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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausgabe: 20 / Fortsetzung] 3 Neue Entwicklungspotentiale in den Städten infolge des wirtschaftlichen Strukturwandels 3.1 Flächen-, Standort- und Investitionspotentiale in Leipzig und seinen Stadtteilen / Stadtteilzentren Die Betrachtung der Flächen-, Standort- und Investitionspotentiale in Leipzig wird kein typisches Bild der Verhältnisse in Ostdeutschland ergeben. Die Auseinandersetzung mit den Potentialen Leipzigs kann dennoch Einblicke in einige der Problemlagen ostdeutscher Kommunen und in einige Lösungsansätze verschaffen. Auch in Leipzig sind die Schwierigkeiten bei der Transformation der ostdeutschen Wirtschaft spürbar. Gleichwohl ist Leipzig immer noch die Stadt des "Aufschwungs Ost". Sie hat das höchste Investitionsvolumen und liegt nach einer europaweiten Erhebung mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 5% mit an der Spitze europäischer Großstädte. Die Stadt ist Standort des am schnellsten wachsenden deutschen Flughafens und des modernsten Messegelände Europas. Wenn im folgenden die Potentiale der Stadt Leipzig erläutert werden sollen, dann müssen zunächst der Makrostandort und einige objektive Rahmenbedingungen näher betrachtet werden. 3.1.1 Raumstruktur Die flache Leipziger Bucht ist von Industrie und Tagebau geprägt. Der Ballungsraum Halle - Leipzig hat rd. 1,6 Mio. Einwohner und ist nach Berlin die mit Abstand größte Stadtregion in den neuen Bundesländern. Daraus ergeben sich Agglomerations- und Zentralitätsvorteile, die den Umbau der regionalen Wirtschaft erleichtern, die jedoch auch zu besonderer Problemdichte führen. Innerhalb des Freistaates Sachsen ist Leipzig Teil des aus den drei größten Städten gebildeten sogenannten Sachsendreiecks". Dieses raumordnerische Leitbild ordnet der Stadt landesweit zentrale Funktionen zu. Überregional versucht sich Leipzig als [Seite der Druckausgabe: 21] Drehscheibe zwischen Ost und West zu etablieren: Aber auch die Lage zwischen Berlin und München ist für die Entwicklung der Stadt bedeutsam. Die Stadtregion Leipzigs selbst ist von einer Dominanz der Kernstadt geprägt. Zwar sind Tendenzen zur Abwanderung in Vorstädte und das Umland sichtbar, aber die Bevölkerungs- und Beschäftigtendichte im Umland ist immer noch vergleichsweise gering. Entsprechend liegt der Einpendleranteil weit über dem Wert vergleichbarer westdeutscher Großstädte, wo sich der Pendlerverkehr in die Speckgürtel" bewegt, die mittlerweile jede westdeutsche Stadt umgeben. Vor allem gilt die generelle Diagnose geringer Suburbanisierung nicht für den großflächigen Einzelhandel. Dieser hat sich in den gesamten neuen Bundesländern an der Peripherie der Städte angesiedelt. Das Problem des Einzelhandels auf der grünen Wiese" ist in Leipzig besonders gravierend. Allein an den drei größten Einzelhandelsstandorten unmittelbar vor den Stadtgrenzen finden sich 200.000 m2 Einzelhandelsfläche. Ursächlich für dieses Problem war, daß Flächen ohne Belastung durch Rückübertragungsansprüche zunächst nur auf der grünen Wiese" zu finden waren. Zu bedenken ist weiter, daß die marode Verkehrsinfrastruktur der ersten Jahre nach der Wende nur in der Nähe zu den ausgebauten Fernverkehrswegen eine überregionale Erreichbarkeit garantierte. Zu berücksichtigen ist schließlich, daß Leipzig ein relativ kleines Stadtgebiet hat. Die Bevölkerungsdichte beträgt 3.000 Einwohner/km2. Durch Eingemeindungen werden einige Gewerbegebiete vor der Stadt wieder in das Stadtgebiet eingegliedert. Die Verkehrswege- und die Eigentumsproblematik ist weitgehend gelöst, jedoch weisen die Einzelhandelszentren außerhalb der Kernstadt eine eigene Standortdynamik auf. Die Standorte ziehen mittlerweile Nachzügler und Anbieter von ergänzenden Sortimenten, Vergnügungseinrichtungen und Dienstleister an. Insgesamt entwickelt sich Leipzig jedoch sichtbar - so der Vertreter der Stadt - zu einer attraktiven Dienstleistungs- und Einkaufsmetropole mit großen Kaufhäusern und gründerzeitlichen Passagen gerade im Stadtzentrum. 3.1.2 Verkehrsinfrastruktur Zwar liegt Leipzig im geographischen Zentrum Europas, doch hat die Stadt in der entscheidenden wirtschaftsräumlichen Betrachtung nur eine Randlage im Osten der Europäischen Union. Allerdings hat Leipzig mit der traditionellen Messe einen hohen Bekanntheitsgrad in den mittel- und osteuropäischen Ländern. Dieser bietet die Chance, die Stadt in ihrer Funktion als Drehscheibe des Ost-West-Handels wieder zu etablieren, sofern es Mittel- und Osteuropa gelingt, einen außenhandelsfähigen Markt aufzubauen und sofern Leipzig diesen Außenhandel an sich ziehen kann. Die verkehrsinfrastrukturellen Bedingungen werden gegenwärtig dafür geschaffen. So [Seite der Druckausgabe: 22] war beispielsweise der Flughafen Halle-Leipzig bis 1990 ein unbedeutender Regionalflughafen. Er wird derzeit mit einer zweiten Start- und Landebahn versehen und zum internationalen Flughafen ausgebaut. Der Flughafen ist mittlerweile neben Berlin der bedeutendste Luftverkehrsknoten Ostdeutschlands. Schon 1995 hatte sich das Frachtaufkommen um das 7-fache erhöht und der Flughafen hatte über 2 Mio. Fluggäste mit stetig steigender Tendenz. Er liegt direkt bei der Messe und der Autobahn und wird an das Fernverkehr- und S-Bahn-Schienennetz angebunden. Der Bahnhof Leipzig, bekannt als der größte Kopfbahnhof Europas, den täglich rund 600 Züge verlassen und erreichen, soll in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz integriert werden. Die Neueröffnung als modernes Handels-, Dienstleistungs- und Reisezentrum fand jüngst statt. Durch den Ausbau der Autobahnen Berlin-München (A9) und Magdeburg-Dresden (A 14) sowie durch den Neubau der Südharzautobahn wird die Verbindung Leipzigs mit dem überregionalen Straßenverkehrsnetz verbessert. Dies ist im Hinblick auf die Ost-West Drehscheibenfunktion wichtig. Wegen der jetzt verbesserten Verkehrsanbindung entsteht bereits im Norden der Stadt ein Verkehrs- und Logistikzentrum. Hier finden sich u.a. das mit 300 ha und ca. 2 Mrd. DM Investitionssumme modernste Güterverkehrszentrum Deutschlands, ergänzt durch ein Postfrachtzentrum, ein Güterfrachtzentrum und eine Vielzahl von Ansiedlungen der Transportunternehmen. 3.1.3 Stadttechnische Infrastruktur Im Stadtgebiet ist - typisch für viele ostdeutsche Städte - weitflächig Fernwärmeversorgung gewährleistet. Die Elektroenergieversorgung wird zu einem geringen Teil durch Eigenerzeugung, zum größten Teil aus dem regionalen und überregionalen Verbundnetz sichergestellt. Die Telekom investiert in Leipzig in eine der modernsten Telekommunikationsinfrastrukturen der Welt. Dadurch hat Leipzig im Vergleich mit anderen deutschen Städten einen wesentlich höheren Anteil an Glasfasern im gesamten Kabelnetz. Die Digitalisierung des Übertragungsverkehrs ist weit vorangeschritten. Am überregionalen Netzknoten agieren bereits Unternehmen wie VEBA, RWE, WestLB und Mannesmann als Anbieter von Datenleitungen. Die Stadt Leipzig selbst mit ihren Tochtergesellschaften verfügt über ein nahezu lückenloses Netz aus Leerrohren bzw. bereits vorhandenen Kabeln. 3.1.4 Wirtschaftsstruktur Die Region Leipzig-Halle war in der DDR von Chemie- und Grundstoffindustrie sowie von der Energiewirtschaft geprägt, die bestehenden Transformationsaufgaben sind somit weitreichend. Der Prozeß der Deindustrialisierung, der im Ruhrgebiet vor rd. zwanzig Jahren einsetzte und gravierende Veränderungen der regionalen Struktur nach [Seite der Druckausgabe: 23] sich zog, hat in Leipzig erst 1990 begonnen. Dieser Prozeß begann mit rasanter Geschwindigkeit und setzt sich immer noch fort. In 7 Jahren erfolgte, was beispielsweise in NRW mehr als 20 Jahre dauerte und wiederholt abgefedert wurde. Noch 1989 bot das produzierende Gewerbe über 100.000 Arbeitsplätze; weniger als 11.000 Arbeitsplätze in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten sind geblieben. Mit 56 Beschäftigten pro 1.000 Einwohnern liegt die Stadt hinter Dresden immer noch weit über dem Durchschnitt Ostdeutschlands. Der enorme Boom in der Bauindustrie sorgte in den zurückliegenden Jahren dafür, daß hier zeitweilig mehr Arbeitsplätze als in der Industrie angeboten wurden. Diese Entwicklung ist jedoch mittlerweile rückläufig. In ihrem anderen traditionellen Schwerpunkt, dem Handel und den handelsorientierten Dienstleistungen verzeichnet die Stadt dagegen ein stetiges Wachstum. Die frühere durchschnittliche Verkaufsfläche von 0,25 m2 / Einwohner hat mit gegenwärtig 1,0 m2 / Einwohner inzwischen westdeutsches Niveau erreicht, 3.1.5 Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung Die Entwicklung eines starken tertiären Sektors, d.h. einer modernen Dienstleistungsgesellschaft, erfordert noch immer die Verbindung mit dem sekundären Sektor. Wenn auch die räumliche Nähe zum Produzenten für den Dienstleister nicht immer notwendige Bedingung ist, so ist doch ein Mindestmaß an örtlicher Verflechtung der beiden Sektoren unabdingbar für deren wechselseitige Anregung. Mit der Messe, dem Flughafen, dem Verkehrsnetz und den Finanzdienstleistungen kann in Leipzig eine Entwicklung unabhängig von einer ortsansässigen industriellen Basis betrieben werden. Dennoch muß ergänzend Standort- und Industriepolitik erfolgen, um jene kritische Masse zu erreichen, aus der sich ein stabiler Dienstleistungssektor bilden kann. In Anbetracht der Tatsache, daß staatliche Fördermaßnahmen für die lokale Wirtschaft bzw. zur Industrieansiedlung nicht mehr in dem anfänglichen Maß erfolgen, gilt es, das endogene Wachstumspotential der Stadt zu stärken. Dies liegt nach Auffassung des Referenten im Mittelstand und kurz- bis mittelfristig im Handwerk und handwerksähnlichen Bereich. Rund 30% aller Nachfragen beim Amt für Wirtschaftsförderung nach Flächen beziehen sich auf eine Größenklasse unter 100 m2, ein weiteres Viertel auf Flächen zwischen 100 und 300 m2. Mit 80% entfallen die meisten Nachfragen nach kleinen Flächen auf die Sparten Dienstleistung, Handwerk, Handel sowie Reparatur. Vor dem Hintergrund nachhaltiger endogener Wirtschaftsentwicklung verfolgt die Stadt deshalb das Konzept der Förderung leistungsfähiger Handwerksbetriebe und innovativer Unternehmen. Dies geschieht sowohl durch Bestandspflege als auch durch Gründerförderung, vornehmlich in den Wachstumsbranchen Bio-, Medizin- und [Seite der Druckausgabe: 24] Umwelttechnologie sowie im Medien- und Kommunikationsbereich. 3.1.6 Standortfaktoren und Investitionspotentiale in Leipzig Ein wesentliches Entwicklungspotential sieht der Referent im Flächenvorrat, den die Stadt nachweisen kann. Dieser ist bereits vor langer Zeit angelegt und nach der Wende konsequent weiterentwickelt worden. Das Besondere hierbei ist der Umstand, daß die Flächen nicht auf dem Papier als beplante Flächen ausgewiesen sind, sondern sich im Besitz der Stadt selbst befinden. So hat Leipzig ausweislich des Flächennutzungsplanes rd. 1.170 ha gewerbliche Baufläche. Die folgende Tabelle zeigt die Verteilung dieses Potentials im einzelnen:
Bei diesen Zahlen handelt es sich nicht um Flächen im städtischen Eigentum, sondern um die Zahlen des Leipziger Flächennutzungsplanes. Ein weiterer Standortvorteil Leipzigs, so der Referent, findet sich in der gut funktionierenden Liegenschaftsverwaltung, die maßgeblich zur Aktivierung des städtischen Flächenvorrats beigetragen hat. So wurde nach dem Zusammenschluß beider deutscher Teilstaaten die Rekommunalisierung des vergesellschafteten Eigentums einem Spezialreferat übertragen. Dieses hatte und hat einzig die Aufgabe, dem Grundstücksverkehrsamt möglichst viele Flächen zuzuführen. Ergänzt wird die Leipziger Flächenpolitik durch ein ebenfalls spezialisiertes Referat für besondere Investitionen. Notwendig wurde dieses Referat durch den Grundsatz "Rückgabe vor Entschädigung", der bald zu einem Investitionsstau führte. Die Vielzahl der teilweise flächendeckend und vorsorglich angemeldeten Rückübertragungsansprüche ließen die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen alsbald in einer Antragsflut ersticken. Mit dem Investitionsvorranggesetz wird der Grundsatz "Rückgabe vor Entschädigung" umgekehrt, wenn sich ein Investor für ein Grundstück interessiert. In diesem Fall gilt Ent- [Seite der Druckausgabe: 25] schädigung vor Rückgabe, wobei der Rückübertragungsberechtigte seinerseits investieren oder aber Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes erhalten kann. Das Investreferat konnte sehr bald und in Leipzig schneller als irgendwo sonst die begehrten Investitionsvorrangbescheide erteilen. Damit gewann Leipzig den Wettlauf um die ersten Investoren, die bald andere nach sich zogen. Das Investreferat hat bereits über 1.200 Investitionsvorrangbescheide erteilt. In Fortsetzung der traditionell weitsichtigen Flächenpolitik Leipzigs wurden zunächst Investoren vorrangig nicht auf städtischen Grund und Boden angesetzt. Damit ist gewährleistet, daß die Stadt bei der nun anstehenden Rückgabe ihren Teil erhält und für zukünftige Entwicklungen einsetzen kann. Der Investitionsboom fand mit Hilfe des Investitionsvorranggesetzes größtenteils auf den reichlich vorhandenen Fremdflächen statt. In Zahlen betrachtet, und wiederum nicht nur auf Liegenschaften im städtischen Eigentum beschränkt, stellt sich die Entwicklung des Gewerbeflächenmarktes wie folgt dar. Zwischen 1992 und 1995 wurden über 250 Verkäufe getätigt. Davon entfielen 60% auf unbebaute Grundstücke. Die jährlich verkaufte Fläche stieg von ca. 40 ha im Jahr 1992 auf 100 ha im Jahr 1993, fiel auf 60 ha im Jahr 1994 und 35 ha im Jahr 1995. Das Einpegeln der Verkaufszahlen auf einem niedrigeren Niveau markiert das Ende des Ansiedlungs- und Baubooms in Leipzig. Ein Standortpotential, das jedoch aus dem Bauboom in Leipzig resultiert, ist das umfangreiche Angebot an entwickelten preisgünstigen Büro- und Gewerbeflächen in jeder Lage. Die Entwicklung des Marktes, insbesondere der Mietpreisverfall, ist indes so weit fortgeschritten, daß Neuinvestitionen durch die Marktlage nicht mehr vertretbar sind. In Leipzig wird dagegen das gegenwärtige Überangebot an Gewerberaum ein Standortpotential werden. Die verbleibenden privaten Investitionsabsichten richten sich ferner nach dem Auslaufen der allgemeinen steuerlichen Förderung auf die nunmehr vorrangig geförderte Altbausanierung. Überraschenderweise verzeichnet Leipzig auf dem Wohnungsmarkt den geringsten Leerstand gerade in Plattenbauten. Das immer noch deutliche Ost-West Lohngefälle bei völliger Angleichung der Preise zwingt offenbar zur Reduzierung der Lebenshaltungskosten bei den Mietkosten. Diese sind im sanierten Plattenbau immer noch am geringsten. Zur Gewerberaumpolitik der Stadt gehört neben dem Angebot von vier neuen Gewerbegebieten in einer Größenordnung zwischen 27 und 120 ha auch eine Gewerbehofpolitik. Allein die städtische Gewerbehofgesellschaft verfügt derzeit über mehr als 28.000 m2 Gewerbefläche in drei Gewerbehöfen. Ende des Jahres werden über 100 Mio. DM in Gewerbehöfe investiert sein. Die umfangreichen Sanierungsflächen aus alten, stillgelegten VEB-Betrieben ermöglichen es dabei, Gewerbehöfe unterschiedlich zu gestalten. Die Stadt kann sowohl traditionellen Branchen als auch neuen Unternehmen einen gemeinsamen Standort bieten. [Seite der Druckausgabe: 26] Gleichwohl tendiert sowohl die Leipziger Wirtschaftsförderung als auch die Leipziger Stadtplanung dazu, neben reinen GE- und GI- Flächen vermehrt Mischgebiete ausweisen zu lassen. So gehört nach Meinung des Referenten das Arbeiten im Hinterhof und die Unternehmensgründung im eigenen Viertel zu den Möglichkeiten, die eine Stadt zulassen muß, wenn sie die kleinen und mittelständischen Unternehmen fördern will. 3.1.7 Leitbilder der räumlichen Entwicklung in Leipzig Ergänzend zu den o.g. Ausführungen des Vertreters der Stadt sollen im folgenden - auch im Hinblick auf den Themenschwerpunkt der Tagung - einige Anmerkungen zu Entwürfen für städtebauliche Leitbilder in Leipzig erfolgen. Diese können, so der Vertreter der Stadt, dazu beitragen, Planung und Wirtschaftsförderung untereinander abzustimmen sowie wirtschaftsfördernde Maßnahmen, wie etwa ein Stadtmarketing, direkt unterstützen.
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bot im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser in Leipzig relativ gering ist, werden Maßnahmen zur kostengünstigen Standortvergabe im Stadtgebiet umgesetzt. Um die Nachfrage nach kostengünstigen Wohnraum zu befriedigen, wurden im Rahmen der förmlichen Festlegung von Sanierungsgebieten Beurteilungskriterien für die Wohnungsbauförderung entwickelt, die auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums abzielen. Weiterhin soll der Erhalt sozialgemischter Stadtquartiere dazu beitragen, das Entstehen benachteiligter Stadtteile zu verhindern. Im Zusammenhang mit dem Leitbild der kompakten Stadt wurde die Frage gestellt, inwieweit eine Beeinflussung der innerstädtischen Entwicklung Leipzigs durch die Fachmarktagglomerationen auf der grünen Wiese" vor den Toren der Stadt stattgefunden hat. Der Vertreter Leipzigs stellte fest, daß die Auswirkungen markant, gleichwohl nicht zu beziffern seien. Vor diesem Hintergrund komme es gegenwärtig und künftig darauf an, die Innenstadt auch unter marktwirtschaftlichen Kriterien zu entwickeln und dabei die Maxime der Erhaltung gewachsener Strukturen" nicht überzubewerten. [Seite der Druckausgabe: 28] Die voranstehenden Ausführungen haben am Beispiel einer ostdeutschen Kommune die Probleme und Aufgabenbereiche der Stadtentwicklungsplanung vor dem Hintergrund anhaltender Suburbanisierungstendenzen aufgezeigt. Der folgende Beitrag der Immobilienberatung DTZ Zadelhoff befaßt sich mit der Problematik der Erschließung bzw. Revitalisierung großer, innerstädtischer und ehemals überwiegend monofunktional genutzter Flächen, die für eine nachhaltige Innenentwicklung der Städte notwendig ist. 3.2 Innerstädtische Flächen- und Raumerschließung: die Grundlage für Hoffnung auf kompakte, vielfältige und lebendige Städte (Immoblienrecycling Bahn, Post, Militär, Industrie und Gewerbe) Die Entwicklung bzw. das Recycling weiträumiger innerstädtischer Brachflächen ist - so der Vertreter der DTZ Zadelhoff Immobilienberatung (im folgenden: DTZ) - eine differenzierte und facettenreiche Aufgabe. Es sind im Regelfall ausgesprochen heterogene Projekte, die grundsätzlich individuelle Lösungsstrategien erfordern. Dieser Umstand wurde einleitend anhand dreier unterschiedlicher Beispiele erläutert. Ein ehemaliges Postverteilzentrum mit rd. 16 ha überbauter Fläche veranschaulichte dabei, welche Aufgaben im innerstädtischen Bereich bestehen. Eine einzelne neue Nutzung für diese Immobilie zu finden - so der Referent - sei nahezu unmöglich. Der Abriß des Gebäudes und die anschließende Neubeplanung des Geländes sei ebenfalls keine Lösung, da die Immobilie in einwandfreien Zustand sei und einen Buchwert von mehreren Mio. DM aufweist. Somit ist diese Variante schon aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus nicht tragfähig. Einzig der kleinteilige Umbau und die Entwicklung eines differenzierten Nutzungskonzepts stellt eine Lösung für dieses Objekt dar. Als weiteres Beispiel wurde ein gründerzeitliches Stadthaus vorgestellt, das flächenmäßig zwar nicht die Dimension des vorangehenden Beispiels erreicht, jedoch wiederum eine spezifische Problematik aufweist. Hier sind notwendige oder durch denkmalpflegerische Vorgaben auferlegte Sanierungsarbeiten durchzuführen, die eine Veräußerung des Objekts nach Abschluß der Arbeiten zu einem angemessenen Preis oftmals schwierig werden lassen. Kasernengelände als drittes einleitendes Beispiel werden von der DTZ im Regelfall als relativ einfach umzunutzende Immobilien eingestuft, wenn man davon absieht, daß diese oftmals in den sogenannten strukturschwachen Regionen des Bundesgebietes liegen. Auch hier gilt die Vorgabe, daß solche Objekte eine weitgehende Mischnutzung aufweisen sollten. Schafft man beispielsweise lediglich Wohnraum in diesen Immobilien, findet man - so der Referent - wahrscheinlich keinen Abnehmer. Der im Kontext der Revitalisierung ehemaliger Militärareale immer wieder verwendete [Seite der Druckausgabe: 29] Begriff der Konversionsflächen ist nach Auffassung der DTZ nicht auf diese Flächen begrenzt. Vielmehr ist er auf eine Vielzahl unterschiedlicher Gebiete anzuwenden, so beispielsweise auch auf Gewerbebrachen der Post, der Bahn oder unterschiedlicher Industrien. Die so gekennzeichneten Konversionsflächen sind weiterhin nach ihrer Lage im städtischen Gefüge zu unterscheiden. Im Innenbereich ergeben sich danach Entwicklungspotentiale aus den Arealen der Bahn, der Post, der Industrie sowie - sofern vorhanden - dem Militär. Im Außenbereich sind es im Regelfall Militärflächen, die zu Brachareale werden. Ein Vorschlag geht dahin, daß solche Flächen nicht unbedingt und sofort einer neuen Nutzung zugeführt werden sollten. Vielmehr wäre es sinnvoller, solche Areale zunächst auf unbestimmte Zeit nicht zu beplanen. (Mut zur Brache"). Um das Ziel der kompakten Stadt zu erreichen, ist die Nichtentwicklung von Arealen im Außenbereich unabdingbar. Ein Vertreter der Stadt Mannheim stellte hierzu fest, daß dieser Mut zur Brache" vielfach auch der Wunsch der Planer ist. Jedoch stellt sich die Frage, wie dieses realisiert werden kann. Die entsprechenden Areale sind oftmals - bei Flächen der Bahn, der Post oder des Militärs - im Besitz des Bundes und müßten für die Umsetzung kommunaler Interessen zunächst angekauft werden, eine Notwendigkeit, die in Zeiten leerer Stadtkassen nicht umsetzbar ist. Zusätzlich entsteht den Kommunen durch eine solche Nicht-Beplanung ein Kostenfaktor, dem mittelfristig kein erkennbarer Nutzen gegenüber steht. 3.2.1 Ursachen der Flächenproblematik Die Problematik der freiwerdenden Flächen hat neben den Gründen, die auf die im ersten Teil der vorliegenden Broschüre dargelegten Tendenzen der Suburbanisierung zurückgehen, auch noch weitere Ursachen. So hat die politische Willensbildung im Zuge der sich abzeichnenden deutschen Wiedervereinigung für viele Kommunen, die überwiegend von militärischen Einrichtungen existierten, zu einem ökonomischen und strukturellen Schock geführt. Eine weitere Ursache, wiederum auf politische Willensbildung zurückführbar, findet sich in der Privatisierung großer deutscher Bundesunternehmen (Bahn, Post, Telekom). Hier liegt der gegenwärtige Leerstand von Immobilien zwischen 30% und 40%. Neben diesem strukturellen Wandel sind als weitere Ursachen der natürliche Alterungsprozeß von Immobilien sowie das Entstehen von Konkurrenzobjekten zu nennen. Durch letztere wird Kapital, das u.a. aus Sicherungsmotiven in bestimmte Objekte investiert wurde, verlagert. Schließlich sind auch die Marktveränderungen bzw. die veränderten Nutzungsansprüche und Wertvorstellungen zu erwähnen. So sind beispielsweise Betonimmobilien für den Wohnungsbau kaum noch verwertbar. [Seite der Druckausgabe: 30] Lediglich für die Schaffung von Büroflächen besteht hier noch eine Nutzungsmöglichkeit. Ziel ist bei allen Objekten gleichermaßen, daß sie umgewidmet werden. Dies stellt die Kommunen resp. die kommunale Verwaltung vor schwierige Aufgaben, da solche Immobilien oftmals in Sondergebieten (nach B-Plan) liegen, die eine andere Nutzung nicht zulassen. Rechtlich ist dies zwar einwandfrei, so der Referent, doch unter dem Aspekt der Stadtentwicklung oftmals nicht tragfähig. Die Erfahrung zeigt, daß bei der Neunutzung von offengelassenen Flächen oder Immobilien des öfteren sehr unterschiedliche Vorstellungen zwischen Makler/Investor und Planungsbehörde bestehen. Wenn große Areale durch die Anlage von Grünflächen Kindertagesstätten oder Schulen einer städtebaulich sinnvollen neuen Nutzung zugeführt werden, so stellt sich auf seiten des Maklers die Frage, welcher Investor diese Entwicklungskosten übernehmen soll. Hier liegt ein entscheidendes Problem, das bei einer solchen Zielvorstellung nur selten gelöst werden kann. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aus Sicht der DTZ, warum die Kommunen nicht einen Teil ihrer Aufgaben abgeben. Wenn, wie in einigen Bundesländern praktiziert, Kommunen dazu übergeben, städtischen Besitz zu veräußern, um die nötigen finanziellen Mittel für ihre Aufgaben bereitstellen zu können, dann könnte von einem Schritt hin zu einem modernen und nachhaltigen Immobilienmanagement gesprochen werden. 3.2.2 Maßnahmen zum Flächenrecycling Einer sinnvollen und tragfähigen Planung für eine Neunutzung vorhandener Immobilien muß zunächst eine differenzierte Marktanalyse (Makro- und Mikroanalyse) vorausgehen. Hierbei stellt sich bereits im Vorfeld heraus, ob die Entwicklung einer Neunutzung rentabel und damit langfristig tragfähig ist. Ein zweiter, entscheidender Aspekt ist eine qualifizierte Nutzungsidee. Ohne eine solche, so der Vertreter der DTZ, ist eine Tragfähigkeit ebenfalls nicht gewährleistet. Danach müssen im Vorfeld bereits Redundanzen ausgeschlossen werden und die zu realisierende Nutzung muß den Marktbedürfnissen entsprechen. Ein nächster Punkt ist die realistische Preisfindung für eine solche Fläche. Hier ist die Methodik der Preisfindung oft fragwürdig. Der Bodenrichtwert ist hier in aller Regel ein ungeeignetes Instrument, da er nicht auf alle Immobilien bezogen werden kann. Insbesondere große Konversionsflächen sind damit nicht zu bewerten. Diese sind - bei städtischer Randlage bzw. Lage im Außenbereich - lediglich als Ackerland zu bewerten. Alternativ besteht die Möglichkeit, eine Bebauung zu entwickeln, bei der der Einzelhandel als tragende Säule fungiert. Hierdurch können Mieten erzielt werden, die in Ansätzen das Investitionsvolumen decken und durch entsprechende Quersubventionierung die Kosten näherungsweise tragen. Eine mögliche Vorgehensweise hierzu skizzierte der [Seite der Druckausgabe: 31] Referent wie folgt: Zunächst ist die Bebauung mit den entsprechenden einzelnen Nutzungen zu planen. Nachdem die Investitionskosten für die jeweiligen Flächen errechnet wurden, lassen sich durch entsprechende Berechnungsverfahren (Residualrechnung) die Kosten für einzelne Grundstücke bestimmen. Allerdings besteht bei dieser Methode die Gefahr, daß man bei eventuellen Altlasten oder ähnlichen unvorhersehbaren Ereignissen kalkulatorisch in den Minusbereich gerät. Insbesondere der Bereich der Altlastensanierung stellt ein Problem dar, das Entwicklungsprojekte oftmals behindert. Diese Problematik besteht vor allem bei Projekten in den neuen Bundesländern. Um dieser Situation adäquat zu begegnen, wird von der DTZ grundsätzlich bei Verdacht auf Altlasten ein qualifiziertes Gutachten in Auftrag gegeben, das gleichermaßen die fiskalische Seite der Altlastenproblematik betrachtet. Im Bereich der Entwicklung von Großimmobilien, so der Referent, sind die Kommunen die zentralen Akteure. Eine Entwicklung / Revitalisierung von offengelassenen Großimmobilien als Ganzes wird in Deutschland nur ganz wenige - maximal fünf - Investoren finden. Deshalb ist es unabdingbar, daß die Entwicklung in einzelnen Teilabschnitten erfolgt. Auch aus Perspektive der Investoren wird ein solches Vorgehen favorisiert, da hier aufgrund der gegenwärtig anhaltenden Niedrigzinsphase ein verstärktes Interesse an Sachanlagen besteht. Jedoch müssen hierzu zeitlich flexiblere Instrumente, so beispielsweise städtebauliche Verträge, verstärkt eingesetzt werden, da ein B-Plan-Verfahren oftmals zu zeitaufwendig ist. Gleichwohl bestehen auch innerhalb des B-Plan-Verfahrens Möglichkeiten, das angestrebte Ziel in angemessener Zeit zu erreichen. So kann der B-Plan - wie in einigen bundesdeutschen Städten geschehen - lediglich einige wesentliche Regelungen - wie bspw. Bebauungsdichte oder Flächennutzung - vorschreiben. Weitere Planungen könnten z. B. durch Architektenwettbewerbe detailliert werden. Jedoch gilt auch hier, daß sich diese Planungen an den Maßstäben der Realisierbarkeit messen lassen müssen. Sie müssen pragmatisch, sinnvoll und schnell umsetzbar sein. In diesem Zusammenhang stellte ein Vertreter der Stadt Zwickau fest, daß die dortige Planung zu nahezu 100% auf städtebaulichen Verträgen bzw. Vorhaben- und Erschließungsplänen basiere und somit eine hinlänglich umfangreiche Anwendung der zusätzlichen planerischen Instrumente stattfände. Auch die Stadt Stuttgart verwies darauf, daß diese Instrumente umfangreich eingesetzt werden und daß die Zusammenarbeit mit den Privatinvestoren ausgesprochen effizient sei. Die eigentliche Planung - so die DTZ - geht hingegen über diese Instrumente - zumindest bei städtebaulichen Großprojekten wie den vorgestellten - hinaus. Sinnvoll wäre die Gründung von Projektgesellschaften, bei denen der Investor mit am Planungstisch sitzt. Weiterhin ist die Möglichkeit der Vertragsstrafen noch nicht angemessen ausgeschöpft. Hier liegt ein entscheidendes Mittel zur Beschleunigung der Planung und der letztendlichen Realisierung. Die einzelnen Nutzungen sollten nicht akribisch festgelegt [Seite der Druckausgabe: 32] werden, sondern es sollte ein Handlungsspielraum existieren, an den sich der Investor zu halten hat. Ein wesentliches Kriterium, das den planerischen Bereich bestimmt, ist somit die Zeit, in der eine Planung zur Reife geführt wird. Aus diesem Grund geht ein weiterer Vorschlag des Vertreters der DTZ dahin, Aufgaben an entsprechende Beratungsunternehmen und Entwicklungsgesellschaften zu delegieren, dadurch die Möglichkeit der Parallelentwicklung unterschiedlicher Entwürfe zu schaffen und somit die Planungszeit zu optimieren. Ein solches Vorgehen erscheint um so dringender, je großer die Investitionsbereitschaft der Finanzakteure ist. Daß eine solche Bereitschaft existiert, belegt die Tatsache, daß Immobilien gegenwärtig nicht mehr als Produktionsfaktor, sondern als Erfolgsfaktor betrachtet werden, so der Referent. Der Immobilienanteil in der Bilanzsumme bundesdeutscher Großunternehmen beträgt danach rd. 30%, der Bundesdurchschnitt liegt zwischen 5% und 15%. Hierzu bemerkte ein Vertreter der Stadt Stuttgart, daß die derzeitige Situation des großräumigen Leerstands von Büro- und teilweise auch Einzelhandelsflächen als Indiz dafür zu werten sei, daß den Zielvorstellungen der Immobilienwirtschaft nicht grundsätzlich zu folgen ist. Die Stadtentwicklungskonzepte - wie beispielsweise jene der Stadt Stuttgart - berücksichtigen solche Entwicklungen des Marktes und stimmen die Planung auf die erkennbaren Bedürfnisse ab. Demgegenüber stellte die DTZ fest, daß Stadtentwicklungskonzepte, die für einen Zeitraum von 15-20 Jahren gelten, zu langfristig gedacht sind und somit nicht den aktuellen Erfordernissen begegnen können. Solche Erfordernisse finden sich beispielsweise in den Renditeerwartungen der Investoren bzw. Immobilienfonds. Die durchschnittlich erzielbare Rendite bei bundesdeutschen Objekten liegt gegenwärtig, je nach Lage bzw. Standort bei ungefähr 6% - 7%. Verändert sich diese, so verändert sich auch das Anlageverhalten der Kapitalgeber. Hierauf muß eine Kommune flexibel reagieren können. Die gegenwärtige Rückbesinnung auf die Innenstädte mit den entsprechenden städtebaulichen Zielvorstellungen steht - zumindest in Teilbereichen - dem Zeitgeist vieler Bürger gegenüber. So ist in den Innenstädten ein komfortables Einkaufen vielfach problematisch, da einseitiges Warenangebot, lange Einkaufswege und die immer wieder zitierte Parkplatznot dieses erschweren. Hier bilden die Einkaufszentren auf der grünen Wiese" eine ernsthafte, weil komfortable Konkurrenz. Der innerstädtische Einzelhandel - so der Referent - könnte belebt werden und eine Konkurrenz zu den Randzentren darstellen, wenn er sich anders strukturieren würde. Problemloser lassen sich demgegenüber andere Wirtschaftsbereiche, die zukünftig von wachsender Bedeutung sein werden, in gemischt genutzter Form in den Innenstädten entwickeln. Hierzu zählen insbesondere die Telekommunikationsbranche und die dazugehörigen Servicedienstleistungen sowie die Fabrikation von neuen; emmisionsarmen oder -freien Werkstoffen. Der Dienstleistungssektor könnte zukünftig eine [Seite der Druckausgabe: 33] Schlüsselrolle für die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur der Städte, sondern auch der Bundesrepublik Deutschland übernehmen, sofern es gelingt, die verfügbaren Potentiale zu kanalisieren und Deutschland zu einem Know-how Standort zu entwickeln. Ein möglicher Markt, auf dem Deutschland bereits jetzt international mit konkurrenzfähigen Know-how aufwarten kann, ist jener des Altlastenmanagements. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001 |