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4. Konversionsmanagement bei militärischen Liegenschaften

[Seite der Druckausgabe: 35 / Fortsetzung]

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4.1 Modellvorhaben

Die Konversion von militärischen Liegenschaften gehört zum "Experimentellen Wohnungs- und Städtebau" (EXWOST) des Bundesbauministeriums. Die FIRU-Forschungs- und Informationsgesellschaft in Kaiserslautern betreut derzeit elf Modellvorhaben dieser Art von Konversion. Bezogen auf andere experimentelle

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Wohnungs- und Städtebauprojekte ist das Besondere, teilweise auch Problematische an den Modellvorhaben die Flächendimension. Mit einer Ausnahme, nämlich dem Modellvorhaben Meinigen / Thüringen, das sich auf 5 ha Konversionsfläche bezieht, sind alle anderen Projekte flächenmäßig jeweils größer als beispielsweise die Innenstadt von Bonn.

Neben den elf Modellvorhaben betreut die FIRU außerdem noch zwei ehemalige Militärflugplätze, indem sie dort die gesamte Planung und Umsetzung durchführt. Davon liegt ein Flugplatz in den alten Bundesländern (Zweibrücken in Rheinland-Pfalz) und der andere Flugplatz in den neuen Bundesländern (Eberswalde-Finow). Diese Militärflugplätze wurden bereits 1991 bzw. 1992 geräumt und freigegeben.

Aufgrund der Flächendimension der betreffenden Liegenschaften war die Gesellschaft mit Problemen konfrontiert, die das gesamte Management, die Finanzierungs- wie die Organisationsfrage betreffen.

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4.2 Grundsätze der Konversion

Die bisherigen Erfahrungen mit der Konversion militärischer Liegenschaften hat gezeigt, daß es zu verallgemeinernde Grundsätze bei der Konversion zu beachten gilt. Zu den Grundsätzen gehört, daß sowohl die kommunale Ebene als auch die Verwaltungsebenen der überörtlichen Bereiche sowie potentielle Investoren aus dem Bau-, Gewerbe- oder Industriebereich zusammenwirken müssen. Dabei gilt vor allem der Grundsatz, daß ohne oder gegen die Kommune eine Konversionsfläche nicht entwickelt werden kann. Ebenso muß ein ständiger Transfer zwischen den zuständigen Behörden auf den unterschiedlichen Ebenen erfolgen. Davon betroffen sind der Bund, die Länder und private Investoren.

Diese Grundsätze stehen an vor der Ausgangssituation, daß in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland Entwicklungen von einem solch großräumigen Ausmaß nicht stattgefunden haben. Das heißt, die kommunale Ebene hat sich in den 70er und 80er Jahren in erster Linie mit der Frage der Bestandspflege auseinandergesetzt und hat deshalb Planungsvorhaben gegen Entwicklungsprojekte dieser Dimension nicht einüben können. An sich ist das Konversionsthema nichts Neues, denn die Konversion von Gewerbeflächen und Gewerbebrachen erfolgte bereits über einen längeren Zeitraum, und es liegen hiermit Erfahrungen vor, auf die im Zusammenhang mit der Konversion militärischer Liegenschaften zurückgegriffen werden kann. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, daß Konversion von Militärflächen oft die Konversion von Frei- bzw. Brachflächen einschließt.

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4.3 Die Managementfrage am Beispiel der militärischen Liegenschaft von Eberswalde-Finow

In der Stadt Eberswalde ist vorrangig der Militärflughafen (Eberswalde-Finow) eine Aufgabe der Konversion. Eberswalde ist eine Kommune mit 40.000 Einwohnern, die nicht in der Lage sein dürfte, diese Aufgabe alleine zu bewältigen. Die zur Konversion anstehenden Flächen machen eine Größenordnung von 700 ha aus, d.h. diese Flächendimension muß als eine regionale Aufgabe angesehen werden, weil der Flugplatz und seine Nutzungsmöglichkeiten die gesamte Region berühren.

Die Überlegungen müssen deshalb dahin gehen, Kooperationsmodelle von öffentlichen und privaten Initiativen zu entwickeln. Das heißt, es muß eine Organisationsstruktur geschaffen werden, die eine Handlungsfähigkeit ermöglicht. Mit einer solchen Struktur müssen gleichzeitig Signalwirkungen nach außen gesetzt werden, z.B. muß ein Image geschaffen werden, eine konkrete Standortaufwertung etc. Dies muß in einem schrittweisen und jeweils gegenseitig abgestimmten Prozeß erfolgen.

Konkret geht es somit darum, eine Arbeitsgemeinschaft Konversion zu schaffen, deren Tätigkeitsfeld darin liegt, auf der Grundlage der örtlichen Gegebenheiten Analysen zu erstellen, die sodann in einem weiteren Schritt über die Standortebene hinausreichen und in weitergehende Überlegungen münden. Die erste Überlegung muß dahin gehen, das Sondervermögen in Brandenburg in eine für das Land tragfähige Entwicklung zu bringen.

Dieses muß sich auf kommunaler Ebene fortsetzen. Hier geht es konkret darum, für die Entwicklung des Flughafens die öffentliche Hand, eine Flughafenbetriebsgesellschaft und Flächenentwickler privater Investoren zusammenzuführen. Hierbei kann für Eberswalde-Finow an Erfahrungen angeknüpft werden, die in Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) gemacht worden sind. Dort wurde zur Erschließung des Geländes ein Zweckverband ins Leben gerufen, der gemäß § 205 BauGB fungiert.

In Eberswalde gibt es inzwischen eine Flugplatzbetreiber GmbH, die im Verbund zwischen der Stadt Eberswalde und dem Amtsbezirk gebildet worden ist. In Zukunft könnten daran auch private Betreiber beteiligt werden, obwohl es bisher nur wenige Beispiele dafür gibt, daß ein Flugplatz privat geführt wird. Allerdings werden im Ausland Flugplätze regionalen Ausmaßes bereits privat betrieben.

Da eine Entwicklungsgesellschaft in Eberswalde-Finow in Kürze ihre Arbeit aufnehmen wird, muß auf diesem Weg versucht werden, Investoren sowohl aus der Region als auch aus dem weiteren Umkreis in den Prozeß der

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Flächenentwicklung, der Vermarktung und der Gestaltung der Nutzungsstruktur mit einzubinden. Vorrangiges Ziel muß dabei sein, einen "Leitinvestor" zu finden. Somit werden die bereits bestehende Betreibergesellschaft, die sich gründende Entwicklungsgesellschaft sowie ein noch ins Leben zu rufender Zweckverband in Zukunft das Konversionsmanagement gemeinsam in die Hand nehmen. Dieses Konversionsmanagement muß so weit wie möglich die vom Land Brandenburg und anderen Trägern offerierten Fördermöglichkeiten der Konversion nutzen und auf die konkreten Aufgabenstellungen - von der Vorbereitung der Planung bis hin zum Erwerb von Grund und Boden bzw. baulichen Anlagen - anwenden.

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4.4 Die Aufgaben des Projektmanagements

Es geht bei der Entwicklung der ehemaligen militärischen Liegenschaften jedoch nicht nur um die Frage, wie ein Konversionsproblem zu strukturieren und in Organisationsformen zu transferieren ist, vielmehr müssen auch die Fragen der Umnutzung, der Vermarktung und des Investments behandelt werden. Daraus ergibt sich, daß ein Projektmanagement als eine seiner zentralen Aufgaben die Projektsteuerung ansehen muß. Zur Projektsteuerung gehört in einem gewissen Umfang die direkte Vermarktung der Konversionsflächen sowie ein direktes investives Interesse.

Da die bekannten Organisationsstrukturen der Verwaltung - auch auf kommunaler Ebene - vertikal verlaufen, für die Aufgabe der Konversion jedoch eine horizontale Organisationsstruktur benötigt wird, ist es wichtig, eine neue Struktur der Zusammenarbeit aller beteiligten Personen und Institutionen zu schaffen, in die alle fachlichen Bereiche einbezogen sind. Projektmanagement bedeutet somit, eine Kooperations- und Kommunikationsebene zu schaffen, in die der jeweils zuständige Bereich, und zwar von der Oberfinanzdirektion bis zu den Fraktionsvorsitzenden kommunaler Parlamente, so integriert ist, daß es möglich wird, in einer angemessenen Zeit eine konsensfähige Lösung des Konversionsproblems zu finden.

Eine weitere Aufgabe des Projektmanagements ist die Beschleunigung von Verfahren. In der Vergangenheit hat man die Erfahrung gemacht, daß Konversionen mit der hier anstehenden Flächendimension unnötige Zeit in Anspruch nehmen, weil die einzelnen zuständigen Behörden v.a. wegen interner Abstimmungen das Verfahren verzögern. Es gilt jedoch gerade, größere Projekte bzw. Bebauungspläne im Verfahren zu beschleunigen.

Auf die Wichtigkeit des Images der Konversionsflächen ist bereits hingewiesen worden. Im Hinblick auf die Vermarktungsfähigkeit müssen Militärflächen zunächst mit einem Image versehen werden. Dabei muß bedacht werden, daß die

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ehemaligen Militärflächen in der DDR Tabuzonen gewesen sind. Es heißt deshalb, eine intensive Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Zu diesem Zweck wurde in Eberswalde-Finow bereits in einer frühen Phase der Planung eine Besichtigung des Flugplatzes für die Bevölkerung organisiert, die einen volksfestähnlichen Charakter hatte. Diese Offerte hatte einen nicht vermuteten Zuspruch bei der Bevölkerung gefunden, so daß die Wiedernutzung der Militärflächen auf kommunaler Ebene auf eine breite Akzeptanz stoßen dürfte.

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4.5 Zur Finanzierung des Projektes Eberswalde-Finow

Die Finanzierung soll sowohl durch die Betreibergesellschaft, die Entwicklungsgesellschaft als auch den Zweckverband erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Zweckverband kommunal getragen wird. Das heißt, die notwendigen Aufgaben müssen durch die kommunalen Träger - soweit sie die Planungshoheit haben - getätigt werden. Die Betreibergesellschaft wie die Entwicklungsgesellschaft können nur zum Teil über öffentliche Fördermittel finanziert werden. Zu diesem Zweck müssen die entsprechenden Förderanträge z.B. beim Land gestellt werden. Ein wesentlicher Teil der Kosten der Betreibergesellschaft, vor allem jedoch der Entwicklungsgesellschaft, muß sich aus privatem Kapital speisen. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn sich bestimmte Entwicklungsvorleistungen nicht auf den späteren Kaufpreis niederschlagen, d.h. wenn sie nicht zu Kaufpreiserhöhungen führen. Im Grunde funktioniert die Finanzierung nur über eine Kooperation von privater und öffentlicher Seite, wobei eine Reihe von Finanzierungsanteilen - u.a. für die öffentliche Infrastruktur - in diese Überlegung noch nicht eingeflossen ist. Zur Zeit wird der Flugplatzbetrieb in Eberswalde teilweise über AB-Maßnahmen finanziert;

den wesentlicheren Beitrag leisten jedoch private Investoren, die bereits im Vorgriff Personal auf dem Flugplatz finanzieren. Zudem sind von der Stadt Eberswalde Förderanträge gemäß dem EG-Programm KONVER gestellt worden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | August 1999

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