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4. Das materielle Urheberrecht: Probleme und Anpassungsbedarf

Druck-Ausgabe: Seite 16

Der Produzent Multimedia hat ein neues interaktives Produkt ersonnen. Ehe er damit an den Markt geht, will er - ebenso wie seine Mitarbeiter - natürlich wissen, inwieweit er hierfür rechtlichen Schutz genießt und welche Regeln im Einzelfall auf sein Produkt Anwendung finden. Aufgeschreckt ist er durch Prognosen einiger renommierter Mediengurus, denenzufolge das für die analoge Welt geeignete Urheberrecht im digitalen Kontext hoffnungslos unpassend und daher obsolet sei. Als Geschäftsmann wird Produzent Multimedia mit seinem Produkt jedoch erst dann an den Markt gehen, wenn er sicher ist, daß er eine hinreichende Chance hat, seine Investitionen zu amortisieren und den erhofften Gewinn zu erzielen. Das aber setzt voraus, daß er Dritten untersagen kann, sein Produkt ungefragt und ohne Lizenzzahlungen zu übernehmen oder nachzuahmen.

Das Gesetz kennt der technischen Entwicklung entsprechend bislang ausdrücklich nur Sammelwerke, Filmwerke, Datenbanken, Computerprogramme sowie Bild- und Tonträger. Worunter fällt nun das digitale Werk? Welche Rechte haben angestellte Urheber? Dürfen bereits bestehende Werke mit allen zur Verfügung stehenden digitalen Tools auf jede Weise verändert oder gar verfälscht werden? Wie paßt der online und offline-Vertrieb digitaler Werke in die traditionelle Unterscheidung von körperlicher und unkörperlicher Verwertung? Sind Urheber und Produzenten vor allem dagegen geschützt, daß ein Dritter das digitale Produkt ungefragt in einer Datenbank anbietet? Was dürfen private Nutzer mit digital angebotenen Produkten machen? Welcher gesetzliche Spielraum steht Bibliotheken und Informationsbrokern im digitalen Bereich offen? Und wer ist schließlich in der langen Kette der Informationsübermittlung - die vom Content Provider über mehrere Service Provider, über Network Operator und Access Provider bis hin zum Endnutzer reicht?

Es wird des öfteren behauptet, das Urheberrecht bleibe hoffnungslos hinter der sich rasant entwickelnden Technik zurück und werde demnach als Regelungsinstrument in der digitalen Welt schon bald ausgedient haben. [Fn 3: So insbesondere Negroponte, Being digital, London 1995, S. 58.]
Diese Prognose erscheint jedoch aus einer Reihe von Gründen wenig wahrscheinlich:

  • zum einen hat sich das Urheberrecht in der Vergangenheit technologischen Neuerungen gegenüber immer als wandlungs- und anpassungsfähig erwiesen; dabei hat keine Rolle gespielt, ob die Technologie neue Schutzgegenstände (Photographie, Film, Ton- und Bildtonträger, Computerprogramme und Datenbanken) hervorgebracht oder neue Arten der Verwertung geschützter Werke und Leistungen (durch Tonträger, Radio, Fernsehen, Video, Kabelnetze und Satelliten) ermöglicht hat; der Aufnahme auch von Multimediawerken und der Integration des online Angebots ins Urheberrecht stehen mithin keine grundsätzlichen Hindernisse im Weg;

  • zum anderen besteht auch im digitalen Kontext ein Bedürfnis nach einer eigentumsähnlichen Güterordnung, die den Schöpfern Berechtigungen an den von ihnen geschaffenen Geistesschöpfungen garantieren. Das hängt nicht allein damit zusammen, daß verfassungs- und menschenrechtliche Positionen in gewissem Maß Bestandschutz genießen, sondern vor allem damit, daß das Funktionieren der Marktwirt-

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    schaft. Ausschließlichkeitsrechte an Gütern voraussetzt, deren Produktion Investitionen erfordert. Vereinfacht ausgedrückt: Schöpfer und Produzenten werden investitionsintensive immaterielle Güter nur dann bereitstellen, wenn sie einen rechtlichen Rahmen vorfinden, der es ihnen ermöglicht, dadurch einen Gewinn zu erzielen oder doch zumindest ihre Investitionen im wirtschaftlichen Wettbewerb zu amortisieren. Das gilt um so mehr, als sich die Schöpfung geschützter Werke vom individuellen Urheber hin zur Urheberrechtsindustrie verlagert. Damit haben letztlich auch die Endnutzer ein langfristiges Interesse an einem effektiven urheberrechtlichen Schutz, mögen ihre kurzfristigen Interessen auch eher auf eine möglichst weitgehende Urheberrechtsfreiheit von Nutzungshandlungen zielen;

  • schließlich berücksichtigt das Urheberrecht nicht allein die Interessen der Schöpfer, sondern hat vielmehr die Interessen aller Beteiligten - von den Urhebern über die Produzenten (sog. Werkvermittler) bis hin zu den Endnutzern - in sich aufgenommen und bringt sie zu einem angemessenen Ausgleich. So ist insbesondere nicht etwa die Information als solche geschützt, sondern allein die Aufbereitung, d.h. die Formgebung, in der diese Information transportiert wird. Auch insoweit also erscheint das Urheberrecht als das geeignete Instrument, um auch im digitalen Kontext adäquate Regelungen bereitzuhalten.

Es besteht folglich kein Bedürfnis, für die Güterzuordnung im digitalen Kontext ein gänzlich neues rechtliches Modell zu entwickeln. Das Urheberrecht wird daher auch in der digitalen Welt als unverzichtbares Instrument kultureller und wirtschaftlicher Steuerung fortbestehen. Freilich ist das geltende Urheberrechtsgesetz und die dahinterstehende Abwägung der Interessen zwischen Schöpfern, Produzenten und (End)Nutzern gegenwärtig noch weitgehend der Fixierung geschützter Werke und Leistungen in analoger Form verhaftet; als Beispiele genannt seien hier nur Begriffe wie "Vervielfältigung" oder „Informationsblätter". Es gilt also, die Lücken, rechtlichen Unsicherheiten und etwaige unangemessene Auswirkungen des gegenwärtigen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) im digitalen Kontext aufzuzeigen und für diesen aktuellen Regelungsbedarf entsprechende Lösungsvorschläge zu entwickeln. [Fn 4: Die nachfolgend unter Ziff. 4.1 - 4.6 sowie in Ziff. 5.1 und 5.3 ausgesprochenen Empfehlungen folgen weitgehend den Ergebnissen, zu denen das von Schricker. Dreier, Katzenberger und v. Lewinski im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz verfaßte Gutachten "Urheberrecht auf dem Weg zur Informationsgesellschaft" gelangt ist. Die hier unter Ziff. 4.7, 5.2 sowie Ziff. 6 - 8 erörterten Fragen waren vom Auftrag des genannten Gutachtens nicht erfaßt.]

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4.1 Schutz des Multimediawerks

Als erstes stellt sich die Frage, welchen urheberrechtlichen Schutz digitale offline und online Medien genießen. Dabei sind zwei Probleme zu unterscheiden: zum einen geht es darum, ob bereits die Digitalisierung analogen Materials allein einen urheberrechtlichen Schutz begründet; zum anderen geht es darum, welchen Schutz das Multimediawerk in der ihm eigenen Kombination der einzelnen Bestandteile genießt.

Was die Digitalisierung anbelangt, so kommt ein eigenständiger Schutz weder nach bestehendem Recht in Betracht, noch sollte ein solcher Schutz künftig eingeführt werden. Das hat folgenden Grund: von Einzelfällen abgesehen [Fn 5: Zu diesen Ausnahmefallen zählen Digitalisierungen, die mit einer Bearbeitung des digitalisierten Gegenstandes verbunden sind (z.B. Kolorierung; Tonverbesserung), welche nicht rein funktionalen Kriterien folgt, sondern bei denen dem Digitalisierenden kreative Entscheidungsspielräume verbleiben, die auch tatsächlich in kreativer Weise genutzt werden.] ist die bloße Digitalisierung mittels eines Scanners o.ä. lediglich eine Vervielfältigung ohne eigene schöpferische Leistung desjenigen, der diese Vervielfältigung vornimmt; es fehlt dabei an der von § 2 Abs. 2 UrhG vorausgesetzten Originalität. Nach bisheriger Rechtsprechung erhält derjenige, der eine fremde Vorlage bloß kopiert, daran weder ein Urheber- und nicht einmal ein eigenes Leistungsschutzrecht. [Fn 6: Vgl. BGH, GRUR 1990, 669 - Bibelreproduktion.]
Wollte man ein solches Recht zuerkennen, so würde dieses Recht überdies neben das Urheberrecht des ur-

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sprünglichen Urhebers treten, so daß die Verwertung des digitalisierten Werkes einer weiteren, zusätzlichen Erlaubnis bedürfte. Das aber würde den Verkehr mit digitalen Produkten unnötig erschweren.

Die Digitalisierung allein begründet als solche keinen Schutz zugunsten desjenigen, der analoges Material lediglich digitalisiert.

Die zweite Frage geht dahin, wie digitale offline und online Medien urheberrechtlich zu qualifizieren sind. Von Bedeutung ist das deswegen, weil sich an die jeweilige Einordnung unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Für Computerprogramme, die in Arbeitsverhältnissen geschaffen werden, gelten andere Regeln als für sonstige Werke, die unter gleichen Umständen geschaffen werden; bei Filmwerken bestehen besondere gesetzliche Vermutungen hinsichtlich der Verwertungsrechte, die die Urheber der einzelnen schöpferischen Beiträge an den Produzenten übertragen haben; der Hersteller von Tonträgern, der Filmhersteller und neuerdings der Datenbankhersteller genießen eigene Rechte, die sonstigen Produzenten nicht zukommen. Erschwert wird eine Einordnung vor allem dadurch, daß die digitale Technologie eine Vielzahl äußerst unterschiedlicher Produktionen zuläßt. Die Palette reicht von der Musik-CD über digitale Lexika und traditionelle Datenbanken bis hin zu interaktiven CD-ROM; in Zukunft mögen weitere Arten von Multimediawerken hinzukommen.

Eine Lösung sollte sich von zwei Überlegungen leiten lassen:

  • zum einen darf der Schutz einzelner Bestandteile einer Multimediaproduktion nicht mit dem Schutz der Multimediaproduktion selbst verwechselt werden; das entspricht bisheriger Urheberrechtstradition [Fn 7: Selbst beim Film, der zur bislang intensivsten Verschmelzung der einzelnen unabhängigen Werke (Textvorlage, Drehbuch, Musik u.a.) und Leistungen (schauspielerische Leistung, Tonträger u.a.) führt, geht das UrhG von der rechtlichen Unabhängigkeit der einzelnen Bestandteile aus, soweit nicht Miturheberschaft vorliegt (§ 8 UrhG).]
    und trägt darüber hinaus dem Bedürfnis der Praxis Rechnung, auch nach Kombination der einzelnen Bestandteile in einem einheitlichen Werk über die einzelnen Beiträge ggf. gesondert verfügen zu können. Eine andere Lösung wäre zwar denkbar, unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Umständen jedoch nicht opportun;
  • zum anderen besteht kein Anlaß, bestehende rechtliche Schutzmöglichkeiten für digitale Produkte ohne Not beiseite zu schieben und durch einen gänzlich neuen Schutz zu ersetzen; das gilt um so mehr, als der Begriff des Multimediawerkes in der Praxis so unscharf ist, daß eine hinreichend genaue Abgrenzung zu anderen Werkarten nicht möglich erscheint.

Für den Schutz von Multimediawerken bedeutet dies: soweit es sich um eine Datenbank i.S.d. EU-Richtlinie handelt, [Fn 8: Nach Art. I Abs. 2 der EU - Datenbankrichtlinie (vgl. Ziff. 8.3) ist eine Datenbank "eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind"; wortgleich der Vorschlag zur Umsetzung in einem künftigen § 69h UrhG (Art. 8 IuKDG). - Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie erstreckt sich der Datenbankschutz ausdrücklich nicht auf die "für die Herstellung oder den Betrieb elektronisch zugänglicher Datenbanken verwendeten Computerprogramme".] besteht für das Multimediawerk urheber- und nachbarrechtlicher [Fn 9: Gem. den künftigen §§ 87a ff. UrhG.] Datenbankschutz; soweit es sich um ein Filmwerk oder Videospiel handelt, besteht urheberrechtlicher Schutz als Filmwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG und darüber hinaus zugunsten des Produzenten das Leistungsschutzrecht gem. §§ 94 bzw. 95 UrhG; soweit es sich um einen reinen Tonträger handelt, ist dessen Hersteller nach § 85 UrhG geschützt. [Fn 10: Digitale Bild - und Tonträger unterfallen schon jetzt der gesetzlichen Definition in § 16 Abs. 2 UrhG ("Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild - oder Tonfolgen"); allerdings sollte das im Zuge einer künftigen Anpassung des Urheberrechts nochmals ausdrücklich klargestellt werden, vor allem um auch Einzelbilder zu erfassen.]
Schließlich sind Sammelwerke, die nicht der Datenbankdefinition unterfallen, nach § 4 UrhG urheberrechtlich geschützt; insoweit besteht jedoch kein eigenes Leistungsschutzrecht.

Da gegenwärtig nicht ganz klar ist, inwieweit sämtliche, insbesondere auch interaktive Multimediawerke einer der soeben genannten Werk-

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arten unterfallen, sollte gesetzlich klargestellt werden, daß ein Werk auch aus der Kombination bzw. Verschmelzung von Werken bestehen kann. Damit würde sichergestellt, daß die Schutzvoraussetzungen nicht separat, sondern in bezug auf das Multimediawerk als Ganzes geprüft würden. Auf diese Weise ließe sich die für viele Multimediawerke gerade charakteristische Interaktivität schützen, immer vorausgesetzt, daß sie hinreichende Originalität aufweist. Ob es daneben noch eines weiteren, nachbarrechtlichen Schutzes für die Hersteller nichtoriginaler Multimediaproduktionen bedarf, sei insbesondere angesichts des umfassenden nachbarrechtlichen Schutzes für die Hersteller von Datenbanken einstweilen dahingestellt.

Zunächst sollte klargestellt werden, daß auch Datenträger der Definition der Bild- und Tonträger unterfallen.

Darüber hinaus wird eine gesetzliche Klarstellung dahingehend empfohlen, daß ein Werk auch aus der Kombination bzw. Verschmelzung von Werken bestehen kann; dadurch würde gesichert, daß die Schutzvoraussetzungen nicht separat, sondern in bezug auf das Multimediawerk als Ganzes geprüft würden. Eine Gleichstellung aller Multimediawerke mit der bestehenden Kategorie der Filmwerke ist dagegen nicht angezeigt; ohnehin wird eine analoge Anwendung der Übertragungsvermutungen der für Filmwerke geltenden §§ 88, 89 UrhG auf Multimediawerke nicht befürwortet. [Fn 11: Vgl. nachfolgend Ziff. 5.1.]

Ein weiteres Problem besteht schließlich in der Anfälligkeit digitaler Produkte nicht nur gegenüber der vollständigen sondern auch gegenüber der Kopie nur von Teilen. Nach bisheriger Auffassung ist die unautorisierte Übernahme von Teilen nur dann eine Urheberrechtsverletzung, wenn der betreffende Teil selbst schutzfähig ist. Dies folgt aus der Schutzintention des Urheberrechts, nicht allzu kleine Teile zu schützen, damit die Schöpfung neuer Werke nicht über Gebühr behindert wird. Deshalb sollte es auch künftig dabei bleiben, daß Schutz gegen die Übernahme nichtoriginaler Teile allenfalls durch die Nachbarrechte (vgl. Ziff. 4.6) oder aber durch das Wettbewerbsrecht (UWG) gewährt wird.

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4.2 Rechtsinhaberschaft

Es wird oft geltend gemacht, die Vielzahl der Urheber der zur Produktion digitaler Offline und Online Medien benötigten Werke erschwere den vollständigen Erwerb der Rechte in einem Maß, daß es mitunter unmöglich sei, das geplante Produkt überhaupt herzustellen. Folglich wird die Vereinfachung des Rechteerwerbs gefordert, deren radikalste Form die Konzentration aller Rechte von Anbeginn an nicht bei den Urhebern sondern beim Produzenten des digitalen Produkts selbst wäre.

Aber abgesehen davon, daß eine solche Lösung bei Werken, die zunächst unabhängig von ihrer späteren Verwendung in einem digitalen Produkt geschaffen werden, dessen Produzenten gar nichts nützen würde, stehen einer solchen radikalen Lösung auch grundsätzliche Bedenken entgegen. Denn nach deutschem Urheberrecht ist Urheber grundsätzlich der Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG). Das gilt selbst dann, wenn das Werk im Rahmen eines Arbeits- (§ 43 UrhG) und erst recht, wenn es im Rahmen eines Auftragsverhältnisses geschaffen worden ist. Selbst bei Werken, in die wie bei Filmwerken eine Vielzahl schöpferischer Beiträge eingehen, hat sich der Gesetzgeber bewußt für die Urheberschaft der Schöpfer der einzelnen Beiträge entschieden. Insoweit ist die Zuordnung der originären Urheberschaft auch weitgehend durch internationale Konventionen (RBÜ; TRIPS) vorgegeben; vor allem aber würden solche Werke kaum bereitgestellt werden, wenn ihren Schöpfern keine rechtliche Grundlage für die Verwertung zur Verfügung stünde.

Um im Einzelfall den Rechtsverkehr zu erleichtern, hat der Gesetzgeber also nicht etwa mit einer ursprünglichen Urheberschaft des Produzenten reagiert, sondern Vermutungen der Rechtseinräumung geschaffen (§§ 43, 69b sowie 88 und 89 UrhG für Werke bzw. Computerprogramme in Arbeitsverhältnissen und für Filmwerke). Da § 43 UrhG ganz allgemein für in Arbeitsverhältnissen ge-

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schaffenen Werke und damit auch für Multimediawerke gilt, stellt sich hier allein die Frage, inwieweit die inhaltlich über § 43 UrhG hinausgehenden Übertragungsvermutungen der §§ 69b, sowie 88 und 89 UrhG auch für digitale Produkte zur Anwendung kommen sollten. Die Frage ist im Ergebnis jedoch zu verneinen. § 69b UrhG, demzufolge bei im Arbeitsverhältnis geschaffenen Computerprogrammen vorbehaltlich einer ausdrücklich abweichenden vertraglichen Regelung alle Verwertungsrechte auf den Arbeitgeber übergehen (und nicht nur, wie nach § 43 UrhG diejenigen Rechte, deren der Arbeitgeber nach dem Zweck des Arbeitsverhältnisses bedarf), und der auf die EG-Computerprogrammrichtlinie zurückgeht, findet bereits in der EU-Datenbankrichtlinie keine Entsprechung. [Fn 12: Vgl. nachfolgend Ziff. 8.3.]
Dafür, daß das deutsche Recht insoweit von der europäischen Lösung abweicht, besteht kein Anlaß. Aber auch eine Anwendung der filmrechtlichen Übertragungsvermutungen der §§ 88, 89 UrhG zugunsten aller Multimediawerke [Fn 13: Ohnehin gelten die §§ 88, 89 UrhG schon jetzt für diejenigen Multimediawerke, die als Filmwerke zu qualifizieren sind.] erscheint nicht angezeigt. Denn das setzte zum einen voraus, daß sich Multimediawerke hinreichend präzise umschreiben ließen; das aber erscheint nicht möglich (vgl. Ziff. 4.1). Zum anderen setzen die §§ 88, 89 UrhG ohnehin vertragliche Vereinbarungen zwischen Urheber und Produzenten voraus, in dessen Rahmen sich der Produzent die entsprechenden Rechte dann auch ausdrücklich einräumen lassen kann.

Im Ergebnis wird also eine Änderung der ersten Urheberschaft ebensowenig empfehlen wie eine Ausdehnung bestehender Übertragungsvermutungen. Statt dessen sollte den berechtigten Interessen der Werkverwerter durch eine praktische Erleichterung des Rechteerwerbs (vgl. Ziff. 5.3) und den Interessen rechtmäßiger Nutzer digitaler Werke durch eine entsprechende Schrankenbestimmung in Parallele zu § 69d Abs. 1 UrhG (vgl. Ziff. 4.5) entsprochen werden.

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4.3 Urheberpersönlichkeitsrechte

Die digitale Technologie ermöglicht dem Nutzer, das geschützte Werk auf nahezu jede beliebige Weise zu verändern, zu bearbeiten, zu entstellen, zu teilen und mit anderen Werken oder Werkteilen zu kombinieren und den Namen des Urhebers zu entfernen. Angesichts dieses Kontrollverlustes erscheint eine Stärkung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse [Fn 14: Vgl. zu deren Inhalt oben Ziff. 2.2.]
eher angebracht [Fn 15: Aus diesem Grunde könnte eine Streichung von § 93 UrhG erwogen werden, der das Recht auf Werkintegrität im Bereich der Filmproduktion überaus restriktiv einengt.]
als deren - oft mit dem Hinweis, das Recht könne sich den technischen Möglichkeiten nicht in den Weg stellen, begründete - Schwächung oder gar Streichung.

Dennoch wird eine Änderung bestehender urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse, im digitalen Kontext aus folgenden Gründen nicht empfohlen:

  • das Recht auf Werkintegrität setzt schon vom Gesetzeswortlaut her (Gefahr der Beeinträchtigung „berechtigter Interessen") eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles unter Einschluß der gegenläufigen Interessen des Werkverwerters oder -nutzers voraus; es greift daher erst bei Eingriffen einer gewissen Schwere. Darüber hinaus liegt das Problem eines effektiven Schutzes gegen unzulässige Eingriffe in die Werkintegrität weniger in einem zu geringen rechtlichen Schutz als vielmehr in der praktischen Kontrollmöglichkeit begründet;
  • für das Namensnennungsrecht gewährleistet die Rechtsprechung ebenfalls eine hinreichende Flexibilität. Ohnehin dürfte die Namensnennung im digitalen Kontext in Zukunft weniger Problemen begegnen als im analogen Bereich, lassen sich doch die Namen selbst einer großen Zahl von Urhebern vergleichsweise problemlos in digitale Datensätze integrieren. Hinzu kommt, daß auch die Produzenten selbst künftig ein größeres Interesse an korrekter Nennung ihres eigenen, aber auch der Namen der betreffenden Urheber haben werden;

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  • auch hinsichtlich sonstiger urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse besteht derzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Das gilt etwa für das Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG), das Zugangs- (§ 25 UrhG) und die Rückrufsrechte wegen gewandelter Überzeugung und wegen Nichtausübung (§§ 41, 42 UrhG). Deren mit den hohen Kosten der Kinoproduktion gerechtfertigter Ausschluß für Filmwerke und Laufbilder (§ 90 UrhG) bedarf keiner Ausdehnung auf Multimediawerke; denn bei letzteren läßt sich ein Teil, dessen Nutzungsrechte zurückgerufen worden sind, meist problemlos entfernen.

Das Hauptproblem des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Schutzes im digitalen Kontext besteht vielmehr darin, daß bislang nicht abschließend geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang über urheberrechtliche Befugnisse vertraglich bindend disponiert werden kann. Auf der einen Seite ist das Urheberrecht im ganzen ebenso unübertragbar wie auch das Urheberpersönlichkeitsrecht oder einzelne seiner Befugnisse (vgl. § 29 UrhG); auf der anderen Seite sind Änderungsvereinbarungen dennoch grundsätzlich zulässig (vgl. § 39 Abs. 1 UrhG) und der Urheber kann sich gegenüber seinem Lizenznehmer Änderungen nur im Rahmen von Treu und Glauben widersetzen
(§ 39 Abs. 2 UrhG). Im Schrifttum wird zumeist versucht, die Grenzlinie um einen unverzichtbaren Kern zu ziehen, über den der Urheber, selbst wenn er es wollte, nicht disponieren können soll. Ähnlich urteilt hinsichtlich des Namensnennungsrechts auch die Rechtsprechung, die Vereinbarungen bis zum sog. unverzichtbaren Kern zuläßt, der dann allerdings nicht näher definiert wird. [Fn 16: Vgl. BGH, GRUR 1995, 671 - Namensnennungsrecht des Architekten.]
Umgekehrt nimmt die Rechtsprechung selbst stillschweigende Abreden an, wenn diese nur der Verkehrssitte der jeweiligen Branche entsprechen. Dieser rechtliche Zustand gefährdet jedoch in erheblichem Umfang die Rechts- und Planungssicherheit der Werkverwerter; dem Urheber ist die Möglichkeit der Selbstbestimmung selbst dort genommen, wo er von vorneherein die Tragweite seiner Disposition erkennen kann.

Es wird daher empfohlen, die Voraussetzungen von Rechtsgeschäften über die Gestattung von Werkänderungen und sonstiger Beeinträchtigungen ideeller Belange ausdrücklich zu regeln. Zulässig sein sollten einzelne, konkret umschriebene Eingriffe selbst einschneidender Natur. Nach wie vor unzulässig bleiben sollten dagegen pauschale Vereinbarungen. Gesetzlicher Vermutungen bedarf es nach der hier vorgeschlagenen Lösung dagegen ebensowenig wie einer inhaltlichen Änderung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse.

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4.4 Verwertungsrechte der Urheber

Eines der Hauptprobleme des Urheberrechts im digitalen Kontext betrifft die Einordnung von Nutzungshandlungen in das System der bisherigen Verwertungsrechte der §§ 15 ff. UrhG. Hier verschwimmt zunächst die im Gesetz so klar angelegte Unterscheidung zwischen der Werkwiedergabe in körperlicher und derjenigen in unkörperlicher Form. Hinzu kommt noch, daß Übermittlungshandlungen, die rechtlich eher den unkörperlichen Werknutzungen angehören, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht selten eher der Verwertung in körperlicher Form vergleichbar sind. Aber auch innerhalb der unkörperlichen Werkwiedergabe ist das online Zugänglichmachen geschützter Werke [Fn 17: Zu den Sonderproblemen verwandter Schutzrechte vgl. nachfolgend Ziff. 4.6 und zur Unterscheidung von Werken und Leistungen oben Ziff. 3.3.]
nicht leicht einzuordnen (Sendung oder sonstige öffentliche Wiedergabe?).

Hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts (§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) als der Hauptform des Rechts der körperlichen Werknutzung besteht folgendes Problem: bei der digitalen Werknutzung fallen eine Reihe von Vervielfältigungen an, die rein technischer Natur sind (Zwischenspeicherungen, computerinterne Vervielfältigungen), die als solche also keine eigenständige neue Nutzungsmöglichkeit eröffnen. Anders als

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die Nutzung von Werken in analoger Form (das Lesen eines Buches, das Betrachten eines Films usw. ) erfordert die Nutzung eines digitalen Werkes darüber eine Vielzahl von Vervielfältigungen, die dem Urheber unter Anwendung des geltenden Gesetzeswortlauts vorbehalten sind. Demgegenüber haben die Urheber und Rechteinhaber gerade aufgrund der leichten Kopieranfälligkeit im Hinblick auf digitale Datensätze, die sie Dritten zugänglich gemacht haben, ein erhöhtes Kontrollbedürfnis. [Fn 18: Das gilt zumindest in dem Maß, in dem sich der Zugang zu digitalen Werken und insbesondere deren Weiterverwertung noch nicht durch technische Mechanismen kontrollieren lassen; vgl. Ziff. 6.]

Es wird hier vorgeschlagen, dem Kontrollbedürfnis der Rechteinhaber durch eine umfassende Anwendung des Verbreitungsrechts zu begegnen, dem lediglich die bloß technischen Vervielfältigungshandlungen nicht unterfallen sollen; dies steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu den Computerprogrammen. [Fn 19: Vgl. BGH, GRUR 1991, 449, 453 - Betriebssystem: ".... zu beachten..., daß bei der Benutzung von Computerprogrammen rein technisch verschiedene tatsächliche Vervielfältigungsvorgänge anfallen können, die nicht uneingeschränkt vom Vervielfältigungsrecht nach §16 UrhG erfaßt werden".]
Auch einer Einbeziehung des Anzeigens geschützter Werke am Bildschirm in den Vervielfältigungsbegriff des § 16 Abs. 1 UrhG bedarf es wohl nicht, wird doch mit dem nachfolgend vorgeschlagenen Recht, geschützte Werke dem zeitversetzten Zugriff bereit zu halten, auch der Übermittlungsakt erfaßt. Im übrigen soll den legitimen Interessen der Werknutzer durch eine entsprechende Schrankenbestimmung Rechnung getragen werden (vgl. Ziff. 4.5). Im Ergebnis ergibt sich für eine Anpassung des Vervielfältigungsrechts damit folgendes:

Sowohl die Digitalisierung, als auch die Einspeicherung, die Abspeicherung und der Ausdruck geschützter Werke stellen nach geltendem Recht einen jeweils eigenständigen Akt der Vervielfältigung dar. Einer Anpassung von § 16 Abs. 1 UrhG bedarf es insofern nicht (das gleiche gilt für § 23 UrhG im Hinblick auf Bearbeitungen).

Dagegen sollte in § 16 Abs. 1 UrhG - in Parallele zu § 69c Nr. 1 UrhG sowie Art. 5 Buchst. a der Datenbankrichtlinie - für alle Werke in digitaler Form klargestellt werden, daß auch deren vorübergehende Vervielfältigung dem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht unterfällt; rein technische Vervielfältigungshandlungen sollten dem Vervielfältigungsrecht dagegen nicht unterfallen.

Was die unkörperliche Werkübermittlung anbelangt, ist unstreitig, daß das Bereithalten zum Abruf durch Mitglieder der Öffentlichkeit den Urhebern und Rechteinhabern vorbehalten bleiben soll. Auseinander gehen die Ansichten nur darüber, ob dies durch die Anwendung des Verbreitungsrechts, durch das Senderecht oder durch ein sonstiges, bislang unbenanntes Recht der unkörperlichen Werkwiedergabe geschehen soll. Der Streit hat vor allem zwei Ursachen: zum einen steht nicht allen Leistungsschutzberechtigten ein umfassendes Recht der öffentlichen Wiedergabe zu; insbesondere ausübende Künstler und Tonträgerhersteller haben bei der Sendung von Tonträgern nur einen Anspruch auf angemessene Vergütung. Zum anderen besteht in der Praxis ein Bedürfnis, traditionelle Rundfunksendungen auch künftig rechtlich vom digitalen online Angebot unterscheiden zu können. Schließlich erscheinen manche der online Übermittlungshandlungen der bisherigen Verbreitung körperlicher Werkexemplare wirtschaftlich vergleichbar (z.B. Vergleichbarkeit von Video-on-Demand zum Verkauf und zur Vermietung von Video-Kassetten), so daß insoweit mitunter die Anwendung des Verbreitungsrechts vorgeschlagen wird.

Berücksichtigt man jedoch, daß das online Angebot seiner Natur nach den unkörperlichen Werknutzungen zuzurechnen ist, trägt man dem bisherigen Schutzdefizit im Bereich des nachbarrechtlichen Schutzes durch dessen Anhebung Rechnung (vgl. dazu Ziff. 4.6), und unterscheidet man schließlich auch künftig das Recht des digitalen online Angebots vom traditionellen Rundfunk, so ergibt sich die Lösung für eine künftige Anpassung des UrhG zwangsläufig von selbst wie folgt:

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Das Recht, geschützte Werke im Wege digitaler Netzwerke dem zeitversetzten (interaktiven) Zugriff bereit zu halten, sollte weder im Wege einer analogen Anwendung des Rechts der körperlichen Verbreitung noch unter Heranziehung des Vermiet- und/oder des Verleihrechts gewährt werden.

Empfohlen wird vielmehr, ein solches Recht als Unterfall des Rechts der unkörperlichen Wiedergabe in einer gesonderten Ziffer des §15 Abs. 2 UrhG zu nennen; damit wäre es sowohl vom Senderecht (§ 20 UrhG) als auch von den Rechten der Wahrnehmbarmachung mit technischen Mitteln (§§ 19 Abs. 3 und 4 sowie 21 und 22 UrhG) unterschieden. Dieses Recht könnte als "Recht der unkörperlichen Übertragung", als "Recht des unkörperlichen Angebots" oder kurz als "Übertragungsrecht" bezeichnet werden. Inhaltlich wäre dieses Recht in Übereinstimmung mit Art. 8 WCT sowie Art. 10 und 14 WPPT [Fn 20: Zu WCT und WPPT vgl. näher nachfolgend Ziff. 8. 2.] zu umschreiben als "das Recht, geschützte Werke dem drahtlosen oder drahtgebundenen Zugriff durch die Öffentlichkeit bereitzuhalten".

Darüber hinaus wird eine Neufassung des Öffentlichkeitsbegriffs in § 15 Abs. 3 UrhG für alle Arten der öffentlichen Werkwiedergabe empfohlen, die folgenden Wortlaut haben könnte: "Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine oder für mehrere Personen erfolgt, die der Öffentlichkeit angehören. Eine Öffentlichkeit ist nicht gegeben, wenn zwischen der oder den Personen und dem Veranstalter persönliche Beziehungen bestehen".

Wann die einzelne Person bzw. die mehreren Personen im Einzelfall einer Öffentlichkeit angehören, kann nach wie vor der Rechtsprechung zur Klärung überlassen bleiben.

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4.5 Schranken des Urheberrechts

Die Schranken des Urheberrechts dienen der Feinabstimmung der dem Urheber vorbehaltenen ausschließlichen Rechte. Sie bringen die Belange der Urheber mit den schutzwürdigen Interessen der Verwerter, der Endnutzer und der Allgemeinheit insbesondere an der Informationsfreiheit und der Freiheit des geistigen Schaffens zum Ausgleich. Als Ausnahmen der Ausschließlichkeitsrechte sind die bestehenden Schrankenbestimmungen grundsätzlich eng auszulegen. De lege ferenda steht dem Gesetzgeber grundsätzlich zwar ein weiterer Spielraum zur Verfügung, doch hat sich die jeweilige Güterabwägung insbesondere an dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. [Fn 21: Das folgt vor allem aus dem verfassungsrechtlichen Schutz des Urheberrechts als Eigentum i.S.v. Art. 14 Abs. 1 GG; vgl. nur BVerfGE 31, 229, 239 - Kirchen - und Schulgebrauch; BVerfGE 49, 382, 392 - Kirchenmusik]
Dazu stehen mit der Zwangslizenz, über die sog Verwertungsgesellschaftenpflichtigkeit und die gesetzliche Lizenz [Fn 22: Vgl. zu den Unterschieden nachfolgend Ziff. 5.1.] bis hin zur gänzlichen Erlaubnis- und Vergütungsfreiheit - mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, die ein abgestuftes Vorgehen ermöglichen

Auch hinsichtlich der Schrankenbestimmungen wird eine evolutive Anpassung der bestehenden Schrankenbestimmungen in den §§ 45 ff. UrhG empfohlen. Dabei lassen sich die vorgeschlagenen Anpassungen von dem Grundsatz leiten, daß die Ausschließlichkeitsrechte so wenig wie möglich und so weit wie nötig einzuschränken sind, um im digitalen Umfeld einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen aller Beteiligten herbeizuführen Demnach ist der gegenwärtige Gesetzeswortlaut in dreierlei Hinsicht zu überprüfen:

  • zum einen ist er dort zu erweitern, wo er nicht ausreicht, um den mit der betreffenden Schranke bislang verfolgten Zweck im digitalen Kontext zu erfüllen;

  • zum anderen ist er dort einzuschränken wo er die digitale Verwertung zwar erfaßt, die Interessen der Rechteinhaber damit aber über Gebühr beeinträchtigt würden;

  • und schließlich ist zu prüfen, inwieweit angesichts der Besonderheiten digitaler Werkverwertung zugunsten der Nutzer zusätzliche

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    Ausnahmebestimmungen zu schaffen sind, für die im Rahmen der Verwertung in rein analoger Form bislang noch kein Anlaß bestand.

Eine Durchsicht der Schrankenbestimmungen ergibt danach folgendes Bild:

Keiner Anpassung bedürfen folgende Schrankenbestimmungen:

  • § 45 UrhG (Rechtspflege und öffentliche Sicherheit);
  • § 47 UrhG (Schulfunksendungen);
  • § 51 UrhG (Zitate);
  • § 55 Abs. 1 UrhG (Vervielfältigung Sendeunternehmen);
  • § 57 UrhG (Unwesentliches Beiwerk);
  • § 62 Abs. 1, 2 und 4 UrhG sowie § 63 UrhG (Quellenangabe).

Das gilt auch für die Vergütungsansprüche für das Vermieten und Verleihen gem. § 27 Abs. 1 und 2 UrhG.

Dagegen erscheinen folgende Klarstellungen, Änderungen, Anpassungen und Streichungen angezeigt:

  • § 46 UrhG (Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch) könnte dem Zweck der Vorschrift entsprechend auf die zustimmungsfreie Aufnahme von Multimediawerken geringen Umfangs ebenso erweitert werden wie um die Übermittlung privilegierter Sammlungen im Wege des digitalen online Angebots;
  • § 48 UrhG (öffentliche Reden) sollte zum einen auch auf Reden über Tagesfragen erweitert werden, die der Öffentlichkeit online zugänglich gemacht werden, und deren Verbreitung könnte zum anderen unter den dortigen Einschränkungen auch mittels Datenträgern zugelassen werden. Klarstellend sollte darüber hinaus die Ausnahme nach Abs. 2 auf die öffentliche Wiedergabe erweitert werden;
  • bei § 49 UrhG sollte zum einen der Kreis zustimmungsfrei übernehmbaren Artikel, Kommentare, Nachrichten und Tagesneuigkeiten in Abs. 1 Satz 1 und in Abs. 2 auch auf online angebotene Meinungsäußerungen erweitert werden. Problemlos können zum anderen die übernehmenden Medien um digitale offline Medien erweitert werden; hinsichtlich der Übernahme in digitalen online Medien erscheint eine Ausdehnung der Privilegierung auf die interne Verwendung zum eigenen Gebrauch angemessen;
  • § 50 UrhG (Bild- und Tonberichterstattung) sollte im Bereich der unkörperlichen Werknutzung durch die Streichung der Zusätze "Bild- und Ton" auf jegliche Art der Berichterstattung ausgedehnt werden. Zugleich sollte nicht nur die Berichterstattung "durch Funk und Film" sondern generell jede Berichterstattung im Wege der öffentlichen Wiedergabe - also unter Einschluß der online Berichterstattung - privilegiert werden;
  • in § 52 Abs. 1 UrhG (öffentliche Wiedergabe) sollte die öffentliche Wiedergabe von Werken im Wege des online Angebots von der Privilegierung ausgenommen werden; in § 52 Abs. 3 UrhG (öffentliche Wiedergaben) sollte die Beschränkung der Privilegierung bestimmter öffentlicher Wiedergaben auf die öffentliche Wiedergabe im Wege des online Angebots ausgedehnt und ggf. die öffentliche Wiedergabe von Werken zu rein privaten Zwecken im Wege des online Angebots vom Urheberrecht freigestellt werden;
  • in § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 UrhG sollte klargestellt werden, daß die digitale Vervielfältigung, d.h. die Herstellung eines digitalen Vervielfältigungsstücks zum privaten und zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch freigestellt wird und daß auch die Aufnahme in ein digitales Archiv zum privaten sowie zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch im gebotenen Umfang zustimmungsfrei zulässig ist, wenn hierfür ein eigenes Werkexemplar verwandt wird. Zulässig sein sollte insoweit nur die eigene Herstellung, nicht das Herstellenlassen. Ansonsten sollte die digitale Vervielfältigung - auch im Hinblick auf die Verpflichtung in TRIPS, einen Schutz zu gewähren, der die normale Verwertung des Werkes und die berechtigten Interessen des Urhebers nicht beeinträchtigt - von § 53 UrhG ausgenommen werden. Im Interesse des Bibliotheks- und Dokumentationswesens könnte erwogen werden, das Ausschließlichkeitsrecht dann, wenn Mandatsver-

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    träge auf freiwilliger Grundlage nicht zustande kommen, verwertungsgesellschaftenpflichtig zu machen;

  • in §§ 54 Abs. 1 und 54a Abs. 1 UrhG sollte klargestellt werden, daß eine Abgabe auch für leere, bespielbare digitale Speichermedien sowie für Geräte geschuldet wird, bei denen die Herstellung digitaler Kopien im Rahmen des § 53 UrhG zu erwarten ist;
  • in § 54d Abs. 1 UrhG sollte die Bezugnahme auf die in der Anlage bestimmten Sätze gestrichen werden;
  • § 55 Abs. 2 UrhG (Vervielfältigung durch Sendeunternehmen) sollte entweder ganz oder doch zumindest in bezug auf die Archivierung nach § 55 Abs. 1 UrhG zulässig hergestellter digitaler Aufzeichnungen gestrichen werden;
  • § 56 UrhG (Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe durch Geschäftsbetriebe) sollte
    - wenn nicht auf Geräte zur digitalen Datenverarbeitung schlechthin, so doch zumindest
    - auf Geräte erstreckt werden, die zum Abruf von online Angeboten geeignet sind;
  • in § 58 UrhG (Katalogbilder) sollte zum einen sowohl die Beschränkung auf Werke der bildenden Künste als auch diejenige der Aufnahme in Verzeichnissen gestrichen werden. Zum anderen sollte auch die öffentliche Wiedergabe im Wege des online Angebots zustimmungsfrei zulässig sein. Im Gegenzug könnte den Urhebern dann ein verwertungsgesellschaftenpflichtiger Vergütungsanspruch gewährt werden;
  • § 59 UrhG (Werke an öffentlichen Plätzen) sollte auch auf die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe des freien Straßenbildes mittels Multimediawerken erstreckt werden;
  • § 60 UrhG (Bildnisse) sollte zugunsten der dort Privilegierten auf das digitale online Angebot - nicht jedoch auf die Sendung gem. § 20 UrhG - erweitert werden;
  • § 61 UrhG (Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller) sollte auch hinsichtlich digitaler Tonträger abgeschafft werden;
  • § 62 Abs. 3 UrhG (Änderungsverbot) sollte über die dort genannten Fälle hinaus ganz allgemein jede Änderung zulassen, die das zur körperlichen wie zur unkörperlichen Verwertung angewendete Verfahren mit sich bringt, sofern berechtigte Interessen des Urhebers dadurch nicht beeinträchtigt werden;
  • darüber hinaus könnte die Abwendungsbefugnis nach § 101 Abs. l UrhG auf Fälle verschuldeter Verletzung erweitert werden, bei denen der Verletzer den Verletzten trotz aller zuvor unternommener zumutbarer Anstrengungen nicht hat ausfindig machen können und in denen er ggf. vor Beginn der Verwertung eine angemessene Vergütung hinterlegt hat;
  • schließlich sollten in Parallele zu § 69d Abs. 1 UrhG künftig diejenigen Vervielfältigungshandlungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedürfen, die für die bestimmungsgemäße Benutzung geschützter Werke in digitaler Form durch den rechtmäßigen Benutzer erforderlich sind.


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4.6 Verwandte Schutzrechte

Nicht nur Urheber, sondern auch die Inhaber verwandter Schutzrechte [Fn 23: Vgl. zu diesen oben Ziff. 3.3.] bedürfen eines angemessenen Schutzes zur Kontrolle der Verwertung ihrer Leistungen in digitaler Form.
Gegenüber dem Urheberrecht bestehen dabei zwei Besonderheiten: zum einen ist der persönlichkeitsrechtliche Schutz der ausübenden Künstler bislang nur rudimentär ausgestaltet, so daß ausübende Künstler kein eigenständiges Namensnennungsrecht haben und darüber hinaus einer Veränderung ihrer Darbietungen zumindest durch einen berechtigten Nutzer weitgehend schutzlos gegenüberstehen. Zum anderen kommt ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern anders als den Urhebern kein umfassendes Recht der öffentlichen Wiedergabe zu; vor allem steht ihnen im Fall der Sendung von Handelstonträgern im Rundfunk nur ein Vergütungsanspruch zu. Beim online Angebot ihrer Leistungen stünde den ausübenden Künstlern und den Sendeunternehmen daher allenfalls dieser Vergütungsanspruch zu, wenn sie nicht gänzlich schutzlos bleiben, da das online Angebot nach der hier vertretenen Ansicht keine Sendung i.S.v. § 20 UrhG darstellt. [Fn 24: Vgl. in diesem Abschnitt Ziff. 4.4.]

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Die Einführung eines Namensnennungs- und eines Änderungsrechts für ausübende Künstler ist inzwischen bereits aufgrund des Ende 1996 im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) ausgehandelten Vertrages angezeigt; [Fn 25: Art. 5 des WIPO Vertrages über die Darbietungen und die Tonträger (WPPT); vgl. Ziff. 8.2.] auf eine entsprechende ausdrückliche Empfehlung kann hier daher verzichtet werden.

Das gleiche gilt hinsichtlich der Schaffung eines ausschließlichen Rechts für ausübende Künstler und die Hersteller von Tonträgern hinsichtlich des Zugänglichmachens ihrer Leistungen in On-demand-Diensten. [Fn 26: Art. 10 und 14 WPPT.]
Dieses Recht entspricht dem hier für Urheber vorgeschlagenen Recht; [Fn 27: Vgl. oben in diesem Abschnitt Ziff. 4.4.]
es sollte daher über ausübende Künstler und Tonträgerhersteller hinaus allen Leistungsschutzberechtigten zukommen, die von deutschen UrhG geschützt werden.

Dieses Recht wäre unabhängig vom bisherigen Senderecht, so daß es im Bereich des Rundfunks bei der bisherigen Regelung der bloßen Vergütungspflicht bei der Nutzung von Handelstonträgern verbleiben könnte. Gleichwohl empfiehlt sich eine gesonderte Regelung für sog. digitale Spartensender (Mehrkanaldienste); diese sind zwar noch Rundfunk in dem Sinn, daß die Programmabfolge vom Sendeunternehmen vorgegeben wird; aufgrund des digitalen Sendesignals, von Erkennungskodierungen und der hohen thematischen Spezialisierung können die Nutzer die empfangenen Signale jedoch in einer Weise nutzen, die der Nutzung von Tonträgern nicht unähnlich ist. Da der Vertrieb geschützter Leistungen von Tonträgern dem Ausschließlichkeitsrecht der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller unterliegt, erscheint die Einführung eines entsprechenden Ausschließlichkeitsrechts auch für die Nutzung geschützter Leistungen in Mehrkanaldiensten angezeigt.

Eine letzte Frage geht hier dahin, ob verwandte Schutzrechte nur gegen eine Übernahme der Leistung insgesamt oder aber auch gegen die Übernahme nur einzelner Teile schützt. Gegen einen solchen Teileschutz wird zumeist eingewandt, der Schutz durch die verwandten Schutzrechte könne nicht weiter reichen als der des Urheberrechts. [Fn 28: Vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, GRUR Int. 1992, 390 - Tonträgersampling.]
Die Übernahme selbst kleinster Teile (insbesondere einzelner charakteristischer Töne) kann jedoch sehr wohl wirtschaftlich so interessant sein, daß sich der Übernehmende entsprechende eigene Aufwendung erspart, indem er vom fremden Investitionsaufwand profitiert. Das Schrifttum ist sich in dieser Frage weder über das geltende Recht noch über den wünschenswerten Umfang des Schutzes einig.

Nach der hier empfohlenen Lösung sollte ein Teileschutz doch zumindest dort gewährt werden, wo die Übernahme von Teilen die Verwertungsmöglichkeiten der gesamten Leistung schmälern; dies erscheint insbesondere bei ausübenden Künstlern der Fall, und bei den Schöpfern einfacher Lichtbilder sowie bei Tonträger- und Filmherstellern, sofern bei letzteren nicht lediglich ganz kleine Teile übernommen werden.

In Übereinstimmung mit dem neuen WIPO-Vertrag (WPPT) sollte ausübenden Künstlern ein Namensnennungsrecht und ein umfassender Entstellungsschutz gewährt werden.

Über den WPPT hinausgehend sollten darüber hinaus nicht nur ausübende Künstler und Hersteller von Tonträgern, sondern alle nach dem deutschem UrhG geschützten Leistungsschutzherechtigten - ebenso wie schon die Urheber - ein ausschließliches Recht des online Zugänglichmachens ihrer Leistungen erhalten.

Ein ausschließliches Recht sollte ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern auch hinsichtlich digitaler sog. Mehrkanaldienste gewährt werden; beim traditionellen Rundfunk kann es dagegen bei der bisherigen Vergütungsregelung verbleiben.

Schließlich wird eine ausdrückliche Erwähnung des Schutzes gegen die Übernahme von Teilen empfohlen, welche die wirtschaftliche

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Verwertung der Leistungen beeinträchtigt, aus denen die Teile übernommen worden sind.

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4.7 Haftung für Urheberrechtsverletzungen

Schließlich ist für diejenigen, die an der digitalen Übermittlung geschützter Werke und Leistungen beteiligt sind, von großer Bedeutung, wer von ihnen - und unter welchen Voraussetzungen - für eventuelle Urheberrechtsverletzungen haftet. Nur dann, wenn das Risiko, auf Schadensersatz und/oder Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, für die Beteiligten kalkulierbar ist, werden sie die nötigen Investitionen tätigen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, daß es den einzelnen Beteiligten je nach ihrer jeweiligen Tätigkeit (Bereitstellung des Inhalts, Betreiben eines Servers, Betreiben eines Netzdienstes, Bereitstellung von Kommunikationsleitungen, Ermöglichung des Zugangs usw.) in unterschiedlichem Maß rechtlich und technisch möglich und zumutbar ist, den Inhalt, mit dem sie zu tun haben, auch tatsächlich zu kontrollieren.

Nach dem deutschen UrhG haftet wegen Verletzung fremder Urheberrechte, wer in die gesetzlich umschriebenen Ausschließlichkeitsbefugnisse des Urhebers eingreift. Das ist derjenige, der selbst den Tatbestand verwirklicht oder aber wer hierzu anstiftet oder Beihilfe leistet. [Fn 29: Dazu ist Vorsatz hinsichtlich der Haupttat erforderlich.]
Nach der Rechtsprechung verletzt das Vervielfältigungsrecht auch derjenige, der zwar nicht selbst vervielfältigt, dazu einem anderen aber den Auftrag erteilt. [Fn 30: BGH, GRUR 1994, 363 - Holzhandelsprogramm.]
Handelt der Betreffende schuldhaft, so haftet er auf Schadensersatz; die Haftung auf Unterlassung und Beseitigung besteht dagegen auch ohne Verschulden.

Im geltenden Urheberrecht sind bereits die typischen Vorbereitungs- und Beihilfehandlungen zumeist als eigenständige Verletzungstatbestände ausgestaltet (z.B. die Einfuhr und das Anbieten als eigenständige Eingriffe in das Verbreitungsrecht). Insofern haftet wegen Urheberrechtsverletzung, wer ein geschütztes Werk bzw. eine geschützte Leistung ohne Erlaubnis auf einem Server speichert, und wer Werke und Leistungen einem Dritten online anbietet. Problematisch erscheint hier im online Bereich allein die Haftung auf Schadensersatz bei Verschulden, die ja nicht nur bei Vorsatz, sondern bereits bei selbst leichter Fahrlässigkeit greift. In der Praxis bestehen hier erhebliche Schwierigkeiten, Verletzungen festzustellen, die von Dritten initiiert worden sind. Dem dürfte man jedoch durch entsprechende Anforderungen an die im Verkehr zu beachtende Sorgfalt begegnen können. Will man darauf nicht vertrauen, so wäre eine Haftungserleichterung nach dem Muster des sog. Presseprivilegs im Wettbewerbsrecht [Fn 31: § 13 Abs. 6 UWG; danach haften Redakteure, Verleger, Drucker und Verbreiter periodischer Schriftwerke nur dann auf Schadensersatz, wenn sie wußten, daß die von ihnen gemachten Angaben irreführend waren.]
für diejenigen in Erwägung zu ziehen, die lediglich mit der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte befaßt sind. Keinesfalls aber sollte die Haftung gänzlich (also selbst für vorsätzliche Verletzungen) ausgeschlossen werden. [Fn 32: So aber offensichtlich der gegenwärtig vorgeschlagene § 5 Abs. 2 und 3 des Teledienstgesetzes (TDG; Art. 1 IuKDG).]

Fraglich kann die Haftung hingegen dort sein, wo der Betreffende, wie etwa der Netzbetreiber, der Access-Provider [Fn 33: Vgl. zur Abgrenzung der urheberrechtlichen Weitersendetätigkeit von urheberrechtsfreien Empfangs - und Weiter leiteaktivitäten im analogen Bereich BGH, GRUR 1994, 45, 46 - Verteileranlagen: danach greift in das Senderecht nicht ein, wer sich darauf "beschränkt, . . . Sendungen durch Antenne oder durch Kabel zu empfangen und dann weiterzuleiten".] und vermutlich derjenige, der Dritten lediglich Speicherkapazität zur Verfügung stellt, selbst nicht in ein fremdes Urheberrecht eingreift. [Fn 34: Das kam bislang dort vor, wo der Störer Gerätschaften zur Verfügung stellte, die von Dritten zu Urheberrechtsverletzungen benutzt werden bzw. benutzt werden konnten; vgl. zur früheren Technik den Fall der Herstellung und des Vertriebs von Tonbandgeräten bzw. von Tonbändern, BGH GRUR 1964, 94 - Tonbandgeräte - Händler; BGH GRUR 1965, 686 - Magnettonband II.]
Insoweit kommt allenfalls eine Haftung auf Unterlassen und ggf. Beseitigung als sog. mittelbarer Störer in Betracht. [Fn 35: Auch eine Bereicherungshaftung nach §§ 812 ff. BGB dürfte insoweit ausscheiden, hat der Betreffende doch gerade nicht selbst in eine fremde Rechtsposition eingegriffen..]

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Diese besteht nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§ 1004 BGB) dann, wenn den Betreffenden eine Pflicht zum Unterlassen bzw. zur Beseitigung trifft und wenn ihm die konkrete Handlung technisch möglich, rechtlich erlaubt und unter Abwägung aller Umstände zumutbar ist. Eine sondergesetzliche Regelung enthält hier bislang allein der aufgrund der EG-Computerprogrammrichtlinie von 1991 eingeführte § 69f Abs. 2 UrhG (Anspruch auf Vernichtung unerlaubter Umgehungsmittel für Programmsperren auch gegenüber dem bloßen Besitzer).

Überträgt man diese Grundsätze auf die digitale online Übermittlung geschützter Werke und Leistungen, so gelangt man zu dem Schluß, daß angesichts der technischen Unmöglichkeit einer Überwachung aller Kommunikationsvorgänge im Netz sowie angesichts des rechtlichen Schutzes der Kommunikationsinhalte zumindest für Netzbetreiber und Access-Provider keine Überwachungspflicht besteht; allenfalls bei Kenntnis von wiederholten Verletzung nicht geringer Schwere dürfte sie eine - auch dann vermutlich nur stichprobenartige - Überwachungspflicht treffen. [Fn 36: So zum Parallelfall des Zurverfügungstellens terrestrischer Sendeanlagen für die Verbreitung von Sendungen Dritter durch die seinerzeitige Deutsche Bundespost, Schricker, Urheberrechtliche Probleme des Kabelrundfunks, 1986, S. 24. - Zumeist wird eine allgemeine Kontrollpflicht und damit eine Störerhaftung für Access - Provider und erst recht für Netzwerkbetreiber jedoch gänzlich abgelehnt; vgl. z.B. Rütter, jur - pc 1992, 1812, 1820; Marly, jur - pc 1992, 1442, 1443, unter Hinweis auf die Ausführungen m BGH, NJW 1976, 799 zur Störerhaftung des Allemimporteurs einer ausländischen Zeitschrift, die unwahre Behauptungen enthielt. Zur Haftung insbesondere von Service - Providern vgl. Spindler, ZUM 1996, 533.]
Dagegen mag es einem Netzbetreiber im Einzelfall durchaus zuzumuten sein, eine einzelne ihm bekannte oder etwa durch einstweilige Verfügung richterlich festgestellte drohende Urheberrechtsverletzung zu unterbinden; das gilt um so mehr in den Fällen, in denen dies die einzige Möglichkeit ist, einer Urheberrechtsverletzung zu begegnen, deren wahrer Urheber nicht oder nicht rechtzeitig an der Verletzung gehindert werden kann (sog. Subsidiarität der Haftung des mittelbaren Störers). Da es sich hier immer um Fälle handelt, die typischerweise nur in jedem Einzelfall anhand einer Abwägung aller Umstände entschieden werden können, erscheint eine nähere Umschreibung im Gesetz nicht empfehlenswert; das gilt um so mehr, als bislang keinerlei Gerichtsentscheidungen bekannt geworden sind, die hier zu unannehmbaren Ergebnissen geführt hätten.

In technischer Hinsicht ist in Zukunft vor allem darauf hinzuwirken, daß rechtsverletzende Inhalte besser als bisher identifiziert und Rechtsverletzungen besser als bisher unterbunden können, ohne daß dabei verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte beeinträchtigt werden.

Die gegenwärtigen allgemeinen Haftungsgrundsätze erscheinen auch im digitalen Kontext als angemessen. Angesichts des allgemeinen Kontrollverlusts der Rechteinhaber ist eine Verringerung der Haftung nicht angezeigt; vor allem sollte weder die Haftung auf Schadensersatz bei vorsätzlicher Rechtsverletzung noch die Unterlassungshaftung bei einzelnen Rechtsverletzungen beseitigt werden. Ins Auge gefaßt werden könnte jedoch ein Ausschluß der Schadensersatzhaftung für nur leichte Fahrlässigkeit derjenigen Personen, die lediglich mit der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte befaßt sind.

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Druck-Ausgabe: Seite 30 = Leerseite


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