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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausgabe: I = Titelseite] [Seite der Druckausgabe: II = Impressum] [Seite der Druckausgabe: III] Vorwort Die Bauwirtschaft - nach wie vor eine der Schlüsselbranchen der deutschen Volkswirtschaft- steckt mitten in einer schweren konjunkturellen und strukturellen Anpassungskrise. Die Indikatoren weisen sämtlich in dieselbe Richtung. Das vom ifo-lnstitut ermittelte Geschäftsklima der Branche hat sich seit Anfang 1991 tendenziell immer weiter verschlechtert, die Auftragseingänge sind seit Mitte 1994 stark rückläufig und auch die Geräteauslastung nimmt ab. Die Ertragslage der Bauwirtschaft verschlechtert sich kontinuierlich, viele Betriebe müssen schließen, und die Zahl der Arbeitslosen mit bauhauptgewerblichen Berufen wächst in beängstigender Weise. Besonders kritisch ist dabei die Lage in der mittelständischen Bauwirtschaft und im ostdeutschen Baugewerbe. Dagegen sind in Westdeutschland mittlerweile erste Anzeichen für eine Stabilisierung auszumachen. In allen drei Bausparten (Wohnungsbau, gewerblicher Bau und öffentlicher Bau) zeichnen sich auch für 1998 weitere spürbare Rückgänge der Bauinvestitionen ab. Dies wird die Branche weitere Arbeitsplätze kosten. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes rechnet damit, daß in den kommenden Jahren jeweils 60.000 bis 80.000 Bauarbeiter ihren Arbeitsplatz einbüßen werden. Um die Jahrtausendwende wird die Bauwirtschaft dann statt 1,2 Millionen nur noch zwischen 900.000 und einer Million Mitarbeiter beschäftigen können. Die Prognosen über die weitere Entwicklung der Bauinvestitionen sind also nicht günstig. Die konjunkturelle Talfahrt in der Bauwirtschaft wird sich in diesem Jahr fortsetzen - wenn auch verlangsamt. Die Bauwirtschaft, die in den Jahren nach der Wiedervereinigung zu den wichtigsten Antriebskräften der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zählte, wird damit auch 1998 - Im vierten Jahr in Folge - zur Wachstumsbremse und trägt zur Verschärfung der ohnehin kritischen Situation auf dem Arbeitsmarkt bei. Die Beschäftigung am Bau wird 1998 erneut deutlich fallen und mittelfristig weiter sinken. Außerdem wird der Bauarbeitsmarkt durch das immer noch wachsende Angebot an billigen Facharbeitern und Hilfskräften aus dem EU-Ausland belastet. Die Tagung Zukunftsperspektiven der deutschen Bauwirtschaft", die die Friedrich-Ebert-Stiftung im April 1997 in Sulzbach/Ts. durchgeführt hat, zielte auf die Analyse der strukturellen Krise der deutschen Bauwirtschaft und auf die Entwicklung von Lösungsvorschlägen für die Probleme. Die Branche hat die Herausforderungen seit langem erkannt und auch angenommen. Baugewerbe, Bauindustrie und Gewerkschaften haben Offensivstrategien vorgeschlagen und Maßnahmen zur Umsetzung eingeleitet. Zu den geforderten Maßnahmen gehören einmal Kostenreduzierungen, insbesondere Senkungen der Lohnkosten und der Lohnnebenkosten. Daneben werden Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der Produktivität [Seite der Druckausgabe: IV] gefordert. Weiter sollen die Bauprozesse stärker automatisiert und standardisiert werden. Verbesserungen der Arbeitsabläufe auf den Baustellen, der verstärkte Einsatz von vorgefertigten Bauteilen und neuen Technologien zielen darauf, das Bauen preiswerter zu machen und damit die Nachfrage nach Bauleistungen beleben. Außerdem geht es um die Neuordnung der Zusammenarbeit zwischen Staat und privater Wirtschaft im Bereich der öffentlichen Infrastruktur. Hier hat sich aufgrund der leeren öffentlichen Kassen ein erheblicher Investitionsbedarf aufgestaut - insbesondere bei den Verkehrswegen. Diese Defizite könnten durch eine stärkere Einbeziehung privater Investoren bei Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb öffentlicher Infrastruktureinrichtungen abgebaut werden. Nicht zuletzt kommt dem Staat eine wichtige Rolle bei der Verstetigung der Bautätigkeit zu. Die Bundesregierung hat 1997 ein entsprechendes Programm für beschäftigungsfördernde Investitionen mit einem deutlichen Schwerpunkt bei der Förderung von Baumaßnahmen aufgelegt. Dabei handelt es sich jedoch im wesentlichen um die Aufstockung bereits vorhandener zinsgünstiger Kreditprogramme der KfW und der Deutschen Ausgleichsbank. Experten bezweifeln, ob das Programm die negativen Auswirkungen der kontinuierlichen Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren kompensieren kann. Die vorliegende Broschüre, die von Dr. Stefan Kofner, Dozent an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Sozialwesen Zittau/ Görlitz erstellt wurde, faßt die Referate und Diskussionsergebnisse der Konferenz thematisch strukturiert zusammen. Die auf der Fachtagung vorgelegten Zahlenangaben und Abbildungen hat Dr. Kofner dankenswerterweise in diesem Band auf den aktuellen Stand gebracht. Er hat außerdem an vielen Stellen Informationen, wirtschaftspolitische Überlegungen und aktuelle Stellungnahmen von Experten, Verbänden, Parteien und öffentlichen Institutionen ergänzt. Da es auf der Konferenz primär um unternehmensstrategische Überlegungen ging, verfaßte Dr. Kofner ergänzend aus vorliegenden Quellen den Abschnitt zur Rolle der öffentlichen Hand bei der Krisenbewältigung. Auf diese Weise ist ein Bericht entstanden, der einen umfassenden Überblick über die Schwierigkeiten der Bauwirtschaft gibt und ein breites Spektrum möglicher Ansätze zu ihrer Überwindung aufzeigt.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |