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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druck-Ausgabe: S. 1]
Vorbemerkung
Die Verkürzung der Arbeitszeit dominierte die Tarifpolitik in den 80er Jahren. Nach den großen Tarifauseinandersetzungen 1984 und den weiteren Tarifabschlüssen in den Folgejahren bis 1990 war mit der Vereinbarung der 35-Stunden-Woche zumindest in der Metall- und Druckindustrie diese Epoche der Tarifpolitik zunächst abgeschlossen. Andere Themen traten stärker in den Vordergrund. Erst mit der Zuspitzung der Beschäftigungsprobleme im Verlauf der Rezession 1993 flammte eine neue Diskussion über arbeitszeitpolitische Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung auf. Die sogenannte 4-Tage-Woche bei Volkswagen, die Freischichten im Steinkohlenbergbau sind nur Beispiele von Arbeitszeitverkürzungen ohne vollen Lohnausgleich. Im Gegenzug gaben die Unternehmen Beschäftigungszusagen, d. h. sie verzichteten auf betriebsbedingte Entlassungen. Die neuen Akzente dieser Debatte sind darin zu sehen, daß Gewerkschaften sich bei deutlichen Arbeitszeitverkürzungen jenseits des Verteilungsspielraums mit korrespondierenden Einbußen bei Lohn und Gehalt abfanden und auf der anderen Seite Unternehmen die Beschäftigungswirksamkeit von Arbeitszeitverkürzungen anerkannten und als personalpolitisches Instrument nutzten. In der Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland wird die Arbeitszeit als Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortqualität behandelt. Längere Betriebsnutzungszeiten und erweiterte Möglichkeiten einer flexiblen und differenzierten Arbeitszeitgestaltung mit dem Ziel der Kostensenkung stehen im Brennpunkt dieser auch weiterhin aktuellen Debatte und tarifpolitischen Auseinandersetzung. Neue Produktions- und Managementkonzepte mit Gruppenarbeit und flachen Hierarchien ermöglichen andere Formen der Arbeitszeitorganisation und stellen gleichzeitig auch neue Anforderungen an die Arbeitszeitgestaltung. In diesen Arbeitsstrukturen sind betriebliche Arbeitszeiterfordernisse und individuelle Freiräume auszutarieren. Dies gilt im Übrigen für vielfältige Formen von Arbeitszeitmodellen, bei denen individuelle Gestaltungsansprüche mit den Arbeitsanforderungen in Einklang zu bringen sind. [Seite der Druck-Ausgabe: S. 2] Wir haben diese Fragen im Mai 1995 im Rahmen einer Fachtagung aufgegriffen. Die Veranstaltung hatte als Ziel, den arbeitszeitpolitischen Regelungsbestand und Handlungsbedarf aus unterschiedlichem Blickwinkel zu diskutieren, nach Impulsen und arbeitszeitpolitischen Optionen zu fragen und zu versuchen, mögliche Elemente eines tragfähigen Ausgleichs zu benennen. Die vorliegende Broschüre gibt die Diskussionsbeiträge dieser Veranstaltung in thematisch strukturierter Form wieder und ordnet sie in den Rahmen der arbeitszeitpolitischen Diskussion der letzten Jahre ein. Verfasser der Broschüre ist Udo Scholten aus der Abteilung Wirtschaftspolitik des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn, Dezember 1995 © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2000 |