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[Seite der Druckausgabe: 13 / Fortsetzung]


5. Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen

Der Modellversuch BJTU bewirkte eine deutliche Erhöhung des Angebots an Risikokapital für JTU. Er hat dazu geführt, daß ein Teil der bestehenden Beteiligungsgesellschaften, vor allem solche mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung, ihr Engagement an JTU verstärkt haben und neue Anbieter (Seed-Capital-Gesellschaften und Kreditinstitute) in den Markt eingetreten sind. Die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs durch das Fraunhofer-lnstitut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) zeigte auch, daß sich viele Beteiligungsgesellschaften ohne eine entsprechende Förderung wieder aus dem Segment der Frühphasenfinanzierung von JTU zurückziehen würden. Die Gründung von Technologieunternehmen würde dadurch erheblich erschwert und die Anzahl solcher Unternehmen deutlich zurückgehen. [Fn. 10: Vgl. Kulicke(1993).]

Daher hat das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) eine Nachfolgemaßnahme, das Förderprogramm "Beteiligungskapital für kleine Technologieunternehmen" (BTU), aufgelegt. Die Förderinstrumente werden im wesentlichen denen des Modellversuchs BJTU entsprechen, wobei u.a. folgende Modifikationen bestehen:

  • Erweiterung der Zielgruppe auf kleine Technologieunternehmen bis zu einem Alter von zehn Jahren und bis zu 50 Mitarbeitern (bzw. 250 Mitarbeitern in den neuen Bundesländern),

  • Erhöhung des maximal geförderten Beteiligungsbetrags auf drei Mio. DM,

  • geringere Risikoübernahme durch den Bund. [Fn. 11: Zum Beispiel wird die Haftungsfreistellung in der Refinanzierungsvariante von 90 auf 75 Prozent (85 Prozent in den neuen Bundesländern) gesenkt. Weiterhin wird vom Beteiligungsgeber ein nicht refinanzierter und abgesicherter Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent verlangt. In der Koinvestmentvariante beträgt der Abschlag, mit dem die Beteiligung an die tbg veräußert werden kann, 50 statt bislang 40 Prozent. Die Reduzierung der Risikoübernahme ist aufgrund der Richtlinien der EU in bezug auf die maximale Beihilfeintensität erforderlich.]

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Zwar sind Aussagen über mögliche Wirkungen von BTU zum heutigen Zeitpunkt sicherlich verfrüht. Aufgrund der Tatsache, daß im Vergleich zum Modellversuch BJTU auch Beteiligungen an älteren und größeren Technologieunternehmen gefördert werden können, besteht jedoch Anlaß zur Befürchtung, daß viele Beteiligungsgesellschaften vor allem solche Unternehmen finanzieren, die schon am Markt etabliert sind. Bei diesen sind die Risiken und der Betreuungsaufwand geringer als bei JTU, die sich noch in der Gründungs- oder FuE-Phase befinden. Hierdurch könnte erneut eine Lücke im Beteiligungskapitalangebot für sehr junge Technologieunternehmen entstehen. Aber auch wenn diese vermutete Entwicklung nicht eintreten sollte, erscheint es erforderlich, die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von JTU und des Seed-Capital-Marktes zu verbessern, da das Risikokapitalangebot für JTU zu gering ist. Mögliche Ansatzpunkte sind z.B.:

  • Steuerliche Anreize für Investoren von Beteiligungsgesellschaften: Gerade auf Seed-Finanzierungen spezialisierte Fonds haben erhebliche Schwierigkeiten, Investoren zu finden. Durch die Möglichkeit, die Einlage in einen solchen Fonds steuerlich abzuschreiben, könnten erhebliche Kapitalvolumina mobilisiert werden. Um Mißbrauch und Fehlallokation der Mittel zu vermeiden, sollte die Abschreibungsmöglichkeit nicht höher sein als die zu erwartende Ausfallquote bei JTU (ca. 25 Prozent). Aus dem gleichen Grund sollte die Abschreibungsmöglichkeit nicht für Privatpersonen bestehen, sondern nur Unternehmen und anderen institutionellen Anlegern vorbehalten sein Bei Beteiligungsgesellschaften mit einem breiteren Anlagespektrum würden Anreize geschaffen werden, verstärkt in JTU zu investieren.

  • Reduzierung des Steuersatzes bei Veräußerungsgewinnen: Durch eine geringere Besteuerung der Veräußerungsgewinne (Capital Gain) erhöht sich die Rendite von Beteiligungsgesellschaften. Diese Regelung sollte auf sehr junge Unternehmen beschränkt werden, um Anreize zu schaffen, besonders risikobehafteten JTU Eigenkapital in Form von direkten Beteiligungen zur Verfügung zu stellen. Auch hierdurch würde die Akquisition von Investoren von Seed-Fonds erleichtert werden.

  • Steuerliche Vergünstigungen für JTU: Hierdurch erhöht sich die Rendite der JTU. Sie haben dadurch bessere Entwicklungschancen und werden interessantere Anlageobjekte für Beteiligungsgesellschaften.

  • Spezifische Gründungsförderung in den neuen Bundesländern: In den neuen Bundesländern ist der Modellversuch kaum zum Tragen gekommen. So hat sich bislang nur

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    ein sehr geringes Beteiligungskapitalangebot entwickelt. Die ostdeutschen Beteiligungsgesellschaften befinden sich meist selbst noch im Aufbau und investieren kaum in JTU. Gesellschaften aus den alten Ländern scheuen die besonders hohen Risiken der JTU in den neuen Ländern. Allerdings ist, trotz eines erheblichen Kapitalbedarfs, auch die Nachfrage nach Beteiligungskapital gering, da ein großer Anteil der ostdeutschen Gründer dieses Finanzierungsinstrument entweder nicht kennt oder erhebliche Vorbehalte gegenüber mitspracheberechtigten Gesellschaftern hat. Deshalb ist in den neuen Ländern eine zeitlich befristete, direkte Förderung von technologieorientierten Untemehmensgründungen [ Diese besteht zur Zeit mit dem Modellversuch "Förderung technologieorientierter Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern" (TOU-NBL). Der Modellversuch endet jedoch zum 31.12.1995. Ober eine Nachfolgemaßnahme ist zur Zeit noch nicht entschieden.] zusätzlich erforderlich, bis sich ein hinreichendes Seed-Capital-Angebot entwickelt hat.

  • Einführung einer Börse für JTU nach dem Vorbild des US-amerikanischen NASDAQ:

  • Um die Exil-Möglichkeiten bei Beteiligungen an JTU zu verbessern, bedarf es eines speziellen Börsensegments für diese Unternehmen. Hierbei müßte es sich um eine europaweite Lösung handeln, damit ein ausreichend großer Markt erschlossen werden kann. Eine solche Börse kann nur dann funktionsfähig sein, wenn sie eine bestimmte kritische Größe erreicht, z.B. weil Banken erst dann Analysten mit der erforderlichen spezifischen Qualifikation einstellen. Auf Initiative der evca wird zur Zeit eine europäische Computer-Börse nach dem Vorbild des US-amerikanischen NASDAQ vorbereitet.

  • Qualifizierung potentieller Gründer von JTU: Ein wesentliches Hemmnis für Beteiligungen an JTU sind die geringen kaufmännischen Qualifikationen der potentiellen Gründer. Deshalb erscheint es erforderlich, ein entsprechendes Lehrprogramm in den naturwissenschaftlichen und technischen Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen einzuführen. Dabei sollten nicht nur betriebswirtschaftliche Inhalte, sondern auch die Anforderungen, Möglichkeiten und Risiken im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung vermittelt werden. Ein Nebeneffekt eines solchen Lehrprogramms könnte sein, daß unternehmerisch talentierte Naturwissenschaftler oder Ingenieure zur Gründung eines Unternehmens motiviert und ungeeignete davon abgehalten werden.

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  • Erhöhung der Bewertungs- und Beratungskompetenz von Beteiligungskapitalgebern:
    Die Rendite bzw. der Erfolg von Beteiligungskapitalgebern hängt auch in hohem Maße davon ab, inwieweit es ihnen gelingt, tatsächlich chancenreiche JTU zu finden, deren Chancen und Risiken richtig zu bewerten und die Unternehmen im Bedarfsfall kompetent zu beraten. Auch zu diesem Punkt könnten spezielle Studien- und Ausbildungsangebote einen Beitrag leisten. So existiert z.B. in den USA der Studiengang des "Venture-Capital-Managements". Weiterhin könnte der Aufbau von Netzwerken unterstützt werden, die sich aus technischen Experten u.a. zusammensetzen und die technischen und marktseitigen Risiken von Innovationsprojekten für Beteiligungskapitalgeber beurteilen können.

  • Vor allem in den NBL sind Gründer- und Technologiezentren eine wesentliche Rahmenbedingung für die Entwicklung von JTU. Sie stellen einen attraktiven Standort dar und bieten die Möglichkeit zur kostengünstigen Nutzung der Infrastruktureinrichtungen und des Beratungsangebots des Zentrums.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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