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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 21] Teil II:
1. Konzeptionelle Ansätze für eine Reform der Lomé-Kooperation Reformvorschläge sollten grundsätzlich unter der Voraussetzung gemacht werden, daß über Entwicklungskooperation Entwicklung nicht zu erreichen ist. Kooperation kann einen positiven, aber auch einen negativen Beitrag leisten. Es geht bei den Reformvorschlägen vor allem darum, die Negativeinflüsse zu reduzieren und die Instrumente und aktive Umsetzung der Entwicklungszusammenarbeit möglichst so zu reformieren, daß die durchzuführenden Reformen ihre positive Kraft entfalten können. Natürlich sollte die Diskussion um die deutsche Lomé-Politik berücksichtigen, daß Deutschland a) nicht alleine agiert, b) eingebunden ist in eine europäische Partnerpolitik und c) besondere Rücksichten auf Frankreich im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft nehmen muß. Da Deutschland aber nur marginale AKP-Interessen hat, die nur in wenigen Bereichen mit den französischen Interessen in Konflikt kommen können, erweitert sich der Spielraum für eine europäische Option der deutschen Seite. Die Erfahrungen der Schwellenländer machen deutlich, daß Entwicklungskooperation die eigenen Anstrengungen nicht ersetzen kann. Dies ist eine der Lehren der erfolgreichen Industrialisierung einiger Länder Asiens. Aus der Marginalisierung der AKP-Staaten in der Weltwirtschaft werden die AKP-Länder nur durch eigene Anstrengungen herausfinden können. In den Lomé-Verhandlungen setzten die AKP-Staaten auf höhere Hilfeleistungen und zusätzliche Präferenzen. Dies kann nicht der Weg sein. Meine Vorschläge für eine Reform des Lomé-Abkommens zielen darauf ab, die endogenen Wirtschafts- und Entscheidungspotentiale zu stärken. Die Kooperation von zwei sehr unterschiedlichen Partnergruppen sollte m.E. dazu beitragen, Entwicklungskooperation schließlich selbst abzuschaffen, so daß möglichst schnell gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten können. Maßnahmen, die diesem Ziel entgegenstehen, sollten daher reformiert werden bzw. abgeschafft werden. Maßnahmen, die dieser Reformperspektive entsprechen, sollten hingegen ausgebaut werden. Es sind zahlreiche Vorschläge in der Diskussion, die von Auflösung des Vertrages über Regionalisierung bis zu Reform der Instrumente reichen. Ich gehe im folgenden von einem grundlegenden Reformbedarf aus. Die Option der Auflösung des Lomé-Modells wird daher nicht weiterverfolgt. Allerdings werden die berechtigten Kritiken an einzelnen Instrumenten aufgegriffen und in die Reformperspektive eingebaut. Insgesamt geht es darum, Tendenzen der Asymmetrie aufzuheben und die Reform so zu gestalten, daß die Lomé-Kooperation positiv im Sinne von Entwicklung wirken kann. Folgende grundlegenden Aspekte sollte eine Neuordnung und das Fine-Tuning enthalten (siehe Übersicht). Ein Fine-Tuning ohne die notwendigen grundlegenden Reformen durchzuführen, ist wenig sinnvoll. Das Fine-Tuning sollte sich daher in die grundlegende Revision einordnen und auf dieser Basis existierende Instrumente und Verfahren verbessern. Ohne Zweifel sind im Lomé-Vertrag und aus der Erfahrung zahlreiche Ansätze vorhanden, die durch Fine-Tuning optimiert werden können. In Exkurs 10 wird das Fine-Tuning erläutert. [Seite der Druckausg.: 22] 2. Deutsche Anforderungen an eine europäische Entwicklungspolitik Entwicklungspolitik ist auch in Deutschland von verschiedenen Interessen geprägt. Es ist normal, aufgrund von Entwicklungsmüdigkeit und Europaangst stärker auf die eigene Politik zu schauen. In der nationalen Entwicklungspolitik lassen sich außerdem leichter politische Erfolge nachweisen. Der Trend zu stärkerer nationaler Orientierung der Entwicklungspolitik ist in vielen europäischen Ländern erkennbar. Dabei sollte nationale Entwicklungspolitik sich mit ihren jeweiligen Besonderheiten, Schwerpunkten und Stärken in die europäische Entwicklungszusammenarbeit einbringen, diese auch aktiv mitgestalten und sie nicht als behindernd oder nachteilig ansehen. Gerade was die Entwicklungskooperation mit den AKP-Staaten angeht, gibt es trotz der in der Analyse festgestellten Mängel und Schwächen (die im übrigen teilweise noch stärker für die bilaterale Politik zutreffen) viele Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung (so z.B. das Partnerschaftsprinzip). Eine stärkere Hinwendung zu nationaler Entwicklungskooperation auf Kosten einer kohärenten und effektiven europäischen Entwicklungspolitik jedoch würde alle Beteiligten eher schwächen als stärken. Das läßt sich auf verschiedenen Ebenen nachweisen, wie z.B. die europäische Haltung in internationalen Organisationen wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und Institutionen wie UNIDO, UNCTAD oder gegenüber regionalen Institutionen wie der African Development Bank. Bislang hat die EU in diesen Zusammenhängen nur selten gemeinschaftliches Profil gezeigt, ihr Gewicht nicht in die Waagschale geworfen und damit ihre Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, obwohl ihr Gewicht eindeutig größer als das der Vereinigten Staaten und Japans ist. Dies gilt in allen internationalen Zusammenhängen. Eine zunehmende Re-Nationalisierung der Entwicklungspolitik wäre ein Rückschritt gegenüber dem bereits Erreichten. Die bundesdeutsche Politik, die bisher eine moderate Position eingenommen hat, sollte nicht auf den Zug aufspringen, den der Wissenschaftliche Beirat für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung empfohlen hat nämlich die bilaterale Politik auf Kosten der gemeinschaftlichen zu stärken. Diese Politik ist kontraproduktiv und nicht nachvollziehbar. Stattdessen sollte die Weiterentwicklung der europäischen Entwicklungspolitik forciert und die Stärken der deutschen Entwicklungspolitik eingebracht werden wie bspw. die Kooperation mit Nicht-Regierungs-Organisationen, Konzepte zur Menschenrechtswahrung, Erfahrungen mit Partizipation usw. Es wäre daher wünschenswert, daß die deutsche Politik sich für folgende Vorschläge zur Reform der Lomé-Entwicklungskooperation engagiert: 1. Erhöhung der Mittel für die Lomé-Kooperation als Zeichen für ein verstärktes europäisches Entwicklungsengagement. Das Verhalten in der letzten Verhandlungsrunde zu Lomé IV/2 hat dem deutschen Ansehen sowohl in der Lomé-Kooperation wie auch in der Entwicklungspolitik insgesamt geschadet. Mit der Bereitschaft, die Finanzmittel wieder zu erhöhen, würde zum Ausdruck gebracht werden, daß Deutschland an einer reformierten Lomé-Kooperation gelegen ist. Diese Haltung kann sich stimulierend auf die anderen Mitgliedsländer auswirken und dem allgemeinen Entwicklungspessimismus entgegenwirken. Gleichzeitig sollte auch deutlich gemacht werden, daß langfristig eine EU-Budgetierung der Lomé-Konvention intendiert ist: mit größerer gemeinschaftlicher Kompetenz und Verantwortung, aber weniger Einfluß der Nationalstaaten. 2. Frankreich als wichtigster Bündnispartner Deutschlands intendiert eine stärkere Europäisierung der Entwicklungskooperation. Selbst wenn diese sich aus den strategischen und politischen Zielen Frankreichs herleitet, sollte diesem Wunsch Frankreichs entsprochen werden. Eine wichtige Rolle sollten auch andere EU-Länder für die deutsche Politik in Sachen Entwicklungspolitik spielen. Schweden, Finnland und die Niederlande haben auf zahlreichen Gebieten hervorragende und nachahmenswerte Entwicklungskooperation geleistet. Ihre staatliche Erfahrungen wie auch die Kenntnisse der NROs in allen EU-Ländern sind von deutscher Seite konzeptionell stärker einzubeziehen. [Seite der Druckausg.: 23] Die deutsche Politik kann wesentlich leichter als die französische und britische Politik über den Schatten der Vergangenheit springen und auch über die Schatten der Zukunft (hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung), weil Deutschlands direkte und unmittelbare Interessen in den AKP-Staaten doch eher marginal sind. Mit Frankreich und Großbritannien bestehen Konfliktpotentiale aufgrund ihrer vested interests (regional aufgrund jener Belgiens, Spaniens, Portugals). Diese Vorteile Deutschlands sollten genutzt werden. Deutschland sollte seine eher langfristigen und mittelbaren Interessen nicht hinter die Partikularinteressen und Klientelbeziehungen anderer europäischer Länder zurückstellen, zumal diese national geprägte Kooperation auch in die EU-Kommission Eingang gefunden hat. Dieser eingeschliffenen Politik könnte Deutschland eine wirkliche Partnerschaft mit den AKP-Ländern gegenüberstellen (faire Handelsbeziehungen, Entwicklungskooperation zur Armutsbeseitigung etc.). Sie wird hierin auch Unterstützung in vielen reformbereiten Staaten der EU erhalten. Und auch in Frankreich und Großbritannien mehren sich die Zeichen des Abschieds vom postkolonialen Klientelsystem. Langfristig entsprechen die beschriebenen Reformschritte besser den Interessen der EU. Abhängige Kooperation basierend auf Handelspräferenzen, auf Subventionssystemen und unzureichenden Strukturanpassungsmaßnahmen widerspricht der Entwicklungskonzeption der Europäischen Union.
[Dazu gehört auch eine bislang nicht realisierte Politik der nachhhaltigen Entwicklung, weil die europäische Entwicklung selbst nicht nachhaltig ist.]
3. Im Interesse langfristiger, nachhaltiger Entwicklung der AKP-Länder, die ja letztendlich auch der EU zugute kommen würde (Schaffung von Handelsbeziehungen, Absatzmärkte, weniger Entwicklungshilfe, weniger Migranten und geringere ökologische Probleme), sollten alle Anstrengungen über die EU auch Hand in Hand mit bilateraler Entwicklungskooperation gehen und sich dabei folgenden Ansätzen besonders widmen: Entwicklung endogener Potentiale als Leitidee für die Beseitigung von Armut und Unterentwicklung. Der Ansatz (siehe Exkurs 6) besteht darin, daß die AKP-Staaten nur über eigenes Entwicklungsengagement (Commitment) aus der Krise herausfinden können. Entwicklungskooperation kann nur unterstützend wirken. Deshalb sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, daß kontraproduktive Instrumente entweder neu konzipiert oder abgeschafft werden, d.h. daß
Alle bisher eingesetzten Instrumente widersprechen konzeptionell den Zielen endogener Entwicklung und damit auch dem Konzept Hilfe zur Selbsthilfe. Regionale Kooperation: Hier sollte die deutsche Seite auch konzeptionell stärker tätig werden, um vom traditionellen Projektansatz wegzukommen und neue Erfahrungen einzubringen. Die SADC-Erfahrungen im südlichen Afrika könnten herangezogen werden, um besser zu sehen, wo a) die wirtschaftliche Kooperation vertieft werden könnte und b) wie afrikanische Regionalkooperation gestärkt werden könnte. Das CDI und die EIB sollten in der Kooperation mit AKP-Institutionen eine wichtige Funktion haben. Wichtig ist es auch, die Strukturanpassungsmaßnahmen der Weltbank um regionale Aspekte zu erweitern. [Seite der Druckausg.: 24] 4. Aus der gemeinsamen europäischen Verantwortung lassen sich neue europäische Reformperspektiven für die Entwicklungspolitik erarbeiten. Reformvorschläge sollten sich auf folgende Aspekte beziehen:
In der Menschenrechts- und Demokratiefrage ist aber der Unterschied zwischen Frankreich und England auf der einen Seite und den skandinavischen und deutschen Positionen sehr groß. Die deutsche Seite könnte hier einen wichtigen Part bei der Durchsetzung einer klaren Politik spielen, indem sie auf positive Maßnahmen, etwa die Unterstützung von Organisationen der Zivilgesellschaft, setzt. 5. In internationalen Organisationen sollte die europäische Stimme endlich mehr Gewicht be- [Seite der Druckausg.: 25] kommen. Die deutsche Seite sollte in Fragen der Entwicklungskooperation darauf hinarbeiten, daß insbesondere in der Weltbank und im IWF europäische Entwicklungskonzepte stärker zur Geltung kommen. Hier sind große Defizite und zugleich große Chancen (z.B. bei Strukturanpassungsprogrammen mit menschlichem Antlitz, Förderung von Klein- und Mittelunternehmen, nachhaltiger Entwicklung, regionaler Kooperation, Partizipation und Kooperation mit NROs). 6. Europäische Entwicklungspolitik ist wenig bekannt. Sie hat ihre Stärken und Schwächen. Die Schwächen resultieren u.a. auch daraus, daß sich der Dialog mit den NROs, Experten, Forschungsinstituten und Universitäten auf sehr niedrigem geradezu unterhalb erkennbarer Größeneinheiten Niveau bewegt. Die Entwicklungspolitik der EU nutzt den Sachverstand und das Interesse von Fachleuten zu wenig, steht kaum in einem kritischen Dialog, so daß Partikularitäten und Klientelstrukturen sich auch in der EU immer noch durchsetzen. Die deutsche Regierung sollte verstärkt auf den Dialog mit NROs und der Fachwelt, Forschungseinrichtungen in den AKP-Ländern und der EU hinarbeiten, so daß die EU-Entwicklungspolitik endlich aus ihrem schwer durchschaubaren Kellerdasein herausfindet. Die Weltbank hat mit ihrer Offenheit und ihrem Materialfluß, den alle Interessensgruppen mehr oder weniger nutzen können, gezeigt, wie notwendig ein permanenter und offener Dialog ist. 3. Bausteine für eine Lomé-Reform Zahlreiche Vorschläge sind in der Diskussion, die von Auflösung des Vertrages über Regionalisierung der Kooperation bis zu Reform der Instrumente reichen. 1. Auflösung des Vertrages und Neuordnung der Zusammenarbeit wie mit anderen Regionen der Welt auch, d.h. Aufräumen der Rumpelkammer [Vgl. bspw. Jochem/Sell 1995: 86.], wozu nach dieser Ansicht auch die Lomé-Konvention gehört. Diese Option scheint aus neo-liberaler Sicht zwar plausibel, berücksichtigt jedoch die historischen Kontinuitäten, die Erfahrungen mit der postkolonialen Kooperation und die engen Beziehungen zwischen Europa und Afrika nicht. Eine Zusammenarbeit der EU mit den AKP-Ländern wie mit anderen Regionen der Dritten Welt geht davon aus, daß das Lomé-Modell die anderen Regionen der Dritten Welt benachteiligt. Dies ist in der Tat der Fall. Aus entwicklungspolitischer Perspektive wäre deshalb eine Gleichbehandlung aller armen Länder anzustreben. Eine Neuorientierung der europäischen Entwicklungspolitik müßte daher die positiven Ansätze des Lomé-Modells auch auf andere Regionen übertragen. Die Vereinbarungen mit den Mittelmeerländern, die verbesserten Kooperationsbeziehungen mit Lateinamerika und Asien weisen in diese Richtung. Hier besteht ein künftiger Handlungsbedarf für eine Gesamtreform der Entwicklungspolitik. 2. Regionalisierung der Kooperation bei gleichzeitiger Verbesserung des Instrumentariums. Umstritten ist, ob die Lomé-Konvention mit 70 AKP-Mitgliedsländern überhaupt noch handhabbar ist. Angesichts des Globalisierungsdrucks bei gleichzeitigen Fragmentierungstendenzen hat es den Anschein, als ob die Lomé-Kooperation wenigstens noch einen Beitrag zur Kohäsion leistet. Selbst wenn dieser Beitrag insgesamt auch nicht tiefgreifend gewirkt hat, gab es im postkolonialen Modell trotz aller Verwerfungen und Krisen doch so etwas wie eine gemeinsame Verantwortung. Ob eine Regionalisierung hier weiterhilft, läßt sich nicht ohne weiteres klären. Es stellt sich also die Frage, ob die AKP-Staaten weiter als Einheit zu betrachten sind, oder ob es nicht sinnvoller wäre, gesonderte Verträge mit Afrika, der Karibik und den Pazifikstaaten abzuschließen. Es sprechen zahlreiche Argumente für eine Regionalisierung, wie ähnliche Wirtschaftsstrukturen, Orientierung des Außenhandels, Nähe (bzw. Weite) zu Europa, gemeinsame Institutionen (wie die OAU) und regionale Kooperationsformen sowie stärkere kulturelle Gemeinsamkeiten. Es ist vor allem abhängig von den AKP-Staaten, inwieweit sie trotz großer Heterogenität ein gemeinsames Lomé-Dach wünschen, um so ihre Interessen besser durchsetzen zu können. Eine Differenzierung aufgrund vorhandener struktu- [Seite der Druckausg.: 26] reller Heterogenitäten würde indes keine Schwächung des Lomé-Modells, sondern eine größere Flexibilität bringen können. Da regionale Kooperationen sicherlich im Globalisierungsprozeß ein größeres Gewicht erhalten werden, wäre im Rahmen von Lomé eine Regionalisierung der Kooperation sicherlich eher positiv zu bewerten. Dies würde auch die Bildung regionaler Institutionen im Rahmen von Lomé erleichtern helfen und damit einen Beitrag zur Reduzierung der Brüsseler Entscheidungskompetenzen und der Steuerung der Entwicklungskooperation durch die EU bedeuten. M.E. ist eine zusätzliche Sub-Regionalisierung geordnet nach den sieben Regionen, die im Rahmen der Regionalprogramme gebildet wurden (wie bspw. Westafrika, südliches Afrika) nicht sinnvoll, weil diese Regionen insgesamt höchstens langfristig eine größere Bedeutung erlangen können. Bislang haben sie kaum Fortschritte in der regionalen Kooperation vorzuweisen. 3. Reform der Instrumente vor dem Hintergrund, daß die bisherigen Maßnahmen z.T. falsche Anreize gegeben haben. Meiner Ansicht nach sollten die Instrumente vor dem Hintergrund der Fehler, der neuen Entwicklungen im internationalen Handel und vor dem Hintergrund der Marginalisierung der AKP-Staaten, insbesondere Afrikas, folgende Bausteine für eine Neuordnung auf jeden Fall enthalten: Auslaufen der Subventionssysteme, Umwandlung des Handelspräferenzabkommen in ein Freihandelsabkommen, Währungskooperation, Reform der Strukturanpassungsprogramme, Kapitalschutz- und Förderabkommen, Differenzierung der Regionen, Dezentralisierung, Positivmaßnahmen in der Zivilgesellschaft etc. Diese genannten Bausteine werden im folgenden detaillierter behandelt. Ich gehe im folgenden von einem grundlegenden Reformbedarf aus. Die Option der Auflösung des Lomé-Modells wird indes nicht weiterverfolgt. Allerdings werden die berechtigten Kritiken an einzelnen Instrumenten aufgegriffen und in die Reformperspektive eingebaut. Insgesamt geht es hier darum, Tendenzen der Asymmetrie aufzuheben und die Reform so zu gestalten, daß die Lomé-Kooperation positiv im Sinne von Entwicklung wirken kann. 1. Auslaufen der Subventionssysteme STABEX und SYSMIN Die beiden Subventionssysteme STABEX und SYSMIN sollten innerhalb eines Zeitraums von maximal 15 Jahren auslaufen. Jährlich sollten die zur Verfügung stehenden Mittel um mindestens 10% gekürzt werden (siehe Modellrechnung Tabelle 8). Die reduzierten Mittel sollten speziell in einen Fonds zur Förderung des Privatsektors (unter Einschluß der Aktivitäten des CDI), wobei insbesondere die Landwirtschaft und die Klein- und Mittelindustrie gefördert werden sollten, einfließen. Durch die Entwicklung der Landwirtschaft und der Unternehmen des informellen Sektors wären am effektivsten Beschäftigung zu sichern und auch die Einkommen zu steigern. Damit würde auch ein Beitrag zur Armutsbekämpfung geleistet werden. Für die Aktivitäten des CDI (als einer gemeinsamen Einrichtung von AKP und EU) könnte mit diesem Fonds endlich die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die das CDI für die Ausweitung und Verbesserung der Aktivitäten dringend benötigt. Das m.E. reform- und ausbaufähige CDI sollte im übrigen in Kooperation mit der IFC (International Finance Corporation), den regionalen Entwicklungsbanken, der African Development Bank und nationalstaatlichen Wirtschaftsfördereinrichtungen und Banken ihre Aktivitäten dezentralisieren und lokalisieren. Das CDI kann auf diese Weise einen besseren Beitrag zur Industrialisierung und zur Entwicklung des informellen Sektors leisten. Die Aktivitäten vom CDI waren bislang aufgrund der äußerst bescheidenen Mittel sehr eingegrenzt. Hier ist dringend Abhilfe notwendig, zumal das CDI eine Joint-Einrichtung ist und damit dem Partnerschaftsgedanken noch am nächsten kommt. Das CDI könnte durchaus eine sehr sinnvolle Unterstützung zur Förderung von Klein- und Mittelunternehmen und auch des informellen Sektors leisten, wenn entsprechende Konzeptionen und auch die Mittel zur Verfügung stehen würden. CDI könnte vor allem auch beim Aufbau, der Vermittlung von Expertise zum Aufbau nationaler und regionaler Industrie- [Seite der Druckausg.: 27] förderkonzepte tätig werden. Bislang wird das CDI jedoch sträflich vernachlässigt. 2. Handelsreform Eine grundlegende Reform ist für das Handelspräferenzabkommen vorzunehmen. Dies ist zum einen sowieso notwendig aufgrund der Beschlüsse der World Trade Organisation (WTO). Zum anderen ist es auch deshalb nötig, weil die Präferenzen weiter erodierenden. Lediglich für LLDCs wird es noch Sonderregelungen geben. Diese sogenannten Waiver-Systeme sind mittelfristig nur noch für LLDCs durchsetzbar. Aber da der wirtschaftliche Aufstieg nach allen Erfahrungen nicht über Präferenzabkommen und Sonderbehandlungen erfolgt, sollten die AKP-Staaten nicht länger auf das Waiver-System setzen. Die nicht-reziproken Handelsbeziehungen haben die Erosion des afrikanischen Handels nicht verhindern können. Die Asymmetrie ist im Gegenteil noch stärker geworden. Die nicht-reziproke Handelskooperation der AKP-Länder mit Europa ist derzeit unilateral von der EU abhängig. Hier liegt das Hauptproblem des Handels. Die existierende Diskriminierung anderer Staaten durch den Lomé-Vertrag ist einerseits abgebaut worden, andererseits werden die Kooperationsbeziehungen zwischen der EU und Staatengruppen in der Dritten Welt vertieft. Diese Tendenzen bergen große Gefahren für die Handelsperspektiven. Wenn die EU ihr Interesse an der AKP-Staatengruppe verliert, verliert diese Staatengruppe nicht nur ihren gegenwärtigen Präferenzstatus, sondern auch den Rahmen für reziproke Handelsbeziehungen. Die nicht-reziproken Handelspräferenzen erodieren jedoch aufgrund internationaler Liberalisierung. Afrikas Position wird sich dadurch bestenfalls nur leicht verschlechtern. Nur wenige Länder wie bspw. Mauritius haben Nutzen aus den Sonderpräferenzen ziehen können. Für die meisten Länder hingegen besteht das Problem nicht in zu geringen Präferenzen, sondern in zu niedrigen Produktivitäten und von wenigen Ausnahmen abgesehen einer nicht wettbewerbsfähigen Produktpalette. Die Herausbildung einer international wettbewerbsfähigen Industrie und Landwirtschaft wurde im übrigen in den CFA-Ländern durch die beständig überbewertete Währung strukturell behindert bzw. unmöglich gemacht. Ausgehend von der Tatsache, daß die Lomé-Handelspräferenzen nie GATT-konform waren (und damit andere Ländergruppen benachteiligten) und das Waiver-System nur bis zum Jahr 2000 bestehen wird (d.h. solange werden nicht-reziproke Handelsbeziehungen ermöglicht), empfiehlt es sich schon in der Übergangsphase bis zum Jahr 2000, nach Alternativen Ausschau zu halten. Langfristig sollte die Bildung einer Freihandelszone zwischen EU und AKP-Staaten avisiert werden, die sicherlich in Frankreich wegen der chasse gardée und in den landwirtschaftlich geprägten EU-Länder (wegen der Öffnung der Märkte für alle landwirtschaftlichen Produkte) auf Widerstand stoßen wird. Die derzeit mit Südafrika laufenden Verhandlungen zeigen möglicherweise die Richtung einer zukünftigen Handelskooperation auch für das Handelsregime mit den AKP-Ländern an. [Vgl. Stevens/Kennan 1995.] Das Präferenzabkommen für die AKP-Staaten wird nicht länger tragfähig sein, schon gar nicht, wenn Südafrika Mitglied der Lomé-Kooperation werden sollte. Alles deutet derzeit darauf hin, daß in der AKP-Staatengruppe Handlungsbedarf für eine neue reziproke Handelskooperation besteht, d.h. daß die Bildung einer Freihandelszone (FHZ) zur Disposition steht. Welche Konsequenzen sollten die AKP-Länder daraus ziehen? [Siehe Collier/Gunning 1995.]
Institutionelle Regelungen zwischen der EU und den AKP-Ländern sollten gemeinsam festgelegt werden. Drei Vorteile hätte eine EU-AKP-Freihandelszone:
Als Vorbild der Zollunion könnte das Modell der CFA-Zone dienen. Eine (freiwillige) Anbindung an den stärkeren Handelspartner EU (wie sie bspw. auch von EFTA-Ländern und einigen Ländern Osteuropas praktiziert wird) würde ohne Zweifel folgen. Reziproke Handelsbeziehungen und die Schaffung einer afrikanischen (bzw. karibischen und pazifischen) Zollunion sind zwar eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für afrikanische (bzw. karibische und pazifische) Wege aus der Entwicklungssackgasse. Je nach Entwicklungsstand, je nach Fortschritt in den Wirtschaftsreformen, je nach Industrialisierungsgrad sind unterschiedliche nationalstaatliche Entwicklungswege zu beschreiten. Südafrika wird eine stärker exportorientierte und regionale Strategie mit Lokomotivfunktion für das südliche Afrika einschlagen. Die rohstoff-exportierenden Länder werden ihre komparativen Vorteile weiter verfolgen. Für fast alle Länder gilt, daß sie nur über die systematische Förderung der Landwirtschaft, ländliche Industrialisierung und der Diversifizierung der Produktion, d.h. Förderung der Klein- und Mittelindustrie, die zentral für die Entwicklung endogener Potentiale ist, ihre Abhängigkeiten von der Nachfrage der OECD-Länder verringern können. 3. Währungskooperation Eine konzeptionelle Berücksichtigung der Währungsintegration der west- und zentralafrikanischen CFA-Zone existiert in den Lomé-Verträgen nicht. Weder die EU noch die CFA-Länder als Teil der AKP-Gemeinschaft haben die währungspolitische Integration bislang in die Diskussion gebracht. Prinzipiell läßt sich aus dem Maastricht-Vertrag nach dem Subsidiaritätsprinzip eine Währungskooperation, wie sie zwischen Frankreich und den CFA-Länder seit mehr als 40 Jahren besteht, vertreten. Aufgrund der Krise der CFA-Zone scheint jedoch eine Neuordnung im Rahmen des Lomé-Vertrages notwendig zu sein. Sicherlich wird die Diskussion um die Währungskooperation die Frage nach den Kosten und Nutzen aufwerfen (Frankreich vs. EU-Länder). Eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungszone mit der EU, die die bislang der CFA-Zone angehörenden westafrikanischer Länder einschließt, sollte angestrebt werden, womit auch die Handelsbeziehungen zwischen Westafrika und Europa auf eine neue Basis gestellt würden. Der Zugang zu dieser Währungskooperation sollte allen AKP-Ländern offenstehen. Die Währungskooperation sollte auf freiwilliger Basis im Rahmen der Freihandelszone gebildet werden. Dies bedeutet auch, daß ein neues Kooperationsmodell erforderlich ist, das Abschied von philanthropischen Vorstellungen nimmt und sich stattdessen als eine Kooperation zum Zwecke gegenseitiger Vorteile begreift, ein Handelsblock EU-Afrika bzw. EU-AKP-Länder also, der die handelspolitischen Vereinbarungen besser als bislang nutzt, Währungsstabilität sichert und damit letztendlich auch das wirtschaftliche Klima für Investitionen [Seite der Druckausg.: 29] verbessert. Eine Währungskooperation mit der EU hätte die Übertragung der bisherigen geldpolitischen Führung Frankreichs an die EU zur Folge. Eine institutionelle währungspolitische Begrenzung läge dann für die Beitrittsländer und auch die EU vor.
[Vgl. L’Heriteau 1993 und Hugon 1992 und 1993.]
4. Nachhaltige Entwicklung Das Konzept nachhaltige Entwicklung hat seine Dynamik in Ansätzen in der OECD-Welt in einem Wachstumskonzept mit ökologischer Modernisierung gefunden. Das Entwicklungsdilemma besteht jedoch weiterhin. Erst wenn das Entwicklungsdilemma zu einer Bedrohung für die OECD-Welt führt, die Unterentwicklung zu einem Global Commons wird und die kommende Anarchie droht, könnte ein internationaler Verregelungsprozeß und damit eine Lösung möglich sein. Die Verschuldungskrise, die Ausbreitung von Bürgerkriegen, Fragmentierungsprozesse mit globalem Bedrohungspotential (bspw. durch Ausweitung der internationalen Flüchtlingsproblematik) und die Vergrößerung bedrohlicher Waffenarsenale, aber auch eine steigende Abhängigkeit von Energiezufuhr aus der Dritten Welt könnten einer internationalen Verregelung für Entwicklung Aufschwung geben. Die Diskussion um die 20:20-Regelung auf dem Kopenhagener Weltsozialgipfel verweist auf diese inzwischen bekannte Problematik. Das Konzept Nachhaltige Entwicklung stellt zwar einen relativen Fortschritt dar, ist aber aufgrund seiner konzeptionellen Mängel und aufgrund der derzeit kaum fortgeschrittenen Verregelungen lediglich ein Anfang. Unter den gegebenen Umständen bleiben zur Lösung der Entwicklungsdilemmata drei Optionen: 1. Eigenanstrengungen der Dritten Welt zur Lösung der Probleme. Entwicklung und Nachhaltigkeit werden im wesentlichen weiterhin im nationalen Rahmen gestaltet werden müssen. Hier bestehen die größten Potentiale für endogene Entwicklung. 2. Durchwursteln in einer zunehmenden Unübersichtlichkeit verbunden mit der Logik des Mißlingens. Dies ist die wahrscheinlichste Option. 3. Politische Solidarität als eine Leitlinie von Entwicklung, die von der epistemic community und den NRO-Akteuren und einigen Nationalstaaten, eines derzeit noch schwachen Teil der neuen Global Players, geübt wird und damit die Handlungsspielräume für die Dritte Welt vergrößern hilft. Diese wäre vor allem eine Aufgabe der Zivilgesellschaft. Für die EU-AKP-Beziehungen bedeuten diese Einschätzungen, daß die Kooperationsbeziehungen präventiv Beiträge gegen ökologische Zerstörung, gegen die Umweltzerstörung in den Städten, gegen Desertifikation, gegen Rohstoffraubbau, gegen die Vernichtung des tropischen Regenwaldes, gegen Überweidung usw. leisten sollten. An der Problematik der Nachhaltigkeit wird deutlich, wie wenig Entwicklungskooperation eigentlich zu leisten in der Lage ist. Daher sind die bislang ergriffenen Maßnahmen sicherlich weniger als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, aber mehr läßt sich im Rahmen der Lomé-Konvention kaum erreichen. Armutsbekämpfung und Sicherung des Überlebens, d.h. auch die Schaffung von Arbeitsplätzen, haben in den meisten AKP-Ländern Vorrang vor dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Allerdings reflektieren die ökologische und die ökonomische Politik die Bedrohungspotentiale nur unzureichend. Die Welternährungsorganisation (FAO) wies im Oktober 1995 darauf hin, daß 14 afrikanische Länder [Die FAO (1995) erwähnt Angola, Burundi, Eritrea, Liberia, Malawi, Mosambik, Ruanda, Sierra Leone, Somalia, den Sudan und Zaire.] von einer außergewöhnlich kritischen Ernährungslage betroffen sind. Hierbei gelten neben Trockenheit und Versorgungsproblemen auch innere Unruhen und die Vertreibung der Landbevölkerung als Problemverstärker. Von entrapped economies (local demographic entrapment) kann dann gesprochen werden, wenn [Seite der Druckausg.: 30]
Diese Aspekte haben in Ruanda sicherlich zur Katastrophe beigetragen. Als weitere potentiell entrapped economies können Kenia, Malawi, Simbabwe, Burundi und Madagaskar gelten. Die Problemlage erfordert eine neue Herangehensweise an Krisenherde. Hier stellen sich sicherlich mehr Fragen, als bereits Antworten gegeben werden könnten:
Angesichts der Komplexität der zu erwartenden Katastrophen dürften hier völlig neue und wohl auch unpopuläre Maßnahmen notwendig sein. Ein erster Schritt wäre sicherlich das Eingeständnis, daß es objektive Grenzen für die Belastbarkeit eines Ökosystems gibt. Ein Diskurs über die Einbeziehung eines Konzepts nachhaltiger Entwicklung in den Lomé-Vertrag ist daher dringend überfällig. 5. Armut und Bevölkerungswachstum Die meisten AKP-Länder gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. Fast alle haben ein so hohes Bevölkerungswachstum, daß es zu den höchsten der Welt zählt. Nicht Bevölkerungswachstum ist indes Hauptursache für Armut und Unterentwicklung, sondern die Armut ist zentraler Grund für die hohen Geburtsraten. Im Zentrum der bevölkerungspolitischen Diskussion sollten Probleme wie mangelnder Zugang zu Bildung und Gesundheitsdiensten, fehlende Sozialversicherungssysteme und vor allem die Unterprivilegierung der Frauen stehen. Eine effektive Strategie der Armutsbekämpfung ist zu suchen, die das wirtschaftliche Potential der Armutsgruppen fördert (informeller Sektor und Land). Grundsätzlich notwendig ist immer noch ein Entwicklungsnationalismus (dieser entwickelt sich von innen und nicht von außen). Rentenstaaten, Economy of Affection und Klientelbeziehungen, die sich im Rahmen von Lomé mit entwickelt haben, sind endogenen Prozessen und Potentialen abträglich. Man könnte es auch kraß ausdrücken: Entwicklungskooperation sollte möglichst wenig Einfluß auf endogene Prozesse nehmen. Eine Reform der zentralen Instrumente in der beschriebenen Weise würde einen geeigneteren Handlungsrahmen für Entwicklung bieten als noch mehr Entwicklungshilfe und Konditionalitäten und verfeinerter Instrumenteneinsatz. Daher sind eine Handelsreform, eine Reform der Strukturanpassungsmaßnahmen, die Dezentralisierung der Industrieförderung, die Förderung der Landwirtschaft und des informellen Sektors, die Bildung von gemeinsamen Institutionen, die Vergrößerung der Handlungsspielräume durch Partizipation, Lokalisierung und Dezentralisierung sowie dezentrale Kooperation wichtige Bausteine zur Entfaltung endogener Potentiale. Eine Erhöhung der Mittel ist nicht erforderlich, aber eine Umschichtung der Mittel zugunsten der o.g. Bereiche (siehe Exkurs 1). Mit der Abschaffung der Subventionssysteme wären genügend Mittel frei für die Förderung der endogenen Potentiale in Industrie, in der Landwirtschaft und im informellen Sektor. 6. Strukturanpassung/Konditionalität/ Schulden Nach den zwiespältigen Ergebnissen der Weltbank-Strukturanpassungsprogramme (SAP) in den AKP-Staaten [Vgl. Berthélémy 1995.] steht eine Evaluierung der [Seite der Druckausg.: 31] Strukturanpassungsmaßnahmen der Lomé-Konvention noch aus. Ob die in offiziellen Verlautbarungen der EU vorgenommene positive Bewertung der eigenen Anstrengungen, die die SAP partiell ergänzen, tatsächlich zutrifft, ist noch zu beweisen. [Vgl. Petit 1993.] Die zunehmende Konditionalisierung (wie Tranchierung der Auszahlungen) scheint nicht der Weg zu sein, Strukturanpassungsmaßnahmen stärker zu internalisieren. Sie führt zu stärkerer Kontrolle durch die EU, zu langsamerer Auszahlung, zu erhöhter Bürokratisierung und erweist sich somit als eher kontraproduktiv. Entwicklungspolitische Erkenntnisse werden daher negiert: Diese gehen davon aus, daß Entwicklungserfolge nur durch Partizipation, effektive nationale Institutionen und stärkere Verantwortlichkeit in den jeweiligen Ländern möglich sind. [Cgl. Koning 1995; Parfitt 1996.] Letztendlich sollte es keine spezielle EU-Konditionalität geben, sondern die EU und die AKP-Staaten sollten stärker als bisher auf eine Veränderung der SAP der Weltbank und des IWF drängen, um die negativen Effekte der SAP (soziale Probleme, Armut) zu lindern. Ziel müßte es sein, die (sicherlich notwendigen) SAP in eine langfristige Entwicklungsstrategie einzubinden. Die seit 1987 begonnene Diskussion um das Konzept humaner Entwicklung (UNICEF) bedarf einer weiteren Vertiefung. Dazu gehört im übrigen auch eine neue Offensive in der Schuldenmilderung. Alle diese hier angeschnittenen Probleme zeigen jedoch, daß das Lomé-Abkommen keinen Sonderweg gehen kann. Diese Einsicht wird auch dadurch gestützt, daß a) der französische Sonderweg mit dem ajustement réel keine vielversprechenden Erfolge gebracht hat und b) die EU-Kommission nicht über die notwendige Kompetenz verfügt.
4. Ausblick Von dem amerikanischen Publizisten William Pfaff wurde Anfang 1995 in der Zeitschrift Foreign Affairs eine Re-Kolonisierung Afrikas durch die ehemaligen Kolonialländer und die EU gefordert. Die Europäer hätten ihre historische Mission nicht erfüllt und müßten nun für den Krisenkontinent Afrika in die Verantwortung genommen werden. Dieser Vorschlag muß zurückgewiesen werden. In dieser Studie wird ein vollständig anderes Konzept vertreten, nämlich eine glaubwürdige Entwicklungspolitik, kooperative Außen- und Wirtschaftsbeziehungen, die aus eigenem Interesse die Entwicklung der AKP-Staaten fördert. Die deutsche Regierung hat bislang zu wenig Engagement für eine Europäisierung der Entwicklungskooperation in diesem Sinne gezeigt. Sie neigt sogar zu Re-Nationalisierung. Im Interesse eigener Glaubwürdigkeit sollte jedoch eine Reform der Entwicklungszusammenarbeit vertreten werden, der die Ziele endogener Entwicklung immanent sind: faire Handelsbeziehungen, Partnerschaft, Entwicklungskooperation mit dem Ziel Hilfe zur Selbsthilfe, Unterstützung von Industrialisierungsprozessen, dezentrale Kooperation und Demokratie. [Seite der Druckausg.: 32] 5. Übersicht: Vorschläge für eine Lomé-Reform
[Seite der Druckausg.: 33]
[Seite der Druckausg.: 34 = Leerseite]
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