FES | ||
|
|
TEILDOKUMENT:
Chinas Antworten auf die Asienkrise" Die wichtigsten Elemente der chinesischen Strategie gegen die Auswirkungen der Asienkrise" sind
Keine Abwertung der RMB Yuan Die chinesische Regierung ist entschlossen, den RMB Yuan nicht abzuwerten, und dies im wohlverstandenen eigenen Interesse. Politisch hat China hiermit in der Region und in der Welt an Ansehen gewonnen. Man möchte verhindern,
Darüber hinaus bringt ein Abwertungsverzicht auch wirtschaftliche Vorteile:
In den Krisenländern Südost- und Ostasiens ist immer noch die Überzeugung verbreitet, daß China erneut abwerten wird nachdem es mit der Abwertung seiner Landeswährung am 1.1.1994 bereits die Wettbewerbsfähigkeit seiner Nachbarn auf den Exportmärkten beeinträchtigt und auf diese Weise zur Asienkrise" beigetragen hatte. Gleichwohl: Die Abwertung des Renminbi Yuan im Januar 1994 war Bestandteil einer umfassenden Währungsanpassung, zu der die Vereinheitlichung eines dualen Wechselkurssystems und die Abschaffung der Spezialwährung für Ausländer (Foreign Exchange Certificate) gehörten. Der neue Außenwert der chinesischen Währung gegenüber dem US-Dollar wurde auf 8.7 RMB festgelegt. Dies entsprach dem damals vorherrschenden Kurs auf dem freien Markt (der offizielle Kurs hatte vorher 5,7 RMB betragen). Entscheidend für die Verursacherdiskussion ist jedoch, daß bereits vor der Währungsumstellung circa 8085 Prozent der chinesischen Exporte auf der Basis des freien Marktwertes des RMB abgewickelt worden waren. Die effektive Abwertung betrug also nur 7 bis 8 Prozent. Seit Januar 1994 hat die umgestellte chinesische Währung gegenüber einem gewichteten Korb der wichtigsten Währungen eine effektive Aufwertung von über 30 Prozent erfahren. Diese Aufwertung war das Ergebnis einer fünfprozentigen nominalen Aufwertung des RMB gegenüber dem US-Dollar und den erheblichen Inflationsdifferenzen zwischen China und seinen wichtigsten Handelspartnern in den Jahren 19941996. Trotz der exporthemmenden Aufwertung des RMB wuchs das chinesische Exportvolumen mit jährlichen Wachstumsraten von 1520 Prozent. Hauptfaktor waren die ausländischen Direktinvestitionen in die chinesische Exportindustrie, wobei die Investoren in den ersten Jahren nach 1989 weniger aus den OECD-Ländern kamen als aus Hongkong, Taiwan und anderen asiatischen Ländern, die auf die Langfristigkeit und Stabilität der chinesischen Reformpolitik setzten. Heute sind Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung zu ca. 45 Prozent an den Exporten und zu über 50 Prozent an den Importen Chinas beteiligt.
Spezifische Exportförderungsmaßnahmen
Zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Exportindustrie auf den Weltmärkten werden von der chinesischen Regierung vor allem drei Maßnahmen ergriffen:
Derartige Exporterleichterungen gelten für die chinesische Exportindustrie generell. Beispiele sind Schiffe, Stahl, Nichteisenmetalle, Zement, Chemikalien, Textilien und Bekleidung (bei Stahl und Schiffen hat man sich speziell der harten Konkurrenz aus Südkorea zu erwehren).
Infrastruktur- und Wohnungsbauprogramme zur Stärkung der Binnennachfrage und Verbesserung der Beschäftigungslage
Um die Effekte der Asienkrise" auf das Wirtschaftswachstum abzumildern, beschloß die chinesische Regierung, die Binnennachfrage durch folgende Maßnahmen anzukurbeln:
In Anbetracht des gegenwärtigen Leistungsbilanzüberschusses, seiner großen Devisenreserven, seines eher sinkenden Preisniveaus auf den Binnenmärkten und den Überkapazitäten in zahlreichen Wirtschaftssektoren ist eine moderate Stimulierung der Binnennachfrage wenig problematisch und dürfte, wie die jüngsten Zahlen zeigen, auch erfolgreich sein. Die Investitionen für Infrastrukturprojekte nahmen im ersten Halbjahr 1998 um 50 Prozent zu. Mit ähnlichen Zuwachsraten wurde auch in den Wohnungsbau investiert. Ein wichtiges Motiv für die Förderung des privaten Wohnungsbaus ist das Anliegen der chinesischen Regierung, die hohen privaten Sparguthaben, die vor dem Hintergrund der Krise noch gewachsen sind, zu mobilisieren.
Die Beschleunigte Reform des Finanz- und Bankensystems
Wenn es eine besonders wichtige Lehre gibt, die die chinesische Regierung aus der Asienkrise" gezogen hat, liegt diese in der Erkenntnis, daß China trotz seiner außenwirtschaftlichen Stärke innere Schwächen aufweist, die zum Teil gravierender sind als die etwa Südkoreas vor Ausbruch der Krise. An erster Stelle stehen die finanzielle Schwäche der chinesischen Banken und das erschreckende Ausmaß der Verschuldung bei geringem oder negativem return on investment eines großen Teils des Staatsbetriebe. Darüber hinaus bedarf auch die Aufsicht über das Finanzsystem erheblicher institutioneller und struktureller Verbesserungen. Einige Reformansätze wurden bereits auf den Weg gebracht. China steht in engem Austausch mit internationalen Experten. Auch verfügt dieses Land über das finanzielle Potential, die Probleme Schritt für Schritt in den Griff zu bekommen. Die niedrige öffentliche Verschuldung im Inland, die nur etwa 10 Prozent des BIP ausmacht, ist dabei hilfreich. Sie bietet ein Potential für die Finanzierung der Unternehmensreformen, die Abschreibung uneinbringlicher Kredite und die Rekapitalisierung der staatlichen Geschäftsbanken. Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis die Zentralregierung die lokalen Behörden daran hindern kann, die lokalen Geschäftsbanken zur Subventionierung der industriellen Staatsbetriebe in Form von nicht rückzahlbaren Krediten zu zwingen. Dabei geht es nicht nur um die Verschuldung von Banken und Staatsunternehmen. Es stehen viele Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Aufbau einer überbetrieblichen Systems sozialer Sicherung ist eine wichtige Voraussetzung für radikalere Schritte der Unternehmens- wie der Bankenreform. Der Aufbau eines solchen Systems wird nun ebenfalls ein Effekt der Asienkrise" beschleunigt vorangetrieben, parallel zur längst zu beobachtenden Praxis der Banken, Kredite für schlecht geführte Unternehmen ohne Marktpotential restriktiv zu handhaben. Insofern ist es vielleicht für die weitere Entwicklung und Reform der chinesischen Wirtschaft eher ein Segen, daß die Auswirkungen der Asienkrise" China zu einem Zeitpunkt erreichen, zu dem das Land sich noch auf eine starke Außenwirtschaft stützen kann und der Schutzwall einer begrenzten Währungskonvertibilität noch nicht durch die Reform des Wirtschafts- und Finanzsystems abgebaut wurde. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999 |