Nr. 28 - 1941

Ende Juli

Sozialistische Mitteilungen

News for German Socialists in England

This newsletter is published for the information of Social Democratic
refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

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In knapp drei Wochen hat Hitlers Armee alle jene Gebiete besetzt, die Stalin als Lohn für seine anderthalb Jahre lange Zusammenarbeit mit Hitler für die Sowjetunion hatte "erwerben" können. Am Anfang der vierten Woche ihres Feldzugs ist der Nazi-Armee der erste Durchbruch durch die alten russischen Grenzlinien gelungen, der sie in Richtung auf Leningrad, Moskau und Kiew bedrohlich weit, aber nicht bis zum Ziele gebracht hat. Nach fünf Wochen scheint es, als sei die Offensive zum Stehen gekommen, und die Hoffnung, dass der Krieg in Russland kein Blitzkrieg, sondern ein Erschöpfungskrieg werden wird, gewinnt mehr und mehr Wahrscheinlichkeit. Die Berliner Berichte haben behauptet, dass an der Ostfront 9 Millionen im Kampf ständen. Sicher ist, dass der Einsatz an Menschen und Material auf beiden Seiten ungeheuer sein muss und dass die Verluste, besonders die Materialverluste, schon jetzt beträchtlich sind und in diesem Feldzug alles Bisherige übersteigen werden.

Hitlers Propaganda hat den Feldzug gegen die Sowjetunion zum "Kreuzzug" ernannt. Wenn daran etwas wahr ist, dann Hitlers Wunsch, das von ihm unterworfene Europa durch einen gemeinsamen Fanatismus und eine gemeinsame Furcht zu einigen, - dieselbe Taktik, die er im Innern Deutschlands seit jeher angewandt hat. Wie weit diese Taktik und wie lange diese Taktik im Massstabe des europäischen Kontinents erfolgreich sein kann, ist mehr als fraglich. Die Erinnerung an die Kreuzzüge ist jedenfalls ebensowenig geeignet, an einen Endsieg Glauben zu erwecken, wie die geschichtlich jüngere Erinnerung an Napoleons Zug gegen Moskau. Auch im deutschen Volke und in den Völkern der mit Hitler verbündeten und unfreiwillig verbundenen Länder kann der Gedanke

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nicht ausbleiben, dass Hitlers Weg, je länger der Krieg dauert, umso mehr ins Unabsehbare führt, dass an die Stelle wohlberechneter, blitzartiger und relativ risikoloser Ueberfälle kostspielige und unberechenbare Abenteuer zu treten beginnen, bei denen der Erfolg nicht mehr mit Händen zu greifen ist und der Appell an die Phantasie das Grauen vor dem Untergang übertönen soll.

Nüchtern betrachtet hat Hitler mit seinem Ueberfall auf Russland zunächst seinem eigenen Reich einen Schlag versetzt. Er hat die totale Blockade hergestellt, die der britischen Flotte nur halb gelingen konnte, solange das Loch im Osten offen blieb. Wenn Deutschland selbst für eine Weile vom Raube aus besetzten Gebieten zehren kann, so ist die Gefahr des Hungers und der Wirtschaftsnot für diese besetzten Gebiete, besonders aber für den italienischen Verbündeten um so aktueller geworden, wie überhaupt die Lage Italiens angesichts der Tatsache, dass Hitler ihm für die Dauer des russischen Feldzuges keine Armee zur Verfügung stellen kann und das Mittelmeer nach wie vor von den Briten eingeschlossen ist, bedenklich ist.

Die Mittelmeer-Offensive der Achse war zum Stehen gebracht worden, noch bevor der Feldzug in Russland begann. Der Gegenangriff in Libyen ist an der Grenze steckengeblieben, die britische Truppen haben nach dem Irak auch Syrien besetzen können, die Hoffnung Hitlers, im Mai am Suezkanal zu sein, ist nicht in Erfüllung gegangen. dass England seinen fähigsten General, Sir Archibald Wavell, von Aegypten nach Indien versetzt hat, scheint darauf zu deuten, dass dort der neue Brennpunkt der Verteidigung des Empire gegen die nächste Orient-Offensive liegen wird.

Hitler kann den Marsch auf Indien versuchen, wenn ihm der Durchbruch durch die Ukraine und Georgien gelingt; er kann einen Stoss durch die Türkei und Persien versuchen, wenn ihm die Besetzung der Ukraine und Georgiens nicht gelingt; er kann ausserdem auf die Hilfe Japans hoffen, das gerade dabei ist, sich in Indochina festzusetzen, das die Vichy-Regierung für diesen Zweck ausgeliefert hat.[1]

Aber es sieht ganz so aus, als wollte Japan, dessen Hauptmacht noch immer in China steht, den Weg des geringsten Widerstandes wählen. Zweifellos hätte Hitler einen japanischen Angriff auf Wladiwostok und Sibirien vorgezogen. Statt dessen hat sich die japanische Regierung nach langem Bedenken zur Landung in Indochina entschlossen, von

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wo ein Ueberfall auf die holländischen Südseekolonien möglich erscheint, von wo aber auch ein Stoss auf die Burma-Strasse und Chungking, den Sitz der Tschiangkaischek-Regierung[2], geführt werden könnte, der Japan vielleicht im fünften Jahre des chinesischen Krieges dem Enderfolg nahebringen könnte. Als dritte Möglichkeit bleibt der Angriff auf Britisch-Indien.

Die Reaktion der britischen und der USA-Regierung auf Japans Manöver hat gezeigt, dass die Gefahren, die es mit sich bringt, erkannt worden sind. Japan wird wirtschaftl[ich] abgeschnitten, wenn es sich weiter vorwagt, - dasselbe Schicksal, das Spanien droht, wenn es dem Werben und Drohen Hitlers erliegen sollte. Japan und Spanien sind die beiden Partner, die Hitler mit seinem "Kreuzzug" am meisten an sich zu fesseln hoffte, aber beide haben allen Grund, angesichts ihrer wirtschaftl[ichen] Nöte und der Wunden, die sie sich selbst in den letzten Jahren schlugen, die möglichen Folgen neuer Abenteuer zu bedenken.

Für das Gesamtbild des Krieges ist es bezeichnend, dass mit Japan die letzte Grossmacht der Welt, die noch den Schein der Neutralität im grossen Ringen der Demokratie gegen den Faschismus aufrechterhielt, bald nach Russland - aber auf der Seite des Faschismus - in das Ringen eingetreten ist, lüstern nach leichter Beute, aber die Gefahren witternd, die ihm drohen. Hätten nicht die USA schon mit der Entsendung von Truppen nach Island, dem Brückenkopf ihrer Atlantiktransporte für England, klar zu erkennen gegeben, dass ihre Anteilnahme an diesem Kriege eine tatsächliche und keine nur theoretische ist, so hätte das Eingreifen Japans den letzten Zweifel daran beseitigt, dass die Vereinigten Staaten nicht nur durch moralische Sympathien, sondern durch die Pflicht der Selbstverteidigung daran interessiert sind, ihre Macht in der grossen Auseinandersetzung zur Geltung zu bringen.

So ergibt sich, während das zweite Jahr des Krieges zu Ende geht, eine neue Konstellation der Mächte; und es ist nicht mehr Hitlers Seite, die - wie es bei Beginn des Krieges war - auf den ersten Blick in der Uebermacht erscheint. Weniger als je ist Dauer und Entwickelung des grossen Konflikts abzuschätzen. Aber niemand ausser Hitler hat einen schnellen Endsieg versprochen. Niemand ausser ihm wird Abenteuer versuchen müssen, die den Endsieg erzwingen sollen, aber die Katastrophe bringen werden.

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Seit Hitlers Angriff auf die Sowjetunion ist der Kontinent von jeglicher Lebensmittelzufuhr abgeschnitten. Im Erntejahr 1941/42 müssen die europäischen Staaten, die mit Ausnahme der Donau-Länder von Einfuhren abhängig sind, mit der Eigenproduktion auskommen. Im vergangenen Jahre lag die europäische Getreideernte weit unter dem normalen Durchschnitt. Der Feldzug in Holland, Belgien und Frankreich vernichtete ausserdem einen wesentlichen Teil der Ernte.

Getreideexporte der Balkanländer waren ausgesprochene Zwangsexporte, und lediglich eine gute Hackfruchternte in Zentraleuropa verhinderte eine schnelle Verschlechterung der Lebensmittelrationen in Deutschland. Es besteht aber kein Zweifel daran, dass Deutschland gezwungen war, einen Teil der grossen Kriegsvorräte anzugreifen. In Italien und den Balkanländern wurde der Maisbeimischungszwang eingeführt, Deutschland kehrte zur Kartoffelbeimischung zurück, und die westlichen und nördlichen Länder waren ohne Unterschied gezwungen, die Brotrationen weit unter dem deutschen Durchschnitt zu fixieren. Am Beginn des neuen Erntejahres waren die Fleisch- und Fettrationen in Deutschland bereits um 25% gekürzt. Die Brotrationen in Polen und Belgien waren völlig unzureichend, und in allen Ländern machte sich ein zunehmender Mangel an Futtergetreide bemerkbar.

Die Getreidewachstumsperiode 1940/41 war kaum günstiger als in 1939/40. Die Donauländer berichteten über Wetterschäden, vor allen Dingen [über] schwere Herbst- und Frühjahrsüberschwemmungen in Ungarn. Militärische Mobilisation in Rumänien und Bulgarien, der Krieg in Jugoslawien und Griechenland haben zweifellos die notwendigen Feldarbeiten ernstlich behindert. Die Besetzung von Griechenland hat ausserdem noch ein neues Getreideeinfuhrland in den Herrschaftsbereich der Achsenmächte gebracht. Dem steht der Versuch gegenüber, die Getreideanbaufläche in den westeuropäischen Ländern, vor allem in Frankreich, Belgien, Holland und Dänemark auszudehnen. Es braucht deshalb nicht bezweifelt zu werden, dass die Gesamterntefläche Europas grösser ist als im Vorjahr. Die führenden Getreidefachblätter schätzten Anfang Juni die neue Ernte auf nur 12% unter normal, also über dem Ergebnis von 1940. Nach Hitlers Angriff auf die Sowjetunion wurden die Schätzungen revidiert auf nur 75% einer normalen Ernte.

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Weite Teile des Balkans und Polens sind unmittelbare Kriegszone geworden, und die Mobilisation in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien muss einen empfindlichen Mangel an Arbeitskräften hervorgerufen haben. Es ist kaum anzunehmen, dass die Hackfruchternte die gleichen Rekordergebnisse bringen wird. Auf der anderen Seite steht die fortdauernde Verminderung der Viehbestände, sodass die Zufuhren an Fett und Fleisch ständig abnehmen müssen.

Unter diesen Umständen muss sich die Lebensmittelsituation im Versorgungsjahre 1941/42 verschlechtern. Der bisherige Verlauf des Krieges gegen die Sowjetunion lässt vermuten, dass selbst ein besiegtes Russland kaum Vorräte für Hitlers Europa zur Verfügung stellen wird. Die Situation wird sich jedoch in den einzelnen Ländern sehr verschieden entwickeln. Eines der schwierigsten Probleme wird der Transport von Lebensmitteln von den Agrargebieten zu industriellen Zuschussländern sein. Der Mangel an Fleisch an Fetten wird schnell zunehmen. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die Nahrungsmittelversorgung in Deutschland selbst bereits kritisch werden wird. Die Vorräte, die Deutschland vor dem Beginn des Krieges ansammelte, waren als Ergänzung der normalen landwirtschaftlichen Produktion bis zur Mitte des Jahres 1942 gedacht. Ein Teil der verbrauchten Vorräte wurde durch Requisitionen in besetzten Ländern wieder aufgefüllt. Mobilisierte Bauern und Landarbeiter wurden ersetzt durch rund 1 1/2 Millionen ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene. Die Lebensmittelversorgung in Italien ist weitaus schwieriger. Vorräte waren geringer als in Deutschland, und die Kriegsorganisation der Landwirtschaft ist nur langsam in Fluss gekommen. Die laufende Produktion von Getreide, Hackfrüchten und Gemüse wird aber gleichfalls eine kritische Zuspitzung der Versorgung verhindern.

Die Bedingungen in Frankreich, Belgien und sogar in Holland sind noch ungünstiger als in Italien. Es ist kaum eine Aussicht vorhanden, dass die weitaus geringeren Rationen erhöht werden können. Die Zerstörungen des Krieges sind noch immer fühlbar in diesen Ländern, und die viel diskutierte Ausdehnung der landwirtschaftl[ichen] Produktion in Frankreich ist hinter den Plänen zurückgeblieben. Eine grosse Zahl Bauern sind noch immer Kriegsgefangene in Deutschland, und der Bestand an Zugtieren ist völlig unzureichend. In Belgien ist die Versorgung mit Lebensmitteln

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bereits kritisch geworden. Trotz bedeutender Ausdehnung der Anbauflächen kann Belgien niemals selbstgenügsam _=autark_ werden. Die Donauländer werden kaum Ueberschüsse erzielen. Schweden und die Schweiz werden die stark verminderten Rationen gerade aufrecht erhalten können. Die kritische Situation in Spanien wird sich kaum verbessern. In Finnland hat sich die Versorgung bedeutend verschlechtert, seit die Getreidelieferungen von Russland mit dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion aufhörten.

Die allgemeine Nahrungsmittelversorgung des Kontinents im neuen Erntejahr ist gekennzeichnet durch den Fehlschlag des deutschen Planes einer europäischen Selbstgenügsamkeit [=Autarkie]. Zwei aufeinanderfolgende Missernten, der Krieg auf dem Balkan und gegen die Sowjetunion sind die Ursachen.

(ITF) Deutschland[3]: Obst wird in Deutschland nur gegen Karten abgegeben. Juden, auch Kinder, erhalten kein Obst. Oft aber erhalten diese Kinder trotz Verbot Obst. In Berlin macht jetzt die Polizei Razzien in jüdischen Schulen, um festzustellen, ob Kinder Obst bei sich haben und von welchem "Staatsfeind" sie es bekamen.

Polen: In den Judenghettos herrscht Hunger. Kinder schleichen aus dem Ghetto und betteln um Brotreste. Wachposten durchsuchen die Kinder und nehmen ihnen das Brot weg.

Finnland (IGB)[4]: In Finnland mussten wegen Futtermangel 10% der Milchkühe, 27% der Kälber und 18% der Bullen notgeschlachtet werden. Butter- und Milchration mussten herabgesetzt werden, letztere auf 0,2 l für Erwachsene und 0,6 Liter für Kinder pro Tag. Dreiviertel des Bestandes der Legehühner mussten geschlachtet werden, Eier sind kaum erhältlich, die Fleisch- und Fischration um 20% gekürzt.

Tschechoslowakei: Zunehmende Unterernährung der Kinder und Jugendlichen. Zusatzrationen für Kranke und Schwerarbeiter nur schwer erhältlich. Offizielle Rationen von Fleisch (300 Gr.) und Fett aller Art (120 Gr.) sind fast nie zu haben. Im Schleichhandel müssen bezahlt werden: Kaffee anstatt 48 bis zu 500 Kc, Butter anstatt 28 Kc bis zu 120, Fleisch anstatt 22 bis zu 90 Kc je kg.

Spanien (ITF): Lebensmittel und andere rationierte Waren liegen 50-200% über den Höchstpreisen. Lebensmittel in unzureichenden Mengen, weit verbreitete Unterernährung.

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in Grossbritannien auf Anordnung des Arbeitsministeriums, die wir bereits in unserer vorigen Nummer ankündigten, ist inzwischen auf die Zeit vom 11. - 22. August festgesetzt worden.

Meldepflichtig sind alle deutschen und österreichischen Männer von 16 bis 65 Jahren und alle deutschen und österreichischen Frauen von 16 bis 50 Jahren.

Ausgenommen sind lediglich Angehörige der britischen Armee (Männer im Pionierkorps, Frauen bei der ATS usw.), Internierte und Kriegsgefangene.

Der Zweck der Registrierung ist, "den bestmöglichen Gebrauch von den Diensten der vielen Oesterreicher und Deutschen zu machen, die der britischen Sache wohlgesinnt sind".

Die Männer haben sich an folgenden Tagen bei dem zuständigen Arbeitsamt zur Registrierung einzufinden:

von 16 bis 25 Jahren: am Montag, d. 11. August
von 26 bis 35 Jahren: am Dienstag, d. 12. August
von 36 bis 45 Jahren: am Mittwoch, d. 13. August
von 46 bis 55 Jahren: am Donnerstag, d. 14. August
von 56 bis 65 Jahren: am Freitag, d. 15. August

Die Frauen haben sich an folgenden Tagen einzufinden:

von 16 bis 22 Jahren: am Montag, d. 18. August
von 23 bis 29 Jahren: am Dienstag, d. 19. August
von 30 bis 36 Jahren: am Mittwoch, d. 20. August
von 37 bis 43 Jahren: am Donnerstag, d. 21. August
von 44 bis 50 Jahren: am Freitag, d. 22. August

Die Meldung für ausserhalb Londons Wohnende soll persönlich beim nächsten Arbeitsamt (Local Labour Exchange) erfolgen, in London erfolgt sie bei dem neu eingerichteten Arbeitsamt für Deutsche und Oesterreicher:

Hanover House, 73, High Holborn, WC 1.

Wer durch dringende Gründe (Krankheit, Abwesenheit usw.) an der persönlichen und rechtzeitigen Registrierung verhindert ist, soll die Meldung schriftlich vollziehen und sich 10 Tage nach dem Termin, an dem er hätte erscheinen sollen, bei der zuständigen Stelle einfinden. Wer erst nach Ablauf der Registrier-Periode registrierpflichtig wird (z.B. entlassene Internierte), soll die Registrierung sofort nachholen. Ihre Unterlassung ist strafbar.

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Die New Yorker "Neue Volkszeitung" meldete, dass Anzeichen dafür sprechen, dass die USA-Behörden nicht nur auf die Nazis unter den amerikanischen Bürgern ihr Augenmerk richten, sondern auch ein "Durchkämmen der Emigranten" begonnen haben. Das Blatt sagt dazu: "Es hat in verschiedenen Ländern und hier in [den] USA glücklicherweise [nur] sehr vereinzelte Fälle gegeben, wo Emigranten, die als Opfer Hitlers aus Deutschland oder anderen Ländern vertrieben wurden, sich in einer Weise verhielten, die man ihrem Schicksal nach nicht hätte erwarten sollen, aber das sind, wie gesagt, sehr vereinzelte Fälle. Es gibt ebenso eine sehr geringe Anzahl von Fällen, wo die Nazis ihre Spitzel als Emigranten maskiert und ins Ausland geschickt haben; beide Gruppen aber sind ... so gering, dass ein Rückschluss auf die politische Zuverlässigkeit der Emigranten als Ganzes unbillig wäre." In der "New York Times" vom 4. Juni wird berichtet, dass Dr. Kingdon, der Vorsitzende des "Emergency Rescue Committee"[5], vor dem Dies-Komitee[6] (Untersuchungsausschuss des USA-Parlaments über die Tätigkeit ausländischer Agenten) vernommen wurde und im Namen der fünf grössten amerik[anischen] Flüchtlingskomitees die Erklärung abgab, [dass] nicht ein einziges der Kriegsopfer, die wir in die USA gebracht haben, ein Abgesandter der Gestapo, ein Kommunist oder ein anderes Mitglied der Fünften Kolonne war. Jeder Flüchtling, den wir herübergebracht haben, war ein tapferer Kämpfer gegen die Diktatur in seiner Heimat."

Zur Verschärfung der Diskussion hat eine Aussage von Jan Valtin alias Krebs[7], dem ehemaligen Kommunisten, der das Buch "Out of the Night" geschrieben hat, vor dem Dies-Komitee beigetragen. Valtin soll dort erklärt haben, es könne niemand aus einem Nazi-Konzentrationslager entlassen werden, der sich nicht verpflichtet, für die Gestapo zu arbeiten.

Gegen diese Erklärung hat sich der "German American Congress for Democracy"[8] in einem von Toni Sender, Gerhart Seger und Conrad Wölfel[9] gezeichneten Schreiben an Mr. Dies gewandt, in dem die Aussage Valtins als "ungeheuerliche Verleumdung" bezeichnet wird und gesagt wird, es würde der wirksamen Verteidigung der Demokratie schaden, wenn ein so allgemeiner Verdacht gegen Männer und Frauen erweckt würde, die ihren Mut und Charakter bewiesen hätten.

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Die immer stärkere Einbeziehung des amerikanischen Kontinents in die Sphäre der Kriegsereignisse lenkt das politische Interesse nicht nur auf die USA, sondern auch auf die südamerikanischen Republiken, die nach Ansicht vieler Beurteiler, besonders nordamerikanischer, durch die Absichten Hitlers und Japans viel unmittelbarer gefährdet sind als die USA. Wir erhalten von Zeit zu Zeit ausführliche Briefe von Genossen, die nach Südamerika emigrierten, und wir wollen Stellen aus solchen Briefen zitieren, um unseren Lesern Eindrücke von der deutschen Emigration dort zu vermitteln. Sie sind sicher eine interessante Ergänzung jener Zitate aus Briefen von Genossen in [den] USA, die wir in der vorigen Nummer der SM veröffentlicht haben.

Ein am politischen Geschehen immer stark interessierter und mit einem sicheren Urteil ausgestatteter Genosse, der sich seit einigen Jahren in der Hauptstadt einer südamerikanischen Republik befindet, schreibt u. a.: "Ich sehe die politische Situation in Südamerika so: Erfolgt der direkte Eintritt der USA in den Krieg, dann wird es hier durch die starken nazideutschen Einflüsse Unruhen aus allen möglichen herangezogenen Gründen geben. Verwirrung wird gestiftet, die zu einer geistigen und moralischen Anarchie führt. Es wird auf die Dauer kein Erfolg für die Nazis sein, denn der grosse Druck der Kraft der USA wird sich durchsetzen.

Militärisch dürften die südamerikanischen Staaten keinen besonderen Kraftzuwachs für die Vereinigten Staaten bedeuten. Ausgenommen kann vielleicht Argentinien werden, doch hat auch hier der Gesandte der 'Grossmacht' Italien, 'des uns befreundeten Landes', wie es in der amtlichen Erklärung hiess, nur dem Aussenminister mitzuteilen brauchen, dass seine Regierung die Aufführung des neuen Chaplin-Filmes 'Der grosse Diktator'[10] nicht gern sieht und als unfreundlichen Akt auffasst, und der Film wurde in Argentinien verboten, sodass die Bewohner von Buenos Aires nach Montevideo (Uruguay) reisen, um den Film zu sehen. Alle Proteste der Universitäten, der Künstler, der demokratischen Parteien, der Gewerkschaften, der Presse usw. blieben bis jetzt erfolglos. - Chiles Zustand gibt zu manchen Zweifeln Anlass, da es sich jetzt gerade in einem durch innerpolitische Auseinandersetzungen hervorgerufenen Zustand der Verwirrung befindet.[11]

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Wir haben wenig Hilfe zu erwarten, müssen aber wissen, dass im Kriegsfall, denn da müssen diese Länder ja doch teilnehmen, genügend Autorität hinter uns steht, damit wir handeln können. Darum haben wir uns um die Bildung eines Kartells der Freien Europäer bemüht. Für diesen Fall müssen wir alle erlaubten Vorbereitungen treffen. Wir sind Einzelne, wenn wir uns unserem Gastlande im Falle des Krieges zur Verfügung stellen, aber wir sind eine Legion, d.h. ein geschlossener Verband von Hunderten, wenn wir zusammenstehen. Wir haben hier tschechische Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten. Das gleiche trifft für Polen, Rumänen, Ungarn, Holländer, Belgier, Franzosen, Norweger, Schweden, Dänen, Oesterreicher und unbedingt zuverlässige demokratische deutsche Flüchtlinge zu. Nach unserer vorsichtigen Schätzung könnten sich Flieger, Tankfahrer, Pioniere, Telegrafisten, Radiofunker, Artilleristen und Infanteristen in einer Stärke von über 2000 zur Verfügung stellen. Natürlich muss die Situation dafür reif sein, und müssen die gesetzlichen Voraussetzungen in unserem Lande geschaffen werden.

Demonstrationen hat es schon in verschiedenen südamerikanischen Republiken gegen die Nazi-Aggressionen gegeben. Als der Einmarsch der Nazis in Jugoslawien erfolgte, zogen z.B. Jugoslawen zur Gesandtschaft der USA und Englands, um diesen Ländern zu huldigen und zur Gesandtschaft der Nazis, um ihrer Empörung Ausdruck zu geben. ...

Unsere weitere Absicht ist, nach Abschluss der wichtigsten organisatorischen Vorarbeiten dem Präsidenten des Landes und verschiedenen Ministern mit einer Vertretung der 'Freien Europäer' einen Besuch zu machen und für die Sicherheit der Unabhängigkeit des Landes und der amerikanischen demokratischen Tradition die Erklärung abzugeben, dass sich die 'Freien Europäer' zur Verfügung stellen. Als Deutsche können uns die Nazis auch hier kompensieren, gegen die Geschlossenheit und den Umfang einer europäischen Bewegung bleiben sie in trostloser Minderheit."

Am Ende seines Briefes kommt der Schreiber auch auf die Tätigkeit der Strasser-Leute in Südamerika zu sprechen und nennt sie "geradezu gefährlich". "Wir sind erstaunt, dass ausgerechnet Otto Strasser angeblich in Kanada und den USA eine deutsche Freiheits-Division anwerben und aufstellen darf.[12] Haben denn die seriösen Demokraten in Europa nichts aus der Vergangenheit gelernt? Strasser ist

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und bleibt doch stets ein verhinderter Nazi-Gauleiter und der private Rächer seines Bruders Gregor[13], der in der Nazi-Clique unterlag. Weiss die Welt denn noch immer nicht, dass man mit deutschen Nationalisten (Strasser, Thyssen, Rauschning etc.) keine Politik machen kann? Die Strasser-Gesellschaft 'Freies Deutschland' ist mindestens in Südamerika von Gestapospitzeln und der fünften Kolonne durchsetzt, so wie die Kommunisten bei ihrer illegalen Arbeit stets von diesen Elementen durchsetzt waren ..."

Ein anderer Genosse aus einem anderen Lande schreibt: "Die Stimmung gegen die Ausländer ist sehr unfreundlich. Jude ist ein Schimpfwort geworden. Wer einem Indio die richtige Antwort gibt, wird von der Polizei festgenommen und muss Strafe zahlen. Die Hiesigen beschimpfen hauptsächlich blonde Menschen, da die richtigen Juden sich von den Eingeborenen wenig unterscheiden. Es ist schon vorgekommen, dass ein waschechter Nazi von den Einheimischen Prügel bezogen hat. Und das freut einen denn doch. Die Nazis sind auch hier sehr rührig, in den verschiedensten Städten des Landes sitzt die fünfte Kolonne, der meist auch Landesbürger angeschlossen sind. Manche Zeitungen und Radiosender sind in Südamerika noch nazistisch eingestellt.[14] Eine pro-englische Propaganda in deutscher Sprache auch in südamerikanischen Ländern wäre sehr angebracht."

Eine erst während des Krieges ausgewanderte Genossin berichtet uns: "Das allerschwierigste Land Südamerikas scheint Peru zu sein, nicht nur wegen der Einwanderungssperre. Da spielt natürlich auch der Kapitalismus eine Rolle: Sehr reiche Leute können noch immer etwas erreichen, aber im allgemeinen ist es gesperrt. - Ich bin entsetzt über die unheimliche Menge Deutscher, die hier wimmeln. Alle 'streng' organisiert, mit Partei-Abzeichen und frechstem Gebaren. Dazu kommt, dass sie hier alle viel verdienen, dass sie Automobil- und Agfa-Vertretungen haben, abgesehen von allen anderen Stellungen, dass sie hier billig leben usw. Sie behandeln die armseligen, gänzlich verschüchterten Peruaner wie Sklaven, Arbeit wird ja hier sehr schlecht bezahlt, bes[onders] Hausarbeit. Die Frauen und Mädchen der Berge, Abkömmlinge der einst hochkultivierten 'Inkas' arbeiten für nichts und sind froh, wenn sie wie ein Hund in einer Hütte schlafen können. Man sieht herrliche alte spanische Häuser und daneben Lehmlöcher, wo die Armen fast wie die Tiere hausen. Die Kolonien der vielen Ausländer verkehren streng unter

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sich, es gibt deutsche, franz[ösische], engl[ische], amerikanische Schulen, und es ergibt sich da ein typisch enger Geist, Klassenabsonderung, und der Ausländer verliert leicht die Fühlung und Bindung mit der Realität der Heimat. Natürlich will kein Nazi nach Deutschland zurück. Könnte er dort die vielen Dienstboten, diese Villa, diesen Verdienst [haben], alles was er will? Die Engländer hier halten sich sehr zurück, sind leise und anständig, hoffen auf ihren Sieg und tun eine Menge für die RAF. Jeder Dampfer bringt nach England Gaben in Hülle und Fülle. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich mit allen Gedanken und Sorgen in London, in England bin. Die Berichte in den hiesigen Zeitungen scheinen oft von deutschem Propagandageld gezahlt zu sein. Ich war sehr dankbar, dass man mir englische Zeitungen schickte, die doch eine ungeheure Beruhigung auslösen ..."

Ein anderer Genosse schrieb: "Wenn ich die Stimmung der Südamerikaner richtig einschätze, kann ich wohl sagen, dass sich für den Faschismus nicht viele Hände rühren dürften. Im Falle eines Kriegs zwischen [den] USA und Deutschland und Italien wird Lateinamerika geschlossen hinter [den] USA stehen. Die Nazis hier haben, da ihnen nicht ganz wohl zumute ist, die antisemitische Walze aufgezogen, zumal wir ja viele tausend vertriebene Juden ins Land bekommen haben, aber sonst ist ihnen wahrhaftig nicht wohl in ihrer Haut ...

Es heisst, dass man die Italiener allesamt als Lehrer an den Militärschulen abgebaut habe im Verfolg der Konferenz von Panama, wo bekanntlich eine enge Zusammenarbeit zwischen allen amerikanischen Ländern beschlossen wurde.[15] Es ist nach meiner Meinung auch unhaltbar, dass jetzt Angehörige einer Nation, die auch mit England bezw. Amerika im Krieg liegt, hier noch weiter die Führer der Armee unterrichten. Wir zweifeln nicht daran, dass Hitler den Krieg verlieren wird, aber über das Wann und Wie kann man hier eben gar nichts sagen. Einstweilen halten wir hier die Stellung, so gut wir können. Teilweise sind wir sehr zerstreut worden. Wer arbeitet und arbeiten kann, wird hier nicht Hunger leiden, allerdings liegen die Dinge so, dass man sich von seiner Hände Arbeit nur das Allernotwendigste verdient und hier kein reicher Mann wird. In dem einen oder anderen Berufe wird es möglich sein, durch Fleiss und Ausdauer zu einem gewissen Wohlstand zu kommen, wir haben aber in dieser Beziehung nichts Gutes erfahren ... Aber wir bringen uns anständig durch, und das genügt zur Zeit ..."

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In the weekly "Tribune"[16] of July 18, 1941, Mr. Heinrich Fraenkel[17] criticised some sentences of the leading article in No. 27 of the "Sozialistische Mitteilungen". He told his readers that we wrote the following: "From the Arctic to the Black Sea the World's strongest armies are locked in battle. Should one of the two achieve a quick victory, that army would henceforth be irresistible on the continent of Europe and Asia. It is only by exhausting each other in prolonged struggle that the nations of the Continent can be relieved of oppression, and that the power of Anglo-American Democracy can become the dominant factor in shaping a new world order ..."

We ask our readers to compare this translation with the actual wording of the respective sentences in our last leading article. A true English translation of these lines should read thus:

"Should one of the two armies succeed in achieving a quick victory, nobody could put up a serious military resistance against it on the European and Asiatic continent. If they exhaust each other in long battles the peoples of the Continent may be relieved from the pressure, and the power of British and American democracy can become the dominant factor in politically re-shaping the world ..."

Anyone is free to agree or to disagree with this statement in the light of the events which have happened in the meantime. But we cannot accept criticism which denounces statements not made by us, but created by the critics themselves.

The following report was given to us by a German Social Democrat who was a refugee in Czechoslovakia and left that country for Norway shortly before Hitler's march into Prague. When Norway was invaded by Hitler's army, he joined a group of German refugees who marched for five weeks from Oslo to Tromsoe, greatly assisted by Norwegian peasants and fishermen. When, three weeks later, the British troops evacuated Tromsoe, 12 German refugees were recommended by the Norwegian Government for evac-

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uation on board a British cruiser, and they came to Scotland together with the King of Norway and his government. "We arrived", our friend writes, "on the 10th June, 1940. On the 11th June the women and one child were brought to the Glasgow prison. There they stayed for three months, and they have been interned in the Isle of Man since then. The men were sent to the internment camp at Edinburgh. Some days later they found themselves aboard the ship sailing for Canada. This ship was full of German prisoners of war. But we saw quite a number of 'passengers' who could not be prisoners of war because of their youth or their non-Aryan appearance; and soon we learnt that there were civilian internees, among them refugees, in the same boat with Nazi airmen and German seamen captured by the British Navy in the North Sea. The more comfortable parts of the ship were reserved for the prisoners of war, very young officers and sergeants. We others were accommodated in the lower parts of the ship and in the corridors. The prisoners of war regarded themselves as the "victors", they rejoiced over the collapse of France and were provoking the refugees as well as the British officers. They even spread the rumour that England had been invaded and Churchill and his government had fled. They prophecied that the ship would return to England before reaching Canada.

But we arrived at Quebec [and] from there we travelled for 37 hours to an internment camp. Behind barbed wire, we found ourselves in the company of 1100 Nazi seamen and officers of the German merchant marine. The number of anti-Nazis in this camp was only 160. All we could achieve was to move into huts not occupied by the Nazis. From the first day violent disputes with the Nazis arose.

The first British officer to whom we could tell our story declared: 'Your internment is an absolute mistake. You should not be here.' That was early in July, 1940.

But not before June, 1941, were we returned to England on board a ship which brought back 300 internees.

As for the conditions in the Canadian camps: food was excellent and plentiful; military discipline tolerable; the guards correct and the commandants friendly.

The landscape is beautiful, but the barbed wire is threefold, and there is a space of 20 metres (for shooting) between each row of wire."

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Auf Initiative des Gewerkschaftsklubs und unter Vorsitz des Präsidenten des britischen Gewerkschaftsbundes wurde in den Räumen des Clubs in London eine internationale Kundgebung veranstaltet, der eine Anzahl prominenter englischer Gewerkschaftsführer, führende Genossen des IGB und seiner ausländischen Gruppen beiwohnten.

Die Bedeutung der Versammlung ging weit über den ursprünglichen Zweck einer persönlichen Fühlungnahme zwischen ausländischen und englischen Gewerkschaftern hinaus und wurde zu einer begeisterten Kundgebung internationaler Solidarität. Nach dem Willkommensgruss des Vorsitzenden George Gibson sprach der 82 Jahre alte Gewerkschafts-Pionier Ben Tillett[18] herzliche und ergreifende Worte. Nach ihm schilderte der Sekretär des Klubs die Rolle, die seine Einrichtungen, in Form von Erleichterungen aller Art, für die emigrierten Gewerkschafter gespielt haben.

Danach hielten die Vertreter der verschiedenen Gruppen kurze Ansprachen, in denen sie besonders unterstrichen die Aufgaben ihrer Tätigkeit hier in Grossbritannien während des Krieges und ihre Pläne und Hoffnungen für die Arbeit nach der Rückkehr in ihre Heimatländer .

Walter Schevenels, der Generalsekretär des IGB, unterstrich in seinen Ausführungen die besondere Bedeutung der Erklärungen der ausländischen Gewerkschaftsvertreter, die zusammenfassend zeigen, dass trotz Terror und Unterdrückung in allen von den Nazis unterjochten Ländern - Deutschland und Oesterreich eingeschlossen - die Arbeiterschaft den Kampf für ihre nationale und soziale Befreiung in dem Geist unerschütterlich weiterführt, der unserer Internationale immer Inhalt und Charakter gegeben hat. Er hob besonders hervor, dass neben den britischen und allierten Völkern auch noch zwanzig Millionen ehemals gewerkschaftlich organisierter Arbeiter auf dem Kontinent mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln den Kampf fortsetzen. Schevenels nahm die Gelegenheit wahr, um den englischen Kameraden zu danken für ihre Gastfreundschaft, für ihre Hilfe und für ihre aufrichtige und tatkräftige Solidarität gegenüber den ausländischen Genossen, die sie ohne Unterschied der Nationalität bewiesen haben. Auch auf die russische Frage ging Walter Schevenels ein und machte nach dem Bulletin des IGB folgende Ausführungen: -

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"Die Beziehungen zu den Russen stellen sich heute für die organisierte Arbeiterschaft nicht wesentlich anders dar als vorher. Der Kampf gegen Hitler ist heute fast ausschliesslich ein Kampf der Waffen. Hitler muss mit Flugzeugen, Tanks und Geschützen besiegt werden. Russland bringt erhebliche Mengen dieses Kriegsmaterials in den Kampf, und wir begrüssen das. Ebenso werden alle demokratischen Völker oder Rücksicht auf ihre soziale Schichtung das begrüssen, weil es sich hier um ein rein militärisches Problem handelt. Nachdem Hitler geschlagen ist, wird sich die Frage stellen, wie jeder seinen eigenen Haushalt einzurichten wünscht. Das gilt für jede Nation wie für die Gemeinschaft von Nationen. Das gilt auch für den IGB und für die übrige Arbeiterbewegung."

veranstaltete am 12. Juli eine internationale Konferenz in Hammersmith, an der ausser den sehr zahlreich erschienenen Vertretern mehrerer englischer Arbeiterorganisationen von West-London auch französische, polnische, norwegische, belgische, österreichische, tschechoslowakische, sudetendeutsche Genossen teilnahmen.

Mr. Viant (M.P.)[19], Führer der britischen Holzarbeitergewerkschaft, sprach über die Entwickelung der britischen Gewerkschaftsbewegung und der politischen Labour-Bewegung. An das lehrreiche Referat schloss sich eine Debatte [an], in der je ein Vertreter der anwesenden Ländergruppen das Wort ergriff. Von der deutschen Gewerkschaftsgruppe sprach deren Vorsitzender Hans Gottfurcht.

Die Tee-Pause gab den Konferenzteilnehmern aus den verschiedenen Ländern willkommene Gelegenheit zu gegenseitiger Fühlungnahme. - Am 19. Juli fand im Garten des Palasts des Bischofs von Fulham ein Gartenfest statt, bei dem auch Dr. Edith Summerskill zu den Anwesenden sprach.

ist Anfang Juli in England eingetroffen, der ungefähr 300 Personen zurückbrachte. Ein Teil von ihnen wurde nach der Ankunft ins Pionierkorps aufgenommen, ein anderer aus anderen verschiedenen Gründen entlassen, ein dritter befindet sich noch in Internierungslagern auf der Isle of Man, dort die Entlassung erwartend.

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Max Werners Buch "Battle for the World"[20], das - aus dem Deutschen übersetzt - im Gollancz-Verlag erschienen ist, ist eine im April 1941 abgeschlossene kritische Geschichte des bisherigen Kriegsverlaufes, die viel interessantes Material über den Zustand der Armeen in den beteiligten Ländern, über ihre Strategie und die Gründe ihrer Erfolge und Misserfolge enthält. Werner bringt eindrucksvolle Beweise dafür, dass die Nazi-Militärs schon lange vor Ausbruch des Krieges in ihren Zeitschriften die Taktik, die sie planten und dann auch anwandten, und die von ihnen getroffenen Vorbereitungen offen dargestellt haben. Er bringt ebenso klare Beweise für das notwendige Versagen der in Frankreich und zu Beginn des Krieges in England herrschenden Kriegsdoktrin. Nach Werners Darstellung war ausserdem bei Kriegsbeginn die militärische Macht des Dritten Reiches (mit Ausnahme der Flotte) stärker als die Frankreichs und Englands zusammen, während nach seiner Ansicht die Kriegsmacht der Sowjetunion und die Kampfkraft der Roten Armee der des Hitlerreiches und der Nazi-Armee überlegen sind; aber in diesem Punkte, für den der Beweis noch fehlt, scheint der Autor wie in allen mit der Sowjetunion zusammenhängenden Fragen weniger kritisch zu sein als in anderen. Bemerkenswert ist sein Nachweis, dass der griechische Kampf gegen die Italiener und die britische Kampagne in Libyen die einzigen Offensiven in diesem Kriege waren, in denen an Zahl und Rüstung unterlegene Armeen Erfolg hatten. Werner weist auf die während des Krieges erfolgte Revision der britischen Kriegsdoktrin hin, würdigt die Bedeutung des britischen Widerstandes, sagt mit grosser Bestimmtheit den Zusammenstoss zwischen Hitler und der Sowjetunion voraus, und macht in einem - in [den] USA geschriebenen - Buche die Aufgabe der USA klar, die er vor einer Wiederholung der von den europäischen Demokratien begangenen Fehler warnt.

Am 24. Juli erklärte Innenminister Morrison im Unterhaus, dass die Gründe für das Verbot des kommunistischen "Daily Worker", dass nämlich die Kommunistische Partei und ihr Blatt der englischen Kriegsführung nicht grundsätzlich loyal gegenüberstehen, nach wie vor bestehen.

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hat das Exekutivkomitee der Sozial-Demokratischen Föderation in New York am 24. Juni eine Entschliessung gefasst, die u.a. besagt: "Stalins Verrat an den Demokratien erlaubte Hitler, den Feldzug von 1939 zu gewinnen. Russland hat Deutschland materielle Hilfe geleistet; die Balkanstaaten wurden den Nazis überlassen; die Kommunistische Internationale diente Hitler, indem sie Konfusion erzeugte und die Sabotage der Verteidigungsbemühungen der Demokratien organisierte ... Stalin wünschte den Krieg zu vermeiden, und nun hat er ihn, noch dazu unter den ungünstigsten Bedingungen. Er wollte seinen Teil an der Nazibeute haben, aber nun, was sich auch ereignen möge, wird er seine Eroberungen wieder verlieren. Er spielte mit einem Kriege, in dem beide Seiten sich verbluten würden, - aber nun wird das russische Blut vergossen ... Wir bleiben, was wir von jeher waren: Gegner alles dessen, was der Bolschewismus getan hat. Wir werden unseren Kampf gegen die Kommunisten in [den] USA fortsetzen und darauf beharren, dass sie aus allen Schlüsselstellungen entfernt werden, Welches auch der plötzliche Wechsel ihrer Taktik sein möge, ... die amerikanischen Kommunisten sind nicht an dem Kampf für die Freiheit interessiert, sondern nur an der Aufrechterhalt[un]g der bolschewistischen Regierung, deren Agenten sie sind.

Aber alles muss jetzt der Niederlage des Nationalsozialismus untergeordnet werden. Den USA bietet sich jetzt eine einzigartige Gelegenheit ... Während die Nazi-Armeen an der Ostfront engagiert sind, muss alles verfügbare Kriegsmaterial nach England gebracht werden, und zwar unter amerikanischem Geleit, um Deutschland im Westen anzugreifen. Die atlantische Flotte in ihrer vollen Kraft und alle verfügbaren Flugzeuge müssen gegen die deutschen Unterseeboote und Piratenschiffe eingesetzt werden ...

Der Widerstand des russischen Volkes kann nicht wirksam sein, wenn nicht seine Moral wiederhergestellt wird, dadurch dass es von der Unterdrückung und dem Terror befreit wird, den seine eigene totalitäre Regierung ausübt. Der erste augenblickliche Schritt müsste eine Amnestie für alle politischen Gefangenen sein. Das russische Volk muss wissen, dass es zum Kampfe aufgerufen wird nicht für die Fortsetzung der bolschewistischen Tyrannei, sondern für seine eigene Freiheit."

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in [den] USA gab durch ihren Vorsitzenden Raphael Abramowitsch[21] (einem Mitgl[ied] der Zweiten Internationale) eine Erklärung ab, in der es u.a. heisst: "Stalins Politik gegen Hitlers Angriff auf die Demokratien, eine Politik, die unter dem Schein der Neutralität im Bunde mit Hitler auf eine Beteiligung an der imperialistischen Ausplünderung schwacher Nachbarn hinauslief, hat eine zerschmetternde Niederlage erlitten. In dem Augenblick, in dem sie sich zur weiteren Zusammenarbeit mit Hitler anschickte, hat die Stalindiktatur den Angriff der motorisierten Nazidivisionen erfahren. Ihr blieb nichts übrig, als die Schlacht anzunehmen ...

Tatsächlich und ganz unabhängig vom Willen Stalins ist Russland in diesem Ringen ein Mitkämpfer auf Seiten der Demokratie geworden. - Für jeden ehrlichen Gegner Hitlers wird eine jede Macht, die gegen Hitlers Divisionen die Waffen erhebt, zum Verbündeten der Demokratie und der Arbeiter der ganzen Welt. Als solche muss sie das Maximum jeder möglichen materiellen und moralischen Hilfe erhalten ... Ohne unsere Stellung zu ändern, stellen wir den Kampf um die Liquidierung des Stalin-Despotismus zurück hinter das erste Gebot der Zeit: den Krieg gegen den Weltfaschismus als den bösartigsten Feind der Menschheit ...

Die russische Sozialdemokratische Partei ist zutiefst überzeugt, dass der Kampf der Sowjetunion umso erfolgreicher sein wird, je früher die Kräfte des Landes befreit werden, je früher die Abdankung der Diktatur zugunsten von Demokratie und Freiheit zur Tatsache wird ... Indem sie die arbeitenden Massen Russlands zum heroischen Kampf gegen Hitlers Angriff aufruft, begrüsst die Russische Sozialdemokratische Partei den Beschluss der britischen Regierung, Russland mit allen militärischen und technischen Mitteln zu helfen ..."

Aus Lissabon wurde gemeldet, dass mindestens 7 Personen unter denen, die als Angehörige des deutschen Konsulardienstes in [den] USA aus den Vereinigten Staaten ausgewiesen wurden, auf dem Rücktransport nach dem Dritten Reiche Selbstmord begangen haben. Ein Konsularbeamter brachte sich vor der Einschiffung in Amerika um, die anderen Selbstmorde erfolgten während der Seereise.

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ist ein politischer Bericht bei uns eingetroffen, der im Auszug auf den Seiten 9-11 dieser Ausgabe zu lesen ist. Ein anderer Bericht von dort sagt: "Dass wir keine Gelder für eure 'Mitteilungen' senden können, geschieht nicht aus bösem Willen. Die Bezahlung müsste durch Devisen erfolgen, die meist nur im Schwarzhandel erhältlich sind. Als Gäste des Landes können wir dies nicht tun. Die besonderen Währungsverhältnisse machten es also bisher unmöglich, euch Unkostenbeiträge zu senden. Bitte, sendet aber die SM weiter, alle Freunde legen Wert darauf, die Verbindung mit euch in London aufrecht zu erhalten. ..."


[Hinweise]

Alle Leser der SM, die uns alsomehr als sh 3/- einsenden (d.s. unsere Selbstkosten pro Exemplar und Jahr) helfen uns an der Herausgabe der "Sozialistischen Mitteilungen" und an der Aufrechterhaltung unserer internationalen Verbindungen. Im Juli gingen für die SM folgende Beträge ein, für die wir herzlich danken:

W.Kr. sh 2/6; E.Gr. 5/-; Pionier D. 1/-; Mary F. 3/-; W.E. 5/-; Lei. 1/6; W.Sch. 2/6; J.Ho. 10/-; E.Bl. 1/-; Pionier E.R. 2/-, R.N. 2/-; J.Fr. 3/-; L.Pr. 2/-; Eva 1/-; Whr.M. 2/6; Schn. 4/-; Tr.L. 1/6; W.u.L., Manchester, 5/-; Nurse G. 2/-; E.Ra. 2/-; H.Ri. 5/-; Ant.W. 3/-; J.Gu. 2/-; Fr.M. 2/-; C.W., Gloucester, 3/-; Mrs. Ra. 2/-; D.Mo. 5/-.

Weitere Beträge für die SM können an folgende Adresse gesendet werden: W. Sander, 33, Fernside Ave, London, NW7.

wurden bis Ende Juli 1941 von der deutschen Abt[eilun]g des Int[ernational] Sol[idarity] Fund im Bloomsbury House, Zimmer 62. Im Lauf eines Jahres konnten 773 Auszahlungen an internierte Sozialisten und Gewerkschaftler durchgeführt werden. Zur Vollendung dieses Unterstützungswerkes werden noch weitere £ 25.-.- benötigt. Spenden für diesen Zweck an Room 62, Bloomsbury House, Bloomsbury Street, London WC1.


SPD-Mitglieder, die auch in der Emigration als organisierte Sozialdemokraten gelten und zur Bestreitung der Unkosten für die Bewegung beitragen wollen, können bei uns den Fragebogen zur Registrierung der SPD-Mitglieder anfordern.




Issued by the London Representative of the German Social
Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London NW7.



[Beilage zu SM, Nr. 28, 1941]

[Beilage, Seite: - 1 - ] -

hörten wir in der deutschen Arbeitersendung des Londoner Rundfunks am 28. Juli 1941, abends 8 Uhr, von einem deutschen Sozialdemokraten, der seit über 40 Jahren in der deutschen Arbeiterbewegung an führender Stelle steht. Wir konnten folgende Worte abhören: "Ich spreche als deutscher Sozialdemokrat zu Euch, um Euch Eure Verantwortung und Eure Aufgabe zu zeigen. Ich kenne die Zeiten noch, wo wir deutschen Arbeiter als Handwerksburschen in die Welt gingen. Ich weiss, welche kameradschaftliche Hilfe wir überall bei den Kollegen gefunden haben, die in Werkstatt und Fabrik neben uns standen. Wir haben diese Solidarität erwidert. Jeder Arbeiter, der nach Deutschland kam, fand die brüderliche Hilfe der Kollegen und Organisationen.

Heute seid Ihr von den freien Völkern und der freien Arbeiterbewegung abgesperrt. Ihr seid Sklaven der Kriegsmaschine, die Hitler in Bewegung gesetzt hat. Eure Arbeit dient der Vernichtung der Freiheit und des Wohlstands anderer Völker. Neben Euch stehen heute wieder Arbeitskollegen aus anderen Ländern. Es sind die Zwangsarbeiter, die Hitler nach Deutschland verschleppt hat. Jeder zehnte Arbeiter in Deutschland ist heute ein ausländischer Zwangsarbeiter. Meint Ihr, dass sie gerne für Hitlers Krieg arbeiten? Sie müssen! Sie sind gezwungen, ihre eigenen Ketten zu schmieden. Sie arbeiten unwillig, und viele sind unter ihnen, die bewusst langsam arbeiten. Sie überlegen, wie sie durch ihr Verhalten die deutsche Kriegsmaschine schädigen können. Sie warten auf den Tag, der sie befreien wird, auf den Tag, an dem der geschlagene deutsche Militarismus zusammenbricht.

Seid Ihr nicht ebenso gezwungen wie sie? Schmiedet Ihr nicht auch Eure eigenen Fesseln, wenn Ihr die Kriegsmaschine Hitlers bedient? Ihr seid Arbeiter wie sie, Ihr seid unterdrückt und missbraucht wie sie. Ihr seid nichts Besseres, weil Ihr nicht ausländische, sondern eingeborene Sklaven Hitlers seid. Ihr tragt das gleiche Leid wie sie, und Ihr habt das gleiche Ziel wie sie: den Sturz Hitlers und Eurer aller Befreiung. Uebt Solidarität gegenüber Euren ausländischen Arbeitskameraden und denkt und handelt wie sie. Je langsamer Ihr arbeitet, umso eher werden sie und werdet Ihr selbst wieder frei sein. Lasst Euch nicht den Mund verbieten. Redet mit ihnen. Fragt sie, was

[Beilage, Seite: - 2 -] -

sie wissen. Erzählt ihnen alles, was Ihr wisst.

Ihr müsst verstehen, dass ein ungeheures Mass gerechter Empörung sich in der ganzen Welt gegen Deutschland angesammelt hat. In Eurem eigenen Interessen liegt es, dass die ausländischen Arbeitskollegen von heute nach dem Sieg der Alliierten in ihre Heimat zurückkehren nicht als hasserfüllte Feinde der deutschen Arbeiter, sondern als unsere Genossen. Tretet ihnen so gegenüber, dass sie einst sagen werden: Hitler war unser Feind, aber die deutschen Arbeiter in Fabrik und Werkstatt und auf dem Lande dachten wie wir, sie fühlten mit uns und kämpften mit uns. Sie verfluchten Hitler wie wir, und sie haben an seinem Sturz mitgearbeitet.

Deutsche Arbeiter! Ihr habt einst als Sozialisten und Gewerkschafter solidarisch den Arbeitern in der ganzen Welt geholfen. Ihr werden nach dem Kriege die Hilfe der alliierten Länder brauchen. Ihr werdet sie nur erhalten, wenn Ihr kämpft. Eure ausländischen Arbeitskollegen, die heute neben Euch stehen, werden einst Zeugnis ablegen für das, was Ihr in diesem Krieg getan habt."

Der Generalrat der Internationalen Transportarbeiter-Föderation hielt kürzlich unter Vorsitz des General-Sekretärs der britischen Eisenbahner eine Tagung ab. In der deutschen Arbeitersendung des Londoner Rundfunks vom 28. Juli wurde berichtet, dass diese Internationale noch Verbindungen zu den Transportarbeitern Deutschlands und der besetzten Länder besitzt. An alle Transportarbeiter auf der Strasse, der Eisenbahn, der Luft und auf dem Wasser erging der Appell, allen Verkehr mit allen Mitteln zu sabotieren, der der Kriegsmaschine der Achsenmächte dient.

Eine Botschaft an die deutschen Arbeiter
erging in der gleichen Arbeitersendung des Londoner Rundfunks von dem Generalsekretär des englischen Beamtenbundes W. J. Brown[22], der in eindringlicher und überzeugender Sprache die Arbeiterschaft im Dritten Reich aufforderte, ihre Wahl zu treffen: zwischen Hitler und der Sache der Arbeiterschaft.




[Hinweis]

Deutschsprachiger Rundfunk vom BBC aus London
wird täglich 11 mal gesendet, und zwar über die Kurzwellen 41 und 49 und über die Mittelwelle 373. Ab 10. August 1941 (einfache Sommerzeit) sind die Sendezeiten in England: 5.00 [Uhr], 5.30 [Uhr] a.m. und 19 Uhr (Montag und Donnerstag) für Arbeiters[en]d[un]g[en].






Editorische Anmerkungen


1 - Im Juli 1941 hatten Japan und die Vichy-Regierung ein Abkommen über die "gemeinsame Verteidigung" Indochinas gegen einen britischen Angriff vereinbart.

2 - Chiang Kai-shek bzw. Tschiang Kai-schek (1887 - 1975), chinesischer General und Politiker, 1928 Präsident der chinesischen Republik. Seit der Offensive der Japaner 1937 war die chinesischen Hauptstadt von Nanking nach Chungking (bzw. Tschungking) verlegt worden.

3 - (ITF) Deutschland = Meldungen der Internationalen Transportarbeiter-Föderation über Deutschland entnommen.

4 - Finnland (IGB) = Meldungen des Internationalen Gewerkschaftsbundes über Finnland entnommen.

5 - Frank Kingdon (1894 - 1972), amerikanischer Publizist und Theologe, 1940-1941 Vorsitzender des Emergency Rescue Committee (ERC). Das ERC war 1940 von amerikanischen Schriftstellern gegründet worden.

6 - Benannt nach Martin Dies (1901 - 1972), amerik. Politiker (Democratic Party) und Jurist. Das Kongresskomitee, 1938 gegründet, hatte die Aufgabe "unamerikanische Aktivitäten" zu untersuchen und abzuwehren.

7 - Richard Krebs, Pseudonym: Jan Valtin (1905 - 1951), Seemann, Hafenarbeiter und Schriftsteller, kommunistischer Propagandist unter Seeleuten, leitender Mitarbeiter des westeuropäischen Büros der Komintern, 1933-1937 Zuchthaus und KZ, ab 1937 im Auftrag der KPD Doppelagent, später Bruch mit den Kommunisten, 1937 Dänemark, 1938 Westindien, 1941 USA, 1942 ausgebürgert. Vgl. Jan Valtin: Out of the Night, New York 1941. Eine deutsche Übersetzung (Tagebuch der Hölle) erschien erstmals 1957 in Köln.

8 - Der German American Congress for Democracy war 1940 gegründet worden; ausgesprochen antikommunistische Tendenz.

9 - Conrad Wölfel, Autor im "Aufbau" und in der "Neuen Volkszeitung" (beide New York).

10 - Charles Spencer, genannt Charlie Chaplin (1889 - 1977), brit. Filmschauspieler, -autor, -regisseur, -produzent. Der Film "Der große Diktator" (1940) verspottete nicht nur Hitler, sondern auch Mussolini.

11 - Chile wurde seit 1938 von einer Volksfront der linken Parteien regiert. Trotz des Wahlsieges der Linken im März 1941 geriet die Volksfrontregierung in eine Krise. Die politischen Machtverhältnisse erschienen besonders den Emigranten ziemlich unübersichtlich.

12 - Die von Otto Strasser initiierte Frei-Deutschland-Bewegung hatte u. a. das Ziel, eine Frei-Deutschland-Legion aus Emigranten zu bilden, die auf Seiten der alliierten Armeen kämpfen sollte.

13 - Gregor Strasser (1892 - 1934), seit 1921 Mitglied der NSDAP, nach 1924 MdR, 1925 - 1932 Reichspropagandaleiter der NSDAP, Differenzen mit Hitler, Ausschluss aus der NS-Partei, 1934 im Zusammenhang mit dem "Röhm-Putsch" ermordet.

14 - Zur Nazipropaganda in Südamerika vgl. u.a.: Reimund Schnabel: Missbrauchte Mikrophone. Deutsche Rundfunkpropaganda im Zweiten Weltkrieg. Eine Dokumentation, Wien 1967.

15 - Gemeint ist die Panamerikanische Konferenz in Panama im Oktober 1939, auf der u.a. eine gemeinsame Sicherheitszone für die Küsten des amerikanischen Kontinents (südl. Kanadas) und Aufrüstungsmaßnahmen beschlossen wurden.

16 - "Tribune" (Untertitel: Labour's Independent Weekly), linksunabhängige Wochenzeitung (London), ersch. seit 1937.

17 - Heinrich Fraenkel (1897 - 1986), Journalist und Schriftsteller, parteilos, seit 1933 Exil in Frankreich und Großbritannien, Mitgründer der kommunistisch inspirierten Freien Deutschen Bewegung in GB, von der er sich später trennte, gute Beziehungen zu einigen deutschen Exil-Sozialdemokraten, kehrte nicht auf Dauer nach Deutschland zurück. 1949-1976 ständiger Mitarbeiter von "New Statesman and Nation", in den 60er Jahren Autor von Biographien über Goebbels, Göring und Himmler. Zur deutschsprachigen Emigration in Großbritannien vgl.u.a. den autobiographischen Bericht Heinrich Fraenkels: Lebewohl, Deutschland, Hannover 1960.

18 - Ben Tillett (1860 - 1943), Gewerkschafter und Labour-MP 1917-1924 und 1929-1931.

19 - Samuel Philip Viant (1882 - 1964), Gewerkschafter und Labour-MP 1923-1931 und 1935-1959.

20 - Max Werner, Pseudonym für Alexander Schifrin (1901 - 1951), Journalist, Publizist und Politiker, ursprünglich russischer Menschewik, Anfang der 20er Jahre SPD-Mitglied, führender linker Theoretiker in der Weimarer Republik, ab 1933 Exil in Frankreich, wirkt für eine "Einheitsfront" der Arbeiterparteien, ab 1940 Exil in den USA, zahlreiche Veröffentlichungen. Hier: Max Werner: Battle for the World. The Strategy and Diplomacy of the Second World War, London 1941 [gleichzeitig auch in New York und Buenos Aires erschienen].

21 - Raphael Abramowitsch (1879 - 1963), russischer Menschewik, 1918 von den Bolschewiken verhaftet, ab 1920 Exil in Wien, Berlin, 1933-1940 Paris, ab 1940 in den USA, Mitarbeiter zahlreicher Zeitungen, Autor von Memoiren (in Jiddisch).

22 - William John Brown (1894 - 1960), Generalsekretär der Civil Services Clerical Association 1919-1942, Labour-MP 1929-1931, unabhängiger Unterhausabgeordneter 1942-1950.



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