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TEILDOKUMENT:
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Die Modernisierung des Staates, die Effizienzsteigerung seiner Administration und die Verbesserung der Leistungen der öffentlichen Einrichtungen stehen seit mehreren Jahren im Zentrum der politischen Debatte. Der Begriff schlanker Staat" ist zum Synonym geworden für eine Reformpraxis, die vor allem auf einen schrittweisen Abbau staatlicher Aktivitäten und eine kontinuierliche Reduktion der im öffentlichen Sektor Beschäftigten zielt. Die Finanzkrise der öffentlichen Hände ist angesichts kaum mehr zu erhöhender Steuerlasten nur durch strikte Einsparung bei den Ausgaben, in Sonderheit bei den Personalausgaben, zu erreichen. Niemand wird bestreiten, daß nicht erst, wenn das Geld knapp ist eine vernünftige Einnahme- und Ausgabenpolitik gerade des Staates Grundlage jeglicher solider Politik ist. Sparsamkeit und effizientes Wirtschaften sind immer notwendige Tugenden, nicht erst in Krisenzeiten. Übereinstimmung besteht auch, daß nicht nur wegen der Haushaltskrise die Verwaltung einer ständigen kritischen Aufgabenüberprüfung bedarf. Verwaltungsreform und Verwaltungsmodernisierung sind Daueraufgaben. Die Modernisierung des öffentlichen Sektors insgesamt muß im Rahmen einer expliziten Verwaltungspolitik den gleichen Stellenwert erhalten, den z. B. eine langfristig angelegte Wirtschaftspolitik besitzt. Die technisch-organisatorischen Vorschläge, den Staat schlanker" zu machen, um Kosten zu sparen, laufen jedoch Gefahr, ihr Ziel zu verfehlen, wenn sie sich zu einseitig und ausschließlich auf die unmittelbaren Einspareffekte konzentrieren. Und die Verwaltungsreformdebatte verpaßt ihre Chancen, die Modernisierung des öffentlichen Sektors zukunftsorientiert und politisch verantwortlich zu betreiben, wenn sie sich nur auf kurzfristige betriebswirtschaftliche Rentabilitätserfolge reduziert. Kostenbewußtsein ist selbstverständlich notwendig, aber wir wissen auch, daß das Billige einen mitunter teuer zu stehen kommen kann. Ziel jeglicher Verwaltungsreformbemühungen muß sein, die Steuerungsfähigkeit des Staates im Sinne der politischen, ökonomischen und sozialen Grundlagen unserer Demokratie zu verbessern. Dies ist der Maßstab und der politische Auftrag der Verwaltungspolitik. Ein exemplarischer Bereich, in dem diese Steuerungsfähigkeit und -notwendigkeit sich beweisen, sind die Bundesministerien und die Bundesverwaltung. Gerade in den Ministerialverwaltungen handelt es sich um Dienstleistungen" besonderer Art. Die außerordentlichen wirtschaftlichen und sozialen Hebelwirkungen, die von den von der Ministerialverwaltung vorbereiteten politischen Entscheidungen ausgehen, erfordern zwingend, besondere Qualitätsanforderungen zu stellen. Der Gesprächskreis Strukturreform der öffentlichen Verwaltung" der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte 1993 ein Gutachten Zur zukünftigen Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung" von Peter Eichhorn und Hans Joachim Hegelau. Ziel dieser vielbeachteten Analyse war, die administrativen Voraussetzungen für eine bessere Politik zu schaffen. Die dort vorgelegten Vorschläge zielten auf die Entfrachtung der Bundesministerien von eher routinären operativen, vollziehenden, rechtsanwendenden und administrativen Dienstleistungsaufgaben. Die Ministerien sollten sich auf die spezifischen politisch-strategischen Aufgaben und die rechtssetzende und programmgestaltende Politik konzentrieren. Die sich daraus ergebenden organisatorischen Veränderungen hätten auch Einsparungen bewirkt. Im Zentrum aber stand die Verbesserung der Qualität der Ministerial- [Seite der Druckausg.: 4] verwaltung als eine Voraussetzung für eine bessere" Politik. Um diese Qualitätsverbesserung geht es im vorliegenden Gutachten. Mit zahlreichen Beispielen belegen die Autoren Ulrich Pfeiffer und Bernd Faller, daß Sparen am falschen Ort unnötige, immense Kosten verursacht, die keinesfalls dadurch zu rechtfertigen sind, daß diese Kosten nicht beim Bund, sondern bei Dritten anfallen, bei den Kommunen, der Wirtschaft oder beim Bürger. Die Frage nach der Qualität der Verwaltung und ihrer Leistungen zu stellen, hat gerade für den politiknahen Bereich der Ministerialverwaltung grundlegende Bedeutung. Sie muß ins Blickfeld der Öffentlichkeit und der Reformpraktiker gerückt werden, damit die politische Dimension der Staatsmodernisierung wieder deutlich wird. Die Qualität der politikberatenden und -vorbereitenden Tätigkeit der Ministerialverwaltung läßt sich schwer in Mark und Pfennig ausdrücken. Mangelhafte Qualität aber hat ihren nachweisbaren millionen- und milliardenschweren Preis. Ganz zu schweigen von politischen und sozialen Irritationen, die durch unzureichendes oder fehlerhaftes Verwaltungshandeln provoziert werden können. Hier gilt ohne Frage der Grundsatz, daß letztlich Qualität billiger ist als durch Stellenstreichungen bewirkte geringere Personalausgaben. Das Plädoyer für eine verstärkte Berücksichtigung von Qualitätskriterien in der Verwaltungsreformdebatte führt zu größerer Wirtschaftlichkeit im Verwaltungshandeln als viele hektisch formulierte Kürzungsvorschläge. Dabei werden die Rationalisierungsreserven nicht verkannt, auch Stelleneinsparungen nicht ausgeschlossen. Es wird vielmehr erreicht, daß die alle Bürger betreffende Modernisierung des öffentlichen Sektors nicht als betriebswirtschaftliches Problem gehandelt und behandelt wird, sondern als eminente politische Herausforderung. Ich hoffe, dies Gutachten trägt dazu bei, in Politik und Medien, in der Verwaltung und der Öffentlichkeit die Ziele einer effizienten und effektiven Administration unseres Gemeinwesens hinsichtlich ihrer Qualität zu diskutieren und politisch zu definieren. Nur so sind dann auch die technischen und organisatorischen Umsetzungskonzepte sachgerecht zu entscheiden. Dr. Jürgen Burckhardt
[Seite der Druckausg.: 5-8 = Inhaltsverzeichnis] © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000 |