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3. Niederlande und Frankreich als Vorbild für Deutschland ?

3.1 Konzepte gegen die Jugendarbeitslosigkeit in den Niederlanden

"Der niederländischen Jugend geht es im Prinzip gut, aber nicht allen Jugendlichen." Mit diesen Worten charakterisierte ein Regierungsvertreter des niederländischen Ministeriums für Soziale Angelegenheiten und Arbeit die Arbeitsmarktsituation der niederländischen Jugendlichen im erwerbsfähigen Alter unter 25 Jahren. Zwei Drittel von ihnen machen eine Ausbildung, fast ein Fünftel geht einer bezahlten Arbeit nach. Der Anteil der Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt nimmt relativ zu anderen Alterskohorten ab, einerseits weil es einen zahlenmäßigen Rückgang der Gruppe der 15- bis 25-jährigen gibt und andererseits weil sich die Ausbildungszeiten verlängert haben. Hinzu kommt, daß sich gleichzeitig aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums die Perspektiven für Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt stark verbessert haben.

Die Jugendarbeitslosigkeit geht stärker zurück als die Arbeitslosigkeit bei Älteren. Und Jugendliche werden auch nicht so schnell langzeitarbeitlos wie ältere Niederländer. Der Großteil der Schulabgänger findet nach kurzer Zeit eine Arbeitsstelle, neunzig Prozent innerhalb eines Jahres. Allerdings geht etwa ein Viertel der Jugendlichen einer vorübergehenden Arbeit nach, aber die Mehrheit findet nach einer Arbeitsbeendigigung sehr rasch einen neuen Arbeitsplatz. Jugendliche mit geringerem Ausbildungsniveau und mangelnder Arbeitserfahrung sind am unteren Rand des Arbeitsmarkts - schlecht bezahlte oder unregelmäßige Arbeit, schlechte Arbeitsbedingungen - überproportional vertreten. Dennoch sind die Zukunftsperspektiven für die meisten dieser Jugendlichen eher positiv, weil sie eine relativ große Chance haben, im Laufe der Zeit einen besseren Arbeitsplatz zu bekommen.

Problematisch sind jedoch die Arbeitsmarktperspektiven der Jugendlichen, die die Schule vorzeitig verlassen und der Jugendlichen mit einem niedrigen Ausbildungsniveau. Häufig betrifft dies Jugendlicher, die ethnischen Minderheiten angehören. Bei diesen Jugendlichen kombiniert sich die mangelhafte Ausbildung oftmals mit persönlichen Problemen. Immerhin betrifft dies 500.000 und 750.000 Jugendliche (10 bis 15 Prozent der niederländischen Jugend), die häufig Anlaß zum Einschreiten der Be-

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hörden geben. Die Gründe reichen von einfacheren Problemen, wie zum Beispiel Schule schwänzen bis hin zu Straftaten. Diese Jugendlichen sind entweder in die Niederlande eingewandert oder gehören zur Zweiten Generation der Migranten.

Betrachtet man die Ausbildungssituation, stellt man zwar fest, daß immer mehr Jugendliche eine längere Ausbildung machen. Dennoch gibt es Auszubildende, die durch unentschuldigte Fehlzeiten auffallen. Dies spielt bei älteren Schülern eine Rolle, die mit ihrer Ausbildung unzufrieden sind oder lieber arbeiten gehen möchten, um schneller Geld verdienen zu können. Auch Schüler, die Probleme mit ihren Eltern haben, versäumen häufiger den Schulunterricht.

Die meisten Probleme haben Kinder, die bereits die Grundschule mit einem Wissensrückstand beginnen. Kinder, deren Eltern oft selbst nur gering qualifiziert sind - häufig sind dies Ausländer. Diesen Kindern gelingt es oftmals nicht, ihren sozial bedingten Rückstand in der Grundschulzeit trotz zusätzlicher Ausbildungsmittel aufzuholen. Sie geraten später häufig in Ausbildungsgänge auf sehr niedrigem Niveau. Aufgrund der hohen Zahl besser ausgebildeter Schüler vermindern sich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Von diesen jährlich 55.000 schlechter ausgebildeten Schülern machen sogar 33.000 keinen Schulabschluß. Das vorzeitige Verlassen der Schule wird vor allem in den großen Städten zum Problem, wo auch die meisten Ausländer wohnen.

Politisches Motto in den Niederlanden ist es, daß die Ausbildung die Chancengleichheit aller Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, garantieren soll. Dazu dient die allgemeine Schulpflicht und das Recht auf eine kostenlose Ausbildung bis zum 18. Lebensjahr. Ab dem 18. Lebensjahr gibt es für den Hochschulbereich das Recht auf Studienfinanzierung (Stipendien und Darlehen). Ab dem 16. Lebensjahr kann Arbeit mit einer Teilzeitausbildung kombiniert werden. Vor allem die Lehrlingsausbildung spielt dabei eine große Rolle, die von den Unternehmen organisiert wird. Aber auch im Oberschul- und Hochschulbereich entstehen immer mehr Kombinationen aus Ausbildung und Arbeitserfahrung.

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Für Jugendliche mit Ausbildungsproblemen gibt es gesonderte Maßnahmen, die sich z.B. auf die Verminderung von Unterrichtsrückständen, die Unterstützung in der Erziehung und die Verringerung der Zahl der vorzeitigen Schulabgänger beziehen. Bei der Bekämpfung von Unterrichtsrückständen geht man davon aus, daß Schule, Eltern und verschiedene Hilfsinstitutionen zusammenarbeiten müssen. Mit einem neuen Gesetz haben die Gemeinden seit 1998 dafür die Regie-Verantwortung bekommen. Sie erhalten für ihre Arbeit mit Problemschülern insgesamt 120 Mio. HFL.

Um die Unterrichtsrückstände zu bekämpfen, wird an einer Verbesserung der Elternunterstützung gearbeitet, sowohl bei der Erziehung im Vorschulalter, als auch im späteren schulpflichtigen Alter. Die Regierung hat hierfür Sondergelder bereitgestellt. Eltern und Kinder in Risikosituationen können damit besser erreicht werden. Die Gemeinden müssen für eine Verbesserung der Jugendeinrichtungen und der sozialen Hilfe für Eltern mit jüngeren Kindern sorgen.

Seit 1994 bestehen überall in den Niederlanden regionale Zentren, um das Problem des vorzeitigen Schulabgangs einzudämmen. Unterrichtsversäumnisse werden dort durch die Schulen gemeldet. Diese Zentren müssen Jugendliche zu einer möglichen Rückkehr zum Unterricht bewegen, oder - sofern erforderlich - zur Arbeit und zu Schulen begleiten. Ziel ist es, daß der Jugendliche eine qualifizierte Ausbildung erwirbt, um Arbeitslosigkeit - besonders in Zeiten konjunktureller Krisen - vorzubeugen. Die Regierung will diese Zentren noch besser finanziell ausstatten. So soll den Jugendlichen der Zugang zu einer Weiterbildung oder zum Arbeitsmarkt erleichtert werden.

Seit dem 1.1. 1998 gibt es in den Niederlanden ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - WIW „Wet Inschakeling Werkzoekenden" (Integration von Arbeitsuchenden), auf deutsch etwa "Gesetz zur Eingliederung von Arbeitssuchenden". In den Niederlanden gab es bereits 1991 ein erstes Garantieprogramm für die Arbeit Jugendlicher (Jeugd-Werk-Garantieplan, JWG), zunächst für Jugendliche ab 16 (Ende der Schulpflicht) bis 21 Jahre. Das WIW setzt den Schwerpunkt bei den Jugendlichen mit Ausbildungs- und Integrationsschwierigkeiten.

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Allen Jugendlichen bis zum Alter von 23 Jahren muß eine Arbeits- oder Förderungsstelle vermittelt werden. Jeder Jugendliche ist andererseits verpflichtet, an dem Programm teilzunehmen und davon nur befreit, wenn er mindestens 19 Wochenstunden in Ausbildung steht oder mindestens 50 Prozent des gesetzlich definierten Minimallohns für irgend eine Arbeit nachweisen kann.

Bezahlt werden die Jugendlichen aus Mitteln des Sozial- und Arbeitsministeriums. Insgesamt betragen die öffentlichen Kosten für jede/n Jugendliche/n etwa 8.000 Ecu im Jahr - bei 20.000 Ecu oder 40.080 Mark liegen hingegen in Deutschland die Durchschnittskosten für einen Arbeitslosen, wobei natürlich die Altersstufen verschieden ins Gewicht fallen." [Fn.8: Andreas Flittner „Die Meßlatten dürfen nicht zu hoch liegen - Arbeitsgarantie für alle Jugendlichen - Das niederländische „Drei Phasen Modell", in: Süddeutsche Zeitung vom 28/29.11.98, S. VI]Der Bildungsexperte Andreas Flittner sieht die Stärke dieses Programms darin, daß Jugendliche sich nach der Schulentlassung nicht von einem System von Meßlatten und festgelegten Lehrberufen umgeben sehen, die für sie oft auch mit zahllosen Bewerbungen nicht erreichbar sind.

Das neue WIW-Gesetz bietet Arbeitslosen drei Möglichkeiten: zunächst Schulungen für die Hinführung zum Arbeitsmarkt. Ist diese Hinführung noch nicht möglich, ist die Teilnahme an sozialen Aktivitäten eine Alternative. Eine zweite Möglichkeit ist ein subventioniertes Arbeitsverhältnis bei der Gemeinde, die den Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber ausleiht. Die dritte Möglichkeit ist ein sogenannter "Zustromarbeitsplatz", bei dem jeder Arbeitgeber vorübergehend subventioniert wird.

Zur Finanzierung dieser Möglichkeiten erhielten die Gemeinden 1998 eine Gesamtsumme von 1,18 Mrd. HFL. Für alle Jugendlichen wird für die Hinführung zum Arbeitsmarkt von Gemeinde und Arbeitsamt ein Vorgehensplan aufgestellt. Glücklicherweise hat sich in der Praxis erwiesen, daß die Mehrheit der Jugendlichen nach kurzer Zeit selbst Arbeit findet. Der Vorgehensplan kann sich bei diesen Jugendlichen darauf beschränken, die Suche nach Arbeit zu unterstützen und zu stimulieren.

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Weiterreichende Bemühungen liegen meistens im Verantwortungsbereich der Kommunen. Dabei kann es sich um Sprachkurse, Verbesserung der sozialen Fähigkeiten, Aktivitäten zur Stimulierung des Selbstvertrauens, Praktika, Übungsunternehmen und verschiedene Formen von Schulung und Erziehung handeln. Wenn diese Hilfe oder die weiterreichenden Bemühungen der Gemeinde nicht ausreichen, um einen Arbeitsplatz zu finden, muß die Gemeinde den Jugendlichen nach spätestens einem Jahr Arbeitslosigkeit ein Arbeitsverhältnis anbieten.

Nach der Arbeitsgarantie durch den Vorgehensplan im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit ist dies nun die endgültige Garantie für einen Arbeitsplatz. Ausgenommen davon sind nur die Jugendlichen, die sich aufgrund eigener Probleme dafür noch nicht eignen. Die Gemeinde schließt mit dem arbeitslosen Jugendlichen einen Arbeitsvertrag ab und verleiht ihn anschließend an einen Arbeitgeber, im privaten oder öffentlichen Bereich.

Zur Zeit wird diese Möglichkeit von 23.000 Jugendlichen genutzt. Jugendliche bis zum 23. Lebensjahr erhalten einen Arbeitsvertrag für 32 Stunden pro Woche und den gesetzlichen Mindestlohn. Sind sie 23 Jahre alt geworden sind, kann die Gemeinde den Arbeitsvertrag noch einmal um zwei Jahre verlängern. Das neue Gesetz sorgt für die Finanzierung der Lohnkosten dieser Jugendlichen. Arbeitgeber, die die Jugendlichen bei den Kommunen als Arbeitskräfte ausleihen, zahlen an die Kommunen eine Vergütung.

Zur Stimulierung von Arbeitgebern, einen arbeitslosen Jugendlichen auf Probe einzustellen, kann die Gemeinde eine Lohnkostensubvention von max. 17.000 HFL für ein Jahr bewilligen. Diese Kosten kann die Gemeinde wiederum dem Staat in Rechnung stellen. Die Gemeinde kann diesen gesamten Betrag an den Arbeitgeber weiterleiten, aber auch einen Teil für Schulung und Begleitung des Arbeitnehmers verwenden. Darum wurden zwischen der Vereinigung der Niederländischen Gemeinden, dem Zentralen Arbeitsamt und den Zentralen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen Vereinbarungen getroffen. Vorläufig wird davon ausgegangen, daß mit diesem Programm 12.000 Arbeitsplätze für Jugendliche und Langzeitarbeitslose geschaffen werden.

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Außerdem werden die Tarifpartner selbst stimuliert, mit oder ohne kollektive Arbeitsverträge „Zustromprojekte" für Jugendliche zu vereinbaren. Beispiele hierfür finden sich in der Textilindustrie und bei der Luftfahrtsgesellschaft KLM, die mit Kommunen Vereinbarungen zu subventionierten Arbeitsplätzen abgeschlossen haben. Dabei konzentriert man sich auf Projekte für Langzeitarbeitslose und ausländische Jugend.

Um zu verhindern, daß die Jugendlichen sich zu lange jenseits des Arbeitsmarkts sozialisieren, können Projekte der Kommunen zur Stimulierung der Teilnahme an sinnvollen Aktivitäten und Freizeitbeschäftigungen einen wertvollen Beitrag leisten. Solche Aktivitäten zielen darauf, die Integrationschancen der jungen Erwachsenen in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Dabei soll das Augenmerk besonders auf den Jugendlichen liegen, die auf öffentliche Fürsorge angewiesen sind, betonte der Vertreter des niederländischen Ministeriums für Soziale Angelegenheiten. Das sind oftmals Jugendliche, die in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Seine Schlußfolgerung lautete: Ohne die Zusammenarbeit von vielen Instanzen, die sich mit Jugendlichen beschäftigen, sei eine solche Arbeit nicht erfolgreich zu leisten.

Problematisch sei die Situation der ausländischen Jugendlichen. Auch wenn sich das Bild ein bißchen verbessert habe. Viele dieser Jugendlichen sind arbeitslos und ohne einen Ausbildungsabschluß. Ausländische Jugendliche nehmen die Maßnahmen der Gemeinden überproportional in Anspruch. Für einen Zeitraum von drei Jahren wurden in 32 Gemeinden sogenannte "Stimulierungsprojekte für junge Arbeitslosengeldempfänger bis 30 Jahre" eingerichtet. Diese Projekte haben das Ziel, den Anschluß an Schulung und Arbeit für Jugendliche antillianischer, arobanischer, türkischer und marokkanischer Herkunft zu verbessern. Sie bilden die größten Gruppen der ethnischen Minderheiten.

Aufgrund der Probleme, mit denen diese Jugendlichen wegen ihrer ethnischen Herkunft zu kämpfen haben, ist für diese Gruppe eine besondere Herangehensweise erforderlich. Die Projekte richten sich auch an Jugendliche, für die eine Vorplanung zur Hinführung zur Arbeit oder intensive Begleitung notwendig ist. Um den Anschluß

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an den Arbeitsmarkt zu schaffen, liegt das Augenmerk der Kommunen und Arbeitsämter besonders auf diesen Zielgruppen, für die spezielle Planungen ausgearbeitet werden. In besonderen Projekten für diese Jugendlichen wird auch ausländisches Personal eingestellt.

Gesellschaftlich brisant ist auch die gestiegene Jugendkriminalität, die in den Niederlanden zwischen 1980 und 1996 von 2,8 Prozent auf 4,7 Prozent anstieg. Aufgrund der neuen Politik der Regierung wurden mit den großen Städten Vereinbarungen getroffen, die Jugendkriminalität gemeinsam zu bekämpfen. Die Städte haben selbst die Verantwortung für den Bereich Jugend und Sicherheit übernommen. Die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Polizei, Kinderschutzbund und Staatsanwaltschaft wurde verstärkt. Im Bereich Jugendfürsorge und Arbeitsamt sind weitere Verbesserungen in der Zusammenarbeit erforderlich, unterstrich der Ministeriums-Vertreter.

Zu der Gruppe der arbeitslosen Jugendlichen gehören auch diejenigen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. In den Niederlanden gilt die Regelung, daß die Haftzeit als Zeit der Arbeitslosigkeit angerechnet wird. Es ist also möglich, daß ehemalige Strafgefangene an den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen können. Die Regierung legt Wert darauf, daß die Projekte und Pläne von Justiz, Gemeinde und Arbeitsamt gut aufeinander abgestimmt werden. Gute Zusammenarbeit könne Kompetenzgerangel vermeiden. Das Justizministerium und das Ministerium für Arbeit und Soziales wirken zusammen, um diesen Gruppen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt geben zu können. In den Niederlanden geht das Arbeitsministerium davon aus, daß solche Maßnahmen auch bei der fortgesetzt guten Entwicklung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt notwendig bleiben

Faßt man die Situation zusammen, so lassen sich nach Darstellung des Ministeriumsvertreters folgende positive Entwicklungen feststellen:

  • straffere Zusammenarbeit zwischen den seit jeher getrennten Instanzen, die sich mit Arbeitsvermittlung einerseits und Zahlung von Arbeitslosenhilfe und -unter-

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  • stützung andererseits beschäftigen. Leitmotiv dabei ist der Spruch: „Arbeit geht über Einkommen";
  • eine zunehmende eigene Verantwortung bei den Kommunen, um Gelder und Arbeitsmarktinstrumente einzusetzen, um die immer mehr erforderliche Maßarbeit zur Aktivierung von Arbeitslosen zu ermöglichen.

3.1.1 Kommunale Arbeitsmarktpolitik in Deventer [Fn.9: An dieser Stelle sei dem Direktor des „Deventer Werkt", Adel Faltas, für seine Auskünfte gedankt, die der Autor nur dank dessen vorzüglichen deutschen Sprachkenntnissen verarbeiten konnte.]

Arbeitsmarktlage in Deventer

Seit jeher liegt in Deventer der Schwerpunkt der Beschäftigung auf der Industrie: vorwiegend grafische, Metall- und Lebensmittelindustrie. Auch heute ist die Industrie überproportional vertreten. Die höchste Wachstumsrate liegt aber zur Zeit vorwiegend im Dienstleistungssektor. Deventer liegt voll im nationalen Trend der derzeitigen Hochkonjunktur. Das Angebot an neuen Stellen befindet sich auf Rekordhöhe und belief sich im Marktsektor allein in den letzten 10 Jahren auf 6.000 neue Stellen.

Arbeitslose Berufsbevölkerung

In Zusammenhang mit der industriellen Tradition der Stadt ist ein relativ großer Teil der Berufsbevölkerung auf industrielle Produktionsberufe orientiert. Eine Großzahl der Arbeitslosen hat deshalb ein relativ niedriges Ausbildungsniveau. Die industrielle Vergangenheit der Stadt hat außerdem zur Folge gehabt, daß sich eine relativ große Anzahl türkischer Industriearbeiter in Deventer niedergelassen hat. Die Kinder dieser Gastarbeitergeneration haben im Vergleich zu ihren Eltern erheblich bessere Ausbildungen und niederländische Sprachkenntnisse aufgebaut. Dennoch sind sie übervertreten in der Arbeitslosenzahl im Vergleich zu ihren niederländischen Altersgenossen.

Diese Faktoren haben in Deventer über lange Zeit zu einer relativ hohen Arbeitslosigkeit geführt, mit einem besonders hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen. Stark

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vertreten in dieser Kategorie sind Personen über 45 Jahre, Ausländer und Alleinerziehende. Von einer hohen Jugendarbeitslosigkeit kann man zur Zeit nicht mehr sprechen. Arbeitgeber sind unter den heutigen Marktbedingungen weniger kritisch als vor einigen Jahren und weitaus die meisten Jugendlichen finden zur Zeit problemlos Arbeit.

Dennoch gibt es vereinzelte Kategorien von Jugendlichen, die auch unter den heutigen Marktbedingungen den Anschluß an die Arbeitswelt nicht ohne weiteres schaffen. In der lokalen Arbeitslosenbekämpfung besteht daher eine verstärkte Aufmerksamkeit für diverse Zielgruppen unter Jugendlichen: die bereits erwähnte zweite Generation der Ausländer, Jugendliche mit geistigen und körperlichen Behinderungen, Jugendliche aus Internaten und Strafanstalten.

Das „Deventer Werkt"

Das „Deventer Werkt" ist die Instanz der Stadt Deventer und der Gemeinden Diepenveen und Bathmen. Die Einrichtung der Kommune wird ausschließlich aus nationalen Mitteln finanziert, auf die jede Kommune ein Anrecht hat. Daher haben viele niederländische Gemeinden eine ähnliche Einrichtung wie „Deventer Werkt". Die Stiftung „Deventer Werkt" existierte schon, bevor das WIW-Gesetz in Kraft trat. Man bevorzugte die Organisationsform der Stiftung, da die Kommune damals selbst keine Arbeitskräfte einstellen konnte, ohne sie zu „verbeamten". Dies ist seit dem WIW nicht mehr zwingend, weil nun die Kommune berechtigt ist, „normale" Arbeitsverhältnisse einzugehen. In anderen niederländischen Städten sind es manchmal die Sozialämter oder private beauftragte Firmen, die die Arbeitsverhältnisse mit arbeitslosen Jugendlichen nach dem WIW abschließen bzw. auf dem lokalen Arbeitsmarkt organisieren.

Subventionierte Arbeitsstellen

Das Gesetz WIW räumt den Kommunen einen wesentlich größeren eigenen Gestaltungs- und Umsetzungsspielraum ein, um den lokalen Gegebenheiten angepaßte Konzepte zu entwickeln. Bis zum 1. 1. 1998 durfte es subventionierte Arbeitsstellen ausschließlich im gemeinnützigen Sektor geben. Mindestens drei Jahre mußte der

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Teilnehmer arbeitslos sein. Die angebotene Stelle mußte vorher von einer Prüfungskommission auf Aspekte wie Verdrängung regulärer Beschäftigung, Wettbewerbsverzerrung usw., begutachtet werden. Darüber hinaus wurde seitens der Regierung die maximale Anzahl der subventionierten Arbeitsplätze pro Stadt begrenzt.

Mit dem WIW sind diese Restriktionen weggefallen. Die Kommunen dürfen jetzt sowohl im Nonprofit- als auch im profitorientierten Bereich subventionierte Arbeitsplätze schaffen, wobei der Anteil der staatlich unterstützten Arbeitsplätze im Profitbereich nicht mehr als 10% der Gesamtarbeitsplätze der involvierten Firma übersteigen darf. Eine der wichtigsten Änderungen betrifft den Wegfall der formellen Überprüfung jeder einzelnen zu subventionierenden Arbeitsstelle. Voraussetzung dafür ist, daß der Betriebsrat/Personalrat sich einverstanden erklärt und in den letzten sechs Monaten im Unternehmen bzw. öffentlichen Dienst keine reguläre Arbeitskraft entlassen wurde. Allein in Deventer sind 1998 etwa 420 von solchen Arbeitsstellen geschaffen worden in Krankenhäusern, bei Spielplätzen und in unzähligen anderen gemeinnützigen Einrichtungen.

Die subventionierten Stellen orientieren sich an einem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn und sind darüber hinaus auch tarifvertraglich eingebunden, d. h. mit einer gewissen Einkommenssteigerung verbunden. Offiziell sind die Teilnehmer der subventionierten Arbeitsmaßnahmen bei den Kommunen eingestellt. Das heißt, die Kommune schließt den Arbeitsvertrag ab und bezahlt auch die Arbeitskräfte. Ist ein arbeitsloser Jugendlicher 17 Jahre alt, müßte er theoretisch sechs Jahre lang über das Deventer Werkt bzw. in einer anderen Kommune beschäftigt werden, falls er nicht in den regulären Arbeitsmarkt vermittelt werden kann. Ziel ist es, den jugendlichen Arbeitslosen so rasch wie möglich in eine dauerhafte Beschäftigungssituation zu bringen oder in eine Ausbildungsstelle zu vermitteln. Deshalb kann es vorkommen, daß man einen Jugendlichen auch über die Altersgrenze von 23 Jahren hinaus weiterbeschäftigt, wenn dadurch die Chance für ein gesichertes Arbeitsverhältnis verbessert wird. Die enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt ist dafür Voraussetzung. Die Arbeitsvermittlung und finanzielle Arbeitslosenunterstützung wird in den Niederlanden getrennt organisiert. Die Arbeitsvermittlung wird vom Arbeitsamt (einer

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nationalen Behörde) durchgeführt, das Arbeitslosengeld bezahlt hingegen das Sozialamt, das der Kommune unterstellt ist. [Fn.10: Dieses System hat sich auch teilweise mit der neuen Gesetzgebung geändert. Waren die Sozialämter früher ausschließlich dazu da, die Gültigkeit von Dienstleistungsansprüchen zu überprüfen und zu berechnen, so haben sie jetzt auch die Aufgabe übernommen, die Arbeitswilligkeit der Leistungsempfänger nachzuprüfen, was gegebenenfalls zu Leistungskürzungen führen kann. Dies ist bei ungefähr 10% der Jugendlichen der Fall.]

Arbeitsverträge des „Deventer Werkt"

1998 hatte das Deventer Werkt mit durchschnittlich 400 Personen (manchmal auch mehr) einen Arbeitsvertrag, wovon ca. die Hälfte jünger als 27 Jahre alt war. Um die Arbeitsstellen zu akquirieren und die Arbeitskräfte zu betreuen arbeiten 17 Betreuer, meist in Teilzeit, beim „Deventer Werkt". Weitere sieben Personen beschäftigen sich mit der Verwaltung, Leitung und juristischen Beratung. Die Firmen, denen die Arbeitssuchenden vermittelt werden, treten zum Teil selbst an Deventer Werkt heran, in manchen Fällen sucht man auch nach einer geeigneten Firma. Mit dem größten Teil der Firmen, mit denen Deventer Werkt zusammenarbeitet, besteht bereits ein langjähriger Kontakt, der auf guten Erfahrungen beruht, so daß in diesen immer wieder Leute unterkommen. Zur Zeit gibt es mehr Firmen, die sich um Arbeitskräfte bemühen, als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

Bei der Vermittlung geht es vor allem um eine Integration des Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß und nicht darum, dem Unternehmer eine „billige" Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Somit kann Deventer Werkt, als eigentlicher Arbeitgeber, auch einiges von den Firmen verlangen, an die die Arbeitskräfte „ausgeliehen" werden, z. B., daß die entsprechende Person auf ihrem Posten richtig betreut wird, daß sie nicht für „niedere" Tätigkeiten mißbraucht wird oder daß sie einen festumrissenen Aufgabenbereich zugeteilt bekommt. Sollte es zu Konflikten kommen, kann das „Ausleihverhältnis" durch den Betreuer von Deventer Werkt auch aufgelöst werden.

Die Erfahrungen mit den Firmen wurden bisher durchweg gut beurteilt. So hat man gerade hinsichtlich der kommerziellen Firmen die Erfahrung gemacht, daß deren Toleranz gegenüber „Problemfällen" zum Teil sehr groß ist und sie eine enorme Ge-

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duld in ihren Bemühungen mit diesen Menschen an den Tag legen. Dies gibt es zwar auch im gemeinnützigen Bereich, aber wider aller Erwartung wird im privaten Bereich nicht selektiert. Man ist sich auch dort durchaus seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewußt. Oft kommt es vor, daß eine Firma so gute Erfahrungen mit einem Angestellten macht, daß sie diesen nach Ablauf des zeitlich befristeten Kontraktes fest einstellt. Auf diese Weise kommen bei den Jugendlichen ca. 50% der Arbeitsvermittlungen zustande, wobei der Arbeitgeber noch über einen gewissen Zeitraum eine Subvention in Anspruch nehmen kann. Umgekehrt ist die Toleranz gegenüber Jugendlichen, die nicht gewillt sind zu arbeiten, sehr gering. Für diese „harten Problemfälle", die eine besondere Betreuung brauchen, müssen Sonderprojekte entwickelt werden, für die es auch spezielle Zuschüsse gibt.

Die Jugendlichen arbeiten in einem solchen Arbeitsverhältnis 32 Stunden für den gesetzlichen Mindestlohn und bekommen Fortbildung und Training angeboten, um nachträglich den Anschluß an den normalen Arbeitsmarkt zu schaffen. 1997 führte das in mehr als 30% der Fälle zum Erfolg. Auf Grund ihres Verhaltens werden aber regelmäßig auch Jugendliche entlassen. Diese Jugendlichen erscheinen nach einiger Zeit wieder beim Deventer Werkt.

Individuelle Betreung

Kennzeichnend für die Arbeit des Deventer Werkts ist eine auf den Arbeitsmarktbereich spezialisierte individuelle Betreuung für Arbeitslose, die als schwer vermittelbar gelten. Wenn ein Fall nach Einschätzung des Arbeitsamtes keine Aussicht auf eine Vermittlung hat, kann die Kommune schon nach kürzerer Zeit (beispielsweise nach einem Monat) die Betreuung des Jugendlichen übernehmen. Die Kommunen kümmern sich also vor allem um die „Problemfälle" des lokalen/regionalen Arbeitsmarktes.

Die Betreuer arbeiten in drei Teams, die sich mit Erwachsenen, Jugendlichen und Jugendlichen aus Internaten und Schulen für schwererziehbare bzw. leicht geistig behinderte Kinder befassen. Diese letztgenannte spezialisierte Betreuung ist in Deventer entwickelt worden und wird in den nächsten Jahren für Jugendliche aus Internaten für schwererziehbare Kinder weiterentwickelt.

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Zu Beginn einer Maßnahme, d.h. wenn ein Arbeitsloser zum ersten Mal mit Deventer Werkt in Kontakt kommt, wird eine Art persönliches Profil von ihm erstellt. Dies umfaßt z. B. seine Qualifikation, seine Arbeitserfahrung und -vergangenheit oder auch seine familiäre Situation, die Anzahl seiner Kinder, ob er geschieden ist, Schulden hat, usw.. Das Gespräch, in dem dies geschieht, ist wesentlich gründlicher als beim Arbeitsamt. Unter Umständen können auch mehrere Gespräche dazu notwendig sein, um sich ein möglichst genaues Bild über die Situation der Person zu verschaffen. Diese Gespräche dienen auch dazu, eine Vertrauensbasis zur jeweiligen Person aufzubauen und in diesem die Motivation für ein mögliches Projekt zu wecken, denn oft handelt es sich um Menschen, die in ihrem Bemühen, eine Arbeit zu finden oft schon resigniert haben. Dieses persönliche Bild versetzt den Betreuer erst in die Lage, eine geeignete Maßnahme zu finden.

Im Falle von Schulabgängern oder Jugendlichen, die aus einem Erziehungsinternat kommen, informiert sich Deventer Werkt schon im Vorfeld bei den entsprechenden Schulbehörden über Fälle, die wahrscheinlich als gefährdet angesehen werden, um so vorbereitet zu sein. Besonders wichtig dabei ist es, die Jugendlichen frühzeitig zu erreichen, damit diese dem Einfluß von Kriminalität und Drogenkomsum entzogen werden.

Qualifizierung

Deventer Werkt betreibt selbst keine Ausbildungs- und Qualifizierungsprojekte, sondern „kauft" sie auf dem Markt für jede Person oder eine Gruppe maßgeschneidert ein. Die Ausbildung kann auch parallel zu einer Arbeitsmaßnahme laufen. Da Deventer Werkt von den Jugendlichen jedoch eine Arbeitsleistung von mindestens 19 Stunden die Woche verlangen muß, wird eine parallel laufende Ausbildung meist schwierig. Zwar versucht man auch in den Niederlanden, ein ähnliches duales Berufsausbildungssystem anzustreben wie in Deutschland, jedoch ist dort die Entwicklung noch nicht sonderlich fortgeschritten, bzw. handelt es sich noch um Einzelfälle, die eine Berufsausbildung nach diesem System machen können. Das Problem besteht dabei darin, einen Arbeitsplatz zu finden, der sowohl den Kriterien des „Deventer Werkt" entspricht als auch den Erfordernissen eines Ausbildungsplatzes gerecht wird und der außerdem die entsprechende Dauer hat, die für die Ausbildung

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erforderlich ist. Zur Zeit versucht man bei „Deventer Werkt" ein Konzept aufzustellen, das eine Kombination von Arbeitsplatzerfahrung und Berufsausbildung beinhaltet, so daß man mit der Arbeitsmaßnahme gleichzeitig eine berufliche Qualifikation erlangen kann. Die Schwierigkeit besteht darin, die theoretische Komponente,die nur von der regionalen Ausbildungsinstanz geboten werden kann, mit dem praktischen Ausbildungsteil zu kombinieren. Erste Erfahrungen im EDV-Bereich wurden bereits gesammelt.

Ein Hauptteil der Ausbildungsarbeit, die Deventer Werkt betreibt, liegt im nicht berufsqualifizierenden Bereich. Dazu zählen z. B. Sprachkurse für ausländische Jugendliche oder das Erlernen sozialer Fähigkeiten im Beruf (Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetztem, Rechte und Pflichten am Arbeitsplatz, Umgang mit Konflikten usw.). Da diese Maßnahmen auf freiwilliger Basis beruhen, wird eine gewisse Motivation vorausgesetzt.

Projekte mit ethnischen MInderheiten

In Zusammenarbeit mit den Ausländerorganisationen in Deventer plant das „Deventer Werkt" ein Projekt für türkische Jugendliche: türkischsprachige Betreuer sollen dabei auf unkonventionelle Weise diese Gruppe aktivieren. Auch wer noch kein Niederländisch spricht, soll direkt Arbeitserfahrung aufbauen und währenddessen Sprachunterricht bekommen. Es gibt viele türkische Unternehmen und Organisationen, bei denen eine türkischsprachige junge Arbeitskraft willkommen ist. Beim Deventer Werkt hofft man, daß das Projekt auch zur Folge hat, daß andere Betriebe und nicht zuletzt die Stadt selbst türkischen Arbeitssuchenden mehr Chancen bieten werden, berufstätig zu werden. Die ersten Erfahrungen mit diesem Projekt wurden vom Direktor des „Deventer Werkt" sehr positiv eingeschätzt.

3.1.2 Maatwerk Amsterdam

Maatwerk ist ein Gemeindedienst, der aber wie ein selbständiges Unternehmen funktioniert, jedoch nicht zu verwechseln ist mit dem privaten Arbeitsvermittlungs-Konzern mit dem gleichen Namen („Maatwerk"=Maßarbeit). Hauptziel ist es, die

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Langzeitarbeitslosen wieder in den regulären Arbeitsmarkt zurückzubringen. Basis ist das „Wet Inschakeling Werkzoekenden" (WIW). Maatwerk will mit seiner Methode Personen helfen, die vom Arbeitsamt als „schwierig zu vermitteln" angesehen werden. Dabei geht es um langzeitarbeitslose Erwachsene und um arbeitslose Jugendliche. Bei den meisten spielen auch Probleme wie niedriges Ausbildungsniveau, geringe soziale Fähigkeiten und „Entwöhnung" von Arbeit eine Rolle.

Die Maatwerk-Methode läßt sich mit den drei AAA's von Anpassung, Arbeit und Aktivierung zusammenfassen. Diese Methode paßt genau zu der Vorgehensweise, die das neue Gesetz des Einsatzes der Arbeitsuchenden vor Augen hat. Das Arbeitsamt schickt die Langzeitarbeitslosen weiter zu „Maatwerk". In einem Einstufungsgespräch prüft Maatwerk hauptsächlich die Motivation und die Möglichkeiten des Arbeitslosen. Wenn man bei Maatwerk den Eindruck hat, daß man mit dieser Person erfolgreich arbeiten kann, wird sie in Dienst genommen und mit ihr ein Zeitplan für zwei Jahre entwickelt. In der ersten Phase sollen die Personen wieder an den Arbeitsprozeß gewöhnt werden. Ziele, die sie erreichen sollen, sind z.B. rechtzeitig aufstehen, erfolgreicher Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten, Aufträge ausführen usw.

Es gibt Anpassungsprojekte in verschiedenen Branchen - der Theatertechnik, der Autotechnik, der Grünanlagenpflege und der Verwaltung. Außerdem gibt es Sprachkurse für Jugendliche, die die Sprache noch nicht gut beherrschen und allgemeine Bildungsprojekte für diejenigen Jugendlichen, die noch nicht wissen, in welcher Branche ihre berufliche Laufbahn liegen soll.

Ein Beispiel für Projekte, die in dieser ersten Phase eine wichtige Rolle spielen, ist die Renovierung alter Festungsanlagen in Amsterdam („Stelling van Amsterdam"). In Zusammenarbeit mit den Provinzen, der Sozialen Arbeitsverwaltung und einer Privatstiftung wurden Maatwerk-Mitarbeiter damit beauftragt, die „Stelling van Amsterdam" zu renovieren. Vor allem Jugendliche lernen hier, den Arbeitsalltag pünktlich zu beginnen und die Arbeitsstätte nicht vorzeitig zu verlassen. Praktisch wird dies z.B. auch dadurch erreicht, daß das Fort, an dem sie arbeiten, weit außerhalb der Stadt liegt. Die Jugendlichen lernen hier soziale Fähigkeiten, aber Malen und Mauern. Da

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bei werden sie einerseits von ehemaligen Bauarbeitern, die wegen Rente oder Arbeitsunfähigkeit jetzt bei der Sozialen Arbeitsverwaltung tätig sind, begleitet und andererseits von Mitarbeitern des „Maatwerk". Finanziert wird das Projekt von der Provinz und einer Privatstiftung. Das Projekt hat sich als erfolgreich erwiesen. Nach 3 Wochen bis 2 Monaten sind fast alle Jugendlichen in einer „normalen" Stelle zur Arbeitsvermittlung gelandet.

Maatwerk legt auf eine adäquate Schulung nach Maß viel Wert. Fast alles ist möglich, außer Universitätsstudien und Ganztags-Ausbildungen. Das Gesetz verlangt nämlich, daß ein Arbeitnehmer mindestens 19 Stunden pro Woche am Arbeitsplatz sein muß. 80% der Teilnehmer haben eine Ausbildung erhalten. Das Reinigungsprojekt zeigt, wie dies organisiert wird. 110 jugendliche und erwachsene „Maatwerker" arbeiten in diesem Projekt beim städtischen Reinigungsdienst. Innerhalb von zwei Jahren müssen sie sieben Phasen durchlaufen. Jede Phase beinhaltet eine Reihe von erreichbaren Zielen und eine Form von Ausbildung. Erst wenn der Teilnehmer allen Anforderungen der jeweiligen Phase entsprechen konnte, kann er in die nächste aufsteigen.

In der ersten Phase z.B. fangen die Arbeitnehmer um halb 10 morgens an und beenden ihre Arbeitszeit nachmittags um halb vier. Die Jugendlichen lernen hier die Bedienung einer einfachen Reinigungsmaschine. In der letzten Phase - zwei Jahre später - fangen sie um halb sechs Uhr an und beenden die Arbeit um halb drei nachmittags. Sie bekommen eine Urkunde für den Reinigungsdienst, haben Kurse besucht - z.B. zur Entfernung von Graffiti - und erfüllen alle Aufgaben, die auch ein gewöhnlicher Mitarbeiter der städtischen Reinigung hat. „Maatwerk" und der Reinigungsdienst haben abgesprochen, daß 10% der Teilnehmer hier einen gewöhnlichen Arbeitsplatz erhalten, andere fanden einen Arbeitsplatz bei privaten Reinigungsfimen.

Es hat sich gezeigt, daß die Mehrheit der Teilnehmer im ersten Jahr bei „Maatwerk" froh ist, wieder ein Ziel in ihrem Leben zu haben, gesellschaftlich „wieder dazuzugehören". Im zweiten Jahr verringert sich bei vielen die Begeisterung, und im dritten Jahr kommt Unzufriedenheit auf, vor allem über die Höhe des Lohnes. Dennoch ist

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es für viele schwierig, bei Maatwerk aufzuhören. Sie werden aktiv dazu angeregt, einen Arbeitsplatz irgendwo anders zu finden.

Aus der Sicht von Maatwerk zeigte die Erfahrung, daß bestimmte Faktoren eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit oder einen Einstieg erleichtern. Dazu zählen beispielsweise die persönliche Sparsamkeit, ein strenger und deutlich definierter Zeitplan für die zu erreichenden Ziele des Teilnehmers, Schulungen, vernünftige Sanktionen und Eigeninitiative. Als wenig erfolgreich hat sich herausgestellt: zu bevormunden, eine feste Arbeitsstelle zuzuweisen, keine Perspektive aufzuzeigen, zuviel zu erlauben/darüber hinwegsehen und alles für den Arbeitnehmer regeln zu wollen.

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3.2 Konzepte gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich

Die aus den Legislativwahlen von Ende Mai 1997 hervorgegangene Regierung Jospin, die von einer Linkskoalition aus Sozialisten (PS), Kommunisten (KPF) und Grünen (Les Verts) unterstützt wird, sei schnell daran gegangen, das angekündigte Jugendbeschäftigungsprogramm (die „emplois-jeunes") in die Tat umzusetzen. Dies berichtete ein Vertreter des Institut „Centre d’information et de recherche sur l’allemagne contemporaine" von der Universität Sorbonne Nouvelle (Paris). Dabei ginge es zunächst allerdings nur um die Hälfte der 700 000 Arbeitsplätze für Jugendliche, die im Wahlkampf versprochen wurden - nämlich um diejenigen, die im öffentlichen und gemeinnützigen Sektor auf Grund einer direkten Finanzierung des Staates entstehen sollen. Von den 350 000 Stellen im privaten Sektor, für die nur indirekte Förderungsmaßnahmen vorgesehen sind, sei bisher wenig die Rede gewesen, so der Instituts-Vertreter. Dafür seien Zwänge der politischen Agenda verantwortlich, sicherlich aber auch das gespannte Verhältnis zum Arbeitgeberlager, insbesondere seit dem Gesetz zur Einführung der 35-Stunden-Woche.

Auch "nur" 350 000 Arbeitsplätze zu schaffen, blieben ein ehrgeiziges Ziel, insbesondere für deutsche Beobachter, die massiven Staatsinterventionen nicht so recht trauen mögen. "Gehen Frankreichs Uhren anders?", sei beispielsweise ein deutscher

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Beitrag zu dieser Entwicklung in Frankreich überschrieben worden. ["Arbeitsmarktpolitik à la française - Gehen Frankreichs Uhren anders?" Deutsch-französisches Institut (Lud wigs burg) aktuelle Frankreichanalysen Nr. 8 Dezember 1997] Darin klinge zwar eine gehörige Portion Skepsis an, die Frage lade aber auch dazu ein, die Eigenheiten des französischen Kontextes ernst zu nehmen. Deswegen ging der Referent zunächst auf die besondere Funktionsweise des französischen Arbeitsmarktes und die in diesem Rahmen entwickelte Arbeitsmarktpolitik ein, um vor diesem Hintergrund die „emplois-jeunes" ausführlich zu analysieren und kritisch zu überprüfen.

Zur Funktionsweise des Arbeitsmarktes in Frankreich

Da in Frankreich die Ausbildung zumeist schulisch stattfindet, sind Gleichgewichtsstörungen auf dem Ausbildungsmarkt unbekannt. Das aus Deutschland bekannte Risiko "zweite Schwelle" gibt es deshalb nicht. Dafür sind die Probleme an der Nahtstelle von Ausbildungssystem und Arbeitsmarkt um so schwerer.

Die Krise spiegelt sich in einer Arbeitslosenquote der 15- bis 25jährigen wieder, die seit den 80er Jahren ständig 2 bis 2 ½ mal höher ist als die allgemeine Arbeitslosenquote. Im Jahresdurchschnitt für 1997 betrug erstere 28,1 %, während letzere leicht über 12 % lag. Dabei trifft sie die jungen Frauen stärker als die jungen Männer und liegt desto höher je niedriger der Bildungs- und Ausbildungsabschluß ist. Allerdings hat sich die Situation seit dem Anfang der 90er Jahre so zugespitzt, daß die Hochschulabgänger von der Arbeitslosigkeit nicht mehr verschont bleiben. Alle anderen Indikatoren weisen ansonsten darauf hin, daß die Eingliederungszeiten der Jugendlichen in den Arbeitsmarkt immer länger werden.

Die Funktionsweise des französischen Arbeitsmarkts wird von einem traditionell schwachen Engagement der Wirtschaft in die Erstausbildung geprägt, dementsprechend vom überwiegend schulischen Charakter der Bildungs- und Ausbildungswege und - in Abwesenheit einer Berufstradition - von der Dominanz der allgemeinbildenden Abschlüsse. So entsprechen, idealtypisch dargestellt, Frankreich und Deutschland zwei entgegengesetzten Modellen, meinte der Institutsvertreter: In Deutschland würden in der dualen Ausbildung im Betrieb erworbene aber überbetrieblich aner-

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kannte Qualifikationen vermittelt. Die Verantwortung der Wirtschaft habe vielleicht Nachteile, aber a priori den Vorteil eines geregelten Übergangs von der Ausbildung in den Beruf: Die beruflichen Abschlüsse würden (noch) eine hohe gesellschaftliche Anerkennung genießen.

In Frankreich dagegen würden die Ausbildungszertifikate außerhalb der Unternehmen und in einem an den Selektionskriterien der allgemeinbildenden Abschlüssen orientierten Schulsystem erworben. Die beruflichen Abschlüsse würden dementsprechend entwertet und grundsätzlich von der Wirtschaft mit Mißtrauen betrachtet. Sie hätten nicht nur den Ruf, dem Qualifikationsbedarf nur unvollkommen zu entsprechen, sondern auch nicht betriebsgerecht zu sozialisieren. So würden von den Unternehmern die „Diplome", auch die berufsbildenden Abschlüsse, weniger als Sanktion eines fachlichen Wissens und Könnens angesehen, denn als Gradmesser eines persönlichen Potentials, das sich erst im Betrieb entwickelt könne. Der Zugang zu den qualifikatorisch entsprechenden Funktionen sei abhängig von dieser Bewährungszeit. Im Jargon der Arbeitsmarktsoziologie sprecht man von internen (im Gegensatz zu den typisch deutschen berufsfachlichen) Arbeitsmärkten.

Die Gegenüberstellung sei zwar etwas pauschal, aber sie bestimme das Grundmuster der jeweiligen nationalen Problematik. In Deutschland stelle sich die Frage, ob trotz eines Mangels an Ausbildungsplätzen und einer Erosion des beruflichen Qualifikationszuschnitts die Eingliederungserfolge des dualen Systems bewahrt werden können. Dagegen gehe es in Frankreich darum, strukturellen Diskriminierungsmechanismen entgegenzutreten, die sich in der tendenziellen Ausschließung der Jugend aus dem Arbeitsmarkt niederschlügen und die berufliche Eingliederung nur über einen von niedriger Belohnung und prekärer Beschäftigung gekennzeichneten Einstiegsarbeitsmarkt zuließen [Fn.12: Zum ganzen Fragenkomplex s. Jérôme Gautié , " Insertion professionnelle et chômage des jeunes en France" Regards sur l’actualité juillet-août 1997, mit weiteren Literaturangaben.].

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Jugendspezifische Arbeitsmarktpolitik

Seit etwa 20 Jahren bemüht man sich in Frankreich, den Übergang vom Ausbildungs- ins Beschäftigungssystem durch Ausbildungsreformen und durch eine spezifisch jugendorientierte Arbeitsmarktpolitik zu verbessern. Es gibt komplexe Reformen im Ausbildungssystem. Der Tenor liegt auf einer Annäherung zwischen Schule und Wirtschaft. Man versucht, dies einerseits durch die Förderung der betrieblichen Lehre („apprentissage") und andererseits durch eine verstärkte Einführung von Praktika in die schulischen Berufsbildungswege zu erreichen. Aber trotz lobenswerter Anstrengungen sei die „apprentissage" bisher nicht aus ihrer marginalen Bedeutung hinausgewachsen, auch die „Alternanz" unter schulischer Verantwortung habe nur einen mäßigen Erfolg (u.a. wegen des Mißtrauens der Wirtschaft sowie der Widerstände der Lehrerschaft gegen eine zu starke Orientierung an nicht pädagogischen Kriterien), berichtete der Institutsvertreter.

Die „Alternanzverträge" kombinieren Phasen im Betrieb und in der Ausbildung. Eine Spielart dabei ist der kurzfristige „stage" (etwa Praktikum), bei dem der Jugendliche nicht mehr Schüler und noch nicht Arbeitnehmer, sondern „stagiaire" in staatlicher Obhut ist und vom Staat bezahlt wird. Ansonsten gibt es längerfristige Verträge (von 6 bis 24 Monaten), bei denen der Jugendliche auf Grund eines Arbeitsvertrags besonderer Art von einem Unternehmen beschäftigt und bezahlt wird. Solche Maßnahmen haben eine Art Pufferzone zwischen Schule und Wirtschaft etabliert, in der die aus der schlechten Arbeitsteilung zwischen beiden Sektoren entstandenen Ausbildungs- und Sozialisationsdefizite kompensiert werden sollen.

Die Wirkung solcher Maßnahmen sei allerdings nicht ganz überzeugend, meinte der Institutsvertreter. Die „Alternanzverträge" hätten nicht dazu beigetragen, den Graben zwischen Schule und Wirtschaft zu schließen. Einerseits werde unter anderem durch die Umlagefinanzierung der Ausbildung, die nur von Gewerkschaften und Arbeitgebern - also abseits vom Schulsystem - paritätisch verwaltet wird, ein eigenständiger Ausbildungsweg institutionalisiert. Andererseits würden sich die „Alternanzverträge" nur bedingt in einem richtigem Ausbildungsengagement der Unternehmen niederschlagen: die Ausbildung werde überwiegend externalisiert oder ganz vernachlässigt, was den Vorwurf von Seiten der Schule bekräftige, daß die Firmen nur

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billige Arbeitskräfte rekrutierten. Durch die „Alternanzverträge" sei der Einstiegsarbeitsmarkt institutionalisiert worden.

Die Jugendlichen seien eine billige Arbeitskraft, weil die Verträge sowie alle anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ohne die Senkung der Arbeitskosten von den Arbeitgebern angenommen worden wären, erklärte der Referent. Die Senkung der Arbeitskosten erfolgt einmal dadurch, daß die Vergütung auf den gesetzlichen Mindestlohn bezogen wurde und durch die partielle oder gänzliche Befreiung von den Beiträgen zur Sozialversicherung. Bei allen Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung der Jugendlichen spielt dieser Aspekt der Arbeitskostensenkung eine Rolle. Der Qualifizierungsanteil kann dabei wichtig bleiben, vor allem bei der betrieblichen Lehre, die bezeichnenderweise von der Arbeitsmarktstatistik zu den Alternanzverträgen hinzugezählt wird, nicht zuletzt deswegen, weil sie auch von finanziellen Vergünstigungen des Staates profitiert. Der Qualifizierungsanteil kann aber auch nebensächlich werden, beispielsweise beim „contrat emploi-solidarité" (CES). Dabei handelt es sich um einen zeitlich begrenzten Teilzeitvertrag im öffentlichen oder gemeinnützigen Bereich (nicht nur für Jugendliche vorgesehen, aber von ihnen sehr oft in Anspruch genommen [Fn.13: Etwa ¼ der unter CES-Vertrag stehenden Personen sind unter 30.] ), der Fortbildungsmöglichkeiten nur außerhalb der Arbeitszeit erlaubt. Bei Maßnahmen wie den „exonérations à l’embauche" (Verminderung der Sozialabgaben bei einer Ersteinstellung) gibt es überhaupt keinen Ausbildungsanteil.

Dies verdeutlicht den Rahmen, in den dieemplois-jeunes" einzuordnen sind. Als spezifisch jugendorientierte arbeitsmarktpolitische Maßnahme wären sie für französische Verhältnisse nichts Außerordentliches, betonte der Instituts-Vertreter. Auf diesem Gebiet sei die staatliche Intervention bereits so massiv, daß insgesamt jeder dritte Arbeitsplatz, der von einem Jugendlichen besetzt ist, staatlich gefördert werde.

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Die emplois-jeunes

Das neue Beschäftigungsprogramm für Jugendliche ist durch das Gesetz vom
16. Oktober 1997 definiert worden [Fn.14: Gesetzestext und Kommentar aus sozialistischer Sicht in Assemblée Nationale, Commission des affaires culturelles, Emplois-jeunes : mode d’emploi , Rapport d’information n° 337. S. auch Ministère de l’Emploi et de la Solidarité, Emplois-jeunes : questions réponses (Faltblatt), Ministère de l’Emploi et de la Solidarité, "Programme ‘Nouveaux services, Nouveaux emplois’. Bilan d’étape au 31.03.1998", vervielfältigtes Dokument (Paris o.D)] . Vorgesehen ist die stufenweise Schaffung von 350.000 Arbeitsplätzen im öffentlichen und para-öffentlichen [Fn.15: Para-public = z.B. Sozialversicherungskassen, Verwaltungsgesellschaften für den sozialaen Wohnungsbau, gemischtwirtschaftliche Gesellschaften zur Verwaltung der öffentlichen Verkehrsmittel.] Bereich und bei gemeinnützigen Verbänden und Institutionen („secteur public, para-public ou associatif") in den nächsten 5 Jahren. Diese Arbeitsplätze sollen für Jugendliche unter 26 Jahren, unabhängig von ihrer Qualifikation, [Fn.16: Man muß nicht als arbeitslos registriert sein, aber die Arbeitslosen haben Priorität.] geschaffen werden, allerdings ausnahmsweise auch bis 30 Jahre, wenn die Personen arbeitslos sind und seit ihrem Abgang aus dem Bildungs- und Ausbildungssystem nie Arbeitslosengeld erhalten haben (also nie die Schwelle von 4 Monaten Arbeit im selben Jahr erreicht haben). Damit wird den verlängerten Zeiten im Bildungswesen Rechnung getragen.

Die Arbeitsplätze werden 5 Jahre lang vom Staat finanziell gefördert, und zwar in Höhe von 80 % des gesetzlichen Mindestlohnes (salaire minimum interprofessionnel de croissance" - SMIC) inklusive Sozialabgaben. Zur Zeit bedeutet das bei einem gesetzlichen Nettomindestlohn von 5 240 FF pro Arbeitsplatz jährlich 92 000 F. Wenn die vorgesehene Zahl von 350.000 „emplois-jeunes" erreicht wird, würden die Kosten bei 30 bis 35 Mrd. FF jährlich liegen.

Die Arbeitsplätze entstehen nicht im privatem Sektor, aber sie beruhen auf privatrechtlichen Arbeitsverträgen, die den üblichen Normen der Arbeitsordnung unterliegen. Soweit sie sich im öffentlichen Sektor befinden, werden sie strikt auf fünf Jahre befristet. Das dokumentiert, daß man keine neuen Beamtenstellen schaffen will. Bei Stellen außerhalb des Öffentlichen Dienstes können die Verträge jedoch unbefristet sein. Die Vergütung für die Jugendlichen ist nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn reduziert, sondern soll auch der angeforderten Qualifikation Rechnung tragen

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und - falls der Arbeitsgeber tarifvertraglich gebunden ist - den tarifvertraglichen Normen genügen. In der Praxis fällt die Entlohnung wegen der geringen Finanzkraft der Vereine und gemeinnützigen Organisationen selten höher als der Mindestlohn aus.

Die finanzielle Förderung des Staates setzt eine Vereinbarung (convention) mit der Verwaltung voraus [Fn.17: Zur Erleichterung der Verhandlungen initiierte der Staat schon im Sommer 1997 den Abschluß von Rahmenvereinbarungen mit Vereinsverbänden und großen Organismen sowohl im öffentlichen Bereich (Post, Elektrizitäts- und Gasgesellschaft - EDF/GDF, Pariser Regie für öffentliche Verkehrsmittel RATP usw.), als auch im Bereich des Fremdenverkehrs, Sports, Sozialfürsorge, Erwachsenenbildung usw. Beispiele solcher Vereinbarungen in Ministère de l’Empoi et de la Solidarité, Programme "Nouveaux services, nouveaux emplois", Accords cadres nationaux , vervielfältigt, (Paris) März 1998.]Die Einreichung und die Selektion der Projekte sowie der Abschluß der „convention" erfolgt auf der Ebene der Departements. Maßgeblich ist dabei ein bestimmtes Profil der Beschäftigung: Es geht darum, neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich zu schaffen (die öffentliche Informationskampagne heißt dazu „nouveaux services - nouveaux emplois"). Dabei soll es sich im Arbeitsplätze handeln, die einem realem, aber bisher aus finanziellen Gründen nicht befriedigten sozialen Bedarf entsprechen.

Während der fünfjährigen öffentlichen Finanzierung soll versucht werden, andere Finanzierungsmöglichkeiten für die Arbeitsplätze aufzutun. Deswegen sollen sich die Träger frühzeitig um eine Anschlußfinanzierung zu kümmern, aber auch für die "Professionalisierung" der Aktivität sorgen. In den fünf Jahren der Förderungszeit sind ein berufliches Profil der Qualifikation und entsprechende Ausbildungswege für die Jugendlichen zu definieren, weil die neuen Arbeitsplätze keine Gelegenheitsjobs sein sollen.

Der Vertreter des Instituts warf die Frage auf: „Was ist hier neu" [Fn.18: Die PR-Kampagne läuft unter dem Motte "nouveaux" services - "nouveaux" emplois .] ? Er verwies auf verschiedene Aspekte, zunächst einmal die Größenordnung der Maßnahme. Sie sei imponierend, stehe allerdings im adäquaten Verhältnis zum Ausmaß des Jugendarbeitsmarktproblems. Die Bedeutung der 350.000 Arbeitsplätze setzte er in Bezug zu den jährlich etwa 700 000 Abgänger aus dem Bildungs- und Ausbildungssystem, zu der Zahl von mehr als 800 000 Arbeitslosen unter 25 Jahren sowie der Tatsache,

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daß mindestens bis 2005 jährlich zunehmende geburtenstarke Jahrgänge („Baby-Boom-Kinder") auf den Arbeitsmarkt drängen [Fn.19: Zur Zeit wachsen die Zugänge auf den Arbeitsmarkt jedes Jahr um 150 000.] . Neu sei auch die Dauer der Verträge, die natürlich im Zusammenhang mit dem Willen der Regierung stehe, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem erhebe die Regierung einen neuen arbeitsmarktpolitischen Anspruch. Es gehe diesmal nicht nur darum, eine bestimmte Problemgruppe zu unterstützen. Die Maßnahmen seien primär arbeitsplatzorientiert, fungierten also nicht nur im Dienste der Sozialisation und Qualifikation. Neu sollen schließlich nicht nur die Arbeitsplätze, sondern auch die Aktivitäten sein, die ihnen zu Grunde liegen. Weder traditionelle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch normale Arbeitsplätze dürften durch die „emplois-jeunes" verdrängt werden. Am klarsten sei dieses Bestreben daran zu erkennen, daß die „emplois-jeunes" teilweise in einem „3. Sektor" (Arbeit in Vereinen, Sozialverbänden, Bürgerinitiativen, usw.) entstehen sollen.

Konkret sprach der Referent mit Blick auf diese neuen Beschäftigungsfelder (von emplois émergents" ist die Rede [Fn.20: émergeant = das in der deutschen Wirtschafts- und Finanzsprache mittlerweile geläufig gewordene emerging , d.h. aufstrebend, neu entstehend.] ) von Aktivitäten im sportlichen, kulturellen, erzieherischen Bereich und im Umweltschutzsektor sowie personenbezogenen Dienstleistungen (Kinderbetreuung, Altenpflege usw.). In Frankreich werde die Bedeutung der neuen Dienstleistungen für den Erhalt des gefährdeten sozialen Zusammenhalts betont, insbesondere zur Verminderung des Konflikts- oder Gewaltrisikos zwischen den Generationen, in der Schule, in den öffentlichen Verkehrsmitteln, in den Vorstadtvierteln usw. Eine Bewertung der Maßnahmen, die erst etwa ein Fünftel ihrer Laufzeit hinter sich gebracht habe, sei nur ansatzweise möglich. Allerdings seien schon einige Problemfelder erkennbar.

Quantitativ seien die „emplois-jeunes" gut angelaufen: Das angepeilte Ziel von 150.000 Arbeitsplätzen bis Ende 1998 werde wahrscheinlich erreicht. Die Ende Juli 1998 vom Arbeitsministerium vorgestellte Bilanz [Fn.21: Le Monde 1.8.1998] weise 105 000 neu geschaffene Arbeitsplätze auf. Allerdings deute die Struktur der geschaffenen Arbeitsplätze auf qualitative Probleme hin: Fast die Hälfte der Stellen sind im öffentlichen Sektor ent

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standen, davon allein 40 % (etwa 40.000) im Bildungswesen (für sog. Erziehungshelferfunktionen - „aide éducateur").

Qualitativ würden die „emplois-jeunes" unterschiedliche Schwierigkeiten aufwerfen, je nachdem, ob sie im öffentlichen oder im "dritten" Sektor angesiedelt sind. Im öffentlichen Sektor seien sie mindestens in dreifacher Hinsicht problematisch. Zunächst deute der große Anteil von in diesem Bereich geschaffenen Arbeitsplätzen auf das Risiko des Interventionismus hin. Wenn zuviele jungen Arbeitslose von den großen Ministerien (Bildung, Justiz, Polizei) eingestellt würden, sei zu befürchten, daß das gute statistische Ergebnis auf Kosten des neuen Bedarfs, von dem die Rede gewesen sei, gegangen sein dürfte.

Das Verhältnis der „emplois jeunes" zu den normalen Stellen im öffentlichen Dienst stelle sich als nicht unproblematisch heraus. Der Institutsvertreter warf die Frage auf: „Entsprechen sie wirklich einem neuen Bedarf, oder nicht eher einem alten Bedarf, der wegen einer schlechten Arbeitsorganisation oder fehelender finanzieller Mittel bisher nicht gedeckt werden konnte ?" Diese Frage stelle sich z.B. in Bezug auf die „aides éducateurs" (zu deutsch: etwa Erziehungshelfer) in der Schule, die Bibliotheksdienste, Hilfe bei den Schularbeiten oder Aufsichtsfunktionen ausüben. Noch krasser stelle sich das Problem in Bezug auf die „adjoints de sécurité" bei der Polizei. Diese Sicherheitshelfer sollen in schwierigen Vierteln intervenieren, um durch Anwesenheit und Kontakpflege mit der Bevölkerung Ängste und Spannungen abzubauen. Es liege auf der Hand, daß eine solche Tätigkeit eigentlich eine lange Erfahrung und eine sorgfältige Ausbildung zur Voraussetzung haben müßten. Heute würden aber junge Leute, die nur eine einmonatige Anlernzeit erhielten, eingesetzt mit dem Recht, eine Waffe zu tragen [Fn.22: S. Valérie Devillechabrolle /Pierre Sohlberg, "Emplois-jeunes, le plus dur reste à faire" Alternatives Eco no miques n° 162, September 1998] . Hier liege der Vorwurf nahe, daß angesichts der Haushaltsknappheit oder mit Rücksicht auf den Widerstand der Beamten gegen eine Änderung ihres Aufgabenzuschnitts die „emplois-jeunes" den Öffentlichen Dienst mit billigen Lückenbüßern versorgten.

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Die Regierung betone, daß die neuen Arbeitsplätze für "neue Berufe" geschaffen würden. Der Zwang, solche neuen Berufe zu erfinden, treibe jedoch manchmal seltsame Blüten: So habe man zur Förderung der getrennten Müllsammlung neben der schon bestehenden Funktion des Angestellten auf dem Müllrecyclinghof („agent de déchetterie") die des „ambassadeur du tri" (zu deutsch etwa: Berater für getrennte Müllsammlung) geschaffen.

Problematisch sei es außerdem, so der Institutsvertreter, daß die „emplois-jeunes" im öffentlichen Sektor dem Vorhaben nicht entsprechen, dauerhafte Beschäftigung zu schaffen. Denn die Regierung Jospin sei trotz allem Interventionismus bestrebt, die öffentlichen Ausgaben zu mindern. Dies bedeute, daß die „emplois-jeunes" nicht in Beamtenstellen umgewandelt werden sollen. Es stelle sich die Frage, was aus den Jugendlichen nach fünf Jahren werde? Die offizielle Antwort laute: Ein Teil der Jugendlichen, der Geschmack an den Beamtenberufen finde, könne sich auf die entsprechenden Zulassungsprüfungen („concours") vorbereiten. Ansonsten müsse die mit der „emploi-jeune"-Tätigkeit einhergehende Ausbildung auf verwandte, aber außerhalb des Staatsdienstes angesiedelte Tätigkeiten vorbereiten.

Soweit Arbeitsplätze in Vereinen, Verbänden und gemeinnützigen Organisationen entstehen, würden die neuen Arbeitsplätze auch mit einer Reihe von spezifischen Problemen konfrontiert. Noch mehr als im öffentlichen Sektor sei die Erschließung solcher Arbeitsplätze auf eine Initiative von unten angewiesen, die sich wiederum mit einer bürokratischen Verwaltung des Jugendbeschäftigungsprogramms schlecht vertrage. Es gebe eine strukturelle Spannung zwischen dem Projekt der „emplois-jeunes", das von der Spitze des Staates ausgeht, und der zu seiner Entfaltung notwendigen Dezentralisierung und Flexibilität.

Um bei der Auswahl der Projekte, aber auch bei deren Formulierung zu helfen, sind auf département-Ebene sog. comités de pilotages (Steuerungsgremien) vorgesehen, die unter dem Vorsitz von Kennern der Vereins- und sozialen Landschaft operieren. Finanzmittel stehen auch dafür bereit, um Vorstudien und Interessenartikulation zu fördern. Zur Zeit scheine aber noch zu viel unter dem Einfluß der „préfets" zu lau

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fen [Fn.23: Die préfets sind die Vertreter der Zentralversammlung auf Departement -Ebene. Der Runderlaß des Ministère de l’emploi et de la solidarité DGEFP n° 98/16 vom 16.10.1998 ( Instruction complémentaire relative aux aides au montage et au suivi dans le cadre du programme ‘Nouveaux services- nouveaux emplois’ ) erwähnt auch die unzureichende Nutzung der Implementationshilfen.] , kritisierte der Institutsvertreter. Während die etwa 55 000 gemeldeten Arbeitsplätze im Vereinssektor zum Teil Projekten entsprächen, die schon vor Verabschiedung des Gesetzes entwickelt worden waren und nur einer Finanzierungsmöglichkeit harrten, gehe es nun darum, wirklich neue Möglichkeiten der Beschäftigung zu erschließen. Dafür seien die lokalen Netzwerke gefordert [Fn.24: Devillechabrolle/Sohlberg, wie Anm. 10 und Jean-Louis Laville/Alain Lipietz, "Emplois-jeunes : une grande chance et de grands risques" Le Monde 15.10.1997] .

Ziemlich schwierig dürfte es auch sein, fünf Jahre später nach Ende der öffentlichen Förderung, die Dauerhaftigkeit der neu geschaffenen Arbeitsplätze zu sichern, erklärte der Referent. Für manche Tätigkeiten könne man hoffen, daß bei erwiesener Nützlichkeit eine zahlungsfähige Nachfrage wenigstens teilweise die Kosten abdeckt. Dies sei z.B. im Falle von Umweltdiensten, einem in Frankreich noch ziemlich unterentwickelten Bereich, denkbar, jedoch nicht bei personenbezogenen Dienstleistungen, die von sozial Schwachen in Anspruch genommen werden. Gemeinnützige Vereine sind in weitem Maße auf öffentliche Subventionen angewiesen. Wenn nicht eine Unterstützung aus anderen Töpfen gewonnen werden könne, seien die bei ihnen entstandenen „emplois-jeunes" nach der Anschubfinanzierung gefährdet.

Noch grundsätzlicher sei die Frage, welche Bedeutung einem „Dritten Sektor" zwischen der privaten Wettbewerbswirtschaft und dem Öffentlichem Dienst zukomme. Die Regierung habe zwar mit dem Beschäftigungspotential der Dienstleistungen und mit deren Rolle für den sozialen Zusammenhalt argumentiert, aber sie habe die Debatte über den "Dritten Sektor" nicht richtig eröffnen wollen. Möglicherweise wäre das Mißtrauen der "jakobinistischen" Strömung in der sozialistischen Partei, der Kommunisten sowie der Gewerkschaftszentralen CGT und FO gegen den Transfer öffentlicher Aufgaben an die Zivilgesellschaft zu sichtbar geworden. Denn diese Kräfte dächten nicht anders als der Oppositionsabgeordnete Pierre Lellouche, der den „Dritten Sektor" als eine Fata Morgana betrachtet: Entweder entsprächen die Aktivitäten einem realem öffentlichen Bedürfnis (und seien dann dauerhaft im Öffent

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lichen Dienst anzusiedeln) oder nicht. Wenn dies nicht der Fall sei, sollten diese Aktivitäten dem Markt überlassen bleiben, anstatt Steuergelder für sie zu vergeuden. [Fn.25: Zu den Parlaments debatten s. Le Monde 17.9.1997.]

Ganz anders die „Grünen", die von einer einmaligen Gelegenheit sprächen, Aktivitäten zu entwickeln, wo nicht mehr nur nach dem Prinzip des Profits, sondern auch nach dem der Solidarität gewirtschaftet wird. Das Plädoyer für die "économie solidaire" [Fn.26: Stellvertretend für diese Richtung Bernard Eme/Jean-Louis Laville (Hg.), Cohésion sociale et emploi , Paris 1994, Jean-Louis Laville (Hg.), L’économie solidaire. Une perspective internationale , Paris 1994, sowie Laville/Lipietz, wie Anm. 12.] erinnere stark an die Debatten der achtziger Jahre um die alternative Ökonomie in Deutschland. Es sei leider ohne großen Nachhall in der öffentlichen Meinung geblieben. Dabei wären wenigstens die Aspekte einer breiteren Diskussion würdig, die die Beschäftigungswirkung der „emplois-jeunes" tangieren. Der Referent nannte insbesondere das Spannungsverhältnis zwischen dem Bestreben vieler Jugendlicher, Zugang zu "normalen" Arbeitsplätzen zu finden und dem möglicherweise atypischen Charakter einer Beschäftigung im Nonprofit-Sektor. Tätigkeiten, die nicht nur soziales Engagement voraussetzen, sondern ggf. mit einer geringeren monetären Vergütung verbunden sind [Fn.27: Überhaupt ist das brachliegende Beschäftigungspotential im Nonprofit-Sektors eine umstrittene Größe. Für eine sehr zurück haltende Einschätzung s. z.B. Annette Zimmer/Eckhard Priller, "Zukunft des Dritten Sektors in Deut schland" in Helmut K. Anheier/Eckhard Priller/Wolfgang Seibel/Annette Zimmer (Hg.), Der Dritte Sektor in Deutschland. Organisationen zwischen Markt und Staat , Berlin 1997.].

Ob im öffentlichen oder im Dritten Sektor - die „emplois-jeunes" hätten zwei Schwierigkeiten gemeinsam. Eine ergebe sich aus der Ausbildung. Ihre Planung sei zwar ein wichtiges Element der mit der Arbeitsverwaltung abzuschließenden Vereinbarung. Es sei aber nicht einfach, die Ausbildung zu einer Tätigkeit zu bestimmen, die sich teilweise erst in der Praxis genau abgrenzen lasse. Daß dennoch häufig von „professionnalisation" gesprochen werde, zeige im übrigen wie schwammig der Berufsbegriff in Frankreich sei. Um so mehr bestehe die Gefahr, daß über der tagtäglichen Verwaltung der neuen Arbeitsplätze die Dimension der Ausbildung vernachlässigt wird. Im Fall der Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor, die nicht dauerhaft werden sollen, sei die Ausbildung jedoch von strategischer Bedeutung. Deswegen sei im Fall der ohnehin kontrovers diskutierten Erziehungshelfer („aides éducateurs") Ende 1997 exemplarisch verfügt worden, daß die Jugendlichen eine ausführliche

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Ausbildungsberatung erhalten und Anspruch auf eine Ausbildungszeit von durchschnittlich 200 Stunden pro Jahr während der Arbeitszeit haben [Fn.28: Le Monde , 13.12.1997. S. auch in der Folge den Runderlaß des Ministère de l’emploi et de la Solidarité DGEFP n°98/17 vom 16.04.98 bezüglich der "Professionnalisation des activités développées dans le cadre du programme nouveaux services-nouveaux emplois".] .

Die „emplois-jeunes" können wie quasi jede arbeitsmarktpolitische Maßnahme dem Risiko des Substitutionseffektes kaum entgehen, denn manche Aktivitäten des neuen Jugendbeschäftigungsprogramms nehmen wieder Aufgaben wahr, die schon Anlaß zu „contrats emploi-solidarité" gaben. Entgegen den Bemühungen der Regierung wird der Beschäftigungseffekt zweifellos dadurch etwas gemindert. Andererseits werden kurzfristige Teilzeitstellen durch vollzeitliche stabilere Arbeitsplätze ersetzt, was der verfolgten arbeitsmarktpolitischen Strategie nicht widerspricht.

Insgesamt geben die „emplois-jeunes" nach Einschätzung des Vertreters des Institut „CIRAC" ein ambivalentes Bild ab. Ambivalent sei zunächst einmal die Methode, die gleichzeitig in bewährter französischer Manier auf den Öffentlichen Dienst setze, aber auch den „Dritten Sektor" entdecke. Ambivalent sei vor allem die zu Grunde liegende arbeitsmarktpolitische Strategie. Im Unterschied (und parallel) zu der bisherigen Politik, die berufliche Eingliederung durch die qualifikatorische Anpassung der Arbeitskräfte an die Arbeitskräftennachfrage zu verbessern, sei der „emplois-jeunes"-Ansatz quantitativ. Zwar werde damit nicht grundsätzlich die Ausschließung der Jugendlichen vom Arbeitsmarkt überwunden. Aber durch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen könnten die Warteschleifen der Jugendarbeitslosigkeit verkürzt werden. Allerdings hätten sie mit den klassischen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zweierlei gemeinsam: Die in der Regel niedrige Entlohnung und den zeitlichen Überbrückungscharakter für die Stellen im Öffentlichen Dienst.

Bisher seien die „emplois-jeunes" dennoch überwiegend positiv aufgenommen worden. Entscheidend dafür sei zu einem - trotz aller Befristung - die Dauer der angebotenen Arbeitsverträge; zum anderen die kurzfristig wirkende Entlastung des Arbeitsmarkts für Jugendliche. Nicht von ungefähr hätten es die meisten Oppositions

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abgeordenten trotz aller Vorbehalte am Ende der parlamentarischen Beratung nicht gewagt, gegen das Gesetz zu stimmen [Fn.29: Es wurde mit 107 Stimmen, nur 10 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen angenommen. S. Le Monde 15.10.1997. Mehrere Tenöre der Opposition hatten wissen lassen, daß der Entwurf wegen seiner "guten Absichten" nicht abgelehnt werden könne: S. Le Monde 17.9. und 18.9.1997.] : „Offenbar entsprachen die emplois-jeunes" dem Gefühl des unbedingten Handlungsbedarfs in einer akuten Krisensituation", betonte der Referent.


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