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TEILDOKUMENT:
D. Beschäftigungsreserven im Bereich privater Haushalte Problemstellung Seit Beginn dieses Jahres ist das sogenannte "Dienstmädchenprivileg" wieder in aller Munde. Darunter versteht man die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten von Hausangestellten bis zu einer Höhe von 12 000 DM in Familien mit mindestens zwei Kindern. Ziel bei der Einführung vor fünf Jahren war es, die Zahl der offiziellen Arbeitsplätze in den privaten Haushalten zu erhöhen. Die Regierungskoalition versprach sich damals einen Zuwachs der offiziellen Beschäftigung von 100 000 neuen Stellen in Privathaushalten. Der erhoffte Erfolg ist jedoch ausgeblieben. In jüngster Zeit wird darüber debattiert, ob eine Ausweitung des Steuerfreibetrags auf 18 000 DM für Familien mit mindestens einem Kind erfolgen sollte, um höhere Beschäftigungseffekte zu erzielen. Wegen der schlechten Erfahrungen mit dem Dienstmädchenprivileg verzichtete die Regierung unter Druck der SPD jedoch auf die Aufstockung des Steuerprivilegs im diesjährigen Jahressteuergesetz (vgl. Perina, U; Der Spiegel und Handelsblatt). Es sprechen zwei gewichtige Gründe für den Ausbau der Dienstleistungen im Bereich privater Haushalte. Die Bundesrepublik ist in zunehmendem Maße der Konkurrenz durch Niedriglohnländer ausgesetzt. Wenn man versucht, im Niedriglohn-Segment neue Arbeitsplätze zu schaffen, sollte man möglichst Bereiche wählen, die dieser Konkurrenz nicht ausgesetzt sind. Das ist gerade bei den haushaltsbezogenen Dienstleitungen der Fall, weil sie lokal gebunden sind. Der zweite Grund, der für die Förderung dieses Bereichs spricht, liegt in der Tatsache, daß es sich hier um einen beschäftigungsintensiven Beschäftigungsbereich handelt, der keine große Vorbildung voraussetzt. Man kann sich von einer Ausweitung also erstens eine Beschäftigungszuwachs erhoffen, der zweitens genau auf die Zielgruppe zugeschnitten ist. Von zunehmender Bedeutung ist die Beschäftigung in privaten Haushalten auch aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen. Die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit geht mit einer Zunahme der Schwarzarbeit und geringfügigen Beschäftigung in privaten [Seite der Druckausgabe: 27] Haushalten einher. Dies eröffnet ein weites Berufsfeld in der Regel ohne jeden Schutz für den Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer haben keinen Kündigungsschutz, keine Sozialversicherung, kein Urlaubsgeld etc. Der Schwarzmarkt floriert, aber es gibt nur wenig offiziell Beschäftigte. Wenn von einer Ausweitung der Dienstleistungen im Bereich des privaten Haushalts die Rede ist, dann geht es zwar auch um die Schaffung neuer Stellen, in erster Linie jedoch darum, illegale Beschäftigungsverhältnisse in legale umzuwandeln. Wie der derzeitige Stand der Beschäftigung in privaten Haushalten aussieht und welche Wirkungen alternative steuerliche Begünstigungen tatsächlich auf die Beschäftigung ausüben können, haben Vogler-Ludwig/Meister/Munz (1995) in einer Studie des ifo-Instituts analysiert. Es folgen weitere Ansätze, die zur Erweiterung der Beschäftigung im privaten Haushalt beitragen sollen: der Dienstleistungsgutschein, wie er bereits in Frankreich gebräuchlich ist, und die Idee des Beschäftigungspools.
1. Steuerliche Begünstigung der Beschäftigung in privaten Haushalten
1.1 Beschäftigung von Haushaltshilfen - der gegenwärtige Stand
Unter dem Begriff Haushaltshilfe werden alle Beschäftigten umfaßt, die im Bereich des privaten Haushalts gegen Entgelt oder unentgeltlich tätig sind. Die Tätigkeitsfelder sind nicht etwa auf Reinigungsarbeiten beschränkt. Sie umfassen auch handwerkliche Tätigkeiten, Pflegedienste, Kinderbetreuung. Lebrun/de Felys (1994) sprechen in diesem Zusammenhang von "Dienstleistungen im Nahbereich", d.h. "Dienstleistungen, die auf die Befriedigung individueller Bedürfnisse zur Erleichterung des täglichen Lebens und zur Lösung einer Reihe von persönlichen und familiären Problemen gerichtet sind". Insgesamt waren 1994 in 2,8 Millionen Haushalten in der Bundesrepublik regelmäßig Haushaltshilfen beschäftigt, also in 8,8% der Haushalte. 1,4 Millionen Haushalte nutzten sie gelegentlich (4,6%). Wie sich die Nutzung der Haushaltshilfen auf die einzelnen Einkommensklassen und Haushalte unterschiedlicher Größe verteilt, läßt sich den folgenden Tabellen entnehmen. [Seite der Druckausgabe: 28] Tabelle 4. l: Nutzung von Haushaltshilfen nach monatlichem Haushaltsnettoeinkommen
Am häufigsten stellen Haushalte mit hohen Haushaltsnettoeinkommen eine Haushaltshilfe ein. 17,4% der Haushalte mit einem Einkommen über 5000 DM gehören dazu.
Wie man sieht, werden Haushaltshilfen auch häufig von Haushalten mit einem Nettoeinkommen zwischen 1000 und 2000 DM beschäftigt. Es ist zu vermuten, daß es sich hierbei besonders um Rentnerhaushalte handelt. Darauf deutet auch der hohe Anteil von Haushaltshilfen in Einpersonenhaushalten (11,7%) hin. Tabelle 4.2: Nutzung von Haushaltshilfen nach Haushaltsgröße
Quelle: SOEP, entnommen aus Vogler/Meister/Munz (1995) [Seite der Druckausgabe: 29] Von den 35,7 Millionen Haushalten in Ost- und Westdeutschland erfüllten etwa 30 % das Kriterium, daß ihnen eine betreuungsbedürftige Person (6 %) oder Kinder unter 15 Jahren
Etwa 1,1 Millionen Personen sind gemäß einer Studie des Kölner Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik gegen Entgeld in Privathaushalten tätig. Sie teilen sich folgendermaßen auf verschiedene Beschäftigungsgruppen auf:
Zu den Tätigkeitsfeldern gehören zu zwei Drittel Putz-, Hausarbeiten und Kinderbetreuung, zu einem Drittel handwerkliche Tätigkeiten. Die meisten Haushaltshilfen sind, auch wenn sie sozialversicherungsfrei beschäftigt sind, nicht ohne Versicherungsschutz. 90 % sind über die Familie, als Student oder Rentner abgesichert. 20 % der sozialversicherungsfrei Beschäftigten wünschen sich jedoch einen eigenen Versicherungsschutz. Anders sehen die Zahlen des Mikrozensus aus. Hier werden nur diejenigen erfaßt, die ihren Beschäftigungsschwerpunkt in Privathaushalten haben. Nebenerwerbstätige werden nicht hinzugezählt. Demzufolge waren 1993 120.000 Personen in Privathaushalten beschäftigt. Die Zahl der hauptberuflichen Haushaltshilfen ist seit 1989 stark angestiegen, um 37%. Von den 120.000 Beschäftigten waren 1993 34.100 Sozialversicherungspflichtig. Die Zahl ist seit 1989 konstant geblieben. Man kann also feststellen, daß die steuerliche Regelung von 1989, das sogenannte "Dienstmädchenprivileg", keine neuen Stellen gebracht hat. Allerdings ist ihm die Sicherung der 1989 bestehenden Beschäftigungsverhältnisse zu verdanken. Bis dahin hat eine ständige Abnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stattgefunden. [Seite der Druckausgabe: 30]
Abbildung 4.1 : Beschäftigte in privaten Haushalten Die deutlichen Unterschiede zwischen den Zahlen der Sozialversicherungsstatistik und dem Mikrozensus sind darauf zurückzuführen, daß viele Haushaltshilfen bei Unternehmern und Freiberuflern tätig sind, die ihre Angestellten über das Unternehmen versichern können. Sie erscheinen nicht gleichermaßen in beiden Statistiken.
1.2 Individuelle Steuereffekte
Grundlage der Untersuchung der individuellen Steuereffekte ist die derzeit gültige rechtliche Regelung. Solange das Monatseinkommen eines Beschäftigten 580 DM nicht übersteigt, ist es sozialversicherungsfrei. Zwischen 580 DM und 610 DM zahlt der Arbeitgeber den kompletten Beitrag zur Sozialversicherung. Darüber werden die Beiträge je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gezahlt. Zur Zeit gelten folgende Beitragssätze:
[Seite der Druckausgabe: 31] Der halbe Beitragssatz beläuft sich demzufolge auf 19,55%. Legt man einen Bruttostundenlohn von 15 DM zugrunde, wie es im weiteren geschieht, so ist eine Beschäftigung bis zu 8 Stunden in der Woche sozialversicherungsfrei. Bei 9 Stunden pro Woche zahlt der Arbeitgeber die gesamten Sozialversicherungsbeiträge. Danach teilen sich beide die Beiträge. Die Untersuchung unterstellt einen gleichbleibenden Lohn beim Übergang von einem sozialversicherungsfreien zu einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, auch wenn das de facto wohl nicht zutrifft. In der Regel verdient der schwarz arbeitende Angestellte weniger. Steuer- und Abgabenbelastung für den Arbeitnehmer Die Entwicklung des Nettostundenlohns bei steigender Wochenstundenzahl ist in der folgenden Graphik abgebildet. Mit zunehmendem Arbeitseinsatz sinkt der Nettostundenlohn. Grund dafür ist die mit steigendem Einkommen überproportional steigende Lohnsteuer. Alleinstehende (Lohnsteuerklasse I) zahlen bis zu einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden keine Steuern. Danach sinkt der Nettostundenlohn auf 10 DM. Verheiratete, deren Ehepartner Hauptverdiener sind (Lohnsteuerklasse V), zahlen bereits ab der dritten Arbeitsstunde Lohnsteuer. Bei Vollerwerbstätigkeit liegt der Nettostundenlohn nur noch bei 8,24 DM. Eine Arbeitszeit von 10 Stunden scheint also kurzfristig relativ unattraktiv, verglichen mit einer achtstündigen Tätigkeit. Der Nettoverdienst steigt kaum an oder sinkt sogar, je nach Steuerklasse. Das läßt natürlich den Vorteil aus dem Sozialversicherungsschutz außer acht. [Seite der Druckausgabe: 32]
Steuererleichterungen für den Arbeitgeber Bei den Spielarten der Steuererleichterung für den Arbeitgeber wurden drei Varianten untersucht:
Hier werden jetzt nur die Berechnungen für Ehepaare betrachtet. Die Berechnungen wurden also anhand der Splittingtabelle durchgeführt. Die Ergebnisse für Alleinstehende, nach der Grundtabelle berechnet, können in der Originalstudie von Vogler- [Seite der Druckausgabe: 33] Ludwig/Meister/Munz (1995) nachgelesen werden. Es werden jeweils zwei unterschiedliche Einkommenshöhen betrachtet: 72.000 DM bzw. 180.000 DM pro Jahr. Variante I: In die Untersuchung wurden nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse einbezogen. Bis zur Sozialversicherungsgrenze von 8 Stunden beträgt die Belastung entsprechend dem ausgezahlten Stundenlohn 15 DM. Bei einer neunstündigen Arbeitszeit steigen die Lohnkosten je Stunde sprunghaft an. Das ist auf die alleinige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge von seiten des Arbeitgebers zurückzuführen. Die Steuervergünstigung führt dazu, daß bei beiden Einkommen die Steuererleichterung größer ist als die Abgabenbelastung, so daß die Kosten pro Stunde auf jeden Fall sinken. Ihr Minimum erreichen sie bei einer Wochenstundenzahl von 10 bis 15 Stunden. Mit steigender Stundenzahl nimmt der Entlastungseffekt ab, da der Arbeitgeber dann in Bereiche mit niedrigerem Grenzsteuersatz gelangt. Schöpft der Arbeitgeber den Absetzungsbetrag von 18.000 DM voll aus und beschäftigt den Arbeitnehmer darüber hinaus 40 Stunden in der Woche, so erreichen die Lohnkosten je Stunde fast wieder ihr Ausgangsniveau von 15 DM. [Seite der Druckausgabe: 34]
Variante II: Wenn keine Höchstgrenze für den Absetzungsbetrag festgelegt wird, bleibt die steuerliche Entlastung auch bei einer Vollzeitbeschäftigung noch erhalten. In der höheren Einkommensklasse liegen dann die Kosten pro Stunde bei 10 DM, in der niedrigeren Einkommensklasse bei ca. 13 DM. [Seite der Druckausgabe: 35]
Variante III: Erweitert man die Steuererleichterung auch auf die nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, so ändert sich gegenüber der Variante II etwas im Bereich der Wochenstundenzahl von 0 bis 8 Stunden. Hier sinken die Lohnkosten auf 7,80 DM bzw. 10,10 DM pro Stunde. [Seite der Druckausgabe: 36] 1.3 Beschäftigungs- und Budgeteffekte
Die Steuermodelle, die derzeit in der Diskussion sind, unterscheiden sich anhand zweier Parameter:
Die Untersuchung unterstellt, daß nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse berücksichtigt werden, da sonst die Gefahr der Steuerhinterziehung durch Scheinarbeitsverhältnisse zu groß ist. Die folgende Tabelle enthält die Ergebnisse der Berechnungen für verschiedene Regelungen. [Seite der Druckausgabe: 37] Tabelle 4.3: Beschäftigungs- und Budgeteffekte der Absetzungsvarianten Beträge in Mio. DM
Variante l stellt als Referenzfall eine Regelung ohne Steuervergünstigung dar. Die Varianten 2 bis 4 variieren den absetzbaren Höchstbetrag, ohne den Kreis der Begünstigten zu erweitern. Variante 2 entspricht der derzeit gültigen Regelung. Die Varianten 5 und 6 erweitern den Kreis der steuerlich begünstigten Haushalte. Die fünfte Variante entspricht dem Vorschlag des Bundesfinanzministers, der im neuen Jahressteuergesetz keinen Niederschlag gefunden hat. Obwohl die geltende Regelung einen recht hohen Subventionsbetrag für Haushaltshilfen in Privathaushalten bereithält, zwischen 6,74 DM und 2,89 DM je nach Einkommen des Arbeitgebers, konnte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Privathaushalten kaum gesteigert werden. Als Gründe lassen sich anführen:
[Seite der Druckausgabe: 38]
Weitere Variationen der Höchstbetragsgrenzen haben nicht so einen einschlägigen Erfolg wie die Erweiterung des Kreises der Begünstigten: Die größten Beschäftigungsgewinne kann Variante 5 verzeichnen, mit einer Ausweitung des Kreises der begünstigten Haushalte um 6,5 auf 9,4 Millionen. Insgesamt steigt die Beschäftigung gegenüber der geltenden Regelung um 34.000. Bei der Betrachtung der Budgeteffekte muß man einerseits den Ausfall der Steuereinnahmen von den Arbeitgebern, andererseits zusätzliche Einnahmen durch Sozialabgaben und Steuern der Arbeitnehmer aufgrund der positiven Beschäftigungseffekte berücksichtigen. Am günstigsten schneidet unter fiskalischen Gesichtspunkten die Variante 5 ab. Die Ausdehnung des Begünstigtenkreises ist günstiger als eine Anhebung des Absetzungsbetrages in den Varianten 2 bis 4. Man darf aber nicht außer acht lassen, daß es sich um eine Umschichtung von Einnahmen vom Staat an die Sozialversicherungsträger handelt. Den Beitragszahlungen an die Sozialversicherung stehen auch Ansprüche in der Zukunft gegenüber.
2. Dienstleistungsgutscheine
Ein wesentlicher Kritikpunkt an allen Formen der oben untersuchten Steuererleichterungen ist darin zu sehen, daß sie nicht verteilungsneutral sind. Wie man den Abbildungen 4.2 bis 4.5 entnehmen kann, werden diejenigen mit dem höheren Haushaltseinkommen am meisten unterstützt. Eine Alternative zu den steuerlichen Regelungen bietet der Dienstleistungsgutschein oder -schock, wie ihn auch die EG-Kommission (1993, S. 22} vorgeschlagen hat. Der Gutschein kann analog zu Restaurantgutscheinen auf lokaler Ebene als Ersatz für Sozialleistungen der Unternehmen oder Gemeindeverwaltungen ausgezahlt werden. Mit den Gutscheinen verbunden ist dann automatisch das Anrecht auf eine Dienstleitung im Nahbereich. Ein alternatives Gutscheinsystem ist probeweise in Frankreich eingeführt worden. Die französische Regierung erhofft sich einerseits durch eine Vereinfachung von [Seite der Druckausgabe: 39] Verwaltungsverfahren und Gewährung von Steueranreizen eine Erschließung zusätzlicher "familiennaher" Arbeitsplätze, andererseits eine Integration von Schwarzarbeitern in den regulären Arbeitsmarkt. Wie ist dieses Verfahren konkret ausgestaltet, und welche Wirkungen gehen tatsächlich davon aus? Diese Fragen werden am Beispiel Frankreichs durchleuchtet (vgl. Frankreich-Info 1995).
2.1 Dienstleistungsschecks am Beispiel Frankreich
Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Der Dienstleistungsscheck ersetzt zahlreiche Formalitäten: Vor seiner Einführung mußte zunächst ein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden, dann mußte der Arbeitgeber eine Sozialversicherungsnummer beantragen sowie Erklärungen bei den Sozialversicherungsträgern abgeben. Der Dienstleistungsscheck faßt alle genannten Schritte zusammen. Jeder Arbeitgeber, der in seinem Haushalt eine Haushaltshilfe beschäftigt, hat Anspruch auf eine Steuerermäßigung in Höhe von 50% der gezahlten Löhne und Sozialabgaben bis zu einer Obergrenze von 90 000 Franc (entsprechend 37 000 DM). Mit dieser Steuererleichterung sind alle Sozialabgaben gedeckt, die der Arbeitgeber durch Schwarzarbeit vermieden hätte. Der Arbeitnehmer genießt fortan den gesamten Umfang des Sozialversicherungsschutzes. Benutzerkreis In den Genuß der Unterstützung gelangen alle Privatpersonen, die gegen Bezahlung Hauspersonal einstellen, sei es zur Versorgung der Kinder, Erledigung von Hausarbeiten, Betreuung pflegebedürftiger Familienmitglieder und vielem mehr. Nur Hilfspersonal im beruflichen Bereich ist davon ausgeschlossen. Weitere Voraussetzung für den Erhalt der Unterstützung ist eine maximale Wochenarbeitszeit von 8 Stunden beim selben Arbeitgeber oder auch ein Monat im ganzen Jahr. Arbeitgeber dürfen mehrere Personen gleichzeitig einstellen. Arbeitnehmer dürfen auch bei mehreren Arbeitgebern arbeiten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Arbeitnehmer eine Vollzeittätigkeit ausübt. [Seite der Druckausgabe: 40] Zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden Vermittlungsgesellschaften eingerichtet. Sie sollen Angebot und Nachfrage zusammenbringen.
2.2 Beurteilung des Verfahrens
In der Studie von Lebrun/de Felys (1994) wurden die Rahmenbedingungen für die Einführung von Dienstleistungsgutscheinen genauer analysiert. Das Problem auf dem Arbeitsmarkt für private Dienstleistungen liegt zum einen in einer Begrenzung der Nachfrage aufgrund zu hoher Beschäftigungskosten. Die höchsten Kosten bestehen auf dem offiziellen Markt. Nur wenige können es sich leisten, legal Haushaltshilfen zu beschäftigen. Die Folge: der Schwarzmarkt floriert. Die steuerliche Absetzbarkeit der Beschäftigung erweitert die Nachfrage nach privaten Dienstleistungen. Das bestätigt auch eine erste Einschätzung der französischen Regierung im September dieses Jahres: Nachdem der Dienstleistungsgutschein nun neun Monate im Einsatz ist, ist er von 280 000 Personen genutzt worden. Beachtlich ist vor allem, daß zwei Drittel der Benutzer erstmalig jemanden eingestellt haben (vgl. La Lettre de Matignon, 1995). Weiter sehen Lebrun/de Felys (1994) ein Problem in der Abneigung gegen Arbeit in privaten Haushalten, sowohl von seiten des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Sie ist auf kulturelle Gewohnheiten und Konnotationen zurückzuführen. Die einen schrecken davor zurück, sich bedienen zu lassen, die anderen wollen nicht zum "Dienstmädchen" abqualifiziert werden. Durch die Einführung des Dienstleistungsgutscheins wird der Dienstleistende zum Angestellten. Er genießt in puncto soziale Sicherung alle Vorteile, die jeder fest Angestellte auch hat. Insofern kann man festhalten, daß eine Aufwertung der Arbeit im privaten Haushalt stattfindet (vgl. Lebrun/de Felys 1994, S. 31, S.66). Ein weiterer Mißstand auf dem Arbeitsmarkt vor Einführung von Gutscheinen sehen Lebrun/de Felys (1994) im schlecht strukturierten Angebot. Sie gehen davon aus, daß sich bei einer gegebenen Mindestnachfrage nach Dienstleistungen von alleine ein strukturiertes Angebot herausbilden wird. Es werden sich Dienstleistungsunternehmen bilden, die die Arbeitnehmer fest einstellen und dann Dienstleistungen verkaufen. Die Entstehung solcher Dienstleistungsunternehmen läßt sich natürlich auch direkt beeinflussen und fördern. Welche Vorteile sie mit sich bringen, ist Thema des folgenden Abschnitts.
[Seite der Druckausgabe: 41]
3. Beschäftigungspools
Laut Weinkopf (1995, S.3) gibt es im Bereich privater Dienstleistungen viele Beschäftigte, die sich wegen der sozialen Absicherung und des höheren Verdienstes eine höhere Wochenstundenzahl wünschen. Viele suchen einen Ausweg darin, daß sie verschiedene geringfügige Tätigkeiten nebeneinander ausüben. Da dies meistens illegal geschieht, haben sie keinen Versicherungsschutz. Eine neue Organisationsform von Arbeit soll da Abhilfe schaffen: Der Beschäftigungspool. Darunter versteht Weinkopf (1995) "...Einrichtungen, die sich zum Ziel gesetzt haben, einzelbetriebliche Flexibilitätsanforderungen für die betroffenen Arbeitskräfte auf überbetrieblicher Ebene zu stabilen und sozial abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen zu bündeln oder einen nicht gewerbsmäßigen Verleih von Arbeitskräften mit der Zielsetzung der Vermeidung von Arbeitslosigkeit bei drohenden Entlassungen bzw. der Reintegration von zuvor Arbeitslosen in reguläre Beschäftigung." In einem Beschäftigungspool werden alle Arbeitgeberfunktionen gebündelt. Statt bei vielen ist der Arbeitnehmer nur noch bei einem Arbeitgeber, dem Pool, beschäftigt. Die Einführung solcher Pools bringt viele Verbesserungen mit sich. Abgesehen davon, daß den Arbeitnehmern eine Möglichkeit geboten wird, sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu werden, in dem Umfang, in dem es individuell wünschenswert erscheint, entlastet der Pool auch von einigen organisatorischen Problemen. Der Pool kann im Krankheitsfall oder während des Urlaubs Ersatz für den Beschäftigten stellen. Eine lästige Koordination zwischen verschiedenen Arbeitgebern fällt also für den Beschäftigten weg. Diejenigen, die die Leistung nachfragen, können immer sicher gehen, daß sie auch bereitgestellt wird. Nachteilig wirkt sich für den Auftraggeber aus, daß die Beauftragung des Pools kostenspieliger sein wird als die Anstellung eines geringfügig Beschäftigten. Dem steht eine bessere Qualität der durch den Pool erbrachten Leistung gegenüber. Der Pool steht als Bürge für Qualität und Zuverlässigkeit (Weinkopf 1995, S. 12). [Seite der Druckausgabe: 42] Insgesamt muß man wohl sagen, daß die Einrichtung von Beschäftigungspools eher ein qualitativer Ansatz ist. Es ist nicht mit großen Beschäftigungseffekten zu rechnen, solange nicht gleichzeitig die Nachfrage stimuliert wird. Allerdings könnte ein Dienstleistungspool die Vermittlungsfunktion übernehmen, die ja auch im System des Dienstleistungsgutscheins hilfreich ist. In Ergänzung zum Gutscheinsystem könnte eine Förderung von Dienstleistungsunternehmen durchaus sinnvoll sein (vgl. Lebrun/de Felys 1994, S. 68). © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |