin von uns ein entsprechendes Angebot erwarten können. Gerade auf diesem Gebiet werden wir aber oft der - da ist es wieder, das Wort - Konvergenz geziehen. Das meint: Unsere Programme seien angeblich von denen unserer kommerziellen Konkurrenz kaum zu unterscheiden.

Ich bestreite das. Denn sicher gilt zwar, daß auch uns eigentlich nichts Menschliches fremd sein muß. Auch für uns sind alle Themen, die sich zur Darstellung in den Medien überhaupt eignen, grundsätzlich zugänglich. Es kommt dabei aber entscheidend auf die Darstellung, die Umsetzung ins Programm an. Vor allem in einem Punkt müssen wir uns dauerhaft und deutlich von allen anderen Anbietern unterscheiden: Wir dürfen nicht zynisch-spekulativ mit den Menschen umgehen!

Beispielhaft sehe ich diesen Unterschied, wenn Sie etwa unsere ARD/WDR-Show „Geld oder Liebe" etwa mit dem kommerziellen Angebot „l00.000 Mark-Show" vergleichen. Hier sehe ich doch deutlich, daß Jürgen von der Lippe mit seinen Kandidaten einen anderen, viel behutsameren Umgang pflegt, als dies auf der kommerziellen Schiene geschieht, wo die Teilnehmer im Verlaufe des Kampfes um die Moneten so manchen Psychostreß auszuhalten haben. Besonders freut mich, daß man auch mit einer Show, die so pfleglich und fair mit den Kandidaten umgeht wie „Geld oder Liebe", einen großen Publikumserfolg haben kann. Dafür sollten wir auch in Zukunft stehen. Jedenfalls bekommen wir unsere Gebühren nicht dafür, Menschen vor der Kamera zum Seelenstriptease zu nötigen!

Aber wie setzen wir unsere Absicht, auch fürderhin einen weithin geachteten und vor allem von möglichst vielen Menschen genutzten Beitrag zur Informationsgesellschaft zu leisten, denn nun in Strategien um?

Zunächst möchte ich festhalten: Kaffeesatzleserei und trendige Spekulation, interessengeleitete Euphorie und Zweckoptimismus gibt es in der schillernden Medienbranche wahrlich genug. Wer sich daran erinnert, wie schnell Medientrends wie das „Interaktive Fernsehen" oder kürzlich die digitalen Bouquets von Bertelsmann/CLT wieder von der Bildfläche verschwanden, um der sprichwörtlichen nächsten Sau mit Namen „Alles wird Internet!" Platz zu machen, die durchs global village getrieben werden sollte, der weiß eins: die Entwicklung ist ambivalent-bipolar. Das aber ganz sicher!
Scherz beiseite! Die Digitalisierung der Medienlandschaft mit ihren großen Optionen für Technik und Programm wird kommen. Soviel immerhin scheint klar zu sein.

Aber so ziemlich alle weiteren Fragen sind offen, zum Beispiel :

  • Was werden die Menschen wirklich nutzen?
  • Werden sie sich das alles leisten wollen und können, was da angeboten wird?
  • Werden sie den neuen Nutzen auch wirklich für so groß halten, daß sie sich vom passiven consumer zum interaktiven user verändern wollen?
  • Oder sind viele Ideen für neue Angebote vielleicht zu sehr den Gehirnen von Technikern entsprungen?

All diese Fragen sind vielleicht jene Lösungen, die dringend Probleme suchen, wie einmal ein hochrangiges Mitglied der bestimmt nicht technikfeindlichen FCC (Federal Communications Commission), dem entscheidenden Medienkontrollgremium der USA, formuliert hat.

Was eine Diskussion über die Entwicklungsgarantie eben so spannend macht, ist die Tatsache, daß es darum geht, im Hinblick auf eine sehr Ungewisse und unsichere Zukunft einen Wechsel auszustellen, ohne daß irgend jemand auch nur annähernd zuverlässige Eckwerte für eine solche Garantie formulieren könnte.

Die möglichen Antworten auf obige und viele andere Fragen haben aber alle auch Auswirkungen auf das hier anstehende Thema „Wie stellen wir die Entwicklungsgarantie sicher?".

Ich werde mir deshalb gestatten. Ihnen in den nächsten Minuten drei mögliche Szenarien der allgemeinen Medienentwicklung zu skizzieren, um die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darin zu reflektieren. Alle drei Szenarien gehen davon aus, daß die Digitalisierung der Medienproduktion und vor allem der Mediendistribution der Schlüsselprozeß ist, der die Herausbildung einer neuen Medienlandschaft und einer angemessenen Kommunikationsordnung dominiert. Von diesem Verlauf werden die letztlich entscheidenden Weichenstellungen abhängen!

Um es deutlich zu machen: wir sehen die Digitalisierung positiv. Sie hilft, Engpässe der Übertragunskapazitäten zu beseitigen, führt zu Einsparungen und eröffnet neue Möglichkeiten für inhaltliche Weiterentwicklungen. Doch nun zu den Szenarien:

Szenario l: Die Digitalisierung setzt sich rasch durch

Stellen sie sich vor: die Digitalisierung, insbesondere im Fernsehen, kommt auch im deutschsprachigen Raum sehr schnell voran und setzt sich beim Publikum rasch durch. Sie löst eine Umwälzung der Rundfunklandschaft aus. Globalisierung, Kommerzialisierung und eine rasche Akzeptanz und Marktdurchdringung diverser Online-Angebote kennzeichnen diese Entwicklung. Dadurch entstehen zahlreiche neue Konkurrenzen. Im kommerziellen Lager reduziert sich die Zahl der werbegestützten Free-TV-Anbieter erheblich.

Das Pay-TV (als Pay-per-Channel und Pay-per-View) wird zu einem ökonomisch dominierenden System. Zwar werden nur etwa ein Fünftel aller Haushalte Pay-TV-Kunden. Dieser Marktanteil reicht jedoch für ein stabiles und lukratives Pay-TV-Geschäft und dafür, die Marktmacht im Sport- und Filmrechtehandel voll auszuspielen. 80 % des Publikums „begnügen" sich vor allem aus finanziellen Gründen mit werbedurchsetzten Voll- und Spartenprogrammen privater Anbieter und den öffentlich- rechtlichen Programmen. Für viele Haushalte wird der Fernsehkonsum allein dadurch teurer, daß sie als Kabelkunden auch für sogenannte Basis- oder must-carry-Angebote zusätzlich zahlen müssen.

Es gibt eine Dreiteilung des Marktes. Attraktives, manchmal auch qualitativ hochwertiges Pay-TV für zahlungskräftige Haushalte, ein werbegestütztes Free-TV auf dem Niveau des US-Fernsehens und ein öffentlich-rechtliches Angebot, das für die Grundversorgung der Gesellschaft zu einem vertretbaren Preis, den alle zahlen, sorgt.

Ich halte dieses Szenario zwar für einigermaßen euphorisch, aber ich gebe auch zu: völlig unmöglich ist es dann nicht, wenn die Verbilligung der digitalen Technik so rasant fortschreitet, daß sich auch im Consumer-Bereich die Endgeräte rasch verbreiten. Das ist schließlich die Voraussetzung dafür, die Segnungen der neuen Medienwelt auch nutzen zu können.

Entscheidend ist aber: gerade in dieser Welt eines oberflächlich betrachtet beinah grenzenlos erweiterten Angebots besteht die erhebliche Gefahr, durch die zunehmend exklusive Verwertung von Information und attraktiven Programmen zu einer kulturellen Spaltung der Gesellschaft zu kommen: in die, die es sich leisten können, und die, die es sich nicht leisten können. Eine simple, im Alltag schleichend vorgenommene Trennung by cash, aber mit einer erheblichen Gefährdung der Kohäsions-kraft, die es nun mal braucht, um eine Gesellschaft kulturell, psychologisch und letztlich auch wirtschaftlich funktionsfähig zu halten.

Ich halte es deshalb selbst in dieser optimistischen Betrachtung der Medienentwicklung für eine auch zukünftig zu erbringende Basisleistung, das unerläßliche aber gewiß nicht geringe Maß an informationeller und kultureller Teilhabe für alle Menschen sicherzustellen.

Dazu braucht es content provider, für die dieser Auftrag absoluten Vorrang vor der Rendite hat! Und dies leistet der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Wer auf Börsennotierungen und kühl kalkulierende Gesellschafter schielen muß, wird nicht umhinkönnen, im Zweifel pro „shareholder value" zu votieren. Wir müssen das nicht, und das sollte auch so bleiben. Denn letztlich dient Kommunikation, die der politischen und kulturellen Integration aller Menschen zuarbeitet, auch dem Funktionieren verschiedener Märkte.

Soziale Identität ist ganz und gar kein Luxusgut. Sie ist unerläßliche Voraussetzung für funktionierende Märkte. Und insofern sehen wir unsere Rolle als gemeinwohlorientierter Kommunikator auch in diesem optimistischen Szenario als gut begründet.

Kommen wir zu Szenario 2:

Szenario 2: Die Digitalisierung kommt, aber verlangsamt durch wirtschaftliche und kulturelle Faktoren

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß folgendes passiert: der Medienkonsum der Bürgerinnen und Bürger bleibt für die nähere Zukunft noch in eher traditionellen Bahnen. Zum einen, weil im Alltag andere Probleme drängender sind, auch weil der Nutzen vieler neuer Angebote nicht deutlich genug wird („more of the same" und im Online-Bereich zu aktiv, zu anstrengend, zu unübersichtlich, fehlende Medienkompetenz vor allem bei den Älteren), zum anderen, weil auf das Vertraute nicht verzichtet wird und deshalb durch neue Angebote nicht unerhebliche Zusatzkosten entstehen, die noch dazu in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit genau abgewogen werden.

Hinzu kommt: das zahlenmäßig große Free-Angebot im Leitmedium Fernsehen in Deutschland erweist sich - trotz aller Trendrethorik der interessierten Kreise aus Wirtschaft und Politik - als erheblicher Bremsfaktor bei der Nachfrageentwicklung für digitales Pay-TV. Die Wachstumsentwicklung auf dem Markt der Pay-TV-Nutzer streckt sich. Sie erhält zwar einen wichtigen Schub Anfang des 2. Jahrtausends, weil immer mehr Sportübertragungen als das erfolgsentscheidende Angebot (neben Spielfilmen und - unerläßlich! - Sex/Erotik) eingesetzt werden können.

Andererseits wird ihnen möglicherweise aufgrund europäischer Beschlüsse (EG-Fernsehrichtlinie) die exklusive Verwertung wichtiger Sportrechte verwehrt. Insgesamt fehlt dem Pay-TV aber die Markt-Dynamik, die erst zu einer Umwälzung insbesondere im kommerziellen Bereich führen kann. Das wird zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten für viele kommerzielle Anbieter führen, wie RTL-Chef Helmut Thoma sie ja seit geraumer Zeit prognostiziert.

Es erscheint mir deshalb einigermaßen unwahrscheinlich, daß von dem kommerziellen Sektor der elektronischen Medien nennenswerte Beiträge zu dem zu erwarten sind, was das Bundesverfassungsgericht unter Pflicht zur „Grundversorgung" in seiner ganzen thematischen Breite als unerläßliche kommunikative Basis formuliert hat. Nochmals: Ich will mich ausdrücklich nicht allein aus Gerichtsurteilen legitimatorisch bedienen! Viel mehr kommt es mir darauf an, ein den Bedürfnissen der Gesellschaft angemessenes Programm zu veranstalten. Aber ich denke, Sie können mir darin folgen, daß von einem Anbieter, der täglich ums Überleben kämpft, kaum zu erwarten ist, daß er Gemeinwohl vor Eigennutz stellt.

Ich finde, auch hier gilt, daß gerade ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk es ermöglicht, die Attraktivität der Neuen Medien auszutesten, ohne den Zusammenhalt der Gesellschaft fahrlässig zu vernachlässigen. In diesem Sinne stehe ich zum dualen System. Aber ich bestehe auch darauf, daß es im Wortsinne dual, also auf zwei kräftigen Beinen stehen bleibt!

Gegenwärtig ist das der Fall. Dies hat dazu geführt, daß Deutschland neben England den besten Rundfunk in der Welt hat; auch dank der kommerziellen Anbieter. Hier gibt es also eine Menge zu verlieren.

Erwähnenswert scheint mit auch, daß eine wohlverstandene Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch der industriellen Entwicklung in Deutschland und in Europa zugute kommt. Schließlich sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein stabilisierendes und verläßliches Element, das sich, losgelöst von partikulären Einzelinteressen und proprietären Lösungen, am Bedarf in der professionellen Rundfunkwelt und in der Consumer-Welt orientiert. Das große Interesse der Herstellerindustrie an den Überlegungen und Planungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Hinblick auf DAB und DVB zeigt, welche Orientierungshilfe unser Vorgehen für die Industrie insgesamt darstellt.

Anfügen möchte ich noch: Dieses Szenario, das ich im übrigen für das wahrscheinlichste halte, ermöglicht es uns Öffentlich-Rechtlichen, wohlüberlegt in die digitale Zukunft zu starten. Dazu später mehr. Vielleicht werden wir alle über die faktische Entschleunigung, die im Augenblick zu erkennen ist, noch einmal froh sein. Ich finde nämlich, man muß nun auch nicht jeden Quatsch mitmachen, der mit dem digitalen Zauber rein technisch möglich scheint. Meist hat Nachdenken noch immer geholfen, und ich habe den Eindruck, daß der potentielle Konsument - der ja von den Marktforschern immer häufiger als „notorisch mißtrauisch" beschrieben wird - das längst erkannt hat. Recht so. Nachdenkliche Kunden haben wir nicht zu fürchten!

Lassen Sie mich zu Szenario 3 übergehen:

Szenario 3: Die Gesellschaft gerät in eine wirtschaftliche Krise, die Medienentwicklung verlangsamt sich erheblich...

Ich will es nicht hoffen, aber ganz auszuschließen ist auch folgende Entwicklung nicht: Aufgrund bislang kaum steuerbarer Prozesse der globalen Wirtschaftsentwicklung (sozusagen der Kehrseite der weltweiten „Deregulierung" in Richtung „Free Enterprise") geraten nicht nur die armen Länder des Südens und des ehemaligen Ostblocks in eine tiefe soziale Krise; auch die sogenannten „Schwellenländer", etwa die „Tigerstaaten" in Asien oder Indien und Brasilien, werden in ihrer Dynamik entscheidend gehemmt.

Durch die Verflechtung mit diesen Ländern durch eminente Exportvolumina geraten auch die Industriestaaten in einen Sog, der die ohnehin auf schwachen Beinen stehende Konjunktur zusätzlich lähmt. Damit schwindet Kaufkraft in einem solchen Maß, daß Medienkonsum unter scharfen Kosten/Nutzen-Relationen betrachtet werden muß. Das heißt, die Menschen werden zu vielen Annehmlichkeiten der Medien leise „Servus" sagen (müssen).

Damit zerplatzen die meisten hochfliegenden Pläne der Medienindustrien und mit ihnen die Erwartungen an Umsatz und Gewinn. Ich will das niemandem wünschen. Aber es hat mir schon zu denken gegeben, als ich vor einiger Zeit gelesen habe, daß die Börsenanalysten in den USA die noch vor kurzem als sichere Wachstumsträger beurteilten Aktien der großen Medienkonzerne wie etwa Viacom nunmehr sehr skeptisch beurteilen.

Viacom hat in den letzten Monaten einen Kursverlust von 30 % hinnehmen müssen, den die Analysten vor allem auf zu sorglose Expansion und Diversifizierung zurückführen. Die Börsen-Jungs haben ja nicht selten einen guten Riecher. Deshalb frage ich mich schon, ob sich hier nicht etwa eine deutliche Abkühlung des Medienbooms ankündigt.

Bleiben wir in diesem Szenario, so ist klar: In Zeiten einer solchen Gefährdung des Zusam-menhalts, in denen an die Solidarität der Menschen deshalb hohe Anforderungen gestellt würden, ist ein gemeinwohlorientierter Rundfunk, der sich auch in schweren Zeiten als kommunikativer Dienstleister bewährt, erst recht unverzichtbar.

Fazit: wie auch immer die Entwicklung ablaufen wird: Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bringt die Digitalisierung der Medien, vor allem des Fernsehens, zwar große Umwälzungen, aber mit Sicherheit auch große Chancen.

Im sich nun schon aus Gründen der Refinanzierung privater Investitionen abzeichnenden trialen Rundfunksystem aus Free-TV, Free-Radio etc. und Pay-TV, Pay-Radio sowie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehe ich die Situation anders. Ich bin ziemlich sicher: Betrachtet man die Versorgung des gesamten Publikums, werden die Defizite immer unübersehbarer werden. Es wird unser Job bleiben, auch unter den neuen Verhältnissen die Kluft nicht gemeingefährlich groß werden zu lassen!

Soviel zu den möglichen Entwicklungen und zur gesellschaftlichen Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter den diversen Perspektiven. Szenarien und Prognosen sind das eine, der Alltag ist das andere. Will man diesen nicht nur überleben, sondern sogar einigermaßen kommod gestalten, so kommt es darauf an, Szenarios und tägliches Handeln in ein produktives Nebeneinander zu bringen.

Damit Sie sehen, daß die ARD über den Stand allgemeiner Besorgnis und grundsätzlicher Erwägungen hinaus ist, möchte ich an dieser Stelle noch einmal auf das, wie ich finde, smarte ARD-Konzept „Vernetzen statt Versparten" eingehen.

Auch in der digitalen Zukunft haben wir nämlich vor, einen gemeinwohlorientierten öffentlich-rechtlichen Beitrag zu leisten: Muß es kommerziellen Anbietern nicht zuletzt darum gehen, diverse neue Mautstellen im angeblich vollkommen freien Info-Universum der globalen Netze einzurichten, so wollen wir die technologischen Möglichkeiten des unmittelbaren und selbstbestimmten Zugangs zu unseren Angeboten ernstnehmen und für die Nutzer auch Wirklichkeit werden lassen. Als dringend notwendiges Gegengewicht zur höchstwahrscheinlich zunehmend exklusiven Verwertung von Information. Und zwar ohne Nadelöhre, an denen abkassiert wird!

Das DVB-Engagement der ARD - „Vernetzen statt versparten"

Egal, mit welcher Schnelligkeit das digitale Fernsehen - und um das soll es im folgenden hauptsächlich und prototypisch gehen -flächendeckend Wirklichkeit wird, die ARD wird sich, orientiert an der Marktentwicklung, auf diese Umwälzung einstellen. Gerade weil die Entwicklung des digitalen Marktes von großen Unsicherheiten gekennzeichnet ist, sind praktische Erfahrungen für die Zukunft der ARD von großer Bedeutung. Mit den verschiedenen Elementen unseres DVB-Engagements wollen wir uns angemessen und mit der nötigen Flexibilität an den digitalen Pilotprojekten, die in mehreren Bundesländern laufen werden, beteiligen. Der WDR wird darüber hinaus mit einem eigenen Angebot beim nordrhein-westfälischen DVB-Projekt mitmachen.

Wir wollen so neue (technische) Systeme und programmliche Möglichkeiten testen. Insbesondere geht es darum, die Resonanz des Publikums auf eine grundlegend veränderte Angebotssituation sorgfältig zu beobachten, auszuwerten und dann natürlich die für uns richtigen strategischen Schlüsse daraus zu ziehen!

Für ihr Gesamtengagement hat die ARD das Motto „Vernetzen statt Versparten" geprägt. Wir werden unsere vorhandenen Programme in die digitale Welt einbringen und durch intelligente Verknüpfung dieser Programme dem Publikum einen Zusatznutzen über das bisherige Angebot hinaus verschaffen.

Die „Vernetzung" soll insbesondere durch eine neue Funktionalität erreicht werden, dem sog. elektronischen Lesezeichen (Arbeitstitel), dessen Umsetzung derzeit technisch und logistisch vorbereitet wird. Das Lesezeichen ist Teil eines EPG. Dieser Electronic Program Guide soll alle ARD-Angebote auffindbar machen (DAS ERSTE, die Dritten, das „kleine ARD-Bouquet" und auch die Gemeinschaftsprogramme mit dem ZDF, wie 3 SAT, arte, Phoenix und den Kinderkanal), sie eindeutig als öffentlich-rechtliche Angebote präsentieren und darstellen sowie durch die Programme führen.

EPG und Lesezeichen könnten sich als das Bindemittel für das Gesamtangebot in der digitalen Welt erweisen. Im digitalen Angebot der ARD sollen auch Hörfunkprogramme und Videotextinformationen einbezogen sein.

Ziel also auch hier: dem Nutzer Orientierung und Navigation durch das Angebot zu ermöglichen. Daneben wollen wir vorhandene Sendungen und Programme in anderen Formen und Zusammenstellungen als sogenanntes kleines ARD-Bouquet anbieten:

  • ARD-MuXx bietet eine zeitversetzte Abbildung des ARD-Gemeinschaftsprogramms:
  • DAS ERSTE in der Prime-Time, zum Teil in anderer Kombination;
  • ARD-Extra ist eine ca. 2,5-stündige Programmschleife mit zusätzlichen vertiefenden Informationsangeboten aus Archivmaterial oder aktuellen Programmen;
  • ARD-Festival bietet ausgewählte Fernseh- und Dokumentarspiele der Landesrundfunkanstalten der ARD in einer ca. 5-stündigen Programmschleife.

Diese digitalen Zusatzangebote sind eng mit den Kernprogrammen verknüpft. Sie basieren auf den vorhandenen und weiter auszubauenden programmlichen Stärken der ARD. Der Nutzen entsteht dem Zuschauer in Verbindung mit dem ERSTEN.

ARD-MuXx etwa verbessert die Wahlmöglichkeiten der Zuschauer in der digitalen Welt, Sendungen ihrer Präferenz zur gewünschten Zeit und möglichst zeitnah zu empfangen. Es steigert also die Zugriffsmöglichkeiten auf das Kernangebot. Die Vernetzung mit dem Kern-programm soll über das „Lesezeichen" hergestellt werden, das den Teilnehmer auf Wunsch direkt in das zusätzliche Angebot lotst. Auch die anderen Zusatzangebote sollen ermöglichen, das Interesse, das im Kernprogramm beim Zuschauer entstanden ist, mit einem ergänzenden Angebot zu befriedigen.

Das gesamte Vorhaben soll stufenweise im Hinblick auf die in Berlin/Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz geplanten DVB-(Multimedia-) Pilotprojekte und ab der Internationalen Funkausstellung 1997 realisiert werden. Für die Ausgestaltung der ARD-Projektbeteiligung war eine entscheidende Bedingung, die Entwicklungskosten der ARD in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Das ist uns gelungen.

Mit unseren Überlegungen für das digitale Fernsehen haben wir bei verschiedenen Marktbeteiligten für einiges Nachdenken und Hinterfragen der eigenen Strategie gesorgt. Mit den großen Herstellern von Set-Top-Boxen finden seit einiger Zeit Gespräche über die Entwicklung einer sogenannten Free-TV-Box statt. Sie soll mindestens den Empfang aller öffentlich-rechtlichen Programme und Angebote, aber auch aller sonstigen privaten Free-TV-Programme ermöglichen.

Die Herstellerindustrie hat erkannt, daß der große Markt im digitalen Fernsehen (noch) nicht und unbedingt der Pay-TV-Markt ist. Wenn wir davon ausgehen, daß das digitale Fernsehen über Satellit, Kabel und auch über terrestrische Sender in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren überall Einzug halten wird, so bleibt mittelfristig der Großteil der Haushalte, der weiterhin ausschließlich Free-TV nutzen will (oder kann!), ein höchst attraktiver Markt. Die ARD hat durch ihre Initiative den notwendigen Standardisierungsbemühungen einen starken Impuls gegeben.

Das ist auch gut für den gesamten Markt! Selbst der Unternehmer Kirch zeigt sich wieder offen für Gespräche. So sind wir mit unserem Vorhaben schon jetzt dem Ziel etwas näher gekommen, in der Praxis auch die Fähigkeit und Bereitschaft der technischen Plattformen zu einem wirklich „offenen" System und zu einem diskriminierungsfreien Zugang zu überprüfen.

Es wird sich zeigen, wie unser Angebot genutzt wird. Eine gute Chance auf breite Akzeptanz haben wir allein schon deshalb, weil bislang nur wir ernstmachen mit dem wirklich freien Zugang zur digitalen Welt. Alle anderen werden sich wohl gezwungen sehen, Eintritt zu erheben.

Vernetzen bedeutet im übrigen auch, die bime-dialen Angebote von Hörfunk und Fernsehen so miteinander zu kombinieren, daß sie sich zu einem Gesamtangebot ergänzen. Gerade dies stellt eine Domäne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dar, die durch Wahrnehmung der Entwicklungsgarantie in diesem Bereich weiter ausgebaut wird. Dabei setzen wir mittelfristig auch auf die zusätzlich angebotenen Online-Dienste als wichtige Programmergänzung und -begleitung.

Wie wichtig die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter als stabilisierendes Element in diesem Bereich sind, zeigen die aktuellen Unwägbarkeiten auf dem privaten Markt. Vor wenigen Tagen ist die groß angekündigte Kooperation zwischen Kirch und Murdoch für das digitale Fernsehen geplatzt. Angesichts der - vorsichtig gesagt - sehr schleppenden Entwicklung von DF l hat Murdoch seinen Rückzug aus den bereits begonnenen Kooperationsgesprächen erklärt.

Man sieht auch hier: Wir dürfen die Gestaltung der künftigen Medienwelt nicht nur dem freien Markt überlassen. Dort kommt es allein auf wirtschaftliche Erwägungen, nicht auf unabhängige und verantwortungsvolle Wahrnehmung eines publizistischen Auftrages an.

Gestatten Sie mir nun noch einige Sätze zu unseren neuen Angeboten „Kinderkanal" und „Phoenix": In der Einladung zu diesem Gespräch ist ja bereits darauf hingewiesen worden, daß dieser öffentlich-rechtliche Einstieg in die Verspartung auf Widerspruch gestoßen ist.

Niemand hat davon gesprochen, unsere Kernangebote im Ersten zugunsten der neuen Kanäle auszudünnen. Insofern kann von einer losgelösten Verspartung schon mal nicht gesprochen werden. Auch ich glaube nicht, daß es auf Sicht zu weiteren gemeinsamen Spartenprogrammen von ARD und ZDF kommen wird.

Aber was ist ernsthaft gegen einen werbe- und gewaltfreien „Kinderkanal" einzuwenden? Was spricht wirklich gegen „Phoenix", einen Ereignis- und Dokumentationskanal, der dazu beitragen soll, daß sich die parlamentarische Demokratie direkter darstellen kann und die Idee von der europäischen Integration verständlicher und populärer wird?

Aber es würde mir etwas fehlen, wenn es um Phoenix kein Theater gäbe. Nachdem nun alle politischen Hürden genommen worden sind, gibt es jetzt enorme technische Schwierigkeiten, an die Kunden heranzukommen. Die Einspeisung in das Kabel bereitet Probleme. Der Anfang, das war mir klar, wird besonders kri-tisch. Am Ende des Jahres läuft das Projekt auf vollen Touren.

Nun wird den Öffentlich-Rechtlichen Kabelverstopfungspolitik vorgeworfen. Dies ist ein absolut haltloser Vorwurf. In Nordrhein-Westfalen wie anderswo belegen die Öffentlich-Rechtlichen weit weniger Kabelkapazität als die kommerziellen Anbieter. Von Gleichheit im dualen System kann da keine Rede sein, erst recht nicht, wenn man auch noch die Qualität berücksichtigt. Die Mehrzahl der kommerziellen Programme kommt nicht an. Viel Kabelplatz für wenig Publikum.

Ich kann allerdings auch keine Triumphgefühle darüber empfinden, daß private Programme zugunsten öffentlich-rechtlicher Angebote entfernt werden. Mir ist es allemal lieber, daß wir uns programmlich mit unserer Konkurrenz messen, als daß durch technische Engpässe über die Nutzung entschieden wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, bevor wir in die Diskussion einsteigen, noch einmal kurz zusammenfassen:

  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht den gesellschaftlichen und politischen Konsens, daß er auch in Zukunft seine Programme dort anbieten kann, wo die Menschen ihn erwarten, also auch auf den neuen digitalen Verteilwegen.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird seine Zukunft nur sichern, wenn er sich nicht allein auf verfassungsgerichtliche Zusicherungen und das Wohlwollen ihm gesonnener Politiker verläßt, sondern zuerst auf seine eigene Kraft baut.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muß sich offensiv und täglich überzeugend in der publizistischen Konkurrenz behaupten. Auch für uns gilt im Rahmen unseres Auftrags:
    „Legitimation durch Leistung!"
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine gute Chance, auch in der neuen Medienwelt einen weithin akzeptierten Part zu spielen, wenn er Integrität, Souveränität, Professionalität und unbedingte Glaubwürdigkeit als selbstverständliche Merkmale seiner Gemeinwohlorientierung vermitteln kann.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk behält auch unter den verschiedensten Szenarien die Aufgabe, die kulturelle Spaltung der Gesellschaft in Teilhabende und Ausgeschlossene zu verhindern. Damit dient er auch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dieses Landes.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist über die Phase allgemeiner Besorgnis hinaus. Das ARD-Konzept „Vernetzen statt Versparten" ist geeignet, seinen Auftrag auch unter den neuen Verhältnissen zu erfüllen. Nur dieses Konzept macht bislang ernst mit der neuen technischen Möglichkeit des freien Zugangs zu relevanten und attraktiven Programmen.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird auch zukünftig der Anbieter sein, der wichtige Angebote, die etwa dem gesellschaftlichen Diskurs oder der Integration von Gruppen und Minderheiten dienen, ungeachtet ihrer kommerziellen Verwertbarkeit macht.
  • Wer von der technischen Konvergenz und von einer weitgehenden Deregulierung erwartet, daß der Markt dies quasi nebenbei auch noch erledigt, wird, da bin ich sicher, aufs Bitterste enttäuscht werden.
  • Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erhält nicht zuletzt hochqualifizierte Arbeitsplätze und eine produktionelle Infrastruktur, die im Ergebnis auch unseren Konkurrenten nützen.

Ich finde, daß sind eine Menge guter Gründe, die für unsere Zukunft sprechen. Wir wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht von einer hemmungslosen Ökonomisierung beerdigen lassen, denn von der Verbraucherseite sieht der Sargdeckel ziemlich trostlos aus.
Schönen Dank.


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