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[INTERNATIONALE ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT]
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Einleitung

Im Zuge der Globalisierung stellen sich ungeahnte Herausforderungen an die Politik. Neue Möglichkeiten der politischen Entscheidungsfindung und Einflußnahme müssen definiert werden. Die zunehmenden grenzüberschreitenden wirtschaftlichen und politischen Prozesse führen zu intensiven wechselseitigen Abhängigkeiten und erfordern daher neue Handlungsmöglichkeiten für die Politik auf allen Ebenen. Global Governance ist der Versuch der Bewältigung globaler Probleme. Dabei werden dynamische und komplexe Prozesse interaktiver Entscheidungsfindung als entscheidende Elemente bei der Bewältigung der bevorstehenden Herausforderungen immer bedeutsamer.

Bisher wurden politische Entscheidungen vorwiegend auf der Ebene der Nationalstaaten getroffen. Inzwischen haben jedoch andere Akteure an Bedeutung gewonnen und die Auswirkungen ihrer Aktivitäten beeinflussen binnen- und zwischenstaatliche Politikfelder. Der Nationalstaat hat seine unangefochtene Rolle als politisches Handlungszentrum verloren. Erst langsam wächst die Einsicht, daß die Steuerungskapazität der Nationalstaaten überfordert ist und andere Ordnungsmodelle auf kommunaler, regionaler und internationaler Ebene entwickelt werden müssen.

Starke Regionen und Kommunen müssen wichtige Akteure in der Auseinandersetzung mit den lokalen Auswirkungen globaler Probleme sein. Auf diesen Ebenen werden die gemeinsamen Interessen an Sicherheit, wirtschaftlicher, sozialer und umweltgerechter Entwicklung deutlich sichtbar. In den Kommunen ist die Gestaltungsfähigkeit von Politik größer und bringt vielfältige Formen der Bürgerbeteiligung hervor. Eine Voraussetzung für eine effektive politische Teilhabe ist jedoch die Übertragung von Handlungskompetenzen auf die entsprechenden lokalen und regionalen Ebenen im Rahmen von Dezentralisierungspolitiken und die Stärkung föderaler Organisationsstrukturen. Die Steuerungspotentiale der Kommunen und Regionen innerhalb des Nationalstaates müssen stärker genutzt werden und auch nicht-staatliche Akteure und Institutionen müssen intensiver an den politischen Prozessen teilhaben, um die gemeinsamen Interessen durchsetzen zu können. In diesem Zusammenhang wird auch die internationale Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene wichtiger.

In Lateinamerika ist seit einigen Jahren ein zunehmendes Interesse an kommunalpolitischen Fragen zu verzeichnen. Den Kommunen wird ein größeres politisches Gewicht zugeschrieben. Dies hängt u.a. mit einem anhaltenden Trend zur Urbanisierung zusammen. Im Jahre 2000 werden schon ca. 77% der Bevölkerung Lateinamerikas in Städten leben. Vor allem aber ermöglicht die Rückkehr zur Demokratie in den achziger Jahren, die zentralistische politische Kultur zu überwinden. Den Kommunen kommt hierbei eine zentrale Rolle zu, da sie viel näher an der Zivilgesellschaft sind und dort artikulierte Interessen eher repräsentieren. Durch intensivierte Formen der Bürgerbeteiligung kann die politische Legitimation erhöht werden.

Vor diesem Hintergrund hat die Friedrich-Ebert-Stiftung einen offenen Prozeß zur Bestimmung zukünftiger Zielvorstellungen der kommunalpolitischen Kooperation in Lateinamerika begonnen. Die Veröffentlichung der Diskussionsergebnisse eines im Juni 1996 vom FES-Büro Brasilien veranstalteten zweitägigen Workshops zum Thema „Perspektiven der kommunalpolitischen Kooperation der Friedrich-Ebert-Stiftung in Lateinamerika" ist ein erster Schritt.

Zu diesem Workshop kamen die Auslandsmitarbeiterinnen und Auslandsmitarbeiter aus sieben Ländern und fünf Bürgermeister aus Brasilien (Rio Branco, Volta Redonda), Chile (Rancagua), Argentinien (Rosario) und Kolumbien (Pasto) zu einem Erfahrungsaustausch zusammen. Ziel des Workshops war, die bisherige Arbeit im Bereich der Kommunalpolitik auszuwerten und die verschiedenen Projektansätze und
-schwerpunkte herauszuarbeiten. Zu Beginn wurden die folgenden Themenbereiche als Diskussionsschwerpunkte identifiziert, die relevante Teilbereiche der Problematik darstellen:

• Bürgerbeteiligung (Utopie oder Realität ?)

• Kommunalpolitik linker Parteien (Fünftes Rad am Wagen oder Achse einer politischen Strategie ?)

• Kommunale Wirtschaftsförderung (Quadratur des Kreises ?)

• Kommunale Sozialpolitiken (eine Nummer zu groß ?)

Auf der Basis dieser Diskussionen, der Erfahrungen aus der Projektarbeit und der Beiträge der anwesenden Bürgermeister konnten erste Elemente für Leitlinien der kommunalpolitischen Zusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung benannt werden. Dieses Papier stellt einen ersten Baustein dar und erhebt daher keinen Anspruch, die gesamte, komplexe Thematik der Kommunalpolitik und Dezentralisierung in Lateinamerika zu umfassen. Vorgesehen sind weitere Dialogforen für themenspezifische Diskussionen und Erfahrungsaustausch unter Auslandsmitarbeitern und -mitarbeiterinnen sowie Arbeitspapiere zu diesem Thema.

Bonn, im Dezember 1996 Beate Martin

Abt. IEZ, Referat Lateinamerika


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