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Förderung von Gründerkultur und Innovation - aber wie? : Thesenpapier / von Dieter Bock (Federführung) ... Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung. - [Electronic ed.]. - Berlin, 2000. - 9 S. = 23 Kb, Text Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001 © Friedrich-Ebert-Stiftung
Förderung von Gründerkultur und Innovation - Aber wie? Thesenpapier
1. Ausgangssituation und RahmenbedingungenDie Schwierigkeiten, in Deutschland ein Unternehmen zu gründen, im klassisch-gewerblichen, wie im innovativen Bereich, sind schon vielfach beschrieben worden. So sind auch die notwendigen politischen Veränderungen zur Förderung von Unternehmensgründungen schon vielfach eingefordert worden. Die Gründungsbewegung selbst hat, auch ohne gezielte politische Unterstützung, Deutschland erfasst:
Nicht wegen, sondern trotz der politischen Rahmenbedingungen hat Deutschland heute eine, für europäische Verhältnisse, starke, aber im Vergleich zu den USA noch immer zu schwache Gründerbewegung ausgebildet. In Deutschland sind die heutigen gesellschaftspolitischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen keineswegs optimal, im Gegenteil, sie erschweren den Schritt in die Selbständigkeit:
2. Politischer HandlungsbedarfDer Managerkreis sieht in der Förderung von Existenzgründern und ihrer Unternehmen einen wichtigen Faktor für das wirtschaftlichen Wachstum, denn:
Im Fokus der Förderung müssen Existenzgründer von Unternehmen der new economy", aber auch der old economy", nicht zuletzt im Dienstleistungs- und Servicebereich von Handel, Handwerk und Gewerbe, stehen. Dabei wird die vorrangige Aufgabe von Staat und Politik nicht in der Förderung von einzelnen Unternehmen oder neuen Subventionen gesehen. Die Priorität sollte nicht auf Einzelmaßnahmen, sondern der Schaffung von Infrastrukturen liegen. Die öffentliche Verantwortung sieht der Managerkreis in der kreativen Gestaltung positiver Rahmenbedingungen, dem Abbau von Eintrittsbarrieren und der Initiierung übergreifender Kooperationen. 3. Maßnahmen zur Förderung von Existenzgründern und jungen Unternehmen.Mit dem folgenden Katalog konkreter Maßnahmen will der Managerkreis einen Beitrag zur Diskussion um die Verbesserung der Start- und Rahmenbedingungen für Existenzgründer in Deutschland leisten: 3.1. Selbständigkeit und wirtschaftliche Kompetenz in Bildung und Ausbildung fördernUm wirtschaftliche Kompetenz und Entrepreneurship" verstärkt als Teil der Allgemeinbildung zu verankern, sollte Wirtschaft als Lehrfach in Schule, beruflicher Ausbildung und Hochschule verstärkt verankert werden. Unternehmensgründung und Entrepreneurship" sollten gezielt in die Curricula der Hochschulen integriert werden. Die Forderung nach Verkürzung der Ausbildungszeiten in Deutschland ist vom Managerkreis schon wiederholt erhoben worden. Ebenso die Forderung nach Erleichterungen bei den flankierenden Rahmenbedingungen, die es Arbeitnehmern und Entrepreneuren erleichtern sollen, berufsbegleitend ein Leben lang zu lernen. Die Barrieren" zwischen Schule bzw. Hochschule und Wirtschaft müssen abgebaut und Kooperationen sollten initiiert werden. Entsprechend dem angelsächsischen Vorbild sollte im Rahmen der in Arbeit befindlichen Dienstrechtsreform Hochschullehrern die paralelle Tätigkeit in der privaten Wirtschaft erleichtert werden und umgekehrt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Auftragsforschung sowie die steuerliche Behandlung der Förderung von Universitäten durch die Wirtschaft müssen verbessert werden 3.2. Ein Netzwerk von Gründerzentren" schaffenDie Bereitschaft, sich selbständig zu machen, ist in Deutschland - auch nach den Erfolgen junger Unternehmensgründungen - in den vergangenen Jahren gestiegen. Allerdings haben wir noch längst nicht wieder eine volkswirtschaftlich optimale Selbständigenquote" erreicht. Die Unterstützung von Existenzgründern ist daher eine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Daueraufgabe. Sie darf sich nicht in Kampagnen und kurzatmigen Programmen erschöpfen. Gefragt sind vielmehr Impulse und Rahmenbedingungen, die zu einem beständigen gründerfreundlichen Klima führen. Neben der Frage der Finanzierung muß dabei eine qualifizierte Betreuung über alle Start- und Entwicklungsphasen hinweg geboten werden. Existenzgründern stehen eine Vielzahl unterschiedlichster Beratungskapazitäten zur Verfügung, die von Fragen der Finanzierung, des Unternehmens-, Steuer- und Arbeitsrechts bis zur Marktanalyse reichen. Staatliche und private Beratung und Förderung stehen oft unkoordiniert nebeneinander. Eine Bündelung des für den Gründer notwendigen Know-hows findet zu selten statt. Ferner wird er oft nach der Startphase und Anfangsfinanzierung allein gelassen. Zahlreiche Existenzgründungen scheitern auch deshalb bereits nach kurzer Zeit. Gründer- und Technologiezentren bieten eine Möglichkeit, ein stabiles Umfeld für die Gründungs- und erste Wachstumsphase zu organisieren, so daß damit die ersten kritischen Jahre überstanden werden können. Allerdings sind viele Zentren bislang noch stark durch ein sehr standardisiertes Angebot geprägt. Zwar können dadurch Hilfestellungen im Bereich der Infrastruktur und einiger Serviceleistungen erfolgen, aber der entscheidende Impulse auslösende Faktor wird oft verfehlt. Durch räumliche Konzentration zahlreicher junger und innovativer Unternehmen müssen austauschintensive Netzwerke (innovative Milieus") entstehen, die wiederum die besten Talente anziehen. Dieses setzt vor allem eine enge Verknüpfung mit den regionalen Wissen- und Kompetenzzentren (Inkubatorfunktion) voraus. Gründerzentren können erfolgreich wirken, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Nur in den seltensten Fällen werden Gründerzentren diese Voraussetzungen erfüllen, wenn sie von den kommunalen Verwaltungen dominiert werden. Anzustreben ist daher eine qualifizierte Beteiligung von Unternehmen und Finanzinstituten, die auch vermehrt Wagniskapital bereitstellen. 3.3. Optionen zur Eigenmittel-Finanzierung sicherstellenWesentliche finanzielle Triebkraft der Gründungsbewegung war für Start-Ups der New Economy" das Vorhandensein von Wagniskapital (Venture Capital). Weit mehr als 20 Mrd. DM privates Kapital suchen Anlagemöglichkeiten von der frühesten Phase (Seed), über Early Stage bis zur Vorbereitung des Börsengangs (Pre-IPO) und den Börsengang (IPO) selbst. Der Neue Markt wird trotz der derzeitigen Schwäche seine Bedeutung zur Finanzierung von jungen Unternehmen der new economy" behalten. Eine staatliche Förderung dieses Bereichs ist nicht erforderlich und wäre kontraproduktiv. Corporate Governance im Sinne hoher Transparenz nach außen und einer funktionierenden internen Kontrolle liegen im Interesse der Investoren und der jungen Unternehmen. Die gesetzlichen Regelungen hierzu sollten auf Klarheit und Eindeutigkeit überprüft werden, z.B. die Rolle des Aufsichstrats in der AG und die Veröffentlichungspflichten. Für Existenzgründer in der old economy" (Gewerbe und Handwerk; Dienstleistungen und Handel), die keinen Zugang zu Wagniskapital haben und über kein eigenes oder Familienvermögen verfügen, sind die bestehenden Fördersysteme für eine befristete Eigenkapitalhilfe sinnvoll. Hierbei muß nach dem Grundsatz Hilfe zur Selbsthilfe" verfahren werden. 3.4. Steuerliche Vorschriften für mehr Chancengleichheit differenzierenDie Steuergesetzgebung in Deutschland gibt auch nach der Steuerreform noch zuwenig Anreiz zu Leistung und unternehmerischer Initiative. Sie ist zu kompliziert. Die Diskussion zur und das Ergebnis der Steuerreform haben sich vorrangig an den Potentialen und Gegebenheiten etablierter Unternehmen orientiert. Die Steuerpolitik muss verstärkt den Bedürfnissen und Besonderheiten von Unternehmen, die sich in ihrer Startphase befinden, Rechnung tragen. Aufgrund ihrer beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten besteht für Existenzgründer, junge und mittelständische Unternehmen gegenüber Großunternehmen, die ihren Mitarbeitern eine bessere soziale Absicherung bieten können, nicht zuletzt auch am Arbeitsmarkt keine Chancengleichheit. Aktienoptionsmodelle sind deshalb innerhalb der Neuen Ökonomie die verbreitetste Antwort, um sowohl auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben als auch die unternehmerische Initiative der Mitarbeiter zu fördern. Wie bei Betriebsrenten erfolgt auch hier die Besteuerung nachgelagert, also im Falle eines erfolgreichen Börsengangs dann, wenn die Mitarbeiter die Optionen ausüben. Was auf den ersten Blick gerecht, weil gleich, aussieht, führt in Praxis zu einer Diskriminierung der jungen Firmen. Um die steuerlichen Rahmenbedingungen für Existenzgründer und junge Unternehmen zu verbessern, sehen wir die folgenden Ansatzpunkte:
3.5. Bürokratische Hemmnisse abbauenDie sich aus der Vielzahl und Komplexität von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien ergebenden bürokratischen Hemmnisse in Deutschland schränken den wirtschaftlichen Handlungsspielraum, die Flexibilität und internationale Wettbewerbsfähigkeit etablierter Unternehmen einFür Existenzgründer und junge Unternehmen bedeuten sie häufig nicht zu überwindende Eintrittsbarrieren. Insofern fordert der Managerkreis keine Sonderregelung für junge Unternehmen, sondern hält eine grundsätzliche Entrümpelung" und Vereinfachung mit dem Ziel einer Liberalisierung von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien für angezeigt. Dies gilt insbesondere, aber nicht ausschließlich für:
3.6. Verbands- und Kammerwesen liberalisierenDas Verbands- und Kammerwesen ist in seiner heutigen Form nicht auf die Unterstützung junger Unternehmen ausgerichtet; Das Angebot ist weder flächendeckend noch ausreichend sichergestellt. Existenzgründer und junge Unternehmen haben keinen Einfluß in den Verbänden und sehen im übrigen in ihnen auch nicht ihre bevorzugte Interessenvertretungen. In folgenden Feldern sehen wir die Notwendigkeit zu Veränderungen und zur Liberalisierung:
Der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung ist davon überzeugt, daß die Innovationskraft unserer Gesellschaft letztlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit, das wirtschaftliche Wachstum und den Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland bestimmen wird. Um die Attraktivität des Standorts Deutschland nachhaltig zu stärken und um den Herausforderungen einer globalen Wirtschaft erfolgreich gerecht zu werden, ist die Qualifizierung der Arbeitskräfte durch Bildung und Ausbildung eine notwendige Voraussetzung, hinreichend ist sie jedoch nicht. Politik und Staat stehen gleichfalls in der Verantwortung Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Gründung von Unternehmen erleichtern. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001 |