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TEILDOKUMENT:
Vorbemerkung des Herausgebers Zwei Tage später, am 2. März 1925, gab der sozialdemokratische Parteivorstand im Parteiorgan "Vorwärts" die Gründung einer Stiftung bekannt, die mit dem Namen und im Geiste Friedrich Eberts Arbeiterkindern das Studium an Akademien, Hochschulen und Universitäten ermöglichen sollte. Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist im März 1995 also 70 Jahre alt geworden und ist damit die bei weitem älteste der politischen Stiftungen in Deutschland. Dies hat Bundespräsident Roman Herzog bei der Jubiläumsveranstaltung entsprechend gewürdigt. In den letzten Jahrzehnten sind neben die Studienförderung weitere Tätigkeitsbereiche der FES getreten, vor allem die politische Erwachsenenbildung im Sinne von Demokratie und Toleranz, die Förderung internationaler Zusammenarbeit und Verständigung und, last but not least, die Forschung. Dazu gehört auch das Historische Forschungszentrum mit seinen Untergliederungen, der Abteilung Sozial- und Zeitgeschichte, dem Archiv der sozialen Demokratie, der Bibliothek und dem Karl-Marx-Haus in Trier. Neben anderen Aktivitäten aus Anlaß des 70jährigen Stiftungsjubiläums wurde in Bonn vom 9. März bis zum 7. April zum erstenmal eine Ausstellung mit dem Titel "Friedrich Ebert 1871-1925. Vom Arbeiterführer zum Reichspräsidenten" gezeigt, die von der 1986 durch Bundesgesetz errichteten Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg erarbeitet worden ist.
Die Ausstellung wird künftig der Gedenkstätte und der Friedrich-Ebert-Stiftung gemeinsam als Wanderausstellung präsentiert, vor allem in Ostdeutschland, wo der Bedarf an Auflklärung über Friedrich Ebert und sein Wirken besonders groß ist. In der DDR wurde Friedrich Ebert in Anknüpfung an die Politik der Weimarer KPD als "Arbeiterverräter" beschimpft. Denn er habe mit seiner Ablehnung der Räteherrschaft und der Sozialisierung, mit seinem Eintreten für die parlamentarische Demokratie und für einen Ausgleich mit dem Bürgertum die Klasseninteressen der Arbeiter verraten und den Weimarer Staat dem Klassenfeind ausgeliefert. In der Bundesrepublik war und ist Ebert, insbesondere seine Rolle in der Revolutionszeit, durchaus nicht unumstritten. Einflußreiche Forscher heben, vor allem mit Blick auf den späteren Sieg des Nationalsozialismus, stärker die Versäumnisse und verpaßten Gelegenheiten zur Festigung und Vertiefung der Demokratie hervor als die eindeutig positiven Leistungen. Zu den positiv zu Buche schlagenden Punkten zählen: - der Beitrag zum dauerhaften Sturz der Monarchie und zur Einführung einer parlamentarischen Demokratie mit Wahlrecht für alle Bürger, auch für die Frauen, - die Erhaltung der Einheit des Reiches und - die Vermeidung von Chaos bei der Rückführung der besiegten Armeen und bei der Umstellung von der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft. Bei der Gesamtbeurteilung des Wirkens Friedrich Eberts müssen folgende Fragen berücksichtigt werden:
- Welche Handlungsalternativen hatten die seinerzeitigen Protagonisten, in erster Linie Friedrich Ebert und die Mehrheitssozialdemokraten? - Boten die strukturellen Vorprägungen und die ideologischen und mentalen Traditionen ihnen wesentlich andere Möglichkeiten für einen Kurswechsel? - Wie ist in der Hektik einer revolutionären Phase der Faktor Zeit bei weitreichenden Beschlüssen zu gewichten? Die Sozialdemokraten hatten ja seit dem 19. Jahrhundert zwar ständig von der künftigen Revolution geredet, waren 1918 auf die Revolution und ihre Konsequenzen aber alles andere als vorbereitet, weder konzeptionell noch personell. Zur Einführung in die Ausstellung sprach anläßlich ihrer ersten Präsentation in Bonn am 9. März 1995 im Rahmen des Gesprächskreises Geschichte Prof. Dr. Peter-Christian Witt von der Universität/Gesamthochschule Kassel, der Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Heidelberger Gedenkstätte ist. Herr Witt hat sich seit zweieinhalb Jahrzehnten intensiv mit der Person und dem Wirken Friedrich Eberts befaßt und eine weitverbreitete Biographie im Verlag J.H.W. Dietz Nachf. veröffentlicht, die nach der Hardcoverausgabe von 1971 mittlerweile als Taschenbuch in dritter, nach dem Umbruch von 1989 aktualisierter Auflage vorliegt. Diesen Vortrag legen wir hiermit gedruckt vor. Da wir ihn als Begleittext der Wanderausstellung verwenden wollen, fugen wir in Kooperation mit der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg neben einigen Illustrationen auch die Haupttexte der Ausstellung, einen tabellarischen Lebenslauf sowie eine autobiographische Skizze Friedrich Eberts an. Bonn, im Mai 1995 Dr. Dieter Dowe
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |