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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 183]
I. Situationsanalyse "Brain Drain", "Brain Gain" oder gar "Voyage des Cerveaux", wie die französische Zeitschrift "Le Monde" vor einiger Zeit titelte, sind gegenwärtig bei all jenen häufig benutzte Begriffe, die für die jeweiligen nationalen Wissenschaftssysteme oder auch für den in Vorbereitung befindlichen "Europäischen Forschungsraum" Verantwortung tragen. Bemerkenswert ist die Bandbreite der bisweilen hoch emotionalen Reaktionen, die diese Begriffe, auch wenn nach wie vor die Faktenbasis zur Wissenschaftler-Migration überwiegend dürftig ist, sowohl bei Wissenschaftspolitikern und -managern als auch bei Wissenschaftlern selbst hervorrufen. "Brain Drain" fürchten die großen wissensbasierten Ökonomien ebenso sehr wie all jene Länder, die auf die Leistungen einer intellektuellen Elite dringend angewiesen sind, um überhaupt weitere Entwicklungschancen zu haben. Bei den Stichworten "Brain Drain" und "Brain Gain" richten sich zunächst alle Blicke auf die USA, hat sich dieses Land doch seit mehr als 50 Jahren als Magnet für weltweit führende Wissenschaftler erwiesen. Dies veranschaulicht alle Jahre wieder die Liste der neu gekürten Nobelpreisträger, die vielfach seit Jahrzehnten in den USA tätig, aber häufig keine gebürtigen Amerikaner sind. Die meisten von ihnen haben sich in ihren Ländern zunächst wissenschaftlich qualifiziert und dann die meist ungleich flexibleren Arbeits- und Lebensbedingungen und das aktive Umworbensein im US-amerikanischen Wissenschaftssystem schätzen gelernt. Erst ganz allmählich werfen Untersuchungen ein Licht auf die Faktoren, die für die Sogwirkung des US-amerikanischen Wissenschaftssystems bestimmend sind (u. a. Minimierung formaler Anforderungen, Reputation von Exzellenzzentren, Kombination aus Leistungskontrolle, Begleitung und frühestmöglicher Selbständigkeit). Für die Beobachtung, dass es eine "Voyage des Cerveaux" geben könnte, sprechen neuere Beobachtungen: So weisen von der OECD in Auftrag gegebene Untersuchungen daraufhin, dass die Rückkehrquote deutscher Doktoranden, die ihre Promotionszeit ganz oder teilweise in den USA verbracht haben, besonders hoch ist.[Fn_1] Diese Rückkehrbereitschaft junger deutscher Wissenschaftler bestätigt auch eine DFG-Untersuchung. Demnach stellen 38,7 % der deutschen Postdocs, die mit einem DFG-Forschungsstipendium ins Ausland gegangen sind, in einem Zeitraum bis fünf [Seite der Druckausg.: 184] Jahre nach ihrer Rückkehr wieder Anträge bei der DFG. Dies ist, berücksichtigt man die Abwanderung in andere Sektoren, längerfristige Aufenthalte im Zielland und die bei Wissenschaftlern unterschiedlich ausgeprägte Drittmittelaktivität, ein beachtliches Ergebnis.[Fn_2] Andererseits belegt die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung beim deutsch-amerikanischen Center for Research and Innovation in Society (CRIS international) in Auftrag gegebene Untersuchung zum Thema "Deutsche Nachwuchswissenschaftler in den USA" (Talent-Studie), dass bei denjenigen, die in den USA bleiben, eine "doppelte Bestenauswahl" stattgefunden hat.[Fn_3] Insofern stellt sich die Frage, ob bei aller gemessenen Rückkehrbereitschaft junger deutscher Wissenschaftler nicht doch die Besten unter ihnen in den USA bleiben. Mobilität und Migration betreffen bekanntermaßen nicht nur die Ebene der Wissenschaftssysteme, sondern zugleich den individuellen Werdegang jedes Wissenschaftlers. Insbesondere für junge Wissenschaftler stellt sich die Frage, inwiefern im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Qualifizierung Phasen im Ausland für ihre Karriere förderlich sind bzw. inwiefern sich damit möglicherweise Risiken verbinden. Zwar spricht vieles dafür, dass der ununterbrochene Verbleib im gleichen Forschungs- und damit auch personellen Umfeld wissenschaftlichen Weitblick und Eigenständigkeit junger Wissenschaftler beeinträchtigen könnte. Umgekehrt erweist sich für den einzelnen Mobilität jedoch nur dann als vorteilhaft, wenn sich dadurch sei es im Ziel- oder im Ausgangsland Karrierechancen deutlich erhöhen. Nicht zu übersehen ist jedoch, wie bereits die Arbeitsgruppe "Nachwuchsförderung" des Präsidiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft in ihren Empfehlungen betont hat, dass Forschungsaufenthalte im Ausland für Postdocs insbesondere dann riskant sein können, wenn "die wenigen verfügbaren Stellen im Rahmen der geschilderten Abhängigkeitsverhältnisse bereits anderweitig besetzt sind."[Fn_4] Dennoch steht außer Frage, dass die DFG die Mobilität junger Wissenschaftler bei der Entwicklung ihrer eigenen wissenschaftlichen Karriere für unverzichtbar hält. Sie ist daher in besonderem Maße gefordert, ihr Förderangebot so zu gestalten, dass es befristete Aufenthalte in einem anderen Wissenschaftssystem unterstützt und zugleich attraktive, berechenbare Möglichkeiten zum Wiedereintritt in das deutsche System eröffnet. Von besonderer Bedeutung sind solche Angebote für Postdoktoranden (s. umseitige Abbildung) sowie für Migranten, die sich seit längerer Zeit im Ausland aufhalten. Insbesondere versucht die DFG mit ihrem Förderangebot auf folgende von der Talent-Studie aufgeworfenen Fragen Antworten zu geben: "Wo [Seite der Druckausg.: 185] kann ich nach meiner Rückkehr anknüpfen?", "Zu alt für Förderprogramme?", "Was wird, wenn ich keine Professur bekomme?"
II. Internationale Zusammenarbeit und (Rück-)Gewinnung der Besten Die internationale Zusammenarbeit gehört zusammen mit der Förderung junger Wissenschaftler und der interdisziplinären Vernetzung der verschiedenen Wissenschaftsgebiete zu den wichtigsten strategischen Zielsetzungen der DFG. Im Sinne einer weltoffenen Wissenschaftsförderung hat die DFG alle ihre Programme für die internationale Zusammenarbeit geöffnet. Dies bedeutet: Alle Förderformen sind so gestaltet, dass Wissenschaftler in Deutschland mit ihren Kollegen weltweit kooperieren können. Um die Mobilität vor allem junger Wissenschaftler zu fördern, bietet die DFG darüber hinaus eine Reihe flexibler Stipendienprogramme an. Überdies gilt für junge Wissenschaftler aus dem Ausland, dass sie grundsätzlich bei der DFG Fördermittel einwerben können, wenn sie bis auf weiteres ihren Karriereweg in Deutschland fortsetzen wollen. [Seite der Druckausg.: 186] Einen weiteren Schritt ist die DFG damit gegangen, dass sie sukzessive in den wichtigsten Partnerländern Außenstellen eröffnet. Bereits im Herbst 2000 hat das Chinesisch-Deutsche Zentrum für Wissenschaftsförderung in Peking seine Tore geöffnet. Das Büro in Washington wird noch im Frühjahr 2002 seine Tätigkeit aufnehmen. Weitere DFG-Vertretungen werden in absehbarer Zeit folgen. Allen gemeinsam ist die Zielsetzung, zu Foren des Austauschs und der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern des Gastlandes mit ihren Kollegen in Deutschland zu werden. Eine weitere wichtige Aufgabe der Außenstellen besteht in der Betreuung und Beratung der im jeweiligen Land tätigen DFG-geförderten Wissenschaftler. Insofern verstehen sich die Büros zugleich als Anlauf- und Kontaktstellen, um die Brücken zu Fachkollegen in Deutschland intakt zu halten. Damit verbunden ist auch die Aufgabe, Kontakte zu deutschen Wissenschaftlern herzustellen, die sich bereits seit geraumer Zeit im Gastland aufhalten und ein Interesse daran haben, wissenschaftliche Verbindungen nach Deutschland aufleben zu lassen oder neu zu knüpfen. Selbstverständlich besteht eine wesentliche Aufgabe der Außenstellen auch darin, einen engen Austausch mit den jeweiligen Partnerorganisationen vor Ort zu pflegen und gemeinsame Projekte vorzubereiten. 1. Einmal Ausland und retour... Angebote für Wissenschaftler in der Qualifizierungsphase Die Deutsche Forschungsgemeinschaft bietet eine Reihe von ineinandergreifenden Fördermöglichkeiten an, damit junge Wissenschaftler an einem selbstgewählten Ort forschen und sich weiterqualifizieren, in einer exzellenten Umgebung eine Nachwuchsgruppe aufbauen und sich auf eine wissenschaftliche Leitungsfunktion vorbereiten können. Mit dieser Förderkette, die bei herausragender wissenschaftlicher Qualität kontinuierliche Unterstützung bei größtmöglicher geografischer Flexibilität erlaubt, zielt die DFG vor allem darauf ab, herausragenden Wissenschaftlern zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Weg zu wissenschaftlicher Selbständigkeit zu eröffnen. 1.1. Forschen und Weiterqualifizieren an einem selbstgewählten Ort Vor allem diejenigen Programme, die Auslandsaufenthalte fördern, enthalten Komponenten, die eine Rückkehr nach Deutschland vorbereiten helfen. So beinhaltet etwa das 2-jährige Forschungsstipendium, das von der Mehrheit der Geförderten (67 %) für längere Auslandsaufenthalte genutzt wird, das Angebot, Mittel für Kongressteilnahmen in Deutschland und Westeuropa einzuwerben. Damit verfolgt die DFG das Ziel, dass junge Wissenschaftler während ihres Auslandsaufenthalts in [Seite der Druckausg.: 187] ihrer jeweiligen Forschungsumgebung in Deutschland präsent bleiben und Kontakte für die Rückkehr knüpfen. Ferner erwägt die DFG, geförderten Auslandsstipendiaten und ihren Familien gegen Ende der Förderung einen Zuschuss zu ihren Umzugskosten zu gewähren. Um im Einzelfall Probleme zu lösen und den Bedarf der Auslandsstipendiaten zu analysieren, bietet die DFG in den wichtigsten Zielländern vor allem in den USA regelmäßig Stipendiatentreffen an. Ferner hat sie mit der Stipendiaten-Mailingliste ein Forum eröffnet, in dessen Rahmen sich Geförderte, die mehr oder minder in der gleichen Situation sind, austauschen und frühere Stipendiaten ihr Erfahrungswissen weitergeben können. Für Rückkehrer ebenso wie für Wissenschaftler, die sich nach der Promotion in Deutschlands weiterqualifiziert haben, stellt die DFG eine Reihe attraktiver Fördermöglichkeiten bereit: Seit 2001 können Wissenschaftler bis zu fünf Jahren nach Abschluss ihrer Promotion[Fn_5] im Rahmen eines Forschungsprojekts für drei Jahre neben Personal-, Sach- und Reisemitteln auch ihre eigene Stelle einwerben. Dieses Angebot ist insofern ein großer Fortschritt, als Nachwuchswissenschaftler nun nicht mehr darauf angewiesen sind, im Rahmen eines Forschungsprojekts oder über Landesmittel an Universitäten beschäftigt zu werden. Die DFG hat bei der Einführung des Förderangebots "Eigene Stelle" bewusst auf Altersgrenzen verzichtet, um unterschiedlich gestaltete Karrierewege adäquat berücksichtigen zu können. 1.2. In einer exzellenten Umgebung eine Nachwuchsgruppe aufbauen Das Emmy Noether-Programm integriert in seiner Förderung einen 2-jährigen stipendienbasierten Auslandsaufenthalt und eine 4-jährige Nachwuchsgruppenleitung im Inland. Ziel der Auslandsphase ist, den Stipendiaten zu ermöglichen, zusätzliche Methodenkenntnis und Projekterfahrung zu gewinnen sowie ein weitergehendes Forschungsvorhaben zu konzipieren. Dieses muss genügend Potential haben, um in der anschließenden Nachwuchsgruppen-Phase von einem Team junger Forscher bearbeitet zu werden. Die Nachwuchsgruppenleiter erhalten dadurch die Gelegenheit, sich zügig weiter für die Hochschullehrerlaufbahn qualifizieren zu können. Seit seiner Einführung hat die DFG das Emmy Noether-Programm in einzelnen Punkten modifiziert: Nunmehr können sich auch Ausländer für das Programm bewerben, wenn sie beabsichtigen, ihre weitere wissenschaftliche Karriere im Anschluss an die Förderung in Deutschland fortzusetzen. Darüber hinaus hat die Förderpraxis gezeigt, dass es im Einzelfall sinnvoll sein kann, wenn der Leiter ein Projekt alleine, ohne zusätzliche Gruppe bearbeitet. Deshalb hat die DFG inzwischen ermöglicht, in solchen Ausnahmefällen nur die Projektleiterstelle, ggf. mit weiteren Sachmitteln, zu beantragen. [Seite der Druckausg.: 188] Die DFG wird das Emmy Noether-Programm auch in Zukunft an neuere Entwicklungen und an den Bedarf der Geförderten anpassen. So setzt sie sich gegenwärtig dafür ein, dass den Nachwuchsgruppenleitern im Rahmen von Einzelfallvereinbarungen das Recht eingeräumt wird, Doktoranden zur Promotion zu führen. Dadurch übernimmt der Leiter auch formal die Verantwortung für die wissenschaftliche Karriere der Projektmitarbeiter, was bei exzellenten Dissertationen zusätzliche Reputation schafft. Nach dem Willen der DFG soll der Nachwuchsgruppenleiter zudem das Recht erhalten, sich an der Lehre zu beteiligen, um sich so auch auf diese Aufgabe einer späteren Langzeit-Professur angemessen vorbereiten zu können. Insgesamt wird die DFG sicherstellen, dass ihre Nachwuchsgruppen-Programme als äquivalente Qualifizierungsangebote zu den an den Universitäten eingerichteten Juniorprofessuren den Nachwuchsgruppenleitern gleichwertige Arbeitsmöglichkeiten und Berufungschancen eröffnen. Dies gilt gleichermaßen auch für die Nachwuchsgruppen, die in Sonderforschungsbereichen oder Forschergruppen angesiedelt sind. Anders als im Emmy Noether-Programm werden solche Nachwuchsgruppen von den jeweiligen Verbünden selbst international ausgeschrieben und die Leitungsfunktion durch den jeweiligen Sonderforschungsbereich (SFB) oder die Forschergruppe eigenständig besetzt. Inzwischen steht es jedem von der DFG geförderten SFB oder jeder Forschergruppe frei, zusätzliche Mittel für die Förderung von Nachwuchsgruppen einzuwerben. 1.3. Auf dem Weg zu einer Professur an einer deutschen Hochschule Das Heisenberg-Programm läuft inzwischen seit 25 Jahren und ist in dieser Zeit zum erfolgreichen "Markenzeichen" geworden. Als solches hat es den geförderten Stipendiaten unmittelbar den Weg in Leitungsfunktionen an Universitäten und außer-universitären Forschungseinrichtungen geebnet. Die hohen Ansprüche an die Bewerber hat das Programm über die gesamte Laufzeit aufrecht erhalten. Die DFG ist nach wie vor davon überzeugt, dass gerade am Ende einer arbeits- und kostenintensiven Qualifizierungsphase ein Exzellenzprogramm stehen muss, das Überbrückungsphasen bis zur Erlangung einer dauerhaften Professur absichert und beste Forschungsmöglichkeiten eröffnet. Die Wertschätzung, die das Programm und seine Stipendiaten an den Hochschulen genießen, bestärkt die DFG darin, dieses Exzellenzprogramm auch weiterhin anzubieten. Mittelfristige Überlegungen gehen dahin, entsprechend den Empfehlungen der Präsidialarbeitsgruppe "Wissenschaftlicher Nachwuchs" in geeigneten Fällen "Heisenberg-Professuren" als Alternative zu Stipendien anzubieten. [Seite der Druckausg.: 189] 2. Der lange Weg zurück zur Wissenschaft in Deutschland: Für etablierte Wissenschaftler Internationale Zusammenarbeit ist ein "Webmuster" der DFG-Förderung. Alle Programme bieten daher auch im Ausland tätigen deutschen Wissenschaftlern Kooperationsmöglichkeiten mit Kollegen in ihrer alten Heimat an. Diese reichen von Angeboten zu einer ersten Wiederannäherung an das deutsche Wissenschaftssystem über Möglichkeiten einer zeitweiligen Rückkehr bis zur Etablierung fester Kooperationen im Rahmen großer koordinierter Forschungsvorhaben wie internationaler Graduiertenkollegs oder transregionaler Sonderforschungsbereiche mit ausländischer Beteiligung. 2.1. Kennenlernen und Mitwirken Kontakte zu Wissenschaftlern in Deutschland sind für im Ausland tätige Forscher essentiell, um mögliche Kooperationen aufzubauen und sich auf diese Weise ggf. den Weg für eine Rückkehr zu ebnen. Deshalb können in Deutschland tätige potentielle Kooperationspartner ausländischer Wissenschaftler für Kontaktreisen und Workshops bei der DFG Reisemittel einwerben. Diese können genutzt werden, um innerhalb einiger Tage längstens weniger Wochen zu eruieren, ob die Basis für ein gemeinsames Projekt gegeben ist. Sollte eine Zusammenarbeit zustande kommen, die für das Projekt wesentlich ist, geht die DFG in der Regel davon aus, dass der Partner im Ausland eine Komplementärfinanzierung einwirbt. In Ausnahmefällen kann die DFG in Abhängigkeit von der wirtschaftlich-finanziellen Situation des Aufenthaltslands bzw. falls keine Förderquellen für den Kooperationspartner zur Verfügung stehen, unterstützend tätig werden. Im Rahmen eines Pilotprojekts testet die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit einer ihrer britischen Partnerorganisation, dem "Engineering and Physical Sciences Research Council" (EPSRC), gegenwärtig ein weiterführendes Angebot: die Mitnahme bewilligter Fördermittel in das jeweils andere Land ("money follows person"). Im Erfolgsfall sind entsprechende Abkommen mit weiteren Partnerorganisationen denkbar. 2.2. Rückkehr auf Probe Internationale Kooperation sollte aus Sicht der DFG nicht nur mit Standorten im Ausland stattfinden. Durch ihr Mercator-Gastprofessuren-Programm eröffnet sie hochqualifizierten Wissenschaftlern aus dem Ausland die Möglichkeit, mit ihren Partnern vor Ort in Deutschland maximal ein Jahr lang zusammenzuarbeiten. Allerdings verbindet die DFG damit die Erwartung, dass die Gäste durch ihre Anwesen- [Seite der Druckausg.: 190] heit an der aufnehmenden Hochschule einen besonderen qualitativen Akzent setzen. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass sie zur Weiterentwicklung eines Forschungsschwerpunkts beitragen und zusätzlich in der forschungsorientierten Lehre mitwirken. Die DFG begrüßt insbesondere, wenn sich Gastwissenschaftler aus dem Ausland dafür einsetzen, jungen Studenten und Doktoranden Forschung nahe zu bringen. Für deutsche Wissenschaftler, die sich schon seit längerer Zeit im Ausland aufhalten, bietet das Mercator-Gastprofessuren-Programm eine zusätzliche Chance: Sie erhalten dadurch die Gelegenheit, ein Jahr auf Probe das deutsche Wissenschaftssystem aus der Innensicht mitzuerleben. Erfahrungen zeigen, dass einige diese Phase nutzen, um Grundlagen für einen längerfristigen Aufenthalt bzw. für die Fortsetzung ihrer Laufbahn in Deutschland zu legen. Wissenschaftlern aus dem Ausland, die für einen kurzzeitigen Aufenthalt nach Deutschland kommen möchten, bietet die DFG an, als Gastwissenschaftler in einem geförderten Sonderforschungsbereich oder einem Graduiertenkolleg mitzuwirken. Solche Aufenthalte können sich je nach Vereinbarung mit den Kooperationspartnern vor Ort auf einige Monate erstrecken. Insbesondere im Rahmen von Graduiertenkollegs, dem DFG-Programm für eine strukturierte Doktorandenförderung, kommt Gastwissenschaftlern eine wichtige Aufgabe zu. Sie verstärken das gastgebende Kolleg in der Regel durch zusätzliche fachwissenschaftliche Expertise und reichern das Studienprogramm mit zusätzlichen weiterführenden Angeboten an. Den Gästen selbst bietet diese flexible Förderform die Möglichkeit, einen vertieften Einblick in ein solches Exzellenzzentrum zu gewinnen und eventuell weiterführende Kooperationen vorzubereiten. 2.3. Gemeinsame Forschungsvorhaben Mit der Förderung internationaler Schwerpunktprogramme besonders in der Chemie sowie in der Luft- und Raumfahrt und der Schaffung der Programmvariante "Internationale Graduiertenkollegs" hat die DFG neue Wege der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit beschritten. An Bedeutung gewinnen zudem transregional angelegte Sonderforschungsbereiche, die an mehreren Standorten zunehmend auch im Ausland angesiedelt sind. Internationalen Graduiertenkollegs kommt insofern eine zusätzliche Vorreiterfunktion zu, als sie neben exzellent bewerteten Forschungsaktivitäten auch strukturbildend für die Qualifizierung von Doktoranden in den beteiligten Partnerländern wirken. Beispiele für solche Strukturwirkungen sind etwa: die Betreuung von Doktoranden durch mehrere Professoren, neue Promotionsformen oder das Angebot berufsvorbereitender Veranstaltungen. Wesentliche Merkmale eines internationalen Graduiertenkollegs, das gemeinsam von einer Wissenschaftlergruppe an einer deutschen Universität und ihren Kooperationspartnern im Ausland getragen wird, sind [Seite der Druckausg.: 191] daher ein gemeinsames Forschungs- und Studienprogramm sowie Aufenthalte von Kollegiaten und ihren Betreuern an der jeweiligen Partnereinrichtung. Die DFG setzt die Komplementärfinanzierung des ausländischen Anteils durch die nationale Förderorganisation voraus und finanziert selbst den deutschen Anteil des Graduiertenkollegs. Für im Ausland lebende deutsche Wissenschaftler bieten internationale Graduiertenkollegs einen zusätzlichen Anreiz: Sie kooperieren längerfristig mit besonders erfolgreichen Wissenschaftlern in Deutschland die maximale Förderdauer eines Graduiertenkollegs beträgt neun Jahre was beste Voraussetzungen bietet, um neue interessante Forschungskontakte zu knüpfen. III. Zusammenfassung Perspektiven Informationsangebote Die Förderung internationaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der DFG-Förderung. Dazu gehört, dass die DFG alle ihre Programme für die Kooperation von Wissenschaftlern in Deutschland mit ihren Kollegen weltweit geöffnet hat. Sie bietet sowohl Wissenschaftlern, die sich während ihrer Qualifizierung für einige Zeit in anderen Ländern aufhalten, als auch solchen, die seit langem dort tätig sind, durch diese Strategie der offenen Tür vielfältige Kooperations- und Rückkehrmöglichkeiten. Für junge Wissenschaftler stellt die DFG Förderformen bereit, die sich im Sinne einer Förderkette ergänzen. Zusätzlich zur inneruniversitären Qualifikation eröffnet die DFG alternative Laufbahnmöglichkeiten: von der Mitwirkung an Forschungsprojekten als studentischer Mitarbeiter bis zur Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Leitungsfunktion. Qualifizierungsphasen im Ausland können in diesem Rahmen flexibel in die einzelnen Karriereetappen in Deutschland eingebaut werden. Da grundsätzlich die Möglichkeit besteht, DFG-Förderung vom Ausland aus zu beantragen, wenn der weitere Karriereweg in Deutschland fortgesetzt werden soll, bietet die DFG auch nach mehrjährigen Auslandsaufenthalten "Rückfahrkarten" an. Auch Wissenschaftler, die sich in späteren Phasen ihrer Laufbahn zur Rückkehr nach Deutschland entschließen und diese im Wege einer Forschungskooperation vorbereiten möchten, unterstützt die DFG mit ihrer Individual- und Projektförderung. Durch Kooperationsbesuche, gemeinsame Workshops sowie durch kurzzeitige oder längerfristige Aufenthalte in Deutschland haben im Ausland tätige Wissenschaftler die Möglichkeit, sich neue Wirkungsfelder zu erschließen. Für die DFG ist dabei wesentlich, dass der Besuch oder Gastaufenthalt für die Forschung in Deutschland sowohl inhaltlich als auch strukturell einen Mehrwert z. B. durch Beiträge zur strukturierten Doktorandenförderung bringt. Mit der Förderung koordinierter Forschungsvorhaben, die an mehreren Standorten in Deutschland und im Ausland durchgeführt werden, zielt die DFG darauf ab, Kooperationen international anerkannter Spitzenforscher zu unterstützen. Für im Ausland tätige deutsche Wissen- [Seite der Druckausg.: 192] schaftler verbindet sich damit die zusätzliche Chance, sich durch langjährige intensive Zusammenarbeit und Gastaufenthalte bei den Partnern in Deutschland zu etablieren. Gegenwärtig ist die DFG dabei, ihre Programme zur Förderung junger Wissenschaftler noch weiter zu flexibilisieren. Künftig werden persönliche Leistungen und wissenschaftlicher Ertrag gegenüber formalen Anforderungen wie festen Altersgrenzen noch deutlicher im Vordergrund stehen. Dadurch bietet die DFG diesen Zielgruppen zusätzliche Anreize, nach längeren Auslandsphasen nach Deutschland zurückzukehren. Im Rahmen ihrer internationalen Graduiertenkollegs strebt die DFG darüber hinaus an, zusätzlich zur gemeinsamen Doktorandenförderung auch gemeinsame Abschlüsse zu ermöglichen. Wegen der unterschiedlichen Anforderungen in den nationalen Wissenschaftssystemen wird es intensiver Verhandlungen bedürfen, um dieses Ziel zu verwirklichen. Die Vereinbarung mit dem britischen EPSRC ist ein erster wichtiger Schritt, um die Mitnahme von Bewilligungen in das Land einer Partnereinrichtung zu erproben. Es ist davon auszugehen, dass nach der Pilotphase weitere Abkommen dieser Art folgen werden. Im Rahmen ihrer Individualförderung stellt die DFG ferner Überlegungen an, zusätzliche Rückkehrmöglichkeiten für Wissenschaftler in fortgeschrittenen Karrierephasen zu eröffnen. Im Auge hat sie dabei insbesondere auch die Anforderungen, die sich herausragend qualifizierten Wissenschaftlerpaaren den "dual career couples" stellen, wenn sie einen Wechsel ihres Einsatzortes in Betracht ziehen. Die Erfahrungen, die die DFG mit der gemeinsamen Beantragung und Begutachtung von Schwerpunktprogrammen, Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen gewonnen hat, bestärken sie darin, diese Kooperationsformen weiter auszubauen. Damit solche Kooperationen zwischen Spitzenforschern zustande kommen, ist es wichtig, dass die DFG durch ihre Förderung wissenschaftlicher Exzellenzzentren weiter zur internationalen Wahrnehmbarkeit von Forschungsleistungen in Deutschland beiträgt. Im europäischen Zusammenhang kommt der DFG durch ihre Mitwirkung in supranationalen Organisationen und Gremien eine große Verantwortung bei der Vorbereitung und Gestaltung des künftigen Europäischen Forschungsraums zu. Neben allen organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen, die für den Erfolg der internationalen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern erfüllt sein müssen, hat die Bereitstellung von Informationen über Forschungsinhalte zentrale Bedeutung. Zu diesem Zweck gibt die DFG mit ihrer Website[Fn_6] und ihrem inzwischen auch elektronisch verfügbaren Jahresbericht[Fn_7] einen umfassenden Überblick über alle von ihr geförderten Personen und Projekte. Völlig neue Wege hat sie durch die [Seite der Druckausg.: 193] Bereitstellung einer inhaltserschließenden Datenbank ihrer geförderten Projekte (Geförderte Projekte Informationssystem, Gepris[Fn_8]) beschritten. Sie bietet neben einer Übersicht über die wichtigsten beteiligten Wissenschaftler und deren Kommunikationsdaten auch eine Fachgebietseinordnung und eine inhaltliche Zusammenfassung des Projekts an. Auf diese Weise unterstützt die DFG Wissenschaftler bei dem, was sie selbst am besten leisten können: bei der Entwicklung neuer Forschungsideen und der Sichtung von Kooperationsmöglichkeiten. [Fußnoten] 1. - Vgl. dazu etwa: Sami Mahroum, Highly Skilled Globetrotters: The International Migration of Human Capital, in: Directorate for Science, Technology and Industry, OECD Committee for Scientific and Technological Policy (STP), OECD Working Group on Innovation and Technology Policy (TIP) (99)2/FINAL, 1999, S. 168-185, S. 179. 2. - They never come back? Zur späteren DFG - Antragsaktivität ehemaliger Forschungsstipendiaten, in: DFG-Infobrief 1, Nr. 1, August 2000, S. 3 ff. 3. - Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg.), Deutsche Nachwuchswissenschaftler in den USA, Mai 2001, S. 4. 4. - DFG: Die zukünftige Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch die DFG, Empfehlungen der Präsidialarbeitsgruppe Nachwuchsförderung, Bonn 2000, S. 9 5. - Es gelten die üblichen Ausnahmen: Kinderbetreuungszeiten, Wehr- oder Ersatzdienst. [Seite der Druckausg.: 194 = Leerseite] © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | July 2003 |