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TEILDOKUMENT:




6. Interkommunale Trägermodelle

Viele Kultureinrichtungen bestünden schon heute nicht mehr, hätten sich nicht mehrere Kommunen mittels einer geeigneten Rechtsform zum Zwecke ihrer gemeinsamen Finanzierung und Nutzung zusammengeschlossen. Verein und Zweckverband sind hierfür die geeigneten Rechtsformen, zwischen denen gewählt werden sollte. Denkbar wäre auch die Gründung einer GmbH – sofern kommunalrechtlich gestattet und hinsichtlich der Möglichkeiten der Wirtschaftsführung ohne Alternative. Will ein Land Mitglied einer ansonsten kommunalen Trägergemeinschaft werden, eignen sich (g)GmbH, Verein, privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Stiftung. Zur öffentlich-rechtlichen Stiftung verweisen wir auf Kapitel 4.2.

Als Beispiele interkommunaler Zusammenschlüsse stellen wir hier den Zweckverband vor.

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6.1 Der Zweckverband. Fallbeispiel: Nordharzer Städtebundtheater

Die Bildung eines Zweckverbandes wird durch ein großes Maß an Homogenität der Mitglieder, ihrer Interessen und der Zielsetzungen wesentlich gefördert. So nimmt es nicht Wunder, daß gemeinsame Trägerschaften in dieser Rechtsform am ehesten dort entstehen, wo eine Kulturlandschaft und ein bestimmtes kulturelles Angebot gut aufeinander abstimmbar sind. Dies trifft für das Nordharzer Städtebundtheater in Sachsen-Anhalt zu, das aus der Fusion der ehemals selbständig produzierenden Theaterstandorte Halberstadt, Quedlinburg und Ballenstedt hervorgegangen ist. Das Städtebundtheater unterhält fünf eigene Spielstätten, je zwei in Halberstadt und Quedlinburg und eine in Ballenstedt. Zusätzlich werden – durch eine geschickte Einteilung der Urlaube in den „Theaterferien" – auch die Freilichtbühnen in Altenbrak und Thale bespielt, die sich wachsender Beliebtheit bei den Touristen erfreuen. Ohne den Städtebund und die Einbeziehung der Sommerbühnen gehörte eigenständige (nennenswerte) Theaterproduktion im Ostharz heute wohl der Vergangenheit an. Durch ein den Zuschauerschichten angemessenes Programm, eine offensive Preisgestaltung (mit erfolgreicher Einführung einer „BühnenCard") können sich Besucherzahlen und Einspielergebnis des Städtebund-Theaters sehen lassen. Da wir auf das Spezialthema der Steuerung von Theatern hier nicht näher eingehen können, sei Interessenten die Verwaltung des Städtebundtheaters wärmstens als Vorbild empfohlen. Nur selten treffen wir in den alten und neuen Ländern eine vergleichbare Kostentransparenz, Eigensteuerungs-Kompetenz und ein ähnlich effektives Binnen-Controlling an. Dieser Sachverhalt und eine gegenüber uns bekannten anderen Beispielen umsichtige und den Verhältnissen gerecht werdende Zweckverbandskonstruktion tragen wesentlich dazu bei, daß sich hier ein stabiler, weitgehend konfliktfreier Trägerverbund entwickelt hat. Anders als in vielen (auch hier zitierten) Satzungen und Gesellschaftsverträgen ist beim Nordharzer Städtebund die „Betriebsführung" bewußt auf mehrere Schultern verteilt, im hier nicht geschilderten Innenverhältnis noch viel deutlicher. Künstlerische Entscheidung und verantwortliche Steuerung der Zeit- und Kostenbudgets werden eigentlich erst dadurch ermöglicht.

Zwischenzeitlich hat es im Zweckverband einige Veränderungen gegeben. Während die Stadt Ballenstedt ausgetreten ist, schloß sich Bad Blankenburg dem Verband an. Durch jüngste Regelungsentwürfe für länderübergreifende Zweckverbände wird auch die Einbeziehung einer niedersächsischen Gebietskörperschaft, zu der enge Beziehungen bestehen, nicht ausgeschlossen.

Interessant an der nachfolgend abgedruckten Zweckverbandssatzung des Städtebundtheaters ist auch die Option, neben anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften auch natürliche und juristische Personen des privaten Rechts einbeziehen zu können. Dies eröffnet einen Vielzahl denkbarer Kooperationsmöglichkeiten, auch im Rahmen der fördernden Mitgliedschaft und ist eine interessante Perspektive für mögliche Landesbühnenkonstruktionen, die neben produzierenden Standorten auch Abstecherspielstätten und ihre Träger verbindlich einbeziehen wollen. Solche Konstruktionen stehen freilich noch aus. Sie finden ihre Grenzen aber auch in der Bestimmung des in der Satzung zitierten „Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit" des Landes Sachsen-Anhalt (GKG-LSA vom 9. 10. 1992), dessen § 17 Abs. 2 zur Mitwirkung Dritter ergänzend ausführt, daß die kommunalen Gebietskörperschaften die Mehrheit der Mitglieder und der Stimmen in den Organen der Zweckverbände stellen müssen. Hieraus wird deutlich, wie sehr die Bereitschaft von Gebietskörperschaften zur Bildung von Zweckverbänden seit 1991 vom Vorhandensein entsprechender eigener gesetzlicher Regelungen der neuen Bundesländer abhing, zugleich aber die Eignung einer solchen Rechtsform zur Erreichung eines bestimmten Zweckes von den „Spielmöglichkeiten" abhängt, die die Kommunalverfassung und komplementären Gesetzeswerke den Kommunen hierbei (auch länderunterschiedlich) lassen.

6.1.1 Muster einer Zweckverbandssatzung

Nordharzer Städtebundtheater
Verbandsordnung
(in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 14. 4. 1994)

Aufgrund der §§ 17 ff. des Artikels 1 des Gesetzes zur Neuordnung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit und zur Anpassung der Bauordnung (GKG-LSA) vom 9. 10. 1992 (GVBL. LSA Nr. 42/1992) in der jeweils geltenden Fassung hat die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Nordharzer Städtebundtheater in seiner Sitzung am 21. 4. 1994 die folgende Verbandsordnung beschlossen:

I. Allgemeine Vorschriften:

§ 1 Rechtsstellung

(1) Geleitet von der Verantwortung für ein reiches und angemessenes Kulturleben in der Region und in Anbetracht der Tradition niveauvoller Theater- und Konzertarbeit im Vorharzgebiet wird zur Sammlung und Stärkung aller vorhandenen Kräfte ein auf gemeinnütziger Grundlage aufgebauter Zweckverband gegründet.

(2) Der Zweckverband führt den Namen „Nordharzer Städtebundtheater".

(3) Der Zweckverband unterhält das Musiktheater und das Orchester Halberstadt und das Schauspieltheater Quedlinburg. Das Orchester gehört der Vergütungsgruppe D an.

(4) Das Städtebundtheater hat seinen Sitz in Halberstadt und Quedlinburg.

§ 2 Verbandsmitglieder

(1) Verbandsmitglieder sind:

  1. der Landkreis Halberstadt
  2. der Landkreis Quedlinburg
  3. die Stadt Halberstadt
  4. die Stadt Quedlinburg
  5. die Stadt Ballenstedt.

(2) Die Verbandsmitglieder stellen dem Zweckverband ihre funktionsfähigen Spielstätten mit allen dazugehörenden Nebengebäuden, technischen Einrichtungen, künstlerischen Voraussetzungen und betrieblichen Gegebenheiten kostenlos zur Verfügung. Die Verbandsmitglieder, die dem Verbund eine funktionsfähige Spielstätte zur Verfügung stellen, können über diese, in Zeiten, in denen keine Theatertätigkeit stattfindet, frei verfügen. Es ist jedoch zu unterlassen, wenn dieses den Interessen des Zweckverbandes zuwiderläuft.

(3) Beabsichtigt ein Verbandsmitglied, diese Stätte anderweitig zu vermieten bzw. zu verpachten oder zu veräußern, so ist dies nur mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende der Spielzeit möglich.

(4) Andere Gemeinden oder Landkreise im Harzer Raum können als weitere Verbandsmitglieder aufgenommen werden.

§ 3 Fördernde Mitglieder

Neben den ordentlichen Verbandsmitgliedern (§ 2) können auch Gemeinden, Landkreise und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts im Harzer Raum sowie natürliche und juristische Personen [des privaten Rechts, d.V.] als förderndes Mitglied des Zweckverbandes aufgenommen werden.

§ 4 Räumlicher Wirkungsbereich

Der räumliche Wirkungsbereich des Zweckverbandes umfaßt, unbeschadet einer nach den Verbandsbeschlüssen zulässigen theatermäßigen Bespielung anderer Städte, die Gebiete der Verbandsmitglieder.

§ 5 Aufsichtsbehörde

Aufsichtsbehörde ist das Regierungspräsidium Magdeburg.

§ 6 Aufgaben

(1) Aufgabe des Zweckverbandes ist die Pflege von Kunst und Kultur durch die Veranstaltung künstlerisch vollgültiger Theateraufführungen, von Konzerten, literarischen Abenden, Matineen usw. Gepflegt werden die Kunstgattungen Oper, Operette/Musical, Schauspiel, Bühnentanz, Konzert.

(2) Dem Kinder- und Jugendspielplan sowie der Zusammenarbeit mit den Schulen kommt ein besonderes Gewicht zu.

(3) Der Spiel- und Konzertplan gilt gemeinsam für die Verbandsmitglieder.

(4) Der Zweckverband erfüllt die ihm obliegenden kulturellen und künstlerischen Aufgaben ohne Gewinnabsicht. Er dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts. Ein etwa erzielter Überschuß ist zur Verbesserung des künstlerischen Niveaus und der technischen Einrichtung des Zweckverbandes zu verwenden.

(5) Etwaige Gewinne dürfen nur im satzungsmäßigen Sinne verwandt werden. Die Verbandsmitglieder erhalten keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Rechtsträger auch keine sonstigen Zuwendungen aus den Mitteln des Zweckverbandes.

(6) Die Rechtsträger erhalten bei Auflösung des Zweckverbandes nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurück.

(7) Es darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die den Zwecken des Verbundes fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.

II. Verfassung und Verwaltung:

§ 7 Verbandsorgane

Die Organe des Zweckverbandes sind:

1. die Verbandsversammlung

2. der Verbandsvorsitzende.

§ 8 Verbandsversammlung

(1) Die Verbandsversammlung ist das Beschlußorgan des Zweckverbandes.

(2) Die Verbandsversammlung besteht aus je drei Vertretern der Verbandsmitglieder. Die Vertretungen der kommunalen Gebietskörperschaften bestimmen die Vertreter gem. §§ 22, 23 GKG.

(3) Die Verbandsmitglieder haben jeweils eine Stimme, die sie nur einheitlich abgeben können.

(4) Mitglieder des Theaters dürfen nicht Mitglied der Verbandsversammlung sein.

(5) Der Intendant und der Verwaltungsdirektor nehmen an den Sitzungen der Verbandsversammlung mit beratender Stimme teil.

(6) Der Vertreter der Aufsichtsbehörde hat das Recht, an den Sitzungen der Verbandsversammlung teilzunehmen.

(7) Die Verbandsversammlung wird von ihrem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen; sie muß jährlich mindestens einmal oder auf Antrag eines Drittels der Mitglieder zusammentreten. Die Ladungsfrist beträgt eine Woche.

(8) Die Verbandsversammlung wählt aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter (§ 10 Abs. 1).

§ 9 Aufgaben der Verbandsversammlung

Die Verbandsversammlung beschließt über alle Angelegenheiten des Zweckverbandes, soweit sie nicht durch die Satzung dem Vorsitzenden übertragen sind, insbesondere über

  1. die Änderung der Satzung;
  2. den Erlaß einer Geschäftsordnung;
  3. den Erlaß einer Dienstanweisung für den Intendanten und den Verwaltungsdirektor;
  4. die Festsetzung des Haushalts- und Stellenplanes, den Erlaß der Haushaltssatzung einschließlich Festsetzung der Verbandsumlage, die Feststellung des Jahresergebnisses und die Entlastung des Verwaltungsdirektors;
  5. die Aufnahme von Darlehen, die Übernahme von Bürgschaften und die Bestellung anderer Sicherheiten;
  6. den Erwerb von Grundstücken, die Verfügung über Grundstücke sowie die Eingehung einer Verpflichtung zu Geschäften dieser Art;
  7. den Verzicht auf Ansprüche, soweit sie den Betrag von 1.000 DM übersteigen, insbesondere über
  8. Überschreitungen des Gesamthaushaltes, sofern sie Folgen für die Finanzanteile der Mitglieder haben;
  9. die Vergabe von Aufträgen, soweit sie den Betrag von 200.000 DM übersteigen;
  10. die Einstellung, Eingruppierung und Entlassung des Intendanten und des Verwaltungsdirektors und bestätigt die entsprechenden Vorschläge des Intendanten für die übrigen Mitglieder der Theaterleitung;
  11. den Spielplan, der durch den Intendanten erarbeitet wird;
  12. den Rechenschaftsbericht des Intendanten, den Jahresspielplan sowie die Zahl der Vorstellungen in den einzelnen Spielstätten;
  13. die Auflösung des Zweckverbandes;
  14. die einstimmig zu beschließende Berechnungsgrundlage der Verbandsumlage.

§ 10 Der Verbandsvorsitzende und seine Aufgaben

(1) Der Verbandsvorsitzende ist aus dem Kreis der Hauptverwaltungsbeamten der Verbandsmitglieder zu wählen und ist für jeweils 2 Jahre ehrenamtlich tätig. Bis zum Amtsantritt des neu gewählten Vorsitzenden führt er die Geschäfte weiter.

(2) Der Verbandsvorsitzende vertritt den Zweckverband gerichtlich und außergerichtlich.

(3) Der Verbandsvorsitzende bereitet die Sitzungen der Verbandsversammlung vor und führt deren Beschlüsse aus. Er kann Dritte mit der Wahrnehmung einzelner Aufgaben beauftragen. Er delegiert die ihm obliegenden Aufgaben regelmäßig an den Intendanten bzw. den Verwaltungsdirektor. Der Verbandsvorsitzende ist berechtigt, Untervollmachten für die Vertretung des Zweckverbandes zu erteilen. Näheres regeln die Dienstanweisungen.

§ 11 Theaterleitung

(1) Die Theaterleitung besteht aus dem Intendanten, dem Verwaltungsdirektor und den Leitern der Bereiche Schauspiel, Musiktheater, Orchester/Konzertwesen, Ausstattung, Technik, Dramaturgie.

(2) Der Theaterleitung obliegt die Durchführung der Geschäfte des Theaters im Rahmen der Beschlüsse und Richtlinien der Verbandsversammlung und soweit zuvor eine Aufgabenübertragung im Sinne des § 10 Abs. 3 stattgefunden hat.

III. Wirtschaftsführung, Aufbringung der Mittel, Betriebsgebäude und -anlagen

§ 12 Mitgliedschaft in Verbänden

(1) Der Zweckverband wird Mitglied des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt. Er versichert dort neu eintretende Arbeitnehmer.

(2) Der Zweckverband wird mit dem Tage seiner Gründung Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und des Deutschen Bühnenvereins. Er unterliegt den entsprechenden Tarifverträgen.

(3) Mit dem Tage seiner Gründung tritt der Zweckverband dem Gemeindeunfallversicherungsverband Sachsen-Anhalt bei.

§ 13 Haushaltsjahr, Kassengeschäfte, Haushaltsplan und Rechnungslegung

(1) Das Haushaltsjahr des Zweckverbandes ist das Kalenderjahr.

(2) Für die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes, für die Rechnungslegung, die Durchführung der Kassengeschäfte sowie die Erledigung der Prüfungsaufgaben gelten die Bestimmungen der Gemeindeordnung (GO), der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) und der Gemeindekassenverordnung (GemKVO) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(3) Der Rechnungshof des Landes Sachsen-Anhalt und die Rechnungsprüfungsämter der Verbandsmitglieder bzw. der Prüfverband öffentlicher Kassen (§ 17 Abs. 3) sind allein berechtigt, die Geschäftsführung des Zweckverbandes zu prüfen.

§ 14 Haushaltssatzung

Der Entwurf der Haushaltssatzung für das Folgejahr ist den Verbandsmitgliedern spätestens einen Monat vor dem Ablauf eines Kalenderjahres vom Verbandsvorsitzenden vorzulegen.

§ 15 Haushaltsplan

(1) Der Verwaltungsdirektor stellt den Entwurf der Haushaltssatzung mit dem Haushaltsplan für das bevorstehende Haushaltsjahr rechtzeitig, spätestens bis 30. 9., auf.

(2) Sind Haushaltsüberschreitungen zu befürchten, hat der Verwaltungsdirektor den Vorsitzenden sofort zu informieren.

§ 16 Deckung des Finanzbedarfs

(1) Regelmäßige Einnahmen des Zweckverbandes sind:

  1. Umlagen,
  2. das Eintrittsgeld, soweit der Zweckverband eigene Aufführungen durchführt,
  3. Zuschüsse des Landes Sachsen-Anhalt, des Bundes und sonstiger öffentlicher Stellen,
  4. sonstige Zuwendungen.

(2) Die in der Haushaltssatzung festgesetzte Verbandsumlage ist in vier gleichen Teilen zu Beginn eines jeden Vierteljahres fällig.

(3) Ist zu Beginn eines Haushaltsjahres die Haushaltssatzung noch nicht bekanntgemacht, so ist der Zweckverbandskasse nach der für das Vorjahr festgesetzten Verbandsumlage vierteljährlich ein Vorschuß zu überweisen. Der Vorschuß ist auf die für das neue Rechnungsjahr festzusetzende Verbandsumlage anzurechnen.

§ 17 Prüfung

(1) Die Jahresrechnung ist vom Verwaltungsdirektor innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Haushaltsjahres aufzustellen.

(2) Die Rechnungsprüfungsämter der Landkreise Halberstadt und Quedlinburg überprüfen die Jahresrechnung des Zweckverbandes.

(3) Der Verbandsvorsitzende stellt die Vollständigkeit und Richtigkeit der Jahresrechnung fest und legt sie mit dem Schlußbericht der Rechnungsprüfungsämter und seiner Stellungnahme zu diesem Bericht der Verbandsversammlung vor.

(4) Die Verbandsversammlung beschließt über die Jahresrechnung bis spätestens 31.12. des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres. Im übrigen gelten die Fristen des § 108 der Gemeindeordnung entsprechend.

IV. Austritt aus dem Zweckverband, Auflösung des Zweckverbandes

§ 18 Austritt aus dem Zweckverband

(1) Jedes Verbandsmitglied kann durch ordentliche Kündigung aus dem Zweckverband austreten, wenn die Verbandsversammlung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenzahl zustimmt. Der Austritt bedarf einer Änderung der Verbandssatzung. Der Austritt ist nur möglich mit der Frist von einem Jahr zum Ende der Spielzeit.

(2) Ein Verbandsmitglied kann überdies aus wichtigem Grunde seine Mitgliedschaft kündigen (außerordentliche Kündigung). In diesem Fall hat die Verbandsversammlung innerhalb von 6 Monaten darüber zu beschließen, ob sie den Zweckverband fortsetzen, ändern oder auflösen will.

(3) Scheidet ein Verbandsmitglied aus dem Zweckverband aus, ohne daß dadurch der Zweckverband aufgelöst wird, so wird es mit dem Beitrag abgefunden, den es bei der Auflösung erhalten würde, wenn der Zweckverband zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aufgelöst werden würde. Es hat das Recht, die auf seinem Gebiet gelegenen Gegenstände des Anlagevermögens unter Anrechnung auf seinen Abfindungsanspruch zum geschätzten Zeitwert zu übernehmen. Der Abfindungsanspruch wird ein Jahr nach dem Ausscheiden, spätestens im Fall der Auflösung des Zweckverbandes fällig. Die Beteiligten können für die Berechnung und Fälligkeit des Abfindungsanspruches eine abweichende Regelung vereinbaren.

(4) Für den Fall, daß das ausscheidende Verbandsmitglied dem Verband eine funktionsfähige Spielstätte zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt hat, entfällt mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Verband diese Verpflichtung.

§ 19 Ausschluß und Auflösung

(1) Der Ausschluß von Verbandsmitgliedern bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenzahl in der Verbandsversammlung. Er ist nur aus wichtigen Gründen möglich. § 18 Abs. 4 gilt sinngemäß.

(2) Die Auflösung des Zweckverbandes bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenzahl in der Verbandsversammlung und der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Auflösung ist wie diese Verbandssatzung bekanntzumachen.

(3) Findet eine Abwicklung statt, so haben die Verbandsmitglieder das Recht, die auf ihrem Gebiet gelegenen Gegenstände des Anlagevermögens zum geschätzten Zeitwert zu übernehmen. Im übrigen ist das Vermögen nach Befriedigung der Gläubiger an die umlagepflichtigen Verbandsmitglieder unter Anrechnung der übernommenen Gegenstände entsprechend ihrem Anteil an der Umlage zu verteilen. Soweit die Zuteilung die Investitionsumlagebeträge übersteigt, darf sie nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden.

V. Schlußbestimmungen

§ 20 Anzuwendende Vorschriften

Soweit nicht das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit oder diese Verbandssatzung etwas anderes vorschreiben, sind auf den Zweckverband die für die Gemeinden geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

§ 21 Änderung der Verbandssatzung

(1) Die Änderung der Verbandsaufgabe bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln, sonstige Änderungen der Verbandssatzung der einfachen Mehrheit der satzungsmäßigen Stimmenzahl in der Verbandsversammlung, soweit nicht gemäß dieser Satzung abweichende Mehrheitsverhältnisse erforderlich sind.

(2) Änderungen der Verbandssatzung sind der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Dabei bedürfen einer Genehmigung solche Änderungen, die den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt der Verbandssatzung betreffen.

§ 22 Bekanntmachung

(1) Die Satzungen und Verordnungen des Zweckverbandes werden im Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt bekanntgemacht. Die Verbandsmitglieder weisen in der für die Bekanntmachung ihrer Satzung vorgesehenen Form auf diese Bekanntmachung hin. Die Satzungen und Verordnungen können in der Geschäftsstelle des Zweckverbandes eingesehen werden.

(2) Sonstige öffentliche Bekanntmachungen des Zweckverbandes sind ortsüblicherweise vorzunehmen.

§ 23 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am Tage nach der Bekanntgabe im Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt treten die bisherigen Regelungen außer Kraft.

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6.2 Wer die Wahl hat...

hat die Qual. Selten hat sich ein gesamtdeutsches Sprichwort so bewährt wie in den Rechtsformdebatten um die Zukunft kultureller Einrichtungen. Viele Qualen und Enttäuschungen könnten vermieden oder gelindert werden, beherzigte man zuvor all jene Fragen und Aspekte, die wir im Kapitel 2, insbesondere in 2.3 (Prüfsteine) und 5.1 behandelt haben.

Die obigen Fallbeispiele zeigen, daß jede Rechtsform so ausgestaltet werden kann, daß die Praxis die mit der Gründung eines solches Unternehmen ursprünglich verknüpften Ziele binnen kürzester Frist ad absurdum führt. Umgekehrt gibt es unzählige Spielarten bei der Ausgestaltung der verschiedenen Rechtsformen, die deshalb eine Auswahl fast beliebig erscheinen lassen. In der Tat kann jede Rechtsform unabhängig von ihrer tatsächlichen Eignung gut oder schlecht ausgestaltet werden. Unsere Erfahrung ist, daß bei einer gut vorbereiteten und präzisierten „unternehmerischen Entscheidung" einer Gebietskörperschaft und bei hinreichender juristischer Kompetenz und Flexibilität in einer Verwaltung die „Trefferquote" für die einer Aufgabe oder Zielsetzung angemessene Rechtsform spürbar steigt. Der Klarheit über die Ziele muß eine kompetente Beantwortung der Frage nach dem sinnvollen Aufwand zu ihrer Erreichung folgen. Das kann freilich nur dort gelingen, wo eine gewisse Vertrautheit mit unterschiedlichen Rechts- und Betriebsformen nachweisbar ist oder entsprechende externe Beratung gezielt hinzugezogen wird. Über die große Flexibilität, die das Vereinsrecht jenseits der abfällig zitierten „Kaninchenzüchter-Gesellschaften" ermöglicht, bestehen nach unserem Eindruck erhebliche Kenntnislücken. Dies gilt zugleich für die Besonderheiten der steuerlichen Veranlagung von Vereinen. Hier wie auch bei der Wahl anderer Rechtsformen gibt es einen ausgeprägten Hang zur Kopie irgendwelcher uralter Mustersatzungen und Vorbilder. Deren Zielsetzung und Rahmenbedingungen sind meist völlig anders beschaffen, die Vorlage also zur Übernahme ohne die nötige Kreativität untauglich.

Auffallend ist auch, daß Kommunen ihre Rechtsform-Experimente gelegentlich ohne ausreichende Konsultation der einschlägigen Rechtsvorschriften (insbesondere der Kommunalverfassung und der Haushaltsordnung) und der Kommunalaufsicht vornehmen. So scheitern immer wieder weit gediehene, mühevolle Umwandlungsprozesse in letzter Minute am Einspruch der staatlichen Kommunalaufsicht.

Jenseits kommunaler Leichtsinnigkeiten und unbedachter Freistilübungen schafft die „Kameralistik" spezifische Probleme, die selbst für geeignet empfundenen Betriebsformen ein erfolgreiches Wirken verwehrt oder erschwert. Hierbei reicht die Spanne von tatsächlichen Bewirtschaftungsvorschriften durch die kommunalen oder staatlichen Haushaltsordnungen bis hin zu rigorosen Interpretationen durch Aufsichtsbehörden oder die Kämmereien der Kommunen selbst. Zahlreiche Kommunen lassen ihren „nachgeordneten" Kultureinrichtungen nahezu keine Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit, obwohl dies durch Einverständnis der Kommunalaufsicht oder teilweise durch „Experimentierklauseln" in der Gemeinde- oder Landkreisordnung abgesichert wäre. Das in Kapitel 5.4.1 skizzierte Beispiel der GmbH, die keine sein darf, steht hierfür ebenso wie der in Kapitel 5.2 geschilderte Umgang einer Stadt mit ihren Regiebetrieben.

Der von uns lobend hervorgehobene Zweckverband für das Nordharzer Städtebundtheater hat es in dieser Hinsicht ebenfalls nicht leicht – genauer gesagt, sein Verwaltungsdirektor. Dessen ausgetüfteltes und hoch wirksames Steuerungs- und Controllingsystem ist zwar ungemein erfolgreich, eigentlich – oder tatsächlich – aber in vieler Hinsicht rechtswidrig. Denn wie z. B. paßt eine wirksame Kosteneindämmung durch ein geschicktes Prämiensystem zum öffentlichen Haushaltsrecht? Bis vor kurzem mußte der auch vom Land geförderte Zweckverband seinen Haushalt in zwei Systematiken zur Antragstellung und zum Nachweis bzw. zur Genehmigung vorlegen. Findige und seriöse Verwaltungsreformatoren, die dem Gebot der sparsamen und effizienten Haushaltsführung alle Ehre machen, werden somit stets abgestraft, es sei denn, eine einsichtige Kommunalaufsicht duldet das Experiment großherzig. Wenn aber bei der Reform kommunalrechtlicher Vorgaben nicht bald mehr Flexibilität für unkonventionelle Betriebe gefunden wird, zweifeln wir am Erfolg mancher „Modelle".

Ein weiteres Moment der Verselbständigung kommunaler (Kultur)Betriebe muß von den Entscheidungsgremien selbst bedacht und gelöst werden: Der zeitliche und personelle Aufwand, insbesondere in den Aufsichts- und Entscheidungsgremien. In Kommunen jeder Größenordnung können sich Rats- und Verwaltungsmitglieder in kürzester Frist mit Funktionen und Terminen wirkungsvoll selbst blockieren. Der Drang in die Werksausschüsse, Aufsichtsräte, Vorstände und Beiräte ist unbändig und oft bar jeder Notwendigkeit und Vernunft. Nicht tatsächliche Controlling-Notwendigkeiten sind hier meist ausschlaggebend, sondern Proporz und Eitelkeit. Nur wenige Räte folgen dem klugen Rat, sich in der Mitwirkung zu bescheiden und wenigen kompetenten Ratsmitgliedern Vertrauen mit auf den Weg zu geben. Ist der kommunale Einfluß beispielsweise in „Kooperationsgesellschaften" durch Satzungsbestimmungen gesichert, muß man nicht mehr massenhaft die Gremien eines Betriebes, dem man zugleich Flexibilität und Unabhängigkeit verschaffen will, mit Ratsmitgliedern füllen. Darin liegt ein auch von der KGSt mit Recht kritisiertes falsches Rollenverständnis politischer Gremien.

Die in den Kommunalverfassungen in Varianten eröffnete Möglichkeit der Beteiligung Dritter bzw. umgekehrt der Beteiligung der Kommune an Unternehmen Dritter sollten mehr als bisher in Erwägung gezogen werden. Die Beschränkungen, wie sie etwa die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt (bislang) bei der Bildung interkommunaler Eigengesellschaften vorgeben, sind in dieser Hinsicht fragwürdig. Wenn es um die Einbeziehung des Know-hows von Fachleuten und von freiwilligem Engagement geht, sind Modelle wie die Radebeuler Museumsstiftung (siehe Kapitel 4.3, 4.4) durchaus empfehlenswert. Dort wird außerdem versucht, Weinbauwirtschaft und Gastronomie in einer GmbH zusammenzufassen, die ebenfalls als „Kooperationsgesellschaft" fachkundige Einzelpersonen sowie privatrechtliche Körperschaften mit einbezieht. Diese GmbH soll dann einer kommunalen Holdinggesellschaft zugeschlagen werden, wodurch sich das o. g. Problem der Kontrolle durch einen gesonderten Aufsichtsrat einfach lösen ließe.

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6.3 Hilfe von außen?

Wohin der Ruf „Samiel Hilf!" führen kann, hat Carl Maria von Weber im seinerzeitigen Publikumsrenner „Freischütz" fiktional vorgeführt. Dennoch: Der Ruf nach den Gurus hat Zukunft, trotz aller Frustrationserlebnisse. Wenn es darum geht, Berater und Gutachter zu holen, sitzen die beiden Verfasser dieser Veröffentlichung im sprichwörtlichen Glashaus. Da aber jedermann die Wahl bleibt, ein solches Gebäude entweder mit Steinen zu bedienen oder den Versuch zu unternehmen, es als Treibhaus intelligenter und ehrlicher Lösungen zu nutzen, fassen wir den Mut zu einem kritischen Kommentar.

Die deutsche Einheit war und ist noch von einem unermeßlichen Gutachtenboom begleitet. Um ehrlich zu sein, auch wir schreiben Gutachten, doch mit wachsender Abneigung. Diese Abneigung wird verständlich, wenn man sich, was uns in Ost und West häufiger blüht, mit dem auseinandersetzt, was Gutachter empfehlen und Auftraggeber wollen bzw. aus Empfehlungen machen. In dieser Republik gibt es eine auffällige Deckungsgleichheit zwischen der Anzahl an Auftragserteilungen für Gutachten und der Anzahl kritischer bis abfälliger öffentlicher Äußerungen von Auftraggebern, Betroffenen und Berufskritikern zu Gutachten und über Gutachter. Könnten und würden sich Gutachter an der Auseinandersetzung offensiv beteiligen, gäbe es in diesem Disput erstaunliche Auftraggeberschelten. In der Analyse von Beratungs- und Gutachteraufträgen begegnen uns immer wieder dieselben Muster:

  • Ein (kommunaler) Auftraggeber wittert ein Problem oder kommt einem bekannten Problem nicht bei. Außerdem gibt es lähmende politische oder verwaltungsinterne Auseinandersetzungen oder öffentlichen Druck. Es hilft nichts: ein Gutachten muß her, das den Knoten durchschlägt. Gutachter steigen folglich meist dann ein, wenn es Konfliktlagen gibt. Sie bekommen dann einen begrenzten Untersuchungsauftrag, der sie oft hindert, den Gesamtkontext unabhängig zu bewerten. Offenbar gehört es umgekehrt zum gutachterlichen Ehrenkodex, immer Antworten und Szenarien zu wissen und niemals zuzugeben, daß es keine zufriedenstellende Lösung gibt bzw. Erwartungen übertrieben oder politische Parameter zu verändern sind. Objektivität wird in diesem Spiel nicht selten mit Autokastration verwechselt.

  • Gutachtenaufträge werden deshalb auch selten gründlich mit den künftigen Gutachtern diskutiert. Die Leistungsbeschreibung der Ausschreibung ist oft sehr subjektiv geprägt oder unvollständig. Über den Leistungskatalog, seinen Sinn oder Unsinn findet nur sehr selten eine Diskussion mit möglichen Auftragnehmern statt. Kritische Rückfragen gehören sich offensichtlich nicht, umgekehrt wollen sich Verantwortliche in den Kommunen nur ungern Blößen geben. Politische Vorgaben werden entweder nicht formuliert oder so eng gefaßt, daß Beratern kein kreativer Spielraum bleibt.

Wenn gutachterliche Beratungsleistungen unter solchen Voraussetzungen erbracht werden sollen, gibt es in der Regel zwei unterschiedliche Ergebnistypen:

  1. Gutachter empfehlen Einschnitte, Streichungen, Schließungen. Unternehmerische Entscheidungsszenarien also, von denen sich entscheidungsscheue Auftraggeber schleunigst distanzieren. Im besseren Fall kommen die Gutachter stellvertretend für Verwaltung und Politik mit der Buhmann-Rolle davon.

  2. Gutachter produzieren an den realen Gegebenheiten vorbei optimistische Szenarien, für deren Umsetzung – wenn es tatsächlich überhaupt einmal dazu kommt – sie aufgrund gut abgesicherter Formulierung niemals einstehen müssen.

Der Typ 2 scheint sich beiderseits der größeren Beliebtheit zu erfreuen. Daraus ist zu schließen, daß Auftraggeber und Auftragnehmer ihren guten Ruf am liebsten darin begründen, keine Schmerzen zu bereiten und folglich keine Verantwortung einzugehen. Das Ergebnis entspricht dem medizinischer Leistungsverweigerung: Der Patient stirbt, schnell oder schleichend. Schuld am Tod war niemand – plötzliches Herzversagen einer Kultureinrichtung.

Beispiel: Die Gemeinde X hat ein Kulturhaus. Zwar steht es seit der Wende fast immer leer, und das Personal wurde drastisch abgespeckt, da es nun aber mal da ist, soll es da bleiben und ihm wieder Leben eingehaucht werden. Ein Gutachter muß her. Der empfiehlt – wir haben es schon erwartet – die Gründung einer GmbH. Ob sie gemeinnützig sein kann oder soll oder nicht, dazu äußert er sich nicht. Hauptsache, der Betrieb entschlüpft der Kameralistik, ist „flexibel und handlungsfähig", begrenzt das unternehmerische Risiko (warum eigentlich, wenn das Konzept so gut ist?!) und führt zur Nutzung des Mehrwertsteuer-Vorabzuges bei Investitionsmaßnahmen.

Da in der Nachbarschaft direkt am Seeufer seit 1990 ein verlassenes Ferienobjekt von den Witterungseinflüssen zerlegt wird, kommt er auf den genialen Gedanken, dem morbiden Kulturhaus einen Hotelbetrieb zu verschreiben, Tagungen mit Übernachtungen, Messen, Ausstellungen, Verkaufsveranstaltungen, Fortbildungsveranstaltungen für Unternehmen, Parteien, Ministerien, Kammern usw.

Kurzum, der eindrucksvolle Katalog wird über zwei Seiten fortgesetzt und enthält von Gemeinderatssitzungen bis zu kulturellen Kinderveranstaltungen und dem Aufenthalt notleidender Künstler alles, was im kommerziellen Angebotsbereich und auch auf dem Felde der Gemeinnützigkeit in diesem Landes menschenerdenklich ist. Ziemlich dumm, wer mit diesem „Konzept" den Laden nicht schmeißt und sich eine so goldene Nase verdient, daß der kommunale Zuschuß bereits nach drei Jahren ausbleiben kann!

Der Investitions- und Finanzierungsplan ist ebenfalls geeignet, einen internationalen Feuerwerkswettbewerb an Know-how mit Abstand zu gewinnen: Zuschüsse vom Bund, aus Europa, von Land und Gemeinde sind selbstverständlich, klar auch, daß sämtliche Programme aus verschiedenen Fachressorts geschröpft werden sollen. AFG-Finanzierungen verstehen sich von selbst. Zum Glück gibt es da auch noch den Sonderkredit eines Geldinstitutes, das mutig auf Sicherheiten verzichten will. Wenn dann noch Lücken bleiben sollten, fordert man Geldspenden der Bevölkerung und von Unternehmen ein, führt Feste durch, läßt Gemeindearbeiter in den Dienstzeiten für die GmbH schwitzen und – so schlecht war der reale Sozialismus eben doch nicht: freiwillige Arbeitsleistungen der Bevölkerung und ansässiger Vereine sind gefragt!

Daß das Ergebnis einige Jahre nach diesem freundlichen Besuch und dem so klar nachvollziehbaren Gutachten noch immer auf sich warten läßt, hätten wir nicht gedacht. Wenn die Bediensteten der Gemeinde es eben nicht richtig anstellen, Unternehmen knauserig sind, die Bevölkerung den freiwilligen Arbeitsdienst verweigert, weil viele Menschen genötigt sind, sich zum Lebensunterhalt auf Arbeitssuche zu begeben, wenn sich das kulturelle Freizeitverhalten ggf. auf eine andere, kleinere Einrichtung verlagert, wenn der Kredit wegen zu geringer Erfolgsaussichten abgewiesen wird, da es im Landkreis bereits eine unterbelegte Tagungsstätte gibt, wenn...

Diese vielen „Wenns" beinhalten die entscheidenden Antworten, die nach unserem Verständnis ein Gutachten beantworten sollte, wenn es zu einer wirklich plausiblen Empfehlung kommen soll. Ohne gründliche Umfeldanalyse kommt eine örtlich austauschbare Gleichung aus lauter Variablen heraus, die niemals mit Zahlen gefüllt werden kann. Modellgleichungen der höheren Mathematik taugen nicht für die Niederungen politischen Handelns, wo eine konsequente Anwendung der Grundrechenarten oft erstaunliche Ergebnisse hervorbrächte.

Plausible Antworten kosten mehr Mühe, manchmal auch etwas mehr Geld. Sie entstehen nicht, wo Kettengutachten mit jeweils verändertem Lokalkolorit und starker fiktionaler Begabung von Gutachtern an der Tagesordnung sind. Gutachter haben hierbei eine „Holschuld", die für Auftraggeber oftmals in eine gehörige Kopfwäsche münden kann. Diese Bereitschaft von Auftraggebern, sich „Wahrheiten" anzuhören, ist oft nur sehr schwach ausgebildet. So entsteht ein Teufelskreis zwischen Auftraggebern und Gutachtern, der zwangsläufig zu Verhaltensmustern, Erwartungshaltungen und ihrer Befriedigung führt, die erfolgreiche Einbeziehung des Rates von außen kunstvoll zu verhindern.

Trotz allem ist es möglich und nötig, Beratung einzukaufen. Der hier geschilderte (keineswegs kolportierte) Fall mag ein wenig dazu beitragen, daß kommunale Auftraggeber oder privatrechtliche Einrichtungen zuvor kritisch darüber nachdenken, wo ihre Schlüsselprobleme liegen könnten und wie der Prozeß der Problemlösung durch Dritte begleitet werden könnte.

Positivere Beratungsergebnisse finden wir immer dort vor, wo Auftraggeber mit einer wenigstens begrenzten „Ergebnisoffenheit" und mit dem Bemühen um Dialogfähigkeit in einen Beratungsprozeß einsteigen. Wenn eine gutachterliche Äußerung Sinn haben soll, dann kommt es entscheidend auf das Zusammenwirken der Auftraggeber mit den Auftragnehmern in ihrem Entstehungsprozeß an. Gutachter werden durch künstliche Distanz zu den Auftraggebern nicht objektiver, das Ergebnis nicht besser. Das Gegenteil ist der Fall. Gutachter müssen sich nach unseren Erfahrungen auf den Gegenstand und die Menschen, die sich vor Ort mit ihm befassen, engagiert einlassen können. Distanz entsteht und bleibt aufgrund der zeitlichen Begrenztheit des Auftrages ohnehin.

Wird vertraglich ein Beratungsziel vereinbart, das neben gutachterlichen Äußerungen einen zielgerichteten Entscheidungsprozeß für beide Parteien beinhaltet (unter Einschluß einer Planungsmoderation durch den oder die Gutachter), kommt es zu erstaunlichen Ergebnissen und (leider viel zu seltener) Zufriedenheit auf beiden Seiten. In einem solchen Zusammenspiel gibt es beiderseits klare Leistungsparameter, die wechselseitig eingefordert werden können. Der Erfolg ist aber letztlich davon abhängig, ob eine Kommune oder Einrichtung ein Ergebnis im Sinne einer Entscheidung will und in der Lage ist, diesen Weg durchzuhalten. Wir kennen durchaus Fälle, in denen zerstrittene Verwaltungen und Ratsgremien mit einem solchen Planungsmodell über disziplinierte und kompetente Diskussionen zu breit akzeptierten Lösungen gekommen sind.

„Planungsfähigkeit" setzt, wie hieraus deutlich wird, den Abschied von manchen kommunalpolitischen „Hahnenkampf"-Mustern und der Vorliebe zur Problemverdrängung durch Verschiebung (in die Zukunft oder eine andere Rechtsform) voraus. Eine Kommune, die Beratung wirklich will und die Voraussetzungen dafür erfüllt, wird auch gute Erfahrungen damit machen. Sie wird aus Gutachtersicht „beratungsfähiger". In einem solchen Kontext und jenseits beiderseitiger Scheinheiligkeit gewinnt der unternehmensseitig strapazierte Begriff der „Beratungsethik" vielleicht Sinn.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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