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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausgabe: 13]


2. Planung und Aufbau eines neuen und eines gewachsenen Zentrums im Rahmen des Zentrenkonzepts für die Stadt Freiburg

Der Vertreter der Stadt Freiburg schilderte das Problem der Stadtteilentwicklung vor allem unter ökonomischen Aspekten und der Fragestellung, wie und mit welchen Akteuren sich Konzepte zur Zentrenstärkung und -bildung sinnvoll umsetzen lassen.

2.1 Zur Ausgangssituation

Konzepte zur Zentrenbildung müssen zunächst die teilweise sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Interessen aller involvierten Akteure bzw. Entscheidungsträger aus Einzelhandel, Politik und Stadtplanung berücksichtigen, die der Referent folgendermaßen charakterisierte:

  • Der bereits etablierte städtische Einzelhandel befürchtet bei Neuausweisungen von Einzelhandelsstandorten an nicht integrierten Standorten sowie der Entwicklung neuer Verkaufskonzepte wie Factory Outlet Centers oder Urban Entertainment Centers vor dem Hintergrund allgemein stagnierender Kaufkraft kontinuierliche Funktionsverluste der gewachsenen kernstädtischen Zentren.

  • Auf seiten der Politik ist zu beobachten, daß sich kommunalpolitische Entscheidungsträger zunehmend auf die vom Vertreter Freiburgs als in der Regel unzutreffend bezeichneten Prognosen hinsichtlich neuer Arbeitsplätze und zusätzlicher Steuereinnahmen, die durch Einzelhandelsprojekte an neuen, nicht integrierten Standorten geschaffen würden, verlassen und sich für entsprechende Projektgenehmigungen auf der „grünen Wiese" einsetzen. Darüber hinaus spiele der Leitsatz: „Wenn wir es nicht tun, macht es die Nachbargemeinde" eine große Rolle im kommunalpolitischen Entscheidungsfindungsprozeß.

  • Die verantwortlichen Stadtplaner schließlich sind - so der Vertreter Freiburgs - mit der Entwicklung steuernder Planungsinstrumente wie beispielsweise stadtübergreifenden, regional abgestimmten Märkte- und Zentrenkonzepten oder der Erbringung von Standortnachweisen für zusätzliche Einzelhandelsflächen in den gebauten Zentren zunehmend überfordert. Ein Folgeeffekt sind wachsende Probleme mit Einzelhandelskonzernen unter anderem in bezug auf die Entwicklung von Warensortimenten (Randsortimente), Stellplatzoptimierung oder Baukörpergestaltung.

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2.2 Märkte- und Zentrenkonzept der Stadt Freiburg

Eine Rahmenbedingung für Konzepte zur Zentrenerhaltung und -bildung ist das Vorhandensein bzw. die Schaffung eines umfangreichen Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots, das wiederum von ausreichender lokaler Kaufkraft abhängig ist. Zur Bindung der Kaufkraft an die Zentren führte die Stadt zwischen 1989 und 1991 ein Märkte- und Zentrenkonzept ein, das folgende Ziele beinhaltet:

  • Identifikation von bzw. Unterscheidung zwischen zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten,

  • Ausschluß von zentrenrelevanten Sortimenten in Gewerbegebieten,

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  • Erstellung von Gutachten zur Kaufkraftentwicklung,

  • Aktualisierung sämtlicher Bebauungspläne für gewerbliche Nutzungen im Hinblick auf die neueste Baunutzungsverordnung,

  • rechtzeitige Erbringung eines Standortnachweises für alle Sortimentsbereiche an städtebaulich geeigneten Standorten,

  • Abstimmung des Konzeptes mit den Nachbargemeinden,

  • Information der Bürger/-innen, lnvestoren, Nachbargemeinden sowie der Verwaltung mittels einer Broschüre,

  • regelmäßige Aktualisierung des Konzeptes.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Freiburger Märkte- und Zentrenkonzept zeigen, daß dieses zwar von allen Beteiligten und Betroffenen weitgehend akzeptiert wird, allerdings seitens der Investoren dennoch permanent nach „Schlupflöchern" bzw. Möglichkeiten für Ausnahmen und Befreiungen gesucht wird.

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2.3 Zehn Aspekte für die Entwicklung eines (neuen) Zentrums

Der Vertreter der Stadt Freiburg nannte zehn Kriterien, die bei der Entwicklung eines (neuen) Zentrums berücksichtigt werden müßten:

  1. Zentrentyp (z.B. punktförmiges Zentrum [„Alter Meßplatz" in Freiburg, s.u.] oder straßenbegleitendes Zentrum [neues Quartier „Rieselfeld" in Freiburg, s.u.]),

  2. Erreichbarkeit sowohl mit dem motorisierten und nicht motorisierten Individualverkehr als auch dem ÖPNV (notwendig ist daher beispielsweise die Errichtung von Haltestellen des ÖPNV im Zentrum),

  3. Größe der Mantelbevölkerung; hier spielen die Faktoren Bebauungsdichte und Kaufkraft eine Rolle,

  4. Gestaltung der Umgebungsbebauung und des Zentrums hinsichtlich Identität/ Identifikationsmöglichkeiten und Aufenthaltsqualität,

  5. Kleinteiligkeit der Umgebungs- und der Einzelhandelsarchitektur,

  6. Mischung und Nutzungsvielfalt im Quartier,

  7. Qualität des zentralen Platzes in bezug auf seine Aufenthalts- bzw. Kommunikationsqualität,

  8. Anordnung der „Magnetfunktionen" im Zentrum,

  9. Angebotsmix von Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie, Freizeit- und kulturellen Einrichtungen,

  10. Zentrenmarketing.

Ein anderer Punkt, der vom Referenten im Zusammenhang mit der Zentrenplanung bzw. -entwicklung angeführt wurde, betrifft die Eigentumsrechte an den betreffenden Flächen. Diese sollten sich in kommunalem Besitz befinden, so daß per Gemeinderatsbeschluß über die geplante Zentrenstruktur befunden werden kann.

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2.4 Das neue Stadtteilzentrum Freiburg-Rieselfeld

Das neue Wohnquartier Rieselfeld im Westen Freiburgs wurde für insgesamt 12.000 Einwohner konzipiert. In den seit Baubeginn vor drei Jahren fertiggestellten 1.100 Wohneinheiten leben heute rund 2.500 Einwohner. Das geplante Stadtteilzentrum soll sich zwischen zwei Straßenbahnhaltepunkten im Erdgeschoßbereich entwickeln:

  • Lebensmittel: insgesamt 250 m²

  • Non-Food: insgesamt 240 m²

  • Dienstleistungen: insgesamt 280 m²

  • Gastronomie (1 Café, 3 Restaurants): insgesamt 550 m²

  • Kultur (Galerie): insgesamt 60 m²

Allerdings siedelten sich entgegen ihrer ursprünglichen Absicht ein Lebensmittel-Vollsortimenter und ein Lebensmittel-Discounter nicht in Rieselfeld an, da die lokale Kaufkraft nur unzureichende Renditen und die räumliche Nähe eines SB-Warenhauses sowie eines ALDI-Marktes zu starke Konkurrenz erwarten ließen. Damit fehlen derzeit noch wichtige „Magneten" im Zentrum Rieselfeld.

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2.5 Das neue Stadtteilzentrum „Meßplatz"

Durch Verlegung des „Alten Meßplatzes" von der Oststadt in den Westen Freiburgs ergab sich die Möglichkeit, auf dem freiwerdenden Gelände ein neues Zentrum in einem gewachsenen Quartier mit insgesamt 28.000 Einwohnern zu schaffen und damit die lokale, zunehmend abfließende Kaufkraft zumindest teilweise im Quartier zu halten. Im Rahmen eines „ExWoSt"-Projektes wurden die Möglichkeiten der Entwicklung eines solchen Zentrums unter anderem im Rahmen einer verstärkten Bürgerbeteiligung untersucht. Insgesamt ergaben sich folgende, zum Teil kontroversen Zielvorstellungen: Die beteiligten Bürger/-innen wünschten eine kleinteilige Bebauung, quartiersbezogene Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomieangebote („Nachbarschaftsmarkt") sowie einen ansprechend gestalteten zentralen Platz mit möglichst wenigen Stellplätzen. Die Stadt argumentierte eher haushaltspolitisch und rückte den zu erzielenden Erlös von 30 Mio. DM zur Finanzierung des neuen Meßplatzes ins Zentrum ihrer Argumentation. Diese Summe sollte aus einem Angebot von 10.000 m² Wohn- sowie 10.000 m² Dienstleistungsflächen erzielt werden. Das Märktekonzept empfiehlt für den Standort ein neues Stadtteil- und Einkaufszentrum mit 10.000 m² Bruttogeschoßfläche. Der beteiligte Investor schließlich sprach sich für die Einrichtung eines großen SB-Warenhauses mit insgesamt 9.300 m² Einzelhandelsverkaufsfläche, Dienstleistungseinrichtungen und einem Parkhaus aus. Bis jetzt - so der Vertreter Freiburgs - konnten die Konfliktpositionen noch nicht ausdiskutiert werden; der bisher an dem Projekt interessierte Einzelhandelsbetreiber hat vor kurzem sein Angebot zurückgezogen. Die Zielvorstellungen des Einzelhandels und der Stadtplanung bzw. Stadtpolitiker gehen immer mehr auseinander, und mit dem Hinweis auf „Kundenwünsche" wird die ursprüngliche Idee eines integrierten Standortes zugunsten nicht integrierter Lösungen inklusive großzügiger Parkraumausweisung zunehmend ausgedünnt.

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Aus Sicht des Vertreters der Stadt Freiburg ist zu hoffen, daß durch eine konstruktive und engagierte Zusammenarbeit von Stadtplanung, Wirtschaftsförderung, Rechtsamt und Politik gegen die Standortziele des Einzelhandels auch zukünftig die Konzeption qualitativ hochwertiger Zentren möglich bleibt. Die von den Bürgern besonders akzeptierte Mischung von Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen bei gleichzeitig guter Erreichbarkeit und ansprechender Gestaltung ist gegenüber Investoren kaum durchsetzbar, die allerdings auf der anderen Seite ein Mindestmaß an Kaufkraftstabilität, also Ortsgebundenheit der lokalen Bevölkerung erwarten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

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