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TEILDOKUMENT:
[Essentials]
[Einleitung] Seit Januar 1997 ist Kofi Annan neuer Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN). Die Ernennung des siebten Generalsekretärs der Weltorganisation ereignete sich vor dem Hintergrund turbulenter Auseinandersetzungen über eine eventuelle zweite Amtsperiode von Boutros Boutros-Ghali zwischen den Vereinigten Staaten und der Mehrzahl der übrigen 184 Mitgliedstaaten der VN. Das diplomatische Tauziehen um die Besetzung der obersten Beamtenposition der VN stand im direkten Zusammenhang mit der seit Jahren andauernden Debatte um die Reform des multilateralen Systems der VN und mit den drastisch divergierenden Vorstellungen innerhalb der Staatengemeinschaft über Ziel, Zweck und Wesen einer solchen Neugestaltung. Die Tatsache, daß letztlich die USA ihren Kandidaten gegen den ursprünglichen Wunsch der Mehrheit der Mitgliedstaaten durchsetzen konnte, spiegelt nicht zuletzt die gegenwärtigen Machtverhältnisse innerhalb der Weltorganisation wider. Forderungen nach Reformen sind so alt wie die VN selbst. Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts hatten viele gehofft, daß nach der Aufhebung der jahrzehntelangen Blockade durch die Supermächte eine grundlegende Neugestaltung der Weltorganisation endlich beginnen würde. Zusätzliche Antriebskraft erhielten die Reformbestrebungen durch das 50jährige Jubiläum der Weltorganisation. Entsprechend stieg die Anzahl von Publikationen aus Wissenschaft, Politik und den VN selbst, die fundierte Reformvorschläge unterbreiteten. So hat der ehemalige Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali zwischen 1992 und 1996 eine Reihe von vielbeachteten Empfehlungen erarbeitet die Agenden für Frieden, Entwicklung und Demokratisierung , die allesamt das VN-System für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte fit machen sollten. Die Generalversammlung hat seit 1992 fünf sogenannte High Level Open-Ended Working Groups on UN Reform einberufen, die unter Mitwirkung der Delegationen konsensfähige Reformmaßnahmen zu den Bereichen Sicherheitspolitik, Entwicklung, Sicherheitsrat, Finanzen und Stärkung des VN-Systems erarbeiten sollen. Bislang wurde in keiner einzigen Arbeitsgruppe Konsens über eine umfassende Abstimmungsvorlage erreicht. Die wenig konkreten Arbeitsergebnisse spiegeln im großen und ganzen nur die Uneinigkeit unter den Mitgliedstaaten bezüglich der Reformen wider. Von den vielen Bereichen des Systems der VN, die Gegenstand von Reformvorschlägen waren, hat sich die Debatte der vergangenen Monate über die anstehenden Reformen überwiegend auf den Sicherheitsrat, die administrativen Reformen und damit eng verknüpft die Finanzierung der Weltorganisation konzentriert. Im folgenden werden die Grundzüge der derzeitigen Reformbemühungen dargestellt. Neben dem aktuellen Stand der Reformdiskussion in diesen Bereichen werden insbesondere die maßgeblichen Interessenlagen der wichtigsten politischen Akteure aufgezeigt, die den Rahmen abstecken, innerhalb dessen sich Reformen implementieren lassen. Auf Grund der herausragenden Rolle, die die USA innerhalb der Weltorganisation spielen, wird der Politik der Vereinigten Staaten gegenüber den VN besonderes Gewicht beigemessen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999 |