No. 2 - 1940

January, 20th

Sozialistische Mitteilungen

News for German Socialists in England

This news-letter is published for the information of Social Democratic
refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

[Seite: - 1 - ]

Bei einer Versammlung der Sozialdemokratischen Föderation in New York[1] liess Thomas Mann eine Botschaft vorlesen, in der es heisst: "Wenn die Finnen ihre Mannerheim-Linie[2] den gegenwärtigen Wall der westlichen Zivilisation nennen - und ich glaube, dass sie dies mit Recht tun - so möchte ich dieser Feststellung hinzufügen, dass die Arbeiter und Bauern dieser kleinen Nation, ob sie nun Sozialisten sind oder nicht, augenblicklich die wahren Ideale und Hoffnungen verteidigen, die ein nazistisch gewordener Bolschewismus verraten und in den Schmutz getreten hat. Ich grüsse Finnland und ich hoffe aufs innigste, dass es den Endsieg davontragen möge."

Am 14. Januar sprach R.C. Attlee, der Führer der britischen Labour Party, in Blackburn und sagte u.a., er hoffe, das Volk der Sowjetunion würde von dem Angriff auf Finnland ablassen und sich an die Seite der Demokratien gegen den gemeinsamen Feind, den Hitlerismus, stellen. "Es ist klar", sagte er, "dass die faschistische Partei in England und die kommunistische Partei blosse Anhängsel ausländischer Diktaturen sind. Die Kommunisten haben kein Recht auf den Namen 'Sozialisten' oder 'Kommunisten'. Sie sind Stalinisten. Alles was Stalin sagt, ist ihnen recht."

Die britische Labour Party hat eine dreigliedrige Abordnung, der das Unterhausmitglied Noel-Baker[3] und der

[Seite im Original:] - 2 -

Generalsekretär der britischen Gewerkschaften, Sir Walter Citrine, angehören, nach Finnland delegiert, um die dortige Lage und die Hilfsmöglichkeiten für den Unabhängigkeitskampf Finnlands zu untersuchen.

In dem Dezember-"Informationsbrief", der von einer Arbeitsgemeinschaft österreichischer und tschechoslowakischer Sozialisten in Oslo herausgegeben wurde, sind Bemerkungen zu dem Aufruf enthalten, den die kommunistischen Parteien Deutschlands, Österreichs und der Tschechoslowakei kurz zuvor herausgegeben hatten.[4] Es heisst in dem Informationsbrief: "Die Verlautbarungen der Kominternsektion, die sich über mehrere Druckseiten erstrecken, zeichnen zwei Gesichtspunkte aus, die zu registrieren wir nicht vergessen haben wollen. Erstens ist - wie man das schon anlässlich des Kominternaufrufes im November feststellen konnte - das Wort 'Faschismus' radikal aus dem Wörterbuch der Kominternangestellten verschwunden. Nicht nur die Kraftausdrücke über den Faschismus und die Faschisten, mit denen die kommunistische Presse in den vergangenen Jahren gefüllt war, sind verschwunden. Nein, in einem seitenlangen Aufruf der angeblich unter der Knute des deutschen Faschismus wirkenden KPD, KPÖ und KPTsch sucht man vergeblich auch nur nach der Erwähnung, dass es einen Faschismus gibt und dass im Dritten Reich die Faschisten an der Macht sind ... Zweitens richtet sich die ganze Tendenz des in Moskau ausgekochten Aufrufs gegen den 'Hauptfeind', die sozialistische Arbeiterbewegung. Die sozialdemokratischen Vertrauensleute werden als "Agenten des englischen Imperialismus, Kettenhunde des Kapitalismus gegen die Sowjetunion und den Sozialismus' bezeichnet. ...

Das erscheint wiederum unmittelbar, bevor in Prag eine kommunistische Versammlung im Einvernehmen mit der Gestapo einberufen wird, zu dem einzigen Zweck, die Widerstandsfront gegen die Nazis zu sprengen. Der Versuch ist kläglich gescheitert. Die ehemals kommunistischen Arbeiter haben ein gutes Dutzend Spitzeltypen unter sich bleiben lassen."

[Seite im Original:] - 3 -

Im Anhang zu diesem "Informationsbrief" wird über die Situation in den skandinavischen Ländern berichtet. Es heisst da: "Unter Ausnutzung der bei den Arbeitern nicht gerade populären Ordnung haben die Kommunisten durch eine rücksichtslose Demagogie gewisse Positionen behaupten können. Durch den russischen Angriff auf Finnland verändert sich jedoch die Lage. ... Besonders das nach dem russischen Angriff auf Finnland einsetzende Befreiungsgeheul der Kommunisten hat vielen Arbeitern die Augen geöffnet. Der Boykott der kommunistischen Zeitungen, Versammlungen und Redner in der Öffentlichkeit verlängert sich immer mehr in die Betriebe. ... Auf den Strassen gibt es Demonstrationen gegen die Sowjetunion und gegen die Kommunisten. ... Das allgemeine Verhalten ist, trotz einer z. T. fast pogromähnlichen Stimmung gegen die Kommunisten, am besten durch das Wort des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten von Dänemark charakterisiert: 'Die Kommunisten müssen mit Eiseskälte umgeben und isoliert werden'. "

Was von der Sowjetregierung und ihren Propagandisten jahrelang als die grosse Gefahr an die Wand gemalt wurde, droht nun durch Stalins Politik Wirklichkeit zu werden: eine Koalition der ganzen Welt gegen die Sowjetunion. Der Betrug an den Westmächten bei den Moskauer Paktverhandlungen, denen Verhandlungen mit dem neu auserkorenen Verbündeten Hitler parallel liefen, der Dolchstoss der Roten Armee gegen das von Hitlers Armee überfallene Polen und nun der brutale Krieg gegen Finnland haben gegen die Sowjetunion nicht nur die "kapitalistischen" Demokratien aufgebracht, sie drohen auch den italienischen Faschismus und den japanischen Imperialismus auf den Plan zu rufen, und - was das Entscheidende ist - die Bündnispolitik mit Hitler verscherzt der Sowjetunion immer mehr die Sympathien der Arbeiterschaft in allen Ländern der Welt. Sämtliche (auch illegal von hiesigen Emigranten unternommenen) Versuche der Kommunisten, durch Schmähungen gegen Finnland den schädlichen Angriff auf dieses Land zu rechtfertigen, müssen ebenso fehlschlagen wie die Beschimpfungen gegen Polen, denn niemandem kann eingeredet werden, dass ein Staat, der sich mit Hitler-

[Seite im Original:] - 4 -

Deutschland verbündet hat, noch irgend ein Recht hat, Richter über das politische Regime anderer Staaten zu sein. Hinzu kommt, dass an der finnischen Regierung die Sozialdemokraten beteiligt sind, dass Tanner, der einst Stalin das Leben rettete, in ihr Aussenminister ist und dass den Kommunisten nichts anderes übrig bleibt als wieder das alte Lied anzustimmen, dass die Sozialdemokratie der Hauptfeind und der Hitler-Faschismus das kleinere Übel sei, - eine Propaganda, die eine endgültige Trennung der europäischen Arbeiterschaft von der kommunistischen Parteipolitik schafft, zumal noch in frischer Erinnerung ist, welche Folgen die gleiche Propaganda für die Arbeiterbewegung Deutschlands hatte. Hat so Stalins Politik die Sowjetunion in eine hoffnungslose Isolierung von allen moralischen Kräften der Welt getrieben, auf deren Sympathie sie hat je rechnen können, und in offenen Gegensatz zu allen Mächten der Welt mit Ausnahme des Dritten Reiches gebracht, so hat das Versagen der Roten Armee beim Angriff auf Finnland, der auch jetzt - nach 8 Wochen - noch keinen nennenswerten Erfolg, dafür aber manche erstaunlichen Niederlagen gebracht hat, die Sowjetunion in eine Lage gebracht, in der sie immer stärker in die Abhängigkeit Hitlers zu geraten droht. Nach den Ergebnissen der russischen Hilfe für China und die spanische Volksfront ist das Ergebnis des Angriffs auf Finnland der dritte und deutlichste Beweis dafür, wie fragwürdig die von der kommunistischen Propaganda geschaffene Legende von der Unüberwindlichkeit der Roten Armee und der Vorzüglichkeit der Sowjetorganisation war, und das Ende dieser Legende ist eine bedrohliche Ermunterung für alle Gegner, die sich das Sowjetregime im Innern und draussen geschaffen hat. Es ist zu erwarten, dass Stalin jetzt tatsächlich Hitlers Hilfe braucht, die er nur haben kann, wenn er mehr noch als bisher Hitlers Politik macht. Was die Sowjetunion 20 Jahre lang zu einem Machtfaktor gemacht hatte: ihr Ruf, Gegnerin des Imperialismus und Faschismus zu sein, und ihr Ansehen als grosse Militärmacht und riesiger Wirtschaftsraum, das alles hat Stalin in einem halben Jahr aufs Spiel gesetzt, und es sieht ganz so aus, als werde er das Spiel verlieren.

Wir zitieren zum Abschluss, was die bekannte Basler "National-Zeitung"[5] schon am 19. Dezember in ihrem Leit-

[Seite im Original:] - 5 -

artikel "Stalin in der Klemme" schrieb: "Ob Stalin Kuusinen[6] fallen lässt und mit den 'Henkern' Finnlands paktiert oder ob er neue Hekatomben russischer Soldaten hinopfert und das militärische Renommee der Sowjetunion immer mehr aus Spiel setzt - beides ist seinem Regime abträglich. Auch wenn es in Finnland für ihn mit einem Pyrrhussieg enden sollte, schon jetzt hat Sowjetrussland sich politisch und moralisch eine entscheidende Niederlage geholt, und auch wenn es sich noch aus der Klemme hinausmanövrieren könnte, in die es jetzt geraten ist: die Suggestion, die von seiner Macht und von seiner Ideologie so lange ausstrahlte, ist für immer vorbei."

Die kommunistische Partei der Vereinigten Staaten hat beschlossen, sich an dem antinazistischen Warenboykott nicht mehr zu beteiligen. Der Vereinigte Boykott-Rat des American Jewish Congress und des Juedischen Arbeiterkomitees, das Christliche Komitee fuer Boykott Nazideutschlands und der Amerikanische Boykottrat gegen Angreifer-Nationen haben einen gemeinsamen Beschluss gefasst, in dem diese Haltung der Kommunisten als Verrat verdammt und die Entschlossenheit kundgetan wird, die Anstrengungen zur Intensivierung des Boykotts noch zu erhoehen.

In der Parister Zeitschrift "Die Zukunft"[7] hat der ehemalige kommunistische Propagandachef Muenzenberg einen Aufruf "Heraus aus der Partei der Arbeitermoerder!" erlassen, in dem es heisst:

"Hitler verfolgte und verfolgt heute wie 1933 nach dem Reichstagsbrand die Kommunisten in Deutschland mit Zuchthaus, Konzentrationslager und Handbeil. Bekannt ist das Martyrium Thaelmanns, die Ermordung von Schehr[8], Eugen Schoenhaar[9], Steinfurt[10], André[11], Funk[12] und vielen anderen.

Aber nicht weniger grausam wuetete Stalin gegen die Kommunistische Partei und ihre Funktionaere, die das 'Glueck' hatten, nach Russland berufen zu werden und dort als Emigranten eine 'Zuflucht' fanden. Die Zahl der kommunistischen Parteifunktionaere, die in den letzten Jahren in Russland erschossen wurden, in Sibirien umkamen oder

[Seite im Original:] - 6 -

sonst verschwanden, betraegt viele hundert. Von den vielen, die geopfert wurden, um mit 'ihrem Blut die Freundschaft Stalin-Hitler zu kitten', nennen wir nur Hermann Remmele[13], Mitglied des ZK und des Reichstags, Schubert[14], Vertreter Thaelmanns nach dessen Verhaftung, Mitglied des ZK und des Reichstags, Fritz Schulte[15], Mitglied des ZK und des Reichstags, Heinz Neumann[16], einst von Stalins Gnaden voruebergehend faktischer Fuehrer der Partei, Mitglied des ZK und des Reichstags, Leo Flieg[17], Mitglied der Arbeiterbewegung seit 1907, Freund von Rosa Luxemburg[18] und Liebknecht[19], jahrelang Organisations-Sekretaer der Partei, Mitglied des ZK und des Preussischen Landtags, Hugo Eberlein[20], Freund von Rosa Luxemburg und Liebknecht, langjaehriger Leiter der inneren Verwaltung und Kasse der Partei, Birkenhauer (Belfort)[21], Sekretaer von Thaelmann, spaeter des Thaelmannkomitees, Meyer[22], Mitarbeiter von Thaelmann, Knodt[23], Mitarbeiter von Thaelmann und Chefredakteur der 'Roten Fahne', Noffke[24], Redakteur, Kippenberger[25], Mitglied des Reichstags, engster Vertrauter von Thaelmann, Dr. Lothar Wolff[26], Dr. Fritz Halle[27], Vertreter im Preussischen Staatsrat, Werner Hirsch[28], persoenlicher Freund und Sekretaer von Thaelmann, David[29], Sekretaer von W. Pieck[30], Suesskind[31], Redakteur der 'Roten Fahne', Paul Scholze[32], Fuehrer der Revolutionaeren Obleute Berlin 1918, Grete Wilde[33] aus der Kaderabteilung, Paul Dietrich[34], Heinrich Kurella[35], Otto Unger[36], Mitglied seit 1919, Richter[37], Simon[38], Unruh[39], Most[40] (Schriftsteller), C. Haus[41] (Schriftsteller, Mitarbeiter der 'Weltbuehne'[42]), Felix Wolf[43], Hilda Loewen[44], Hellmut Remmele[45], Hotopp[46], Wendt[47], Schaelicke[48], Mitglied der KP seit 1919 [in] Berlin-Schoeneberg, Bertha Gropper[49], Leiterin der Frauenabteilung, Mitglied des Reichstags, Max Pfeiffer-Mueller[50], Lauer[51], Willi Leow[52], Chef des Roten Frontkaempferbundes, Mitglied des Reichstags, Emel[53], Schriftsteller, Kurt Sauerland[54], Schriftsteller, die Aerzte Friedland[55], Friedlaender[56] und Ascher[57], die Schauspielerin Carola Neher[58] und hundert andere. Dazu zahlreiche Freunde aus der Schweiz und Oesterreich, die mit der deutschen Partei eng verbunden waren, wie Fritz Platten[59].

Was aus der Gruppe Pieck-Ulbricht[60] geworden ist, die bis zuletzt den Verhaftungen und Erschiessungen ihrer Genossen Beifall klatschte, weiss kein Mensch. Seit Kriegsbeginn sind sie verstummt und verschwunden. In diesen Schlachten wurde kein Unterschied zwischen 'links' und 'rechts', zwischen 'Versoehnlern' und Sektierern gemacht,

[Seite im Original:] - 7 -

da kam jede Gruppe dran, und von der Garde Thaelmanns und seiner engeren Mitarbeiter wurde keiner verschont.

Versteht Ihr jetzt, deutsche Arbeiter, Genossen, warum Stalin sich nicht bemueht, Thaelmann frei zu bekommen? Versteht Ihr jetzt, welche Rolle der Verraeter Stalin in diesem groessten aller Dramen gegen die deutschen Arbeiter und ihren Freiheitskampf spielt?"

Die "Deutschland-Berichte",

die vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Paris herausgegeben werden, sind allgemein als die zuverlaessigste Informationsquelle ueber die innerdeutschen Verhaeltnisse anerkannt. Der in diesen Tagen erschienenen Januar-Nummer hat auch wieder der Londoner "Daily Telegraph" am 17. Januar einen ausfuehrlichen Bericht seines Pariser Korrespondenten gewidmet, in dem besonders der Beitrag "Bericht eines europaeischen Neutralen" hervorgehoben wird. Neben diesem Bericht erscheint ein Beitrag "Ein Amerikaner ueber das deutsche Volk" und Berichte aus den einzelnen Landesteilen. Zum Kapitel Propaganda werden Beispiele der deutschen Kriegspropaganda und Nachrichten ueber die Wirkungen der englischen und franzoesischen Sendungen in deutscher Sprache veroeffentlicht. Weitere Berichte behandeln die Lage der Evakuierten, und ein besonderer Abschnitt berichtet ueber das deutsche Schreckensregiment in Polen. Im Wirtschaftsteil wird ueber die Lebensmittelverteilung im Dritten Reich berichtet und Nachrichten ueber die Wirkungen der Rationierung und die Sorgen ueber die Waehrungslage gebracht. Der letzte Abschnitt behandelt Deutschland, Finnland und Russland. Er ist eine geschichtliche Darstellung des finnisch-russischen Konflikts und beleuchtet die deutsch-finnischen Beziehungen und die Haltung Hitler-Deutschlands gegenueber dem Krieg der Sowjetunion gegen Finnland.

Die "Deutschland-Berichte" werden in deutscher, englischer und franzoesischer Sprache herausgegeben. Sie sind von Dr. Erich Rinner, 30, Rue des Ecoles, Paris 5e, zu beziehen.

Als Nachfolger von Otto Wels ist Hans Vogel zum Vertreter der SPD in der Soz. Arbeiter-Internationale bestimmt worden.

[Seite im Original:] - 8 -

In den letzten Tagen haben sich wieder die Geruechte ueber einen unmittelbar bevorstehenden Einfall der Hitler-Armee in Holland und Belgien verdichtet, der angeblich von Hitler zwecks Flankenangriffs gegen Frankreich und Erringung einer Basis gegen England gefordert, von den Kommando-Stellen der Reichswehr[61] und von Goering aber nicht gebilligt sein soll. Jedenfalls haben Holland und Belgien alle Vorbereitungen zur Verteidigung gegen einen solchen Vorstoss getroffen. So unmoeglich es ist, sichere Voraussagen ueber Hitlers Plaene und ueberhaupt ueber die weitere Entwicklung der Kriegshandlungen zu machen, so wahrscheinlich ist es doch, dass, wenn der angekuendigte Einfall in den Niederlanden zur Zeit des Erscheinens dieser Mitteilungen nicht erfolgt ist, die Vorbereitungen, die fuer ihn getroffen wurden, als ein Ablenkungsmanoever zu betrachten sind. Viel wahrscheinlicher als der riskante Angriff auf Holland und Belgien und der im Dritten Reich vielbesprochene Plan eines phantastischen Landungsversuches in England ist fuer die naechste Zeit ein Vorstoss Hitlers nach Skandinavien, zu dem Stalin mit seinem Angriff auf Finnland das Vorspiel liefern sollte, oder eine von Hitler und Stalin gemeinsam unternommene Balkanoffensive zwecks Gewinnung wertvoller Rohstoffgebiete und Landwirtschaftsflaechen. Diesen Moeglichkeiten duerften die Besprechungen gegolten haben, die in der ersten Januar-Haelfte in Rom zwischen dem ungarischen Aussenminister Graf Csáky[62] und Mussolini stattfanden und die angebliche Begegnung des jugoslawischen Prinzregenten Paul[63] mit dem rumaenischen Koenig Carol[64]. Ueber das Ergebnis der beiden Besprechungen wird strenges Stillschweigen gewahrt, und auch die Meldung, dass Mussolini Ungarn Hilfe im Falle eines russischen Angriffs versprochen habe und eine Annaeherung an Rumaenien empfahl, ist bisher von Rom dementiert worden. Auffaellig ist, dass die englische Regierung kuerzlich ausser ihrem Botschafter noch einen Gesandten in Rom ernannt hat. In den letzten Tagen ist auch die Errichtung eines Verteidigungswalles an der rumaenischen Nord- und Ostgrenze bekannt geworden.

Die Taetigkeit der Tribunale fuer feindliche Auslaender

[Seite im Original:] - 9 -

ist im wesentlichen beendet. Das Ergebnis ist, dass ausser den 300 Auslaendern, die gleich bei Kriegsausbruch als verdaechtig interniert wurden, 486 Auslaender durch Urteile der Tribunale interniert worden sind. Davon sind 436 Deutsche und 50 OEsterreicher. (Die Zahl der Internierten im Weltkrieg war annaehernd 30.000). Bei Beginn der Tribunalverhandlungen im Oktober war die Gesamtzahl der feindlichen Auslaender in Grossbritannien 74.233, die Zahl der Deutschen 62.244 und die der OEsterreicher 11.989. Davon lebten etwa 30.000 im Londoner Polizeidistrikt. Die Klassifikation "B", das heisst Befreiung von der Internierung, aber nicht von den Restriktionen fuer feindliche Auslaender, erhielten 7.199 Deutsche und 822 OEsterreicher. Die Klassifikation "C", also Befreiung von der Internierung und von den Restriktionen, erhielten 47.285 Deutsche und 6.597 Oesterreicher. Von den Berufungen gegen Internierung sind bisher erst 100 Berufungen solcher Auslaender, die vor Beginn der Tribunale interniert wurden, behandelt worden. Die Zahl der Tschechoslowaken in England betraegt etwa 10.000. Sie werden, meist ohne persoenliche Vorladung, von besonderen Tribunalen fuer freundliche Auslaender geprueft werden. Jugendliche Auslaender, die das Alter von 16 Jahren erreichen, werden einer Pruefung durch das Home Office[65] unterworfen werden.

In Frankreich sind bei Kriegsausbruch alle Deutschen und OEsterreicher, die sich im wehrfaehigen Alter befanden, interniert worden. Die Zahl betrug etwa 15.000. Davon sind bisher etwa 7.000 freigelassen worden, grossenteils solche, die als untauglich befunden wurden oder aelter als 50 Jahre waren. Es sind Bemuehungen im Gange, weitere Freilassungen zu erreichen. An diesen Bemuehungen ist auch der Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Paris und die franzoesische Sozialdemokratie beteiligt.

In Fortsetzung unserer wiederholten Nachrichten ueber das Schicksal der nach Wilna entkommenen Fluechtlinge

[Seite im Original:] - 10 -

aus der Tschechoslowakei, die in Polen waren, als es von der Nazi-Armee und der Roten Armee angegriffen wurde, koennen wir heute mitteilen, dass fuer 35 sozialdemokratische Fluechtlinge in Wilna und Kowno, deren Bemuehungen, nach Schweden zu kommen, infolge der juengsten Entwicklung in Skandinavien scheiterten, von Home Office in London britische Visa bewilligt worden sind. Die Bemuehungen um diese Loesung gingen von dem Czech Refugee Trust Fund und von der Labour Party aus. Es ist zu hoffen, dass auch die schwierige Transport-Frage befriedigend geloest werden wird.

Die unter obigem Titel kurz nach Kriegsbeginn von der Londoner Repraesentative der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands herausgegebene Schrift, die eine Darstellung der sozialdemokratischen Politik seit Hitlers Machtergreifung gibt, ist nun bereits in dritter Auflage erschienen. Auch von der englischen Ausgabe wurde eine neue Auflage erforderlich, die vor kurzem erschienen ist. Interessenten koennen die kleine Schrift wieder anfordern.




[Spendenaufruf]

Wuenschen Sie diese Mitteilungen auch fuer die Zukunft zugestellt zu erhalten? Bedenken Sie bitte, dass die Herstellung, Vervielfaeltigung und Versendung der "Sozialistischen Mitteilungen" Kosten verursachen, die in letzter Zeit infolge erhoehter Papierpreise usw. noch gestiegen sind. Unkostenbeitraege koennen in jeder beliebigen Hoehe an die Adresse des Herausgebers gesandt werden.




Issued by the London Representative of the German
Social Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London NW 7






Editorische Anmerkungen


1 - = "Rechte" Abspaltung von der Socialist Party of America (1936). Die Social Democratic Federation hatte eine deutsche Gruppe (Sozialdemokratische Föderation), der viele sozialdem. Emigranten angehörten.

2 - Verteidigungslinie auf der karelischen Landenge, benannt nach dem finnischen Oberbefehlshaber Carl Gustav von Mannerheim (1867 - 1951).

3 - Philip Noel-Baker (1889 - 1982), Labour-Politiker, Autor, Unterhausabgeordneter 1936-1950, Parlamentarischer Staatssekretär 1942-1945, 1959 Friedensnobelpreisträger.

4 - "Informationsbrief" (Oslo), herausgegeben von einer Arbeitsgemeinschaft deutscher, österreichischer und tschechoslowakischer Sozialisten; erschien 1939-1940 vierzehntägig.

5 - Die "National-Zeitung", eine liberale (freisinnige) Tageszeitung, erschien unter diesem Titel von 1842-1972 in Basel.

6 - Otto Vilhelm Kuusinen (1881 - 1964), finnischer Kommunist, 1921-1939 Mitglied des Komintern-Präsidiums und Sekretär des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI), seit 1941 Mitglied des ZK der KPdSU, seit 1957 Sekretär des ZK.

7 - Die letzte Ausgabe von "Die Zukunft" erschien im Mai 1940, etwa 2 Monate vor dem Tod Münzenbergs.

8 - John Schehr (1896 - 1934), KPD-Funktionär, 1932-1933 MdR, 1933 verhaftet, 1934 von der Gestapo ermordet.

9 - Eugen Schönhaar (1898 - 1934), kommunistischer Jugendfunktionär, 1934 ermordet.

10 - Erich Steinfurt (1896 - 1934), KPD-MdL Preußen 1929-1932, 1934 ermordet.

11 - Etkar André (1894 - 1936), Funktionär des Roten Frontkämpferbundes (RFB), 1927-1933 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft, 1936 hingerichtet.

12 - Albert Funk (1894 - 1933), KPD-MdR 1930-1932, von den Nationalsozialisten ermordet.

13 - Hermann Remmele (1880 - 1939), ursprünglich Sozialdemokrat, ab 1920 KPD-Funktionär, 1920-1933 MdR, ab 1933 Exil in der UdSSR, 1934 ausgebürgert, 1937 in Moskau verhaftet und kurz darauf zum Tode verurteilt, 1939 erschossen oder in einer Irrenanstalt ums Leben gekommen. Siehe auch Anm. 45

14 - Hermann Schubert (1886 - 1938), KPD-Funktionär, 1924 MdR, 1924-1933 MdL Preußen, ab Dezember 1934 Exil in der UdSSR, 1937 in Moskau verhaftet, 1938 durch das NS-Regime ausgebürgert, 1938 in der SU zum Tode verurteilt und erschossen.

15 - Fritz Schulte (1890 - 1943), KPD-Funktionär, 1928-1930 MdL Preußen, 1930-1933 MdR, ab 1933 Exil in der CSR, 1934 Frankreich, 1935 UdSSR, 1937 verhaftet, 1938 ausgebürgert, in einem Lager umgekommen.

16 - Heinz Neumann (1902 - 1937), KPD-Funktionär, 1930 - 1932 MdR, ab 1933 Exil in der Schweiz, im selben Jahr ausgebürgert, 1935 UdSSR, April 1937 verhaftet, November 1937 zum Tode verurteilt und vermutlich erschossen. Vgl. Magarethe Buber-Neumann: Von Potsdam nach Moskau, Stuttgart 1957.

17 - Leo Flieg (1893 - 1939), KPD-Funktionär, 1924-1933 MdL Preußen, ab 1934 Exil in Frankreich, 1937 UdSSR, im selben Jahr ausgebürgert, verhaftet, im März 1939 zum Tode verurteilt und erschossen.

18 - Rosa Luxemburg (1871 - 1919), sozialistische Theoretikerin, Mitbegründerin der KPD, 1919 von Freikorpsleuten ermordet.

19 - Karl Liebknecht (1871-1919), SPD-MdL Preußen ab 1908, MdR ab 1912, Mitbegründer der KPD, 1919 von Freikorpsleuten ermordet.

20 - Hugo Eberlein (1887 - 1944[?]), KPD-Funktionär, 1921-1933 MdL Preußen, ab 1933 Exil Schweiz, CSR, Frankreich, 1936 UdSSR, 1937 ausgebürgert, 1937 verhaftet, 1941 zum Tode verurteilt, in einem Lager ums Leben gekommen.

21 - Erich Birkenhauer, Pseudonym: Belfort (1903 - 1941[?]), kommunistischer Journalist, März - Dezember 1933 in Haft, dann Emigration in die UdSSR, 1937 verhaftet, 1938 ausgebürgert, 1939 zu 12 Jahren Arbeitslager verurteilt, zum Tode verurteilt und vermutlich erschossen.

22 - Heinrich Meyer (1904 - 1938), kommunistischer Journalist und Parteifunktionär, seit 1922/1923 KPD-Mitglied, 1933/34 KZ, 1935 Exil in der UdSSR, 1937 verhaftet, September 1938 zum Tode verurteilt und erschossen.

23 - Hans Knodt (geb. 1900), komm. Journalist und Parteifunktionär, ab 1932 Chefredakteur der "Roten Fahne", die als Zentralorgan der KPD 1918-1933 in Berlin erschien. Ab 1933 Exil Saarland, 1934 Frankreich, 1935 UdSSR, 1937 verhaftet, 1941 zu 8 Jahren Arbeitslager verurteilt, verschollen.

24 - Ernst Noffke (1903 - 1973), KPD-Funktionär, ab 1933 Exil in der UdSSR, 1937 verhaftet, längere Zeit im Lager, 1940 ausgebürgert. 1945 Rückkehr nach Berlin, SED-Funktionär.

25 - Hans Kippenberger (1898 - 1937), 1928 - 1933 KPD-MdR, Leiter des Militär-Apparats der KPD, ab 1933 Exil im Saarland, 1934 UdSSR, 1936 durch das NS-Regime ausgebürgert, in der SU verhaftet, in einem Geheimprozess zum Tode verurteilt und hingerichtet.

26 - Lothar Wolff (geb. 1882), Berliner Arzt, Kommunist, 1937 in der UdSSR verhaftet, seither verschollen, 1939 ausgebürgert.

27 - "Fritz Halle": Felix Halle (1884 - 1937), Rechtsanwalt, 1927 - 1933 Leiter der juristischen Zentralstelle der KPD, Verteidiger in politischen Prozessen, 1933 mehrere Monate in Haft, dann (1933) Exil in Frankreich, 1936 ausgebürgert, 1937 UdSSR, dort verhaftet und Tod.

28 - Werner Hirsch (1899 - 1941), komm. Journalist und Parteifunktionär, 1924-1925 Chefredakteur der "Roten Fahne", 1933-1934 KZ, ab 1934 UdSSR, 1935 ausgebürgert, 1937 verhaftet und zu 10 Jahren Lagerhaft verurteilt, nach Hungerstreik umgekommen.

29 - Fritz David, eigentlich Ilja David Krugljanski (1897 - 1936), in Litauen geb. Komintern-Funktionär (seit 1929 in Deutschland), der auch im KPD-Apparat arbeitete, ab 1933 in der UdSSR, 1936 verhaftet (im Schauprozess u. a. angeklagt, er habe versucht, auf Weisung Trotzkis Stalin zu ermorden), hingerichtet.

30 - Wilhelm Pieck (1876 - 1960), bis zum I. Weltkrieg Mitglied der SPD, Mitbegründer der KPD, 1921-1928 MdL Preußen, 1928-1933 MdR, ab 1933 Exil in verschiedenen Ländern, 1933 ausgebürgert, ab 1939 in der UdSSR. 1945 Rückkehr nach Deutschland, 1946-1954 Parteivorsitzender der SED, ab 1949 Staatspräsident der DDR.

31 - Heinrich Süßkind (geb. 1895), kommunistischer Redakteur, ab 1933 Exil in der CSR, dann UdSSR, Tätigkeit im Komintern-Apparat, 1936 verhaftet, Oktober 1937 zum Tod durch Erschießen verurteilt, seitdem verschollen.

32 - Paul Scholze (1886 - 1938), gehörte zur Zeit der Novemberrevolution der Bewegung der Revolutionären Obleute (vor allem Betriebsräte aus der Metallindustrie), die dem linken Flügel der USPD zuzurechnen war, später KPD-Funktionär, ab 1933 Exil in Frankreich, 1937 UdSSR, 1938 ausgebürgert, deportiert und umgekommen.

33 - Grete Wilde (1904 - 1943 oder 1944), kommunistische Jugendfunktionärin aus Berlin, 1929 für die Komintern in der Türkei, dort mehrere Jahre in Haft, 1932 UdSSR, 1937 verhaftet und zu 8 Jahren Lager verurteilt, 1940 ausgebürgert, im Lager umgekommen.

34 - Paul Dietrich (1889 - 1942[?]), Volksschullehrer und Journalist, ab 1909 SPD-Mitglied, nach Kriegsende über USPD zur KPD, 1928-1930 komm. MdR, ab 1933 Exil im Saarland, 1936 UdSSR, 1937 verhaftet, 1938 ausgebürgert, in der Haft ums Leben gekommen.

35 - Heinrich Kurella (1905 - 1937), kommunistischer Journalist, ab 1934 Exil in der UdSSR, Juli 1937 beim Versuch, die Sowjetunion zu verlassen, verhaftet, am 28.10.1937 zum Tode verurteilt und erschossen, im November 1937 ausgebürgert. Bruder des Schriftstellers Alfred Kurella (1895 - 1975).

36 - Otto Unger (1893 - 1938), Buchhändler, 1912 Mitglied der SPD, 1919 der KPD, dort Jugendfunktionär, 1934 Emigration in die UdSSR, 1937 verhaftet, im März 1938 zum Tode verurteilt und erschossen.

37 - Unklar bleibt, welche(r) "Richter" gemeint ist. Es könnte sich u. a. um Bernhard Richter, einen in Leipzig geb. KPD-Funktionär, handeln, der ab 1933 im Exil in der UdSSR war, 1937 verhaftet wurde und seitdem verschollen ist. Oder um Trude Richter (1899 - 1989), eine frühere Sekretärin des deutschen Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, die über Prag in die UdSSR emigriert war, dort 1936 verhaftet und zu Zwangsarbeit verurteilt wurde. Sie kam 1946 frei, wurde 1949 erneut inhaftiert und konnte erst 1956 nach Deutschland (DDR) zurückkehren.

38 - Unter "Simon" im obigen Zusammenhang konnten keine entsprechenden biographischen Angaben ermittelt werden. Dass O. K. Simon bzw. André Simone [= Pseudonyme für Otto Katz] (1895 - 1952), ein tschechischer kommunistischer Publizist (1922 der KPD beigetreten), gemeint sein könnte, ist eher unwahrscheinlich. Simon/Simone bzw. Katz, der 1946 aus Mexiko in die CSR zurückgekehrt war, gehörte erst in der Nachkriegszeit zu den Opfern Stalins, als er 1952 im sog. Slanskyprozess zum Tode verurteilt wurde.

39 - Julius Unruh, Mitglied der komm. Revolutionären Gewerkschafts-Opposition (RGO), verließ Deutschland 1933, 1935 in die UdSSR, Oktober 1937 verhaftet; mehr nicht bekannt.

40 - Heinrich Most war das Pseudonym von Heinrich Meyer. Sonst konnte nichts ermittelt werden.

41 - "C. Haus": Robert Hauschild (geb. 1900) alias Rudolf Haus, kommunistischer Publizist, ab 1933 Exil in der UdSSR, 1936 verhaftet und zu 5 Jahren Haft verurteilt, 1937 ausgebürgert; vermutlich erschossen.

42 - "Die Weltbühne" (Untertitel: Wochenschrift für Politik - Kunst - Wirtschaft) erschien in Berlin unter diesem Titel von 1918-1933. Vorgängerin dieser linksintellektuellen radikaldemokratischen Zeitschrift war "Die Schaubühne" (Berlin 1905-1918).

43 - "Felix Wolf": Nikolaus Rakow (geb. 1890) alias Felix Wolf, in Russland aufgewachsener Sohn eines deutschen Werkmeisters, an der Oktoberrevolution beteiligt, als Mitarbeiter des Komintern-Apparats häufig in Deutschland, verlor nach 1933 seine Funktion bei der Komintern, später in der UdSSR verhaftet und im Gefängnis umgekommen.

44 - "Hilde Löwen": Hilde Hauschild, geb. Löwenstein (geb. 1904) alias Hilde Löwen, 1922 KPD, 1932 in die UdSSR, 1937 ausgebürgert, im selben Jahr in der SU verhaftet, weiteres Schicksal unbekannt.

45 - Hellmut Remmele (1910 - 1938[?]), kommunistischer Jugendfunktionär, 1934 Emigration in die UdSSR, 1937 ausgebürgert, im selben Jahr verhaftet, Januar 1938 zum Tode verurteilt. Sohn von Hermann Remmele (vgl. Anm. 13).

46 - Albert Hotopp (1886 - 1942), Schriftsteller, bis 1920 Mitglied der SPD bzw. USPD (zeitweise Anarchist), dann KPD, ab 1934 Exil in der UdSSR, 1938 ausgebürgert, 1941 verhaftet, August 1942 zum Tode durch Erschießen verurteilt.

47 - Erich Wendt (1902 - 1965), Schriftsetzer, kommunistischer Jugendfunktionär, 1931 in die UdSSR, 1937-1939 deportiert, 1941 erneut deportiert. 1942-1947 Mitarbeit bei Radio Moskau, Rückkehr nach Deutschland 1947, bis 1953 Leiter des Aufbau-Verlages, 1957-1965 DDR-Staatssekretär.

48 - "Schaelicke": Fritz Schälicke (1899 - 1963[?]), Buchhändler, kommunistischer Funktionär, ab 1933 Exil in der UdSSR, 1937 ausgebürgert. 1945 Rückkehr nach Deutschland, u. a. Leiter des Dietz Verlages (1945 - 1962) und Funktionen in der SED.

49 - Roberta Gropper (1897 - 1993), Arbeiterin, KPD-MdR 1930-1932, ab 1934 Exil in Frankreich, 1935 UdSSR, 1937 verhaftet und mehrere Jahre im Lager, 1939 ausgebürgert. 1947 Rückkehr nach Deutschland, 1950-1981 SED-Abgeordnete in der Volkskammer.

50 - Max Pfeiffer-Müller (geb. 1896), komm. Funktionär, Redakteur und Schriftsteller, seit 1932 in der UdSSR, 1934 ausgebürgert, März 1937 verhaftet und in einem Lager umgekommen.

51 - Zu Lauer konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

52 - Willy Leow (1887 - 1937[?]), Tischler, seit 1925 zweiter. Vorsitzender des RFB, der 1924 gegründeten Wehr- und Schutzorganisation der KPD, 1928-1933 MdR, ab 1933 Exil, ab 1935 UdSSR, 1937 verhaftet und wahrscheinlich zum Tode verurteilt, vermutlich erschossen.

53 - Alexander Emel (eigentlich Moses Lurje) (1897 - 1936), bei Minsk geb. KPD-Funktionär, Agitprop-Fachmann und Referent an Parteischulen, ab 1933 in der UdSSR, 1936 in einem Schauprozess zum Tode verurteilt und hingerichtet.

54 - Kurt Sauerland (1905 - 1938), kommunistischer Parteifunktionär und Journalist, ab 1933 Exil in Frankreich, 1934 UdSSR, 1937 verhaftet, am 22.3.1938 zum Tode verurteilt und am selben Tag erschossen.

55 - Zu einem Arzt namens "Friedland" in diesem Zusammenhang konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. Vielleicht duplizierte Erwähnung des in Anm. 56 genannten.

56 - Leo Friedländer (1895 - 1937), Berliner Arzt, seit 1926 Mitglied der KPD, ab 1933 Exil in der CSR, dann UdSSR, Chefarzt, auch journalistische Tätigkeit, 1937 verhaftet, am 3.10.1937 zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet. Ausbürgerung nachträglich 1939.

57 - Ernst Hugo Ascher (geb. 1893), Berliner Arzt, Emigration in die UdSSR, arbeitete als Arzt in Saratow, dort 1937 verhaftet, ebenso seine Frau Else Ascher.

58 - Carola Neher (1905 - 1942), Theater- und Filmschauspielerin, KPD-Sympathisantin, ab 1933 Exil in der CSR, 1934 UdSSR, im selben Jahr ausgebürgert, 1936 verhaftet, 1937 zu 10 Jahren Haft verurteilt, im Lager umgekommen. Zum Schicksal emigrierter deutscher Kommunisten in den diversen Parteisäuberungen vgl. Hermann Weber: "Weiße Flecken" in der Geschichte. Die KPD-Opfer der Stalinschen Säuberungen und ihre Rehabilitierung, Frankfurt a.M. 1990 (2. überarbeitete und erweiterte Auflage).Vgl. ferner Horst Duhnke: Die KPD von 1933 bis 1945, Köln 1972.

59 - Fritz Platten (1883 - 1942), linker Schweizer Sozialist, vermittelte u. a. Lenins Fahrt durch Deutschland 1917, übersiedelte 1924 in die UdSSR, 1939 verhaftet, in einem Lager umgekommen.

60 - Walter Ulbricht (1893 - 1973), Möbeltischler, 1912 Beitritt zur SPD, 1919 zur KPD, 1924-1926 Arbeit für die Kommunistische Internationale (Komintern) und Schulungen in der UdSSR, 1926-1928 MdL Sachsen, ab 1927 Mitglied des ZK der KPD, 1928-1933 MdR, ab 1933 Exil in Frankreich, ab 1938 in der SU, neben Wilhelm Pieck wichtigster Führungsfunktionär in der Exil-KPD, 1937 ausgebürgert, 1943 Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland. April 1945 Rückkehr nach Deutschland, 1946-1950 stellvertr. Vorsitzender der SED, 1950-1953 Generalsekretär und 1953-1971 1. Sekretär des ZK der SED, 1949-1955 stellvertr. DDR-Ministerpräsident, 1955-1960 stellvertr. Vorsitzender des DDR-Ministerrats, 1960-1973 Vorsitzender des Staatsrats der DDR.

61 - Gemeint ist die Wehrmacht.

62 - Stefan Graf Csáky von Körösszegh und Adorján (1894 - 1941), ungarischer Außenminister 1938-1941.

63 - Prinz Paul von Jugoslawien (1893 - 1976). Vgl. a. SM 25, Ende Apr. 1941, Anm. 5

64 - Carol II. aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen (1893 - 1953), rumänischer König 1930-1940 [Rücktritt].

65 - Home Office = britisches Innenministerium.



Zu den Inhaltsverzeichnissen